KNE Jahrbuch für naturverträgliche Energiewende 2022

Cover
Editorial
Inhalt
Inhalt
Wer wenn nicht wir
All die ganzen Jahre
Alles geht
Steife Briese auf der Wiese
Oder doch oder nicht
How much is the fish
Nur noch kurz die Welt retten
Besser geht's nicht
Geile Zeit
Alles nur geklaut
Anhang

Liebe Leserin, lieber Leser, mit der Ausgabe K 22 präsentieren wir Ihnen die fünfte Ausgabe des KNE-Jahrbuchs für naturverträgliche Energie- wende. Viel hat sich im zurückliegenden Jahr getan. Im April 2022 ist das KNE in seine zweite Beauftragung gegangen, um seine Facharbeit in der gewohnten hohen Qualität fortzusetzen. Mit der neuen Bundesregierung hat die Energiewende eine neue Dimension und Dynamik erhalten, die den Naturschutz neu herausfordert. Hinzu tritt, dass mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine eine Zeitenwende für die Energieversor- gung in Deutschland und Europa eingeleitet wurde. Der Ausbau der erneuerbaren Energien gewinnt zusätzlich an Bedeutung. Mit der Novelle des Bundesnaturschutzgesetzes hat die Bundesregierung neue Regelungen geschaffen, die Windenergie und Artenschutz besser vereinbaren sollen und zugleich die Planung und Genehmigung von Anlagen beschleunigen. Die Umsetzung dieser Neuerungen in die Praxis der naturverträglichen Energie- wende vor Ort wird das KNE intensiv begleiten. Das betrifft selbstverständlich auch die neuen Aufgaben, die sich bei der Planung und Genehmigung biodiversitäts- fördernder Solarparks ergeben. Wir freuen uns, dass Sie in dieser Ausgabe ein Interview mit der neuen Bundes- ministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, Steffi Lemke, finden. In K 21 hatten wir der Hoffnung Ausdruck verliehen, dass wir im kommenden Jahrbuch „schon etwas einfangen von den energie- und natur- schutzpolitischen Veränderungen, die von der Bundestagswahl 2021 ausgehen E d I t o r I a l | 3

T E I L E N S I E U N S I H R E A N R E G U N G E N M I T: P R E S S E @ N AT U R S C H U T Z - E N E R G I E W E N D E . D E werden“. Mit diesem Interview erfüllt sich diese Hoffnung, wenn auch vor dem Hin- tergrund ganz anderer und größerer Herausforderungen als wir damals anzuneh- men fähig waren. Was erwartet Sie sonst noch in diesem Jahrbuch? Gern gebe ich einige Empfeh- lungen: In seinem Beitrag „All die ganzen Jahre“ resümiert der Direktor des KNE die zurückliegenden sechs Jahre. Sie erhalten einen interessanten Einblick in den Alltag einer Institution, die sich selbst treu bleiben, aber auch auf gesellschaftliche Ent- wicklungen reagieren muss. Es gilt das Bonmot von Oscar Wilde: „Am Ende wird alles gut. Und wenn es nicht gut wird, dann war’s noch nicht das Ende.“ Im Beitrag von Tina Bär „Steife Briese auf der Wiese“ wiederum erleben Sie das KNE auf Tour und bei seinen Begegnungen mit der nordfriesischen Energiewende. Beim ‚Rendezvous mit der Wirklichkeit‘ geht es um Zuhören, Fragen stellen und den Wechsel der Perspektive auf die naturverträgliche Energiewende. Über die Notwendigkeit und Machbarkeit Kilmaschutz und Artenschutz zusam- men zu denken und gemeinsam und entschlossen und gleichrangig nach vorne zu bringen, geht es in dem Beitrag „Alles geht“ von Dr. Silke Christiansen. Barbara Brüning widmet sich in ihrem Beitrag „Nur noch kurz die Welt retten“ dem Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung anhand der Vermittlung von Wis- sen und Einstellungen zu erneuerbaren Energien in der Schule. Sie geht dabei auf das als Kooperation von Cornelsen Verlag und KNE herausgegebene Themenheft „Erneuerbare Energien im Diskurs“ ein, dass als Material für den Unterricht heraus- gegeben wird. Über die Diskussion und politischen Maßnahmen zur Flächensicherung für die Windenergie an Land ist ein wenig aus dem Blick geraten, dass auch der enorme Ausbau der Freiflächen-Photovoltaik Flächen beansprucht. Julia Wiehe geht in ihrem 4 | K 2 2

Beitrag „Oder nicht oder doch“ der Frage nach, welchen Flächenbedarf wir hier in etwa zu erwarten haben und wie dieser korreliert mit den Leistungspotenzialen der Freiflächen-Photovoltaik. Als Vorsitzender der Umweltstiftung Michael Otto, die sich unter anderem auch für die Wiedervernässung und umweltgerechte Nutzung von Mooren einsetzt, empfehle ich Ihnen unbedingt auch, einen Blick in das neue Buch von Michael Succow und Lebrecht Jeschke „Deutschlands Moore. Ihr Schicksal in unserer Kultur- landschaft“ zu werfen, zu dem Sie in diesem Band eine Rezension finden. Mit dieser fünften Ausgabe endet die Jahrbuchreihe des KNE. Die freiwerdenden Ressourcen werden in neue öffentlichkeitswirksame Projekte fließen. Es bleibt mir, ein Dankeschön auszusprechen an alle Autorinnen und Autoren der Jahrbücher, an die Redaktion – Torsten Raynal-Ehrke und Anke Ortmann – und, fürs interessierte Lesen und intensive Kommentieren, an Sie, liebe Leserin, lieber Leser. Ihr Dr. Johannes Merck Vorsitzender des KNE-Beirates * Das Geheimnis der ebenso schönen wie unerwarteten Überschriften von K 22 finden Sie in dem Beitrag „Alles nur geklaut“ – auf Seite 128. E d I t o r I a l | 5

Inhalt D E B A T T E N B E I T R A G A U S D E M K N E 8 Wer wenn nicht wir Im Gespräch mit Umweltbundes- ministerin Steffi Lemke Das Interview führte Dr. Torsten Raynal- Ehrke 20 54 All die ganzen Jahre Das KNE zwischen Beständig- keit und Wandel Steife Briese auf der Wiese Das KNE auf Tour in Nord- friesland Dr. Torsten Raynal-Ehrke, KNE Tina Bär, KNE 38 Alles geht Der Ausbau der Windenergie an Land im Kontext von Bio- diversitäts- und Klimaschutz Dr. Silke Marie Christiansen, KNE 70 Oder doch oder nicht Zu Flächenbedarf und Leistungspotenzial der Freiflächen-Photovoltaik Dr. Julia Wiehe, KNE 6 | K 2 2

F R A G E N D E R Z E I T L E S E T I P P A U S D E R K - R E D A K T I O N 108 Besser geht’s nicht Notizen zu „Deutschlands Moore. Ihr Schicksal in unserer Kulturlandschaft“ von Michael Succow und Lebrecht Jeschke Dr. Torsten Raynal-Ehrke, KNE 84 How much is the fish Wie naturverträglich ist die Schachtwasserkraft? Michael Krieger, KNE B L I C K I N D I E Z U K U N F T 96 Nur noch kurz die Welt retten Erneuerbare Energien als Querschnittsaufgabe in der Schule Prof. Barbara Brüning 120 Geile Zeit Aus dem Wirken der K-Redaktion 128 Alles nur geklaut Die Geheimnisse der Überschriften aus dem diesjährigen Jahrbuch A N H A N G 136 Literaturverzeichnis Kontakt zu den Autorinnen und Autoren Bildnachweise Impressum I N h a lt | 7

Wohl keine Bundesregierung war wie die heutige gezwungen, kaum im Amt alle ihre Pläne auf den Prüfstand zu stellen und neuen Herausforderungen anzupassen. Das Ministerium umbauen, die Zusammenarbeit mit anderen Ministerien auf eine neue Grundlage stellen, anspruchsvollste Gesetzgebungsarbeit innerhalb kürzester Zeit leisten – die Redaktion von K 22 ist sehr dankbar, dass Umweltministerin Steffi Lemke sich trotz dieser Fülle an Aufgaben Zeit genommen hat, uns Rede und Antwort zu stehen. Wir danken für die Wertschätzung, freuen uns auf die weitere Zusammen arbeit, und wünschen, dass alle Pläne ihre volle Umsetzung erfahren. K 22: Frau Ministerin, Ihr Amtsantritt als neue Bundesumweltministerin fiel nahezu zusammen mit einer politischen ‚Zeitenwende‘, die uns alle zwingt, einige zentrale politische Gewissheiten zu hinterfragen. Meine Frage zum Auftakt: Werden die Themen biologische Vielfalt und Arten- schutz – anders als Sie es sich vorgenom- men haben – angesichts der übergroßen Herausforderungen des Klimaschutzes und der Energiesouveränität in der politischen Dringlichkeit zunächst einen Schritt zurücktreten müssen? Steffi Lemke: Sie haben Recht: Wir sprechen derzeit über Natur- und Umweltschutz vor dem Hintergrund einer geopolitischen Zeitenwende. Und da gibt es auch diejenigen, die fordern, aufgrund der akuten Krise die Bekämpfung der ökologischen Krisen erstmal zurückzustellen oder Aufwind für ihre veralteten Maßnahmen wittern. Denken Sie etwa an Forderun- gen nach längeren AKW-Laufzeiten, an den Vorschlag, unkonventionelles Fracking zu erlauben oder die Forde- rung, wieder verstärkt Pestizide 10 | K 2 2

einzusetzen, um mehr Erträge zu bekommen. Das sind doch keine Lösungen für eine nachhaltige Zukunft! Wir können diese Krisen nur gemeinsam lösen. Denn wir haben weder die Zeit noch die Ressourcen, sie nacheinander abzuarbeiten. Bei der Klimakrise und beim Arten- aussterben geht es um die Grundlage unserer Existenz. Der Angriffskrieg Russlands führt uns doch unsere Abhängigkeit von fossiler Energieversorgung, unsere intensive Nutzung von Ressourcen noch einmal schmerzhaft vor Augen. Genau deshalb müssen wir Ressour- cen sparen und den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreiben – auf naturverträgliche Art und Weise. So wie es das Umweltministerium und das Wirtschaftsministerium vereinbart haben. K 22: Zwei-, dreimal im Jahr schafft es der Artenschutz in die „großen Nachrich- ten“, zumeist mit der Meldung, dass das massive Artensterben weiter voranschreitet. „ Bei der Klimakrise und beim Artenaussterben geht es um die Grundlage unserer Existenz. Wir haben weder die Zeit noch die Ressourcen, sie nach einander abzuarbeiten.“ W E r W E N N N I c h t W I r | 11

„ Bis 2026 werden wir vier Milliarden Euro für den natürlichen Klimaschutz bereitstellen.“ Für Ihre Partei, die GRÜNEN, ist der Schutz der Natur ein konstituierendes und zentrales politisches Narrativ – in Bund, Ländern und Kommunen. Daher unsere nächste Frage: Welchen Arten sollte es zukünftig besser gehen als heute? Und wie kann das gelingen? Steffi Lemke: Die neue Bundesregie- rung ist angetreten, um den Klima- und Naturschutz voranzubringen und die Naturzerstörung zu stoppen. Und es geht ja hierzulande vor allem solchen Arten besonders schlecht, die in der Agrarlandschaft leben. Das betrifft Kiebitz und Rebhuhn oder Schmetterlinge und andere Insekten- arten, weil sie auf blütenreiche Wiesen und Weiden angewiesen sind. Aber diese wichtigen Ökosysteme gibt es wegen der intensiven Landwirtschaft immer seltener. Um ihre Erhaltungs- zustände zu verbessern, muss drin- gend gehandelt werden. Einen wichti- gen Beitrag wird das Aktionspro- gramm Natürlicher Klimaschutz leisten. Damit wollen wir natürliche Ökosysteme wie Moore, Auen, Böden oder Wälder schützen, stärken oder 12 | K 2 2

wiederherstellen. Das hilft nicht nur der Artenvielfalt, sondern schützt gleichzeitig das Klima und reguliert den Wasserhaushalt. Bis 2026 werden wir dafür vier Milliarden Euro bereit- stellen – das ist ein Quantensprung für den Natürlichen Klimaschutz. K 22: Welchen Beitrag zum Artenschutz, Frau Ministerin, können wir eigentlich von Ihren Kabinettskolleginnen und -kollegen erwarten? Tiere kommen ja nicht nur an Windenergieanlagen zu Schaden. Sie leiden auch unter einer intensiven Landwirtschaft, unter Mono- kulturen – etwa für die Futtermittel- herstellung –, kommen auf Verkehrs- wegen und an Glasfenstern zu Tode oder durch Lichtverschmutzung. Wie kommen wir auch voran in Richtung eines alle Ressorts und Nutzungen „überwölbenden“ Biodiversitäts- und Artenschutzes? Steffi Lemke: Die sozial-ökologische Transformation ist eine Aufgabe, die sich die Regierung als Ganzes auf die Fahnen geschrieben hat. Das merkt man zum Beispiel auch am frischen Wind im Landwirtschaftsministerium, wo es plötzlich bei Themen wie Nitrat, Tierwohl, Moorschutz oder beim Umgang mit Pestiziden, neue Vor- stöße gibt, bei denen der Umwelt- schutz ganz oben steht und wir gemeinsame gute Lösungen finden. Das lange schwelende EU-Vertrags- verletzungsverfahren wegen der Nitratrichtlinie und belasteten Grund- wasser konnten das BMEL und mein Haus nun endlich gemeinsam lösen. Oder im Entwicklungsministerium, das verstärkt auf Klimaschutz und Schutz der biologischen Vielfalt setzt. Für das Umweltministerium kann ich ankündigen, dass es eine Neuauf- lage unserer Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt von 2007 geben wird. Sie ist eine Strategie der gesam- ten Bundesregierung und das zentrale Instrument, um die neuen globalen Biodiversitätsziele bei uns im Land umzusetzen, die hoffentlich im Dezember auf der Weltnaturkonferenz verabschiedet werden. Auch die Ziele der EU-Biodiversitätsstrategie werden mit der Nationalen Biodiversitätsstra- tegie umgesetzt. W E r W E N N N I c h t W I r | 13

Sobald die neue globale Vereinba- rung zum Schutz der Biologischen Vielfalt beschlossen wurde, werden wir unseren Entwurf aus dem Umwelt- ministerium für die neue nationale Strategie zur Diskussion stellen. K 22: Die neue Bundesregierung wird im Artenschutz deutlich stärker als bisher auf bundeseinheitliche Regelungen und Auslegungen setzen. Wie Sie kürzlich betont haben, nicht im Sinne einer Absenkung von Standards, sondern der Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsprozessen. Welche Rolle werden dann noch die bestehenden Formen der Bund-Länder-Kooperation, wie etwa der sogenannte UMK-Prozess1 zum Signifikanzrahmen, spielen? Steffi Lemke: Die Arbeiten des UMK-Prozesses wurden bei der Erarbeitung des Eckpunktepapiers zur Beschleunigung des naturverträg- lichen Ausbaus der Windenergie an Land, das BMUV2 und BMWK3 gemein- sam erarbeitet haben, und des Gesetzesentwurfs natürlich berück- sichtigt. Das gilt vor allem für den Signifikanzrahmen. Als Umweltminis- terium schlagen wir vor, den UMK-Pro- zess fortzuführen. Natürlich in Abhän- gigkeit von den gesetzgeberischen Entwicklungen auf Bundesebene und verbunden mit entsprechend ange- passten Arbeitsaufträgen für die jeweiligen Unterarbeitsgruppen. K 22: Große Hoffnungen richten sich auf das im Koalitionsvertrag vereinbarte Instrument des Artenhilfsprogramms. Wenn dieses zu einer Stabilisierung des Erhaltungszustandes bestimmter Arten beiträgt – so die Erwartung –, sollte das auch die Genehmigung von Windenergieanlagen erleichtern. Welche Pflöcke konnten Sie hier bereits einschlagen? 1 2 3 Gemeint ist die Fachministerkonferenz der Umweltministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren des Bundes und der Länder (Anm. d. Red.). Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (Anm. d. Red.). Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (Anm. d. Red.). 14 | K 2 2

Steffi Lemke: Schon im Koalitions- vertrag haben wir deutlich gemacht: Diese Bundesregierung tritt an für Klimaschutz und für Artenvielfalt. Deshalb bringen wir jetzt den Ausbau der erneuerbaren Energien mit dem Natur- und Artenschutz zusammen. Das Artenhilfsprogramm wird dazu einen entscheidenden Beitrag leisten. Mit ihm werden besonders die Arten auf See und an Land geschützt, die bei einem verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien beeinträchtigt werden könnten beziehungsweise schon jetzt beeinträchtigt werden. Auf diese Weise sichern wir das europarechtlich vorgegebene Ziel eines günstigen Erhaltungszustandes. Im Bundeshaushalt wurden für das Programm 82,4 Millionen Euro bis 2026 bereitgestellt. Dazu kommen finanzielle Beiträge der Betreiber, deren Höhe sich im Moment noch nicht abschätzen lässt. Auf See und beim Schutz der Arten auf ihren internationalen Zugrouten ist der Bund allein zuständig. Gemeinsam mit den Bundesländern wollen wir neue Maßnahmen entwickeln und möglichst ohne großen bürokratischen Aufwand ab 2023 umsetzen. K 22: Der Ausbau der Photovoltaik schreitet in der Fläche voran, es entste- hen große bis sehr große Solarparks. Wird Ihr Ministerium für diese verbind- liche Naturschutzkriterien vorgeben oder setzen Sie hier auf die konkreten Aus- handlungen zwischen Kommunen und Betreibern? „ Wir schlagen vor, den UMK-Prozess fortzuführen.“ W E r W E N N N I c h t W I r | 15

Steffi Lemke: Es ist klar, dass wir einen weiteren Ausbau der Photovol- taik brauchen, wenn wir die ambitio- nierten Ausbauziele der erneuerbaren Energien erreichen wollen. Dafür müssen Dach- und Parkplatzflächen primär und verstärkt genutzt werden. Auch Freiflächen werden einbezogen werden. Für die konkrete Planung von Anlagenstandorten und die Genehmi- gung von Freiflächen-PV-Anlagen sind die jeweiligen Behörden der Länder bzw. der Kommunen zuständig. Das gilt auch für die Ausgestaltung des Schutzes von Natur und Land- schaft. Deshalb brauchen wir Leit- linien für Kommunen und Betreiber, die einen naturverträglichen Frei- flächen-PV-Ausbau unterstützen. Bis jetzt ist die PV-Nutzung auf wiedervernässten, vormals landwirt- schaftlich genutzten Moorböden, noch nicht breit erprobt. Wir haben ehrgeizige Ziele für die Wiedervernäs- sung von Moorböden und wollen auf vielen Flächen eine angepasste Nutzung ermöglichen. Durch die Förderung von Photovoltaik-Anlagen auf wiedervernässten Moorböden werden wir zum Beispiel über das EEG4 zusätzliche Anreize für die Wiedervernässung setzen. K 22: Der Klimawandel schreitet sicht- und fühlbar voran. Die Klimaforschung verweist auf die Dringlichkeit, umfangrei- che Anpassungsmaßnahmen umzuset- zen. Hitzebelastungen, Wassermangel und trockene Böden haben Auswirkun- gen auf die Zusammensetzung der Arten, auf Lebensbedingungen und Verhaltens- weisen der Pflanzen und Tiere. Welche Maßnahmen wollen Sie auf den Weg bringen? Steffi Lemke: Die trockenen Sommer der letzten Jahre und die verheerenden Starkregenniederschläge im Juli 2021 haben gezeigt, mit welcher Wucht sich die Klimakrise auch in Deutschland auswirkt. Deshalb ist ein erheblicher 4 Gemeint ist das Erneuerbare-Energien-Gesetz (Anm. d. Red.) 16 | K 2 2

Umbau- und Anpassungsprozess von Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt erforderlich, um Deutschland klimafest zu machen und die Lebensqualität in Deutschland auch für künftige Genera- tionen zu sichern. Dazu braucht es alle staatlichen Ebenen. Ich habe die Vorsorge und die Anpassung an die Folgen der Klima- krise daher zu einem Schwerpunkt meiner Arbeit gemacht. Das Bundes- umweltministerium wird in dieser Legislaturperiode unter anderem ein Klimaanpassungsgesetz vorlegen und die bestehende Deutsche Anpas- sungsstrategie zu einer vorsorgenden Strategie mit konkreten Zielen und Maßnahmen weiterentwickeln. Und wir werden die gemeinsame Finanzie- rung von Bund und Ländern für Klimaanpassung und Naturschutz verankern. Mit dem Sofortprogramm Klimaanpassung vom März 2022 haben wir einen ersten Meilenstein erreicht. Auch das schon erwähnte Aktions- programm Natürlicher Klimaschutz (ANK) knüpft da an. Denn Natürlicher Klimaschutz ist die Verbindung zwischen Klimaschutz, Klimaanpas- sung und der Erhalt der biologischen Vielfalt. „ Ich habe die Vorsorge und die Anpassung an die Folgen der Klimakrise zu einem Schwerpunkt meiner Arbeit gemacht.“ W E r W E N N N I c h t W I r | 17

Das Ziel, zwei Prozent der Landes- fläche für großflächige Wildnisgebiete zu sichern, ist immer noch aktuell. Denn wir brauchen große Gebiete, in denen sich die Natur weitestgehend unbeeinflusst und natürlich entwickeln kann. Über den Wildnisfonds im Bundesnaturschutzfonds können Flächen angekauft oder eingetauscht werden oder es wird ein Ausgleich gezahlt, wenn sie dauerhaft nicht mehr genutzt werden. Damit helfen wir, bestehende Wildnisgebiete zu ergänzen und neue zu sichern. K 22: Das langfristige Überleben der Arten und Populationen setzt genetische Diversität voraus, die die notwendigen Anpassungsprozesse an eine sich stetig ändernde Umwelt ermöglicht. Große Bedeutung kommt hier dem nationalen Biotopverbund zu. Welche Schwerpunkte wollen Sie hier in den kommenden Jahren setzen? Steffi Lemke: Die neue EU-Biodiversi- tätsstrategie betont zurecht, wie wichtig ökologische Korridore für den Zustand von Natur und Landschaft sind. Wir als Bund wollen weiterhin Länder, Regionen und Kommunen bei der Entwicklung und Sicherung solcher Verbundstrukturen in der Landschaft unterstützen. Mit dem Bundesprogramm Blaues Band Deutschland leisten wir zum Beispiel einen Beitrag zur Verbesserung der Biotopvernetzung an Bundeswasser straßen. Wir haben damit einen Prozess zur Renaturierung von Auen gestartet, der jetzt in den nächsten Jahren und Jahrzehnten umgesetzt werden muss. 18 | K 2 2

K 22: Sie sind bekanntermaßen seit vielen Jahren sehr engagiert im internationalen Kampf gegen das Artensterben und für biologische Vielfalt. Regelmäßig finden hierzu Treffen im Rahmen der Vereinten Nationen statt. Wo steht die Weltgemein- schaft in ihrem gemeinsamen Kampf? Steffi Lemke: Auf globaler Ebene ist die Weltworldnaturkonferenz der nächste Meilenstein. Dort soll ein neuer globaler Rahmen für biologi- sche Vielfalt beschlossen werden. Es ist wichtig, dass dort konkrete, messbare und überprüfbare Ziele verabschiedet werden. Ein wichtiger Erfolgsfaktor für die Verhandlungen ist eine angemessene Finanzierung. Beim Treffen mit den G7-Umwelt- ministerinnen und -ministern im Mai haben wir uns deshalb unter anderem verpflichtet, die nationalen und internationalen Mittel für den Natur- schutz bis 2025 erheblich zu erhöhen. Die Staatschefs der G7-Staaten haben dieses Ziel auf dem G7-Gipfel in Elmau noch einmal bekräftigt. Es ist klar: Die Weltnaturkonferenz im Dezember muss eine Trendwende für die Biodiversität bringen. Z U R B U N D E S M I N I S T E R I N Steffi Lemke ist seit 2021 Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Geboren und aufgewachsen in Dessau, studierte sie ab 1988 Agrarwissenschaften in Berlin. 1989 gründete sie die GRÜNE Partei der DDR mit. Von 1994 bis 2002 war sie für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bundestag, die letzten vier Jahre davon als parlamentarische Geschäftsführerin. Seit 2013 ist Steffi Lemke wieder Mitglied des Bundestages und war bis 2021 Parlamentarische Geschäfts führerin und Naturschutzpolitische Sprecherin der Grünen Fraktion. W E r W E N N N I c h t W I r | 19

Am 1. April 2022 begann die zweite Beauftragung des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende durch den Gesellschafter, die Umweltstiftung Michael Otto. Mit der Abgabe des Rechenschaftsberichtes endeten sechs Jahre herausfordernder, aber auch erfüllender Arbeit. Unser Autor hat diesen Prozess an führender Stelle verantwortet, geleitet und strukturiert. In seinem Beitrag reflektiert er seine Erfahrungen mit dem Wunsch nach institutioneller Beständigkeit und der Wirklichkeit eines steten Wandels. „Am 1. Juli 2016 hat das Kompetenz- zentrum Naturschutz und Energie- wende (KNE) seine Arbeit aufgenom- men.“1 – Mit diesem Satz, der den dahinterliegenden Stolz nur sehr unvollkommen zum Ausdruck bringen konnte, begann mein Beitrag in der Inaugural-Ausgabe des KNE-Jahrbuchs im Jahre 2018, mit dem ich einen historischen Abriss der historischen Ereignisse von 2012 bis zum 1. Juli 2016 gab, die zur Gründung des KNE führten: von der Idee bis zur feier- lichen Eröffnung. Dieser Artikel wird nicht der hagiographischen Versuchung erlie- gen, die Geschichte des KNE von Mitte 2016 bis Mitte 2022 fortzuschreiben. Zu diesem Beitrag habe ich mich vielmehr entschlossen, weil ich die Erfahrungen festhalten möchte, mit welchen Herausforderungen der ständigen strukturellen und inhalt- lichen Fortentwicklung eine Einrich- tung wie das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende konfrontiert ist, und wie sie diesen begegnet ist. Vorwegnehmen kann ich: Im Laufe der Jahre haben wir – mein Geschäftsführer-Kollege Michael Krieger und ich als geschäftsführen- der Direktor – uns den Satz „Aber jetzt haben wir es!“ abgewöhnt und eingesehen, dass es zu den perma- nenten Aufgaben eines Kompetenz- zentrums gehört, sich zu reflektieren und zu adaptieren. Auf zwölf Aspekte von Wandel und Beständigkeit möchte ich näher eingehen. 1 Raynal-Ehrke, Torsten: Von der Idee zur Institution – Die KNE-Historie in 12 Wegmarken. In: K18 – Jahrbuch für naturverträgliche Energiewende, Mai 2018. 2 2 | K 2 2

Unabhängigkeit und Neutralität Es bestand immer Einigkeit, dass ein funktionierendes Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende unabhängig agieren und Neutralität an den Tag legen können muss. Die Unabhängigkeit war durch die Beauf- tragung der KNE gGmbH mit dem alleinigen Gesellschafter, der Umwelt- stiftung Michael Otto, gewährleistet. Die Finanzierung der Beauftragung aus dem Bundeshaushalt macht das Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz. Schwieriger stellt sich das Aus- buchstabieren, aber auch Einüben von Neutralität dar. Immer wieder stellen wir uns die Frage, was ein neutrales KNE ist. Insbesondere junge Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter wollen Stellung beziehen und „klare Kante“ zeigen. Für Akzeptanz und Wirksam- keit des KNE muss daher immer wieder gemeinsam erarbeitet werden, dass es essenziell ist, dass wir uns gegenüber den verschiedenen Akteu- ren der Energiewende unvor- eingenommen und mit gebote- ner Äquidistanz verhalten. Auch wenn diese Grundhal- tung einzelne Akteure nicht zu jedem Zeitpunkt glücklich macht. 1. Juli 2016 – die damalige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks eröffnet feierlich das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende. Nicht neutral sind wir gegenüber der Energiewende, deren politische Setzungen wir akzeptieren und unterstützen. Wer mit uns zusammenarbei- tet muss wissen, dass wir zwar KNE unabhängig von der Einwerbung von Projekt- oder weiteren Drittmit- teln. Zudem arbeitet das KNE wei- sungsungebunden, was das Kompe- tenzzentrum zu einem gefragten und respektierten Gesprächspartner auch für unseren „Financier“ macht, das Bundesministerium für Umwelt, helfen, Brücken zu bauen, aber dies zwischen den Akteuren, die sich zur naturverträglichen Energiewende bekennen und über das Wie diskutie- ren, nicht über das Ob. Bürgerinitiati- ven, die generell gegen die Windener- gie arbeiten, gehören nur sehr selten zu unseren Gesprächspartnern. a l l d I E g a N z E N J a h r E | 2 3

Die Klärung der Konflikt- klärung Einen weiten Weg hat das KNE zurück- gelegt bei der Klärung, was unter der uns zugewiesenen Aufgabe der „Konfliktvermeidung“ zu verstehen ist. Zunächst gab es eine klare und unumstößliche Auffassung, dass das KNE die Konfliktlösung vor Ort unter- stützen solle. Das war – wie sich schnell erwies – eine eindeutig überdimensionierte Zuschreibung. Mit zwei festangestellten Konfliktbera- terinnen und Konfliktberatern konnte man nicht einmal von einem Tropfen auf den sprichwörtlichen heißen Stein sprechen. Zudem war uns bei der Konzeptualisierung völlig aus dem Blick geraten, dass man das KNE erst einmal vor Ort bekannt machen muss. Für Akquise waren weder Geld noch Personal vorgesehen, da wir naiver Weise davon ausgingen, dass man uns sowieso ‚überlaufen‘ werde. Mit der zeitweiligen Einrichtung einer Außen- stelle2 in München haben wir zwar versucht näher an Regionen heranzu- kommen, aber letztlich musste doch umgedacht werden. Heute ist unser Credo, dass Konfliktvermeidung eben nicht nur die Konfliktklärung vor Ort umfasst, sondern auch die Vermittlung klarer fachlicher Grundlagen für Entschei- dungen zu Vorhaben vor Ort oder für eine Versachlichung einer Auseinan- dersetzung vor Ort. In diesem Sinne berät das KNE Anfragende aus allen Akteursgruppen – mündlich, schrift- lich und gelegentlich auch durch eine Veranstaltung. Der Wissensrespons, also die Beantwortung der im KNE eingehenden Fragen, ist eine wichtige Säule unserer Facharbeit. Gerade denken wir darüber nach, wie wir die Ergebnisse unserer Facharbeit noch zielgerichteter an die Zielgruppe Kommunen herantragen können. Zweifelsfrei ist das Interesse bei den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und bei den Gemeinde- vertretungen vor Ort groß, der Ausbau der Windenergie an Land findet schließlich dort statt, und der Ausbau der Freiflächen-Photovoltaik stellt die Kommunen vor neue Heraus- forderungen. 2 Siehe: Köppel, Martin: Ab in den Süden – Auf welche Konflikte das KNE an Neckar, Isar, Main und Gera trifft. In: K19 – Jahrbuch für naturverträgliche Energiewende, Februar 2019. 2 4 | K 2 2

Der Mediatorinnen- und Mediatoren-Pool Eine Innovation stellt der auf Initiative des Bundesumweltministeriums erfolgte Aufbau eines Pools an speziell für Konfliktfälle der naturverträglichen Energiewende fortgebildeten Media- torinnen und Mediatoren dar3. Mit fachlicher Unterstützung aus der Europa-Universität Viadrina und unter finanzieller Eigenbeteiligung der Interessierten wurden 50 Frauen und Männer fachlich fortgebildet. Der Pool stellt heute einen ‚Schatz‘ des KNE dar, der aber auch noch gehoben sein will. Nachdem wir feststellen mussten, dass die Akquise und Vermittlung der Pool-Mitglieder in Konfliktfälle durch eine eigenständige Struktureinheit des KNE betriebswirtschaftlich nicht zu rechtfertigen war, haben wir hier die Notbremse gezogen. Heute bewerben wir den Einsatz gegenüber den Akteursgruppen der naturverträg- lichen Energiewende und in unseren regelmäßigen Gesprächen mit den Landesregierungen, den Landes- energieagenturen und mit anderen Einrichtungen der Länder (zum Beispiel Dialog- und Servicestellen Mediatorenehrung: Zum erfolgreichen Abschluss der KNE- Fortbildungsreihe erhalten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihr Fortbildungszertifikat. für erneuerbare Energien). In speziell organisierten Digital-Veranstaltungen stellen sich Mitglieder des Pools persönlich vor und erläutern ihr Interesse und ihre Kompetenzen. Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage nach unseren Mediieren- den in den kommenden Monaten und Jahren steigen wird, und das nicht nur bei den klassischen Mediationsfällen, sondern auch im Bereich der Prozess- gestaltung, also der Konflikten vorbeu- genden Maßnahmen und Instrumente. Die Idee, einen Bundesfonds zur (Anschub-)Finanzierung des Einsatzes von Mediatorinnen und Mediatoren aufzulegen, unterstützen wir aus- drücklich. Erfahrungen in einzelnen Ländern (zum Beispiel Brandenburg) zeigen, dass dieses Instrument sehr hilfreich bei der Anbahnung von 3 Siehe: Knothe, Bettina: Mission possible. In: K18 – Jahrbuch für naturverträgliche Energiewende, Mai 2018. a l l d I E g a N z E N J a h r E | 2 5

über die Landesebene bis hin zu den Behörden und Akteuren vor Ort, in denen, ‚ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen‘, offen über die Prozesse und Probleme der naturverträglichen Energiewende vor Ort gesprochen werden kann. Hier können wir – auch an den schmerzhaften Stellen – nach- fragen, aber auch kommentieren, ohne dass jedes Wort auf der Gold- waage liegt oder den Weg in die Öffentlichkeit findet. Die Gespräche protokollieren wir anonym, außer den Gesprächsteilnehmenden weiß niemand, wer hier beteiligt war. Diese Einblicke sind sehr wertvoll und unverzichtbar. Ein zweites Instrument, das die Öffentlichkeit nicht scheut, sondern sucht, sind unsere KNE-Touren zu den Projekten der erneuerbaren Energien vor Ort. In dieser Ausgabe finden Sie einen Tour-Bericht4, der einen Einblick in dieses Format gibt. Arbeitsbeziehungen vor Ort sein kann, wenn also nicht gleich die erste zu beantwortende Frage, die ist, wer das Ganze bezahlen soll. Zweimal im Jahr führen wir soge- nannte Fachforen durch, in denen sich das KNE mit den Pool-Mitgliedern aus- tauscht und diese sich untereinander. Das KNE „vor Ort“ Unverzichtbar für eine gute Arbeit des Kompetenzzentrums ist die Verbin- dung zu den Prozessen und Proble- men vor Ort. Unser Beirat hat uns immer wieder auf den Vorzug einer solchen Verankerung hingewiesen. Die Corona-Pandemie hat hier zwar vieles erschwert, aber letztlich haben wir interessante und ergebnisreiche Formate entwickelt, die unsere Arbeit bereichern und ‚erden‘. Zum einen führen wir sogenannte Werkstatt-Gespräche durch. Hierbei handelt es sich um vertrauliche Gespräche mit einzelnen Akteuren über konkrete Problemlagen – zunächst ohne Beratungscharakter. Das heißt, das KNE fragt solche Gespräche an bzw. bietet sie an. Gesprächspartner sind verschie- denste Akteure der Bundesebene 4 Bär, Tina: Steife Briese auf der Wiese. In diesem Jahrbuch auf Seite 54 ff. Das KNE auf Tour. Eine Delegation des KNE besucht einen Bürgerenergiewindpark und Solarpark in Ellhöft, Nordfriesland. 2 6 | K 2 2

Das Versachlichen von Debatten Wichtig war es auch, zu klären, was unter der Aufgabe „Versachlichen von Debatten“ zu verstehen sei. Welche Themen sollten denn vorrangig vom Kompetenzzentrum bearbeitet werden und welche nicht? Angesichts der finanziellen Grundausstattung des KNE war schnell klar, dass unser Name „Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende“ etwas kleiner buchsta- biert werden muss, eine Beschäfti- gung mit der ganzen Bandbreite der Energiewende – so wünschenswert sie auch sei – war nicht zu leisten. Wir haben uns zunächst umfangreich mit dem Naheliegenden befasst: dem Ausbau der erneuerbaren Energien, und hier mit der Windenergie an Land. Zu den spannenden naturschutzfach- lichen Fragen des Ausbaus der Windenergie auf See zum Beispiel haben wir uns nicht geäußert. In den letzten Jahren rückte der Ausbau der Photovoltaik immer stärker in unser Blickfeld. Die Natur- schutzseite wünscht sich hier eine stärkere prozessgestaltende Arbeit des KNE beim Ausbau der Freiflächen- Photovoltaik. Mit unseren Veröffent- lichungen „Wie Sie den Artenschutz in Solarparks optimieren – Hinweise zum Vorgehen für kommunale Akteure“ und den „Kriterien für eine naturver- trägliche Standortwahl für Solar-Frei- flächenanlagen – Übersicht über die Einschätzung der Eignung verschiede- ner Flächentypen“ haben wir diesem Wunsch stärker entsprochen als zunächst gedacht. Die Nachfrage bei kommunalen Verantwortungsträgern KNE-Vortragsveranstaltung zum Thema „Kollisionen an Windenergieanlagen“ im Haus der Natur in Potsdam. nach Digital-Veranstaltungen zur Vorstellung und Diskussion unserer Vorschläge bezeugen das große Interesse, belegen aber auch den wachsenden Handlungsdruck vor Ort. Eine direkte Beratung von Projek- ten und Kommunen ist uns aber weder von der Ressourcenseite her möglich noch von der Seite unserer Beauftragung. Hier vertrauen wir auf die gute Arbeit der entsprechenden Landeseinrichtungen und Service- stellen. a l l d I E g a N z E N J a h r E | 2 7

Arbeit die Zusammenarbeit mit dem Drittmittelgeber einvernehmlich beendet und die Finanzierung aus dem KNE-Haushalt vorgenommen. Unterschätzt haben wir auch, dass es für die notwendigerweise zu beteili- genden Institutionen nicht ohne Weiteres zu leisten ist, eine fachlich adäquate Mitarbeit über den gesam- ten langzeitigen Prozess zu gewähr- leisten, ganz abgesehen von den zeitaufwändigen organisationsinter- nen Abstimmungsprozessen, wenn es um die Zustimmung zu bestimmten Empfehlungen ging. Hier lässt sich die Demokratie nicht zugunsten der Effizienz aushebeln. Heute nimmt die Dialogarbeit einen großen Teil unserer Arbeit ein. In bewährten Dialogformaten tauschen sich einzelne oder mehrere Akteurs- gruppen über aktuelle fachliche und fachpolitische Fragen aus und erarbei- ten sich gemeinsame Positionen. Diese Arbeit hat sich bewährt und erfährt große Anerkennung und Akzeptanz. Zukünftig werden wir unsere Netz- werkarbeit über einen Beauftragten für die Netzwerk-Kommunikation weiterentwickeln, insbesondere hinsichtlich des Austausches mit dem Bereich Wissenschaft und Forschung, aber auch mit der Fachebene der in den Ländern für die naturverträgliche Vom Fachdialog zum Brückenbauen Einen starken Wandel haben unsere Vorstellungen zum sogenannten Fachdialog erfahren. Zunächst gingen wir davon aus, dass es im KNE eine dritte Säule unserer Arbeit geben würde: die drittmittelfinanzierten Aushandlungsprozesse zwischen Akteuren der naturverträglichen Energiewende zu speziellen fachlichen Fragen. Zwei dieser Fachdialoge wurden zunächst durchgeführt. Ihre Ergeb- nisse liegen mit den „Empfehlungen zur Vereinbarkeit von Windenergie- ausbau und UNESCO-Welterbestät- ten“ und „Empfehlungen für die Qualitätssicherung von Fledermaus- Gutachten in Planung und Genehmi- gung von Windenergieanlagen“ schrift- lich vor. Mein Eindruck ist, dass der Wunsch groß ist, dass sich das KNE wieder stärker für solche Arbeits- prozesse engagiert. Allerdings mussten wir feststellen, dass die Logiken unserer Fachdialoge – insbesondere die unbedingte Ergebnisoffenheit des Prozesses – nicht kompatibel waren mit den Erfordernissen der Genehmigung und Abrechnung von Fördermitteln Dritter. In einem der Arbeitsprozesse haben wir deshalb auch nach Phase 1 der 2 8 | K 2 2

Energiewende zuständigen Ministe- rien. Beherzigen muss man auch, dass neben der engen Zusammenarbeit mit den Fachebenen der Verbände die Kommunikation mit deren „politischen Spitzen“ nicht vernachlässigt werden darf. Bund – Länder – Organisationen Die Dynamik der naturverträglichen Energiewende hat zu einem großen Kommunikationsbedarf zwischen Bund, Ländern und Interessensvertre- tungen geführt. Ein die letzten Jahre dominierender Austausch- und Arbeitsprozess war der sogenannte UMK5-Prozess zur untergesetzlichen Maßstabsbildung (Signifikanzrahmen). Bereits seit Anfang 2020 war das KNE in den Arbeitsprozess von Bund und Ländern zur Standardisierung der Anwendung des Artenschutzrechtes bei der Genehmigung von Windener- gieanlagen an Land einbezogen. Dieser gründet auf dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichtes, Geneh- migungsverfahren durch eine verbes- serte untergesetzliche Maßstabs- bildung zügiger und rechtssicherer Workshop im KNE-Fachdialog „Qualitätssicherung von Fledermausgutachten und Windenergieausbau“ auszugestalten. Auf Anregung des Bundesumweltministeriums wirkt das KNE in den drei Unterarbeitsgruppen (Repowering, Probabilistik und Schwel- lenwerte) fachlich beratend, moderie- rend (mit Unterstützung aus dem Pool von KNE-Mediatorinnen und -Mediato- ren) und organisatorisch unterstüt- zend mit. Seit Oktober 2021 ist das KNE auch in der Lenkungsgruppe vertreten. Das KNE hat hier einen einzigarti- gen Beitrag zur Kommunikation und fachlichen Arbeit geleistet, der so in der Konzeptphase des KNE nicht absehbar war. Die Arbeit im UMK- Prozess war nur in Teilen erfolgreich, gerade in zentralen Punkten wie den Kriterien und Maßstäben für die Signifikanzprüfung konnte kein konsensfähiger Ansatz erarbeitet 5 Fachministerkonferenz der Umweltministerinnen, -minister, -senatorinnen und -senatoren des Bundes und der Länder, die vor allem der Koordination der Bundesländer dient. a l l d I E g a N z E N J a h r E | 2 9

3 6 1 der erste KNE-Sommerabend in der Schmiede auf dem EUrEF-campus • 2 Erst mal den Eisbären fotografieren, bevor er schmilzt: Das KNE in 2019 mit einem interaktiven Stand auf dem der offenen Tür im BMU • 3 Im Kollegium unterwegs zu sein, bedeutet nicht nur, sich über Erneuerbare-Energien-Projekte zu informieren, sondern auch immer viel Vergnügen. 4 Jochen Flasbarth, damaliger Staatssekretär im BMU, im Jahr 2021 zu Gast im KNE-Podcast. 5 Die Berliner Energietage 2018: Die damalige Bundesumweltministerin Svenja Schulze besucht den KNE-Stand. • 6 Technisch eine neue Herausforderung: Der KNE-Kongress KLIMA.NATUR.ENERGIE. fand 2021 aufgrund der Corona-Pandemie digital statt. 7 Dr. Elke Bruns auf der KNE-Fachkonferenz Vogel- schutz an Windenergieanlagen. • 8 KNE-Betriebsaus- flug: Das Kollegium besichtigt ein Umspannwerk. 9: Das KNE informiert auf den unterschiedlichsten Veranstaltungen zu Themen der naturverträglichen Energiewende. a l l d I E g a N z E N J a h r E | 3 1

werden. Mit dem jetzt vorliegenden Novellenentwurf des Bundesnatur- schutzgesetzes hat der Bund diese Arbeiten an sich gezogen und Lösungsvorschläge in die parlamen- tarische Beratung eingebracht. Die Facharbeit und die erforderliche Zusammenarbeit von Bund und Ländern endet hier aber nicht, sie wird über die nächsten Jahre fordernd anhalten. Facharbeit und Öffent- lichkeitsarbeit Einen Wandel hat auch die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit erfahren. War eine Kommunikationsarbeit in Richtung Medien anfangs konzeptuell gar nicht vorgesehen, zeigte sich uns doch bald, dass eine Versachlichung von Debatten auch auf die Medien zielen muss, und zwar sowohl auf die Fachmedien als auch die allgemeinen Informationsmedien. Die Konzeptarbeit zur Medien- arbeit hat immer wieder einen Wandel erfahren, weil wir neue Formate ausprobiert haben und bewerten mussten. Was passt und ist erforder- lich an Öffentlichkeitsarbeit eines Kompetenzzentrums mit klar definier- tem Fachauftrag? Heute ist das KNE eine gut nach- gefragte Einrichtung, die für Hinter- grundinformationen, aber auch als Interviewpartner oder Autor von Beiträgen angefragt wird. Wir verstehen die Kommunika- tionsabteilung jetzt als Fachabteilung des KNE. Sie übersetzt die Ergebnisse unserer Facharbeit in die Sprache der Medien. Wir nutzen Soziale Medien, produzieren Podcast-Ausgaben, melden uns gezielt mit sogenannten Wortmeldungen bzw. Aktuelles-Mel- dungen zu Wort, veröffentlichen über spezielle DSGVO6-gerechte Verteiler unsere Wissensdokumente7. Wobei wir insbesondere die Zielgruppen- genauigkeit weiter verbessern wollen. Wichtig und richtig war es auch, ein Format zur Verbesserung der internen Kommunikation zu entwickeln, das über das monatliche Plenartreffen hinaus die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf dem Laufenden hält, was sich im KNE tut. Hierfür gibt es das jeden Freitag erscheinende Wochenbriefing. 6 7 Datenschutz-Grundverordnung Auf unserer Internetseite finden Sie unsere Publikationen zu den verschiedenen Themen und Fragestellungen der naturverträglichen Energiewende. 3 2 | K 2 2

Organisation und Selbstorganisation Eine Einrichtung mit bis zu 25 festan- gestellten Mitarbeitenden muss auch immer wieder die eigene Verfasstheit hinterfragen. Wie können die internen Prozesse verwaltet, wie die erforder- liche Kommuni- kation gewähr- leistet werden? Wie gestaltet sich das Verhält- nis von Leitung und Autonomie optimal, und wie sinnfällig lässt sich die elektro- nische Ablage organisieren, ohne daraus eine Wissen- schaft für sich zu machen? zung des Agilitätsprinzips gesetzt. Speziell fortgebildete Agilitätsbeauf- tragte begleiten die von der Geschäftsführung freigegebenen Projekte vom Kick-off bis zum Review. Um die Autonomie der Fachebene zu stärken hat das KNE in Absprache mit dem Gesell- schafter die Position der stellvertreten- den Direktorin geschaffen, die zukünftig die Fachkoordina- tion des KNE übernimmt. Mit der Beru- fung des Beauftragten für die Netz- werk-Kommuni- kation stärken wir ferner die koordinierte Kommunikation Im KNE wird Weiterbildung großgeschrieben: Das KNE auf einem Workshop zum Thema Design Thinking. Diese Fragen stellten sich insofern besonders drängend, als sich zeigte, dass das KNE stark abteilungsüber- greifend arbeiten, das heißt sich in Projekten organisieren muss. Das KNE hat im Interesse einer optimalen internen Zusammenarbeit und bestmöglicher Qualität in der Arbeit insbesondere auf die Umset- mit externen Akteuren (Organisatio- nen, Ländern, Kommunen usw.). Gesellschaftliche Veränderungen erfordern zudem, auf aktuelle Heraus- forderungen zu reagieren, so wie wir es mit Workshops zur interkulturellen Sensibilisierung oder mit der Finanzie- rung einer externen Supervisorin getan haben. a l l d I E g a N z E N J a h r E | 3 3

Der Beirat zwischen Rat und Widerspruch Beirat und KNE-Geschäftsführung auf die Beiratsarbeit haben sich geändert. In Beiratssitzungen werden heute auch die sich ändernden politischen Rahmenbedingungen der Energie- wende in Hinblick auf die Arbeit des KNE reflektiert und diskutiert, und es werden Empfehlungen an die Geschäftsführung ausgesprochen, welche Facharbeit jetzt hilfreich sein könnte für die Praxis. Immerhin ist eine Beiratssitzung eine der wenigen Möglichkeiten, wo sich hochrangige Vertretungen des Naturschut- zes und der Energiewende, der Länder und Kommunen und aus der Wissen- schaft nicht- öffentlich treffen und Bewertun- gen der aktuellen Entwicklung der naturverträglichen Energiewende vornehmen. Zudem stand die politi- sche Hausleitung des Bundesumwelt- ministeriums in fast jeder Sitzung für einen Gedankenaustausch mit dem Beirat zur Verfügung. Für diese Weiterentwicklung der Beiratsarbeit sind wir sehr dankbar, auch wenn naturgemäß die Einschät- zungen nicht immer einheitlich aus- fallen können. Die Beiratssitzungen sind stets von reger Teilnahme und Engagement geprägt. Dem KNE-Beirat gehören persönlich berufene Vertretungen des Natur- schutzes, der Energiewirtschaft, der Länder und der Kommunen sowie aus Wissenschaft und Forschung an. Das Selbstverständnis des Beirates hat sich gewandelt, und damit die Arbeit im Beirat. Die Beiratsmitglieder nehmen satzungsgemäß zu geplanten Projekten, Forschungs- vorhaben und Kooperationen sowie zur strategischen Entwicklung des KNE und zur mittelfristigen Aufgabenpla- nung Stellung. Sie wirken damit an der inhaltlichen Ausrichtung des KNE mit. Dieser fachliche Austausch ist für die Arbeit des KNE sehr wertvoll, bringt doch jeder Akteur seine Sichtweisen und Erfahrungen ein, die wir in unserer Arbeit berücksichtigen können und müssen, um erfolgreich zu sein. Die Zusammenarbeit mit dem Beirat hat sich aber darüber hinaus intensiviert, und die Sichtweisen von 3 4 | K 2 2

Einzug der janusköpfigen Moderne Zur Moderne einer globalisierten Welt gehören heute Pandemien – wer wollte es bestreiten. Das Homeoffice hat durch die staatlichen Pandemie- maßnahmen einen enormen Auftrieb erhalten. Wo vorher Bedenkenträgerei vorherrschte, musste nun nach Lösun- gen gesucht werden, um die Arbeits- fähigkeit zu erhalten. Sie wurden schnell gefunden, dank auch eines hierfür offenen und engagierten IT-Referates. Die technische Ausstattung und Schulung aller Mitarbeitenden für eine Arbeit im Homeoffice ermöglichte es uns schließlich auch, in ein kleineres, aber moderneres Büro umzuziehen. Einen festen Arbeitsplatz für jeden und jede gibt es nun nicht mehr. Dieser Wegfall war zwar etwas gewöh- nungsbedürftig, ist aber inzwischen kein Problem mehr. Wer rechtzeitig bucht, bekommt auch den Arbeits- platz mit Blick auf die Spree. Inzwischen haben wir auch das Homeoffice „überwunden“. Unsere Mitarbeitenden können arbeiten, wo sie wollen, sofern der Datenschutz gewährleistet ist und die von uns vorgegebenen technischen Standards eingehalten werden. Man kann im Café arbeiten oder in Bayern oder auf Mallorca – unverhandelbar sind nur Qualität und Termintreue. Auch die Teilnahme an Konferen- zen und Workshops ist heute einfa- cher, da vieles virtuell stattfindet. Sehnten sich anfangs alle zurück nach physischen Treffen, ertappt man sich heute bei der Frage, warum das eine oder andere Veranstaltungsformat Dritter nur physisch angeboten wird. Zeit ist schließlich kostbar. Im KNE jedenfalls werden virtuelle Veranstal- tungen Ewigkeitscharakter haben, wenn selbstverständlich auch nicht alles in dieses Format passt. Die kluge Mischung macht’s. Aufgrund von Corona konnte die KNE-Weihnachtsfeier in 2020 leider nur virtuell stattfinden. Es war trotzdem lustig! Seit Sommer 2021 befindet sich die KNE-Geschäftsstelle direkt an der Spree – mit Blick auf die Oberbaumbrücke. a l l d I E g a N z E N J a h r E | 3 5

Alternativlos: Familienfreundlichkeit Für die Geschäftsführung des KNE stand es von Anbeginn an außer Frage, dass das KNE ein familien- freundliches Unternehmen sein wird. Uns war klar, dass angesichts unserer begrenzten finanziellen Mittel und des sogenannten Besserstellungsverbotes vor allem junge Menschen die Arbeit im KNE aufnehmen würden, also (reelle oder potenzielle) Väter und Mütter. Wir haben uns daher frühzei- tig Gedanken gemacht, wie wir für diese Gruppe attraktiv sein können. Wichtig ist eine positive Grundeinstel- lung der Geschäftsführung. Man muss sich mit den Mitarbeitenden über Nachwuchs freuen und sich in die Sorgen und Belastungen, die Kinder mit sich bringen, hineinversetzen können – dann finden sich auch Lösungen, die für beide Seiten zufrie- denstellend sind. Eltern-Mitarbeitende arbeiten heute grundsätzlich nicht in Vollzeit. Wir haben deshalb entsprechende Teilzeitstellen geschaffen. Elternzeiten sind eine große soziale Errungen- schaft, für ein Unternehmen aber nicht nur ein Spaß. Es muss Ersatz gefunden und dieser eingearbeitet werden. Langjährige Erfahrungen können die neuen Kolleginnen und 3 6 | K 2 2 An der Spree feierte das KNE seinen dritten Sommerabend. Kollegen zumeist nicht mitbringen, und es zeigte sich leider auch, dass es zwischen einem halben und ganzem Jahr dauert, bis man sich so richtig in das KNE „hineingefunden“ hat. Sehr zu schätzen wissen es Väter und Mütter, wenn sie die Arbeitszeit flexibel gestalten können. Wir haben verschiedene Modelle ausprobiert, uns letztlich aber dafür entschieden, die Arbeitszeiten freizugeben. Die Teilnahme an Gremiensitzungen ist zwar obligatorisch, aber diese konzen- trieren sich bei uns auf zwei Wochen- tage, so dass sie gut planbar ist.

summa summarum In vielen unserer Erfahrungen werden Sie sich, liebe Leserin, lieber Leser, wiederfinden. Veränderungen sind schließlich nicht nur im KNE gefragt. Es zeigt sich, dass sich Institutionen im ständigen Austausch mit den gesellschaftlichen Entwicklungen befinden, denen sie letztlich dienen. Strukturelle und personelle Opti- mierungen gehören eher zum Alltag einer Organisation, das behäbige Gleichmaß über Jahrzehnte hat ausgedient. Und mag auch nicht alles auf Anhieb gelingen, so orientieren wir uns doch am Satz von Paul Anthony Samuelson: „Wenn sich meine Infor- mationen ändern, ändere ich meine Schlussfolgerung.“ Schließlich, und damit enden meine Ausführungen, gilt auch für uns die Feststellung von Carveth Read: „It is better to be vaguely right than exactly wrong“ – „Es ist besser, ungefähr richtig zu liegen, als genau falsch.“ Ü B E R D E N AU T O R Der Wirtschaftswissenschaftler Dr. Torsten RaynalEhrke wurde 1987 an der Technischen Hochschule Leipzig promoviert und ist Gründungs direktor des KNE. Zuvor war er viele Jahre als Referent für Natur schutzpolitik in der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN tätig und engagierte sich ehrenamtlich in der Umweltbewegung. Er ist Mitglied des rbbRundfunkrates. a l l d I E g a N z E N J a h r E | 3 7

Die gemeinsame Lösung der Klima als auch der Biodiversitätskrise gehört zu den neu verankerten Zielen deutscher Politik. Unsere Autorin beleuchtet vor diesem Hintergrund die Reichweite des sog. Individuenschutzes, des Schutzanspruchs einzelner Exemplare einer Art. Sollten artenschützende Maßnahmen ihre Wirkungen nicht vorrangig und zuverlässig im Hinblick auf die Art entfalten und erst sekundär das vulnerable Einzelexemplar in den Blick nehmen? Die Diskussion ist eröffnet. Mitte des letzten Jahrhunderts fielen in einer Region Chinas die Spatzen dem Missfallen Mao Zedongs zum Opfer, der unter anderem dieser Vogelart die Schuld an einer schwächelnden Landwirtschaft gab, da diese angeblich die Getreidesamen aufpickten. Zwei Milliarden Spatzen wurden in der Folge getötet.1 Allerdings pickten die Spatzen nicht nur an Samen, sondern auch Insekten und darunter Getreideschädlinge auf. Folge ihrer Vernichtung war eine Insektenplage, die zu Ernteausfällen führte. Dies trug wiede- rum zu einer großen Hungersnot bei, der – auch aufgrund weiterer Fehlsteuerungen – 45 Millionen Menschen zum Opfer fielen.2 Der Insektenplage wurde mit einem übermäßi- gen Einsatz von Pestiziden begegnet, was zum Aussterben der Insekten und dem teilweisen Weggang der Imker führte. Heute müssen in der Region Sichuan die Birnenbäume aufwändig per Hand bestäubt werden. Bienen und andere Insekten, die diese Arbeit normalerweise übernehmen würden, gibt es dort nicht mehr.3 VERHEEREND Die Vernichtung von 2 Milliarden Spatzen in China hatte ver- heerende ökologische Folgen. Der Eingriff des Menschen in Ökosystemabläufe kann verheerende Folgen haben, so viel ist mittlerweile bekannt. Wie genau Ökosysteme durch den Bestand von Arten beeinflusst werden, ist allerdings viel- fach unerforscht. Es ist aber gesichert, dass eine hohe Biodiversität 1 2 3 Der Spiegel 2020. Ebenda. National Geographic 2021. 4 0 | K 2 2

wird beim Biodiversitäts- und Arten- schutz einerseits weiterhin ein Zurücktreten zu Gunsten anderer Belange akzeptiert und andererseits auf die bestehenden rechtlichen Instrumente gesetzt. An Zielen und Kampagnen zum Schutz der Biodiversität besteht indes auf allen Ebenen kein Mangel. Die Europäische Union wollte bereits 2010 das Ziel erreichen, den Biodiversitäts- verlust zu stoppen.7 Das Ziel wurde verfehlt.8 Unterstützt durch eine Biodiversitätskampagne, wurde es auf 2020 verschoben.9 Diese hat ihr Ziel ebenfalls verfehlt. Die aktuelle Biodi- versitätskampagne der Europäischen Union sieht eine Umwandlung von mindestens 30 Prozent der europäi- schen Land- und Meeresgebiete in wirksam bewirtschaftete Schutz- gebiete bis zum Jahr 2030 vor.10 Auf globaler Ebene wurden die bisher gesetzten Ziele ebenso wenig erreicht. Die für das Jahr 2020 gesteckten sogenannten „Aichi-Ziele“ wurden allesamt nicht erfüllt.11 Aktuell steht in Frage, ob ein internationales Abkommen gelingen kann, das wie das europäische Bestreben darauf abzielt, Europäische Kommission 2008. Europäische Kommission 2010. Europäische Kommission 2011. IPBES Deutsche Koordinierungsstelle 2020. 7 8 9 10 11 Arneth et al. 2021, S. 6. zur Stabilität von Ökosystemen beiträgt, weshalb ein möglichst breiter Schutzansatz, mit dem eine Vielzahl an Arten erreicht wird, grundsätzlich zu favorisieren ist. Der Biodiversitäts- verlust schreitet dessen ungeachtet unaufhörlich voran: weltweit, auf europäischer Ebene und ebenso in Deutschland. Es droht ein Verlust von über einer Million Arten von insge- samt geschätzt acht Millionen Arten weltweit.4 Biodiversität meint dabei die Vielfalt innerhalb einer Art, zwischen den Arten sowie von Öko- systemen.5 Der Artenschutz stellt ein Teilelement des Biodiversitätsschut- zes dar und zielt auf den Schutz und die Erhaltung bestimmter wildleben- der Tier- und Pflanzenarten in ihrer naturbelassenen und historisch gewachsenen biologischen Vielfalt. Bisherige Biodiversitäts- strategien Die Biodiversitätskrise gilt neben der Klimakrise als zweite globale Krise mit bedrohlichen Folgen für die natür- lichen Lebensgrundlagen des Men- schen und damit für die menschliche Gesellschaft insgesamt.6 Dennoch 4 5 6 IPBES 2019, S. 3. Vgl. SCBD 2007, S. 59. Arneth et al. 2021, S. 3. 4 2 | K 2 2

30 Prozent der Land- und Meeres- flächen bis zum Jahr 2030 für den Biodiversitätsschutz zu sichern.12 Der mehrfach verschobene Weltbio- diversitätsgipfel soll eine Einigung zu dieser und zu weiteren Fragen im Dezember 2022 in Montreal13 herbei- führen und in einer (weiteren) Verein- barung für einen globalen Biodiversi- tätsschutz münden. Derzeit bestehen indes erhebliche Zweifel, dass es zu einem ambitionierten Abkommen kommen wird.14 Klima- und Artenschutz bei der Windenergie an Land Der menschliche Nutzungsanspruch an den Naturraum und der Schutz der dort lebenden Arten befinden sich in Deutschland aktuell besonders häufig beim Ausbau der erneuerbaren Energien und speziell der Windenergie an Land im Konflikt. Der dezentrale Ausbau der Windenergie trägt insge- samt zu einer Nutzungsintensivierung von Flächen und damit bereits zum Druck auf die Biodiversität bei. Zudem werden Windenergieanlagen im sogenannten Außenbereich, also außerhalb von zusammenhängender Bebauung, errichtet. In diesen Gebie- ten häufig vorkommende Arten wie Groß- und Greifvögel und Fleder- mäuse können mit den Anlagen kollidieren und zu Tode kommen. Windenergie wird aber dringend benötigt, um aus der fossilen Energie- versorgung auszusteigen und die internationalen, europäischen und nationalen Klimaschutzziele zu erreichen. Verstärkt wird dieser Handlungsdruck durch den Angriffs- krieg Russlands auf die Ukraine. Der Krieg in der Ukraine legt offen, dass eine unabhängige Energieversor- gung eine Frage der staatlichen Souveränität ist, um politische Hand- lungsfähigkeit garantieren zu können. Ein rascher Ausbau der erneuerbaren Energien ist vor diesem Hintergrund unabdingbar. In Deutschland befinden sich aktuell, trotz diverser Bemühungen, 63 Prozent aller Fauna-Flora-Habitat- (FFH)-Arten in einem ungünstigen oder sogar schlechten Erhaltungszu- stand.15 Dies betrifft auch wind- energiesensible Arten. Bei den von der Windenergie häufig betroffenen Fledermausarten befindet sich beispielsweise der Große Abendsegler 12 UNEP 2020. 13 SCBD 2022. 14 Reuters 2022. 15 BMU, BfN 2020, S. 32. a l l E S g E h t | 4 3

im Nordwestdeutschen Tiefland zwar in einem günstigen Erhaltungs- zustand, im Ost- und Süddeutschland ist dieser allerdings unzurei- chend mit abnehmendem Trend. Der Kleine Abendsegler, als ebenfalls schlag gefährdete Art, weist insgesamt einen unzureichenden Erhal- tungszustand auf.16 Auch ein Drittel aller Brutvogelarten in Deutsch- land hat in den letzten 12 Jahren einen Bestandsrückgang erfahren.17 EU-weit wird ein Brutvogelverlust von 17 bis 19 Prozent seit 1980 angenommen, das sind 560 bis 620 Millionen Vögel.18 Bei den Brut- vogelarten in Deutschland weisen acht der insgesamt 15 als wind- energiesensibel eingeordneten Arten einen sich verschlechternden Erhaltungszustand auf.19 Außerdem wird geschätzt, dass ein großer Teil der Arten der FFH-Anhänge in Deutschland zusätzlich negativ durch klimatische Veränderungen beeinflusst wird.20 Im Konfliktfall von Arten- und Klimaschutz in der Vorhabenzu- lassung von Windenergieanlagen, werden speziell die einschlägigen Richtlinien des europäischen Rechts und ein Schutzansatz, der sich auf einzelne Exemplare besonders geschützter Arten bezieht (sog. Individuenschutz) von vielen Akteuren des Naturschutzes als Garanten für einen guten Artenschutz begriffen. GEFÄHRDET Auch der Fischadler gehört zu den kollisionsgefährdeten Brutvogelarten. Speziell der Individuenschutz birgt aber die Gefahr zu kurz zu greifen. Der in der Vorhabenzulassung zu betrach- tende Naturraum beschränkt sich auf das nahe Umfeld von geplanten Anlagen. Der Fokus auf Vorkommen einzelner – stets vulnerabler – Exemplare innerhalb des Anlagenumfelds versperrt den Blick auf den Zustand der Population der Art, dessen Sicherung Grundanliegen des Artenschutzrechts ist.21 Sicherlich ist der Schutz einzelner windenergiesensibler Exemplare auch ein Instrument, mit 16 BMU, BfN 2020, Anhang. 17 BMU, BfN 2020, S. 32. 18 Burns et al. 2021, Abstract. 19 Deutscher Bundestag 2022, S. 27. 20 Vgl. m. w. N. Brunzel, S., Hill, B.T. 2022, S. 255. 21 Bereits der Titel des 5. Kapitels des BNatSchG, in dem der Artenschutz verortet ist, lautet: „Schutz der wild lebenden Tier- und Pflanzenarten, ihrer Lebensstätten und Biotope“. A l l e s g e h t | 4 5

dem besonders risikoträchtige Vorhaben verhindert werden können. Denn der Individuenschutz ist in Verwaltungs- und Gerichtsverfahren ein rechtlich scharfes Schwert, da oftmals Rechtsunsicherheiten bestehen, ob dem Schutz einzelner Exemplare Genüge getan wurde und diese Unsicherheiten Verfahren angreifbar machen. In der Natur fokussiert der Individuenschutz indes auf einem vergleichs- weise kleinen Bereich und auf eine geringe Zahl an zu schüt- zenden Exemplaren. Der Individuenschutz ist damit in seiner Wirkung als Artenschutzinstrument gleichsam auch begrenzt. Dass diesem Instrument des Artenschutzrechts gleichwohl ein hoher Stellenwert in der Vorhabenzulassung von Wind- energieanlagen zukommt, zeigt umso mehr, dass es dringend notwendig ist, zu neuen Lösungen zu gelangen. Denn durch die Verhinderung von Einzelvorhaben wird dem fortschreitenden Arten- verlust nicht entschieden genug entgegengetreten. Der Ausbau von Anlagen der erneuerbaren Energien wird verlangsamt und erschwert, was vor dem Hintergrund, der sich zuspitzenden Klimakrise und einer auch politisch notwendigerweise wachsenden Energiesouveränität verheerende Folgen haben kann. BEGRENZT Der Individuenschutz ist in seiner Wirkung als Artenschutz- instrument begrenzt. Ausgestaltung für den Klimaschutz Klimaschutz und Biodiversitätsschutz befinden sich gemeinsam in der Krise. Eine weitere Verschlechterung einer dieser Belange verstärkt auch den Abwärtstrend des anderen Belanges. Die Folgen des Klima- wandels erhöhen die Risiken für die biologische Vielfalt. Im Positiven wiederum helfen zwei Drittel der globalen Biodiversitätsziele auch, den Klimawandel zu bremsen. Speziell der Erhalt und die Vergröße- rung von Schutzgebieten können den Klimawandel mit der Bindung und Speicherung von Kohlenstoff abmildern.22 Bei einer intensiven Nutzung von Böden verlieren diese jedoch ihre Speicherfunktion und könnten in der Folge auch CO2 freisetzen.23 22 UFZ 2022. 23 Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina 2021, S 27. 4 6 | K 2 2

Beide Belange müssen sich daher gegen andere Belange durch- setzen können, um drohende und verheerende Schäden abzuwenden. Für den Ausbau der erneuerbaren Energien, als Maßnahme zum Klimaschutz, wurde dies erkannt. Daher hat sich die Bundesregierung entschlossen, die Zulassung von Windenergievorhaben zu vereinfachen, damit zuverlässig und schneller als bisher genehmigt werden kann.24 Zudem plant sie, in einem neuen § 2 des Erneuerbare-Energien- Gesetzes festzuschreiben, dass die Errichtung und der Betrieb von Anlagen der erneuerbaren Energien im überragenden öffentlichen Interesse liegen und der öffentlichen Sicherheit dienen. Mögliche Ausgestaltung für den Biodiversitäts- und Artenschutz Naheliegend wäre es, für den Biodiversitäts- und Artenschutz eben- falls ein überragendes öffentliches Interesse einzufordern. Allerdings würde dies wohl zu kurz greifen. Im Hinblick auf den Ausbau der erneuerbaren Energien kommt das überragende öffentliche Interesse VERKNÜPFT Die Folgen des Klimawandels erhöhen die Risiken für die biologische Vielfalt. als Abwägungsbelang nur dann zum Tragen, wenn es auch um Abwägungsentscheidungen mit widerstreitenden Interes- sen geht. Das bedeutet, erst wenn es um die Zulassung konkreter Vorhaben geht, kann dieser „Trumpf“ ausgespielt werden. Für den Biodiversitäts- und Artenschutz ist aber dieser Zeitpunkt zu spät. Auf Ebene der Vorhabenzulassung ist der Handlungs- und Gestaltungsspielraum bereits ver- engt. Zu diesem Zeitpunkt ist die Konkurrenz mit anderen Belangen groß und die Möglichkeiten, wirksame Schutzmaßnahmen für besonders geschützte Arten zu ergreifen sind begrenzt. Arten- schutz in der Vorhabenzulassung ist damit gewissermaßen die Kür, denn hier gilt es meist einzelne Exemplare zu schützen, ohne den Energieertrag von Anlagen zu sehr durch Abschaltungen zu verringern. Das ist durchaus ein Drahtseilakt. Artenschutz im „größeren Stil“ muss 24 BMWK 2022. a l l E S g E h t | 4 9

indes stärker in den Fokus gerückt und verstärkt zur Pflicht- aufgabe werden, die es vorrangig und zeitlich vorgelagert zu erreichen gilt. Zusammenhängende Schutzkorridore, Flächen- schutz, eine nachhaltige Landwirtschaft usw. sind dabei nur einige der Maßnahmen, die sich günstig auf die Arten und das Klima auswirken. Was sich ändern muss ÜBERGREIFEND Artenschutz braucht einen strategischen und landnutzungs- übergreifenden Ansatz. Es soll nicht in Abrede gestellt werden, dass Anlagen der erneuer- baren Energien und speziell Windenergieanlagen zu artenschutz- rechtlichen Konflikten führen können. Auch ist es verständlich, dass in diesem Konfliktfall am Individuenschutz als rechtlich scharfem Schwert festgehalten wird, gerade weil der Artenschutz in anderen Bereichen bereits zu häufig zum Opfer gefallen ist. Aber eventuell ist es an der Zeit, aus dieser Haltung herauszutreten und einen besseren, das heißt wirkungsstarken, strategischen und übergreifenden Arten- bzw. Biodiversitätsschutz einzufordern. Drängende Krisen, wie die Klimakrise, die Biodiver- sitätskrise, aber auch die Sicherheitskrise und die drohende Hungerkrise machen es notwendig, die alten und nicht zielführenden Pfade zu verlassen. Es gilt nun bessere, neue Ansätze einzufordern, die rasche CO2-Minderungen und eine größere Energieerzeugungsunabhängigkeit ermöglichen. Artenschützende Maßnahmen müssen ihre Wirkungen daher vorrangig und zuverlässig im Hinblick auf die Art entfalten und sekundär das einzelne und grundsätzlich vulnerable Exemplar in den Blick nehmen. Der Artenschutz braucht daher einen strategi- schen und landnutzungsübergreifenden Ansatz und einen hohen Stellenwert in der Priorisierung zukünftiger Flächennutzung. Hierdurch können Abwägungsentscheidungen auf der Ebene der konkreten Vorhabenzulassung für den einen oder anderen Belang möglichst ausbleiben bzw. haben sie keine Auswirkungen auf ein grundsätzlich solides Schutzsystem. 5 0 | K 2 2

Aktuelle Änderungen Aktuell strebt die Bundesregierung zur Befriedung des Konfliktes von Artenschutz und dem Ausbau der Windenergie an Land einen Kompro- miss durch eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes an. Die Prüfung des Individuenschutzes soll vereinfacht werden und es soll gleichzeitig leichter werden, eine Ausnahmegenehmigung zu erlangen. Im Rahmen der Ausnahme liegt der Fokus sodann nicht mehr primär auf dem Schutz einzelner Exemplare, sondern auf dem Erhalt der Popula- tion. Die Bundesregierung plant, zum Erhalt der Population nationale Artenhilfsprogramme aufzustellen, in die die Inhaber von Ausnahme- genehmigungen jährliche Zahlungen leisten müssen.25 Diese Zusammenführung von Ausnahmegenehmigung einerseits und Artenhilfsprogramm andererseits wird seitens der Politik als Herzstück der gesetzlichen Neuerungen im Artenschutzrecht verstanden. Von politischer Seite war daher wiederholt zu hören, dass dies der Beginn sei, Artenschutz und Klimaschutz mitein- ander zu versöhnen.26 Einerseits soll sich ein „Mehr“ an Arten perspekti- visch positiv auf die Genehmigungs- fähigkeit von Anlagen auswirken, beispielsweise, indem bei Vorliegen günstiger Erhaltungszustände eine Ausnahme erteilt werden kann. Der Ausbau von Windenergie soll anderer- seits zum Klimaschutz beitragen und damit in der Zukunft auch den Arten zugutekommen.27 Wie es weitergehen kann Die aktuellen Änderungen des Bun- desnaturschutzgesetzes verschaffen der Windenergie ad hoc gewisse Privilegien für die konkrete Zulassung von Vorhaben. Die Artenhilfspro- gramme, als artenschutzrechtliches Äquivalent eines solchen Privilegs, entfalten ihre Wirkung indes erst zeitversetzt. Daher müssen die für die Artenhilfsprogramme bestimmten Flächen zeitnah identifiziert und zuverlässig gesichert werden. Nur so können die Artenhilfsprogramme durch ihre Maßnahmen die notwen- digen Wirkungen auch tatsächlich entfalten. Und nur so kann es zu einem gleichberechtigten Nebenein- ander von Klima- und Biodiversitäts- bzw. Artenschutz kommen. Bei einem 25 Deutscher Bundestag 2022. 26 Phoenix 2022. 27 Ebenda, ab Minute 25. 5 2 | K 2 2

„Äquivalent“ sollte indes auch nicht Halt gemacht werden. Die Flächen- sicherung für Artenhilfsprogramme sollte sogleich zum Anlass genommen werden, ein verbindliches und umfas- sendes Biodiversitätskonzept anzu- streben, das sich an den europäischen Biodiversitätszielen orientiert. Biodiversitätsschutz und Klima- schutz sind für die Erfüllung gesell- schaftlicher Interessen unabdingbar. Beide Belange müssen daher so gut ausgestaltet werden, dass sie in der Einzelfallbetrachtung, wie etwa bei der Zulassung von Vorhaben der erneuer- baren Energien, auch zurücktreten können, ohne dass hierdurch ein Schaden entsteht. Das ist die Mess- latte. Es geht darum beide Bereiche in einer Weise resilient auszugestalten, dass sie immer auch Handlungsspiel- räume ermöglichen. Der Klimaschutz ist dahingehend auf einem guten Weg, da bei einer steigenden Zahl strate- gisch-politischer und konkreter Verwaltungsentscheidungen die Effekte auf das Klima mitgedacht und ihnen teils bereits eine Priorisierung eingeräumt wurde. Ein verbindlicher Schutz der Biodiversität im Allgemei- nen und der Arten im Besonderen kann durch die Sicherung von ausrei- chend Fläche gelingen. Der Grund- stein hierfür ist durch den Kompro- miss für den Konflikt der Windenergie mit dem Artenschutz gelegt. Hier gilt es aufzusatteln und die verbindliche Sicherung von ausreichend Fläche mit einer entsprechenden und langfristi- gen Finanzierung einzufordern. KNE-PODCAST zum „überragenden öffentlichen Interesse“ KNE-WORTMELDUNG zum „überragenden öffentlichen Interesse“ Ü B E R D I E AU T O R I N Die Volljuristin Dr. Silke Marie Christiansen, LL.M. hat an der Humboldt Universität zu Berlin studiert und ebenfalls in Berlin ihr Rechtsreferendariat absolviert. Sie hat einen Masterabschluss in Umweltrecht der Leuphana Universität Lüneburg, wo sie auch promoviert wurde. Seit März 2018 ist sie im Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende tätig und leitet dort das Rechtsreferat. a l l E S g E h t | 5 3

Vier Mitarbeitende des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende reisten im Frühherbst des Jahres Zweitausendeinundzwanzig von Berlin, dem Sitz ihrer Geschäftsstelle, nach SchleswigHolstein ins Nordfriesische. Sie fuhren auf Besuch für zwei Tage. Unsere Autorin gibt Einblick in Beweggrund, Ablauf und Erkenntnisse dieser kurzen Reise, die sowohl den Teilnehmenden als auch den Daheimgebliebenen einen besseren Einblick geben sollte in die ‚Mühen der Ebene‘ beim Ausbau der Windenergie an Land. Die ersten Sonnenstrahlen bahnen sich ihren Weg durch den Nebel, als eine kleine Gruppe Menschen warm eingepackt zwi- schen Kühen, Knick und Windenergieanlagen steht. Es ist kalt an diesem Morgen im Oktober, die Wiesen sind noch mit Reif bedeckt, aber der Himmel ist schon blau und es verspricht ein sonniger Tag zu werden. Und nicht nur ein sonniger, ein ausge- sprochen interessanter, angefüllt mit vielen Gesprächen, Aus- blicken und Begegnungen. Uns ist als Kompetenzzentrum Naturschutz und Energie- wende (KNE) ein steter Bezug zur Praxis wichtig. Dafür sind unsere Kolleginnen und Kollegen gern auch ganz persönlich unterwegs zu zahlreichen Projekten und Akteuren einer natur- verträglichen Energiewende: mal am einen Ende der Republik, mal am anderen. Wir treffen Naturschutzbehörden und Umwelt- verbände, Projektierer und kommunale Akteure. Wir fragen danach, wo sie Herausforderungen sehen, was aus ihrer Sicht gelingt und wo es Baustellen gibt, was sie bremst und was sie antreibt. So können wir unsere fachliche Arbeit als KNE stärker an den konkreten Bedarfen der Praxis ausrichten, können pas- sende Fachinformationen erarbeiten, Akteure zielführend bera- ten und unsere Dialogarbeit entsprechend gestalten. Es tut gut, Schreibtisch und Videokonferenzen auch mal zu verlassen und mit eigenen Augen zu sehen, was die Akteure vor 5 6 | K 2 2

Ort umtreibt, so die einhellige Meinung unter den Kolleginnen und Kollegen. Um die Bedarfe der Praxis gut zu verstehen und unsere Arbeit daran zu orientieren, wählen wir viele Wege – Aus- tauschrunden, individuelle Gespräche, Begegnungen am Rande von Tagungen, in Werkstattgesprächen oder Fachveranstaltun- gen. Die Menschen, mit denen wir sprechen, haben oft ganz unterschiedliche Blicke auf das Gelingen einer naturverträg- lichen Energiewende. Sie alle wollen die Energiewende unter- stützen, sie alle wollen, dass dabei auch Natur und Landschaft geschützt werden, dass es Akzeptanz vor Ort gibt. Und doch sehen sie Dinge unterschiedlich. Aber so richtig verstehen, wo die konkreten Herausforderungen liegen, kann man doch erst, wenn man den Menschen vor Ort persönlich begegnet. Und so ist das KNE von Zeit zu Zeit auf Tour. Diesmal nun zu Energie- wendepionieren in Schleswig-Holstein. Auf dem Weg nach Norden Die kleine Delegation besteht aus KNE-Kolleginnen und -Kolle- gen, die sich selbst aus ganz unterschiedlichen Perspektiven fachlich, rechtlich und kommunikativ mit Fragen der naturver- träglichen Energiewende beschäftigen. Unsere erste Station führt uns nach Husum. Dort treffen wir uns am Nachmittag mit der Unteren Naturschutzbehörde, am Abend mit regionalen Umweltverbänden. Nach der langen morgendlichen Zugfahrt freuen wir uns auf das erste Gespräch. Die breite Fensterfront taucht den Raum der Kreisverwaltung in ein freundliches Licht, ebenso freundlich werden wir von der Unteren Naturschutzbehörde empfangen. Wir hören, dass neben dem in Nordfriesland schon früh begon- nenen Ausbau der Windenergie auch die Planung von Solar- parks inzwischen deutlich zunimmt. Lief der Windenergieaus- bau in der Region noch relativ konfliktfrei ab, werde um Solar- parks nun häufiger gestritten. Vor allem darum, welche Flächen geeignet sind und welche nicht in Frage kommen sollten. Eine Nordfriesland Der Kreis Nordfriesland ist der nördlichste Landkreis Deutschlands an der Nordseeküste Schleswig-Holsteins. Der 2.083,4 Quadratkilometer umfassende Kreis mit seinen rund 166.000 Einwohnerin- nen und Einwohnern gliedert sich in 133 Gemeinden. Kreisstadt ist Husum mit rund 22.000 Einwohnenden. (Quelle: www. nordfriesland.de) S t E I F E B r I E S E a U F d E r W I E S E | 5 7

Diskussion, die wir auch aus anderen Kontexten kennen. Ginge es nach der Naturschutzbehörde, sollten die für Nordfriesland typischen Marschgebiete mit ihren Grünlandstrukturen freiblei- ben – nicht nur des Landschaftsbildes wegen, sondern auch, weil Offenlandvögel wie der störungsempfindliche Wiesenbrüter dort nisten und ihre Nahrung finden. Sowohl die Naturschutz- behörde, als auch später die Umweltverbände erörtern mit uns, ob es – wie bei der Windenergie – auch bei der Solarenergie einer regionalen Flächensteuerung bedarf. Bevor wir von der Kreisverwaltung weiter zu den Verbänden ziehen, beugen wir uns gemeinsam über eine Landkarte und bekommen ortskundige Hinweise, wo wir später auf dem Weg die Augen offenhalten sollten, um einen Eindruck zu bekommen, wie insbesondere Wind- parks die Landschaft vor Ort prägen. Erfolgsrezepte aus Schleswig-Holstein Als uns die Umweltverbände wenig spä- ter im Nationalparkhaus begrüßen, erfahren wir als erstes die drei Erfolgs- rezepte aus Schleswig-Holstein für eine gelungene Energiewende. Es brauche engagierte Einzelpersonen, die etwas bewegen wollen. Zweitens trage der Bürgerenergie-Ansatz in der Region maßgeblich zum Erfolg der Energiewende bei – werde aber durch hohe Ausschreibungsanforderungen zunehmen schwieri- ger beizubehalten. Und schließlich brauche es eine frühe und gute Regionalplanung zur überregionalen Konfliktvermeidung. Insgesamt scheint man einfach in Nordfriesland viel miteinander zu reden – zu schnacken, wie sie sagen. Das vorgezogene Dia- logverfahren zum Ausbau der Westküstenleitung, das bundes- Lief der Windenergie- ausbau noch relativ konfliktfrei ab, werde um Solarparks nun häufiger gestritten. 5 8 | K 2 2

Zunehmend wird die Energiewende ganzheitlich gedacht. Zukünftig soll auch verstärkt auf Bürgersolarparks gesetzt werden. weiten Vorbildcharakter hat, habe insbesondere funktioniert, weil alle Beteiligten inklusive der Verbände und des Übertra- gungsnetzbetreibers an einem Strang zogen, so die Einschät- zung der Verbände. Dort habe man sich in Bürgerveranstaltun- gen und Fachgesprächen auf Realkompensationen geeinigt, etwa auf durchgehende Vogelschutzmarker, den Abbau alter Leitungen und die Mitführung an neuen Leitungen sowie die Untertunnelung sensibler Gebiete entlang der Eider. Wir reden uns die Köpfe warm, sitzen – die Pandemie im Hin- terkopf – bei offenem Fenster, auch wenn es kalt ist. Wir sind froh, dass unsere Gastgeber so viel Zeit für uns haben und von ihrer Arbeit berichten. Wir lernen, dass hier nahe der Küste natürlich noch etwas ganz anderes unter den Nägeln brennt: Der Ausbau der Offshore-Windenergie. Auch da gebe es Her- ausforderungen bei der naturverträglichen Gestaltung. So sei es S t E I F E B r I E S E a U F d E r W I E S E | 5 9

Bei Nacht blinken weithin sichtbar die Beleuchtungen der Windenergienanlagen. beispielsweise nötig, die Abschaltung von Windenergieanlagen in Massenzugnächten besser zu operationalisieren. Insbeson- dere bei Regenwetter würden die Zugvögel von eingesetzten Antikollisionssystemen schlecht erkannt. Landen könnten sie über dem offenen Meer nicht und wie viele dann in zugstarken Nächten als Schlagopfer zu Tode kämen, wisse man nicht. Wer soll sie auf dem Meer zählen? Nach zwei Stunden machen wir noch ein gemeinsames Foto und verabschieden wir uns. Als wir von Husum nach Niebüll weiterfahren, wo wir die Nacht verbringen, ist es bereits dunkel. Entlang des Weges auf der einen Seite die dunkle Marsch, auf der anderen Seite ein Meer aus blinkenden Windenergieanlagen. Fast synchron, einem ruhigen Rhythmus folgend, leuchten sie in den Abend. Der Anblick löst Faszination aus und ist gleichzeitig überwältigend. 6 0 | K 2 2

Wir müssen anhalten, weil man diese Szenerie nur schwer ein- fach vorbeiziehen lassen kann. Wir wollen das Bild auf uns wir- ken lassen, wenigstens kurz. Die Lichter tanzen in der Dunkel- heit auf majestätische Weise, hoch ragen die Anlagen in den auf- ziehenden Nachthimmel. Einen Moment frage ich mich: Ist das Kunst oder Industrie? Finde ich das schön oder beängstigend? Hier stehend versteht man, warum Menschen von Windenergie begeistert sind und warum es andere als störend oder gar bedrohlich empfinden und in jedem Fall, wie fundamental der Ausbau der Windenergie dazu beiträgt, das Landschaftsbild neu zu prägen, wie Industrie und Natur nicht nur zu einer Energie- landschaft, sondern auch zu einer neuen Form der Kulturland- schaft zusammenwachsen. Die Temperaturen ziehen an, wir steigen wieder ein und lassen den Anblick nachwirken. S t E I F E B r I E S E a U F d E r W I E S E | 61

In Ellhöft besichtigen wir die älteste Windenergieanlage in Nordfriesland. Da diese noch nicht so hoch wie die heutigen Anlagen ist, dürfen wir sie ohne aufwendige Sicherung besteigen. Zu Gast bei Pionieren der Windenergie Am nächsten Morgen geht es weiter nach Ellhöft. Die Betreiber des Ellhöfter Windparks haben die Energiewende quasi mit erfunden, haben früh auf Bürgerenergie gesetzt und bereits Anfang der 90er Jahre einen grenzüberschreitenden Windpark gebaut, an einem Ort, in dem Windenergie eigentlich laut Plan zunächst gar nicht vorgesehen war. Aber die Menschen vor Ort sind willensstark und erfinderisch. Der Deal, wilde Windenergie- anlagen aus den 90ern abzubauen und deren Eigentümer dann an größeren, zahlenmäßig wenigeren Anlagen in Ellhöft zu betei- ligten, hat am Ende überzeugt. 6 2 | K 2 2

Vieles gelingt erst im Dialog – manchmal auch unkonventionell und immer auf der Suche nach Innovationen. Eine der ältesten Anlagen, dürfen die Mutigen besteigen. Sie wurde extra mit sicherheitsnorm-gerech- ten Zwischenböden ausgestattet, damit interessierte Bürgerinnen und Bürger sich von dem Windpark einen ganz eigenen Eindruck ver- schaffen können. Der Aufstieg strengt an, oben angekommen wer- den wir aber mit einem atemberau- enden Ausblick belohnt, können bis nach Dänemark schauen und haut- nah sehen, wie die Windenergie- anlage aufgebaut ist und sich in die Landschaft einfügt. Wir nutzen die Zeit in der luftigen Höhe, um uns erzählen zu lassen, wie viel für den Windpark gekämpft wurde, wie wich- tig es war, auf beiden Seiten der Grenze viele Bürgerinnen und Bürger zu gewinnen, sich zu beteiligen. Wir verstehen, dass es für die Akzeptanz vor Ort wichtig war, den Windpark im Norden des Ortes zu errichten und nicht im Westen, wo es wegen der Abendsonne und aus Schallgründen ungünstig gewesen wäre und erfahren, wie nun inzwischen nach und nach die alten Anlagen repowert und durch leistungsfähigere ersetzt werden. Vieles gelingt erst im Dialog – aber das liegt den Ellhöftern. Man ist gut vernetzt, auch mit dem Fachverband BWE Schles- wig-Holstein und dessen Arbeitskreis Naturschutz, der mittags zu unserer Runde dazustößt und uns ebenfalls interessante Ein- blicke gewährt, in Überlegungen beispielsweise, für das Erstel- len von Gemeinwohlbilanzen zu werben. Man merkt unseren Gastgebern an, wie entschlossen sie sich allen Hindernissen stellen, wie sie für jedes Problem eine Lösung suchen und fin- den. Manchmal auch unkonventionell und immer auf der Suche nach Innovationen. S t E I F E B r I E S E a U F d E r W I E S E | 6 3

Überschüssiger Strom aus Windenergie- anlagen wird eingesetzt, um Wasserstoff zu produzieren, den man vor Ort tanken kann. Hier im Norden weht der Wind ohne Ende. Aber was tun, wenn die Windenergieanlagen so viel Strom erzeugen, dass sie wegen Netzengpässen ungenutzt bleiben, wenn Anlagen abge- schaltet werden müssen, weil man nicht weiß, wohin mit dem Strom? Auch dafür haben sich die Ellhöfter etwas überlegt. So wird nun der überschüssige Strom eingesetzt, um Wasserstoff zu produ- zieren, den man vor Ort tanken kann. Die ersten wasserstoffgetriebenen Fahrzeuge fahren bereits durchs Land. Langfristig will man auch in die Wärme- versorgung Richtung Flensburg einstei- gen. Überhaupt will man Energiewende ganzheitlicher denken, verschiedene Erneuerbare miteinander koppeln und auch Solarenergie auf die Flächen zwi- schen den Windenergieanlagen brin- gen. Diese sollen ebenfalls als Bürger- solarparks errichtet werden, versteht sich, wenngleich bei allen Naturschutz- ambitionen und dafür sinnvollen brei- ten Modulabständen auch geschaut wird, dass die Parks genug Erträge abwerfen. Bei allem Engage- ment bleiben eben auch Bürgerenergieanlagen mit klaren wirt- schaftlichen Interessen verbunden. Naturschutz als Gemeinschaftsprojekt Naturschutz ist den Betreibern dennoch ein wichtiges Anliegen. Ihn mitzudenken, trage auch zur lokalen Akzeptanz der Wind- energie- und Solaranlagen bei, an denen viele Bürgerinnen und Bürger der Region mitverdienen, wenngleich nicht alle. Auch die wolle man gern mitnehmen. Aber nicht immer kommen die 6 4 | K 2 2

Als Land zwischen den Meeren, flach und mit stetigem Wind, ist Schleswig-Holstein prädestiniert für die Nutzung der Windenergie. Naturschutz-Initiativen der Ellhöfter auch bei den Behörden gut an. So war es den Initiatoren bei der Errichtung des Windparks wichtig, dass man das Gelände auch für Mensch und Tier einla- dend gestaltet, dass Hecken und Wege zum Spazieren und Ver- weilen einladen. Doch die Pläne gingen so weit, dass die Geneh- migungsbehörde Sorge hatte, dass sich seltene Vogelarten im Umfeld der Anlagen zu wohl fühlen, den Windenergieanlagen vielleicht zu nahekommen und dort den Tod finden. Ein Dämpfer für das Naturschutzengagement. Man sehe nicht so recht ein, warum man den Windpark in eine Naturwüste verwandeln müsse, damit die Tiere fernbleiben, hören wir. Aber gut. Auch hier ließ man sich nicht unterkriegen, dachte gemeinsam mit Naturschützern in der Region darüber nach, wie sich der Wunsch nach sinnvollem Naturschutz am besten umsetzen S t E I F E B r I E S E a U F d E r W I E S E | 6 5

Das Ausgleichsprojektgebiet in der Hattstedtermarsch gibt einen Einblick in den ganz praktischen lokalen Naturschutz. ließe. Dafür wurde ein eigener Verein gegründet, wie wir erfah- ren, der „Naturengagement Bürgerwindpark Ellhöft“. Dieser kauft in der Hattstedter Marsch bei Husum zusammenhän- gende Flächen an, entlang des durch die Marschlandschaft ver- laufenden Jelstroms. Es werden dauerhaft vernässte Bereiche und sogenannte Trittsteinbiotope für Wasservögel und Wiesen- brüter geschaffen. Gestartet, um Ausgleichsmaßnahmen für den Windpark Ellhöft zu realisieren, werden die Aktivitäten des Vereins inzwischen immer weiter ausgeweitet. Neben der Hatt- stedter Marsch ist auch ein Moor-Projekt in Planung. Um möglichst zusammenhängende Gebiete naturschutz- fachlich entwickeln zu können, ist viel Kommunikationstalent 6 6 | K 2 2

Zusammen hängende Flächen werden gekauft, um dauerhaft vernässte Bereiche und Trittsteinbiotope für Wasservögel und Wiesenbrüter zu schaffen. nötig, um die lokalen Flächeneigen- tümer dazu zu bewegen, Flurstücke an den Verein abzutreten. Bei abgekauften Flächen wird im Grundbuch eingetra- gen, dass es Flächen für den Natur- schutz sind. Wie das vor Ort konkret aussieht, schauen wir uns an diesem Nachmittag mit eigenen Augen an. Die ehrenamtli- chen Vereinsgründer nehmen uns mit in die Marsch, erklären uns, welche Gebiete sie aktuell entwickeln, zeigen Karten und erzählen von ihrer täglichen Arbeit. Wir blicken auf eine Landschaft mit Wasserstrukturen, die aussehen, als wären sie historisch gewachsen und hinter denen doch viel Handarbeit steckt und die von dem Verein gemein- sam mit dem Kreis Nordfriesland und Bodenkundlern ausgetüftelt und neu geschaffen wurden. Auch das also ein Gemeinschaftswerk, zu dem viele kluge Köpfe bei- getragen haben. Und wir sind erneut beeindruckt – von dem Engagement und dem Blick über die Marsch. Die Sonne taucht die Marsch an diesem Tag in sattes Grün, Schafe weiden dort, Kühe grasen. Die Wassergräben sind gerade so breit, dass sie noch überquert werden können. Das Gebiet soll die Belange der Natur und der Landwirtschaft gleichermaßen berücksichtigen, das ist dem Verein ein wichtiges Anliegen. Das Projekt zeigt, dass beides zusammen geht. Wir lassen den Blick ein letztes Mal über das Grün der Marsch schweifen, genießen den Blick in die Ferne, den Wind, die Sonne. Und verabschieden uns. Erschöpft und angefüllt machen wir uns wieder auf dem Weg nach Berlin, lassen im Zug die Landschaft an uns vorbeiziehen, sortieren unsere Notizen und sind froh, diese Reise gemacht zu haben. S t E I F E B r I E S E a U F d E r W I E S E | 6 7

Zuhören, Fragen, Perspektiven wechseln sie? ungelöst? Es ist unsere Aufgabe als KNE, zur Versachlichung von Debatten beizutragen. Das setzt eine vertiefte Kenntnis der Problem- und Konfliktlagen vor Ort voraus. Wo sehen Menschen aus lokalen Behörden, Vereinen oder Unternehmen Herausforderungen bei der Umsetzung einer natur- verträglichen Energiewende? Was unterstützt sie und was hindert In welcher Gemengelage agieren sie? Was funktioniert gut und wo sind noch Fragen offen, Pro- bleme Das genauer und von den vielen verschiedenen Akteuren aus unterschiedlichen Blickwin- keln zu hören, hilft, unsere Arbeit an den konkreten Bedarfen der Praxis auszu- richten, Empfehlungen so zu formulieren, dass sie mög- lichst praktikabel umsetzbar sind. Man kann für Naturschutz und Energiewende viel erreichen, wenn man offen und frühzeitig mit allen betroffenen Akteuren kommuniziert und die Bürgerinnen und Bürger vor Ort sowohl in den politischen Prozess als auch wirtschaftlich einbindet. Wir schauen im letzten Jahr zurück auf eine ganze Reihe an KNE-Tourstationen und Gesprächen mit Praxis- akteuren vor Ort. Ob bei einer Exkursion rund um die Biologische Station in Paderborn oder beim Feldbesuch eines der zahlreichen Windparks auf der Paderborner Platte, ob beim Besuch des Schachtwasserkraftwerkes im Bayerischen Großweil oder beim Gespräch mit den vielen Akteuren, die in Ahrweiler das Pilotprojekt zu Agri-Photovoltaik mit Äpfeln auf den Weg 6 8 | K 2 2

gebracht haben: Immer wieder sprechen wir wie in Nordfries- land mit Behörden, Unternehmen, mit Umweltverbänden und anderen lokalen Akteuren darüber, was vor Ort gelingt und was noch nicht. Die Gespräche in Nordfriesland haben uns einmal mehr gezeigt, dass man für Naturschutz und Energiewende viel errei- chen kann, wenn man offen und frühzeitig mit allen betroffenen Akteuren kommuniziert und die Bürgerinnen und Bürgern vor Ort sowohl in den politischen Prozess als auch wirtschaftlich einbindet. Aber sie haben auch gezeigt, dass es keine leichte Aufgabe ist, Energiewende naturverträglich zu gestalten, von selbst geht nichts. Es braucht Menschen, die sich dafür einset- zen, Ideenreichtum und langen Atem, Offenheit für die berech- tigten Belange anderer – und am Ende muss es sich auch loh- nen, sich für Naturschutz und Energiewende stark gemacht zu haben. Wir freuen uns auf weitere spannende Projekte und Begeg- nungen. Ü B E R D I E AU T O R I N Tina Bär organisiert und begleitet seit 2005 Lern und Dialogprozesse in den Bereichen Gesellschaftspolitik, nachhaltige Entwicklung und Konfliktkultur. Die Verwaltungswissenschaftlerin und Mediatorin BM® ist seit 2020 Dialog gestalterin am KNE. Sie konzipiert und moderiert Austauschformate zwischen teils sehr verschiedenen Akteuren, die alle auf ihre Weise Energiewende natur verträglich gestalten wollen. S t E I F E B r I E S E a U F d E r W I E S E | 6 9

A ngesichts des Flächenbedarfs der Windenergie an Land ringen Bund und Länder um eine Lösung, die sich an der Bereitstellung von zirka zwei Prozent der Landesfläche orientiert. Noch im diskursiven Schatten steht der Flächenbedarf der Nutzung der Sonnenenergie. Wieviel Fläche brauchen die Ausbauziele der FreiflächenPhotovoltaik und wie korrespondieren diese Ansprüche mit den absehbaren Leistungspotenzialen der Anlagen? – Unsere Autorin nähert sich der Antwort auf diese im Raum stehenden Fragen. Den Zubau von 78 Gigawatt in nur acht Jahren zu erreichen ist äußerst ambitioniert. Seit Jahrzehnten ist die Energiewende in Deutschland als gesamtgesellschaftliches Ziel formuliert. Mit dem Regierungs- wechsel im Herbst 2021 wird die Entwicklung deutlich beschleu- nigt. In dem sogenannten Osterpaket werden die Ausbauziele und Umset- zungszeiträume verschärft, so dass sich auch die Nutzung der Solarenergie, sowohl auf Gebäuden als auch auf Frei- flächen, stark erhöhen wird. Bis zum Jahr 2050 sollen insgesamt 400 Giga- watt Solarleistung erreicht werden, was einen Ausbau von 200 Gigawatt auf Freiflächen bedeuten würde (BMWK et al. 2022). Die Benennung von bundesweiten Ausbauzielen erfolgte allerdings bisher ohne räumliche Konkretisierung. Für die Umsetzung der Energiewende hat sich dieses Vorgehen schon beim Aus- bau der Windenergie als hemmend erwiesen. Die politischen Gesamtziele der Bekämpfung des glo- balen Klimawandels oder der Versorgungssicherheit bleiben abstrakt, und für die Betroffenen ist ihre Verantwortung in Bezug auf ihren lokalen Beitrag nicht erkennbar. 7 2 | K 2 2

Für die Windenergie soll mit dem Wind-an-Land-Gesetz (WaLG) eine Lösung für dieses Dilemma gefunden werden: über das Windflächenbedarfsgesetz (WindBG) sollen konkrete Flä- chenziele für die einzelnen Bundesländer festgelegt und somit das im Koalitionsvertrag festgeschriebene Bundesziel von zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie an Land erreicht wer- den. Das Gesetz sieht darüber hinaus eine Evaluierung vor, mit der die Zielerreichung überprüft wird. Die Flächenbeitragswerte können angepasst werden, indem einzelne Bundesländer einen Staatsvertrag schließen und einen möglichen Flächenüberhang bilanziell an andere Länder abgeben. (BMWSK 2022) Auch wenn das Gesetz aktuell noch nicht rechtskräftig ist, zeigt das Vorge- hen, dass die Notwendigkeit von klaren Zielsetzungen erkannt und Lösungen hierfür unter Berücksichtigung der Planungs- hoheit der Länder gesucht werden. Diese Art von regionalisierten Festlegungen gibt es für den Ausbau der Photovoltaik-Freiflächenanlagen nicht. So bleibt es unklar, ob die im Gesetz formulierten Ausbauziele erreicht wer- den können. Sind Erzeugungsanlagen im Umfang von 200 Giga- watt nicht verortet, wird in der Folge auch der für eine verläss- liche Energieversorgung erforderliche Ausbau der Netze und Speicher schwer zu kalkulieren. Die Bundesregierung rechnet für den Ausbau der Freiflächen- Photovoltaik zunächst mit einem Flächenbedarf von 70.000 Hektar bis zum Jahr 2030 (Deutscher Bundestag 2022). Auf die- ser Fläche könnten rund 78 Gigawatt installiert werden, so dass mit dem aktuellen Bestand von 59 Gigawatt und weiteren 78 Gigawatt auf Dächern das Etappenziel von 215 Gigawatt in 2030 erreicht würde. Kalkuliert wird demnach eine Leistungs- dichte im Solarpark von rund 1,1 Megawatt pro Hektar. Diesen Zubau in nur acht Jahren zu erreichen ist äußerst ambitioniert. Ende 2019 waren 14,5 Gigawatt auf rund 30.000 Hektar Freiflächenanlagen installiert, wobei allerdings die Leis- tungsdichte der älteren Anlagen deutlich geringer war und im Jahr 2006 noch bei 0,24 Megawatt pro Hektar lag. Trotz der gro- o d E r N I c h t o d E r d o c h | 7 3

Enge Reihenabstände sorgen für einen hohen Stromertrag, bedeuten aber einen größeren Eingriff in den Naturhaushalt. Einzäunungen stellen zudem eine Barriere für Groß- und Kleinsäuger dar. tung stehen und den Stromertrag gleichmäßiger über den Tag verteilt in das Netz einspei- sen oder nach Süden aus- gerichtete Module mit mög- lichst engen Reihenabständen (Badelt et al. 2020). Es ist davon aus- zugehen, dass aus dieser Ertragsoptimie- rung die größten Umweltwirkungen entstehen werden. Der Bereich zwischen den Modulreihen ist beschattet und bietet wenig Lebensraum für die Flora und die Fauna der Agrarlandschaft. Darüber hinaus ist die Fläche eingezäunt und kann somit je nach Größe eine Barriere für Groß- und Kleinsäuger sowie für Erholungssuchende bilden (Herden et al. 2009; LfU Bayern 2014). Ausgehend von dieser Anordnung, mit der durch zirka 1,52 Megawatt installierter Leistung der höchste Ertrag pro Hektar erzielt werden kann (Badelt et al. 2020), ergeben sich Möglich- keiten die genannten Wirkungen zu reduzieren und mit dem Solarpark einen Beitrag für die Biodiversität zu leisten. Mit der Überstellung von höchstens 40 Prozent der Fläche wird zwi- 7 6 | K 2 2

Mehr Raum zwischen den Modulen bietet zahlreiche Möglichkeiten für Maßnahmen zur Förderung der Biodiversität. schen den Modulen Lebens- raum geschaffen (NABU 2022). Die Freihal- tung von größe- ren Bereichen im Solarpark ermög- licht das Anlegen von Feuchtbiotopen oder die Integration von Lesesteinhaufen1 usw., um Sonderbiotope zu schaffen. Eine angepasste Umzäunung oder eine Auftei- lung des Solarparks in Abschnitte von zwei bis drei Hektar zusammenhängender Modulfläche (UM BW 2019) verringern die Barrierewirkung. Diese Ausgestaltung der Parks ist mit einem höheren Flächenbedarf für den gleichen Stromer- trag verbunden (rund 0,6 Megawatt installierte Leistung pro Hektar (Fraunhofer ISE 2022)), da gleichzeitig Flächen für die Biodiversitätsziele erschlossen werden. 1 Historische Landschaftselemente aus aufgeschichteten Feldsteinen, die bei der Flächen- bewirt schaftung störten. Es sind sehr trockene und warme Lebensräume für eine speziell an diese Standortfaktoren angepasste Flora und Fauna. o d E r N I c h t o d E r d o c h | 7 9

Auch die Kombination von Photovoltaik-Nutzung und land- wirtschaftlicher Produktion scheint umsetzbar, indem die Module die landwirtschaftliche Nutzung überstellen oder bodennah landwirtschaftlichen Ertrag auf der Fläche nicht zu sehr einzuschränken wird eine Leistungsdichte von 0,6 Megawatt pro Hektar bei horizontalen und von 0,25 Megawatt pro Hektar bei vertikalen Modulen angenommen (Fraunhofer ISE 2022). integriert werden. Um den Der Flächenbedarf von Freiflächen-Photovoltaik in Deutsch- land ist daher abhängig davon, wie groß der Anteil des jeweili- gen Anlagentyps sein wird, der sich aufgrund der unterschied- lichen Leistungsdichten auf den zu erzielenden Stromertrag auswirkt. So könnten auf der von der Bundesregierung genann- ten Fläche von 70.000 Hektar Leistungen von 105 Gigawatt bei ertragsoptimierten Anlagen oder auch nur 42 Gigawatt bei Agri- Photovoltaik und Biodiversitäts-Solarparks installiert werden. Die große Spannbreite der überschlägig ermittelten Potenziale zeigt die Unsicherheit in der Kalkulation: möglicherweise wer- den trotz einer Flächennutzung im prognostizierten Umfang die neu gesteckten Ausbauziele nicht erreicht. … und wie viel steht zur Verfügung? Um abzuschätzen, ob die Ausbauziele realistisch zu erreichen sind, kann im Gegenzug die für Photovoltaik nutzbare Fläche ermittelt werden. Die Frage, wie viel und welche Fläche in Deutschland für Solarparks zur Verfügung steht, ist bei näherer Betrachtung ebenso komplex wie die des Flächenbedarfs der Anlagen. Die vielfältigen Anforderungen an Flächen überlagern sich gegenseitig. Aus Sicht des Naturschutzes beispielsweise gelten etwa die übergeordneten Biodiversitätsziele (Biotop- verbund auf zehn Prozent sowie Wildnisentwicklung auf zwei 8 0 | K 2 2

Prozent der Bundesfläche) und die bundesweiten Ziele der Moorschutzstrategie (moorschonender Bewirtschaftung oder freiwillige Wiedervernässung (BMUV 2022)). Ebenso müssen die Anstrengungen zur Extensivierung der Landwirtschaft, die einen Anteil der ökologischen Anbaufläche von 30 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche in Deutschland benötigen (BMEL 2022) ihren Platz haben. Hinzu kommt der noch immer hohe tägliche Flächenverbrauch Deutschlands durch neue Sied- lungs- und Verkehrsflächen von rund 54 Hektar, der ebenfalls zu Verlusten von landwirtschaftlicher Fläche führt. Aber auch Landnutzungen wie Rohstoffabbau, Waldentwicklung und Ähn- liches beanspruchen Flächen. Auch pauschale Annahmen, die landwirtschaftliche Fläche Deutschlands sei eine nutzbare Flächenkulisse (Fraunhofer ISE 2022), die derzeitigen Flächen für die Produktion von Energie- pflanzen stünden kurzfristig zur Verfügung oder Moorböden in einem Umfang von 1,1 Million Hektar könnten leicht mit Solar- parks bebaut werden (ebd.), greifen zu kurz. Mit solchen, rein auf Flächenstatistiken basierenden Zahlen bleiben die ermittel- ten Potenziale unkonkret und mit großen Unsicherheiten ver- bunden (siehe Ausbauzahlen des Fraunhofer ISE 2022; Prognos et al. 2021). Im Kontext der vielfältigen Anforderungen an die Fläche muss es das Ziel sein, die Freiflächen-Photovoltaik klug in die bestehenden Nutzungs-Konstellationen einzufügen und ihre Anpassungsfähigkeit für eine neue Form der Multifunktionalität von Landschaft zu nutzen. Die Verwendung von Geodaten liefert ein genaueres Bild über Potenzialflächen, indem ihre räumliche Verteilung und die Überlagerung mit den sonstigen flächenbezogenen Zielen die Flächenkonkurrenzen offenlegen. Der Photovoltaik- und Wind- flächenrechner (Agora Energiewende 2021) versucht eine Annä- herung zur Ermittlung von Potenzialen auf der Bundesebene. Im Vergleich mit den Analysetools ausgewählter Bundesländer zeigt sich allerdings eine große Diskrepanz in den Flächen- berechnungen. o d E r N I c h t o d E r d o c h | 8 1

Um das Ausbauziel zu erreichen, sollte der Bund den Rahmen setzen. Auf den Ebenen darunter werden Flächen konkretisiert und zum Standort passende Anlagen bestimmt. Während Agora Energiewende 2021 beispielsweise für Bran- denburg rund 36.720 Hektar Potenzialfläche ausweist, kommt der Solaratlas Brandenburg auf nur 28.311 Hektar (Energieagen- tur Brandenburg 2022), weil weitergehende landesplane- rische Belange oder natur- schutzrechtliche Regelungen der Nutzung entgegen ste- hen. Auch in Baden-Würt- temberg oder Niedersach- sen bestehen große Spann- breiten zwischen den nach bundesweiten Kriterien modellierten Potenzialflä- chen und den auf Landes- ebene ermittelten Werten. Hier zeigt sich allerdings, dass durch die Landespla- nung ein deutlich höheres Potenzial ermittelt wurde, als es die bundesweiten Analysen vermuten lassen (LUBW 2022; ML Nds. 2022). Aufgrund der sehr unter- schiedlichen Bewertungskri- terien in den Bundesländern oder fehlender bzw. fehler- hafter Geodaten (Neuendorf et al. 2021; LUBW 2022) können also auch GIS-Analysen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen. Auf übergeordneter Ebene kann über die Festlegung bun- desweit einheitlicher Kriterien und nach Korrektur der Daten- sätze trotzdem der grobe Rahmen für eine Verteilung der Aus- baubedarfe und Ausbaupotenziale gesteckt werden. Auf Länder ebene ermöglichen konkretisierte Flächenanalysen eine 8 2 | K 2 2

vorausschauende Planung und eine Integration der Solarparks in überörtliche Zielsetzungen des Naturschutzes und der Regio- nalentwicklung. Untersuchungen auf kommunaler Ebene schließlich helfen diejenigen Flächen zu identifizieren, auf denen der Zubau möglichst schnell umsetzbar wäre. Auf dieser Ebene kann dann auch die Festlegung des für den Standort passenden Anlagentyps erfolgen und der Beitrag zum Gesamtausbauziel verlässlicher benannt werden. Die bestehenden Analysen der Länder- bzw. der Bundes- ebene zeigen, dass aufgrund der Anpassbarkeit und der Vielfäl- tigkeit der Solartechnologie das vorhandene Flächenpotenzial für das Erreichen der Ausbauziele zur Verfügung stehen sollte. Werden diese Studien um lokal ermittelte Potenziale erweitert, können die Unsicherheiten in der Ausbauprognose deutlich reduziert und die räumliche Ausgestaltung einer naturverträg- lichen Energiewende konkretisiert werden. Ü B E R D I E AU T O R I N Dr. Julia Wiehe ist Landschaftsplanerin und promovierte zur Naturverträg lichkeit des Energiepflanzenanbaus an der Leibniz Universität Hannover. Am Institut für Umweltplanung leitete sie verschiedene Forschungsprojekte im Themenfeld erneuerbare Energien und Naturschutz. Seit April 2022 ist sie im Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende als Referentin für Solarenergie tätig. o d E r N I c h t o d E r d o c h | 8 3

Die Wasserkraftnutzung durch den Menschen hat eine lange Geschichte. Je größer und effizienter die Anlagen wurden, desto gefährlicher wurde deren Passage für die Fische. Fischaufstiegshilfen sind eine wichtige Schutzmaßnahme, können die Zweifel des Artenschutzes aber nicht beseitigen. Die Weiterentwicklungen der Technologien befassen sich daher verstärkt mit dem Fischschutz. Unser Autor beschäftigt sich mit der Naturverträglichkeit eines neuen FischschutzAnsatzes anhand eines Standortes in Oberbayern. Die Gegnerschaft Wasserkraft hat viele Gegner und Gegnerinnen. Naturschutzverbände und Anglervereine sind sich darin einig, dass Wasserkraft schlecht für Fische ist. Die Wasserbewohner würden in die Turbinen gesogen, dort getötet und landeten auf der anderen Seite als Futter für die Fische, die glücklicher- weise hinter der Staumauer geboren wurden. Die Europäische Union will, dass Flüsse frei fließen können. Wassersporttreibende dürfen Wasser- kraftanlagen aus Sicherheitsgründen nicht zu nahekommen. Anwohnende fühlen sich vom Lärm gestört, den die grundlastfähige Technologie vierund- zwanzig Stunden am Tag und sieben Tage die Woche und zweiundfünfzig Wochen im Jahr und das Jahr für Jahr emittiert. International führen riesige Staudammprojekte zur Umsiedlung von Menschen, zur Zerstörung von Natur und zu heftigen Diskussionen. Selbst Klimaschutzakteure sind nicht direkt begeistert, denn Staudammpro- jekte führen zur Sedimentierung, die wiederum Methan freisetzt, wenn sich Pflanzenreste ablagern und zersetzen. – Wasserkraft, nein danke? Die Behörden Nachdem in der Mitte des vorigen Jahrhunderts entschieden wurde, Atomkraft friedlich zu nutzen, leitete dies das Ende der meisten Wasser- kraftwerke ein. Viele Turbinen wurden abgeschaltet, die Anlagen aber nur selten zurückgebaut. Man brauchte sie nicht mehr, Entsorgung wäre aber zu teuer geworden. Im Freistaat Bayern gab es Anfang des letzten Jahrhun- derts etwa 12.000 Wasserkraftanlagen, heute sind noch etwa 4.000 in Betrieb. Die stillgelegten Anlagen stehen wie Ruinen in der Landschaft. Dennoch, es werden auch wieder Genehmigungen für „neue“ Anlagen beantragt. 8 6 | K 2 2

Neu heißt hier, dass an bestehenden Querbauwerken entsprechend auf Wasserkraftnutzung weitergebaut wird oder dass stillgelegte Anlagen wieder- belebt werden sollen – mit neuerer Technologie. Der Fluss ist an dieser Stelle ja bereits in seinem Fließen eingeschränkt. Ein Mitarbeiter, eine Mitarbeiterin einer unteren Naturschutzbehörde wird im Schnitt einmal im Berufsleben mit einem Antrag auf Genehmigung einer Wasserkraftanlage – inzwischen fast immer zu deren Reaktivierung – konfrontiert. Wegen der Seltenheit muss sich dann umfassend in die Materie eingearbeitet werden, so dass die Bearbeitung der Genehmigung schon mal ein paar Jahre dauern kann. Viele naturschutzfachliche Fragen wollen beantwortet sein. Die Auflagen, die an die Naturverträglichkeit einer solchen Anlage gerichtet werden, sind zahlreich. Die Fische müssen geschützt sein, die Durchgängigkeit des Gewäs- sers muss gewahrt bleiben, die Lärm- grenzen dürfen nicht überschritten werden und so weiter und so fort. Die Fische Fische haben zwei Möglichkeiten, mit einer Wasserkraftanlage klarzukom- men, entweder führt der Weg durch die Turbine oder über Fischtreppen oder andere fischtaugliche Überwin- dungsmöglichkeiten. Für den Schutz der Fische müssen die Rechen eng genug sein, dass vor allem die Jungfische nicht doch in die Anlage geraten und dort geschreddert werden – außer die Turbine dreht sich langsam genug. Das beeinträchtigt dann aber wiede- rum den Ertrag, denn je enger der Rechen und je langsamer die Turbine, desto schlechter der Durchfluss und die Geschwindigkeit des Wassers – jedoch umso besser für die Fische. Damit wandernde Fische an den Anlagen vorbeikommen sind Fischauf- stiegshilfen unabdingbar. Das ganze Wehr darf nie eine Barriere sein, weswegen dafür im Zweifelsfall Neben- arme aufwändig zu gestalten sind, die einen Teil des Flusses umleiten. Das ist kostenintensiv, führt zu weniger Wasser in der Turbine und damit zu weniger Erträgen. Die Wirtschaftlichkeit Die berechtigten Interessen von Anglerinnen und Anglern, Anwohnen- den und die Bedarfe von Bootsanlege- stellen, Schifffahrt, Fischschutz, Freizeitsport und Erholung müssen berücksichtigt und kompensiert werden. In Bezug vor allem auf die kleine Wasserkraft mit einer geringen installierten Leistung kann man h o W M U c h I S t h E F I S h ? | 8 7

Wasserkraft ist grundlastfähig. Sie ist immer verfügbar und kann rund um die Uhr Strom liefern. deshalb sagen, dass diese wirtschaft- lich wenig lukrativ ist, und Energie- wende muss auch betriebswirtschaft- lich sein. Alle berechtigten Anliegen zu berücksichtigen und diese Anlagen dennoch wirtschaftlich zu betreiben, scheint kaum möglich. Aber: Wasserkraft ist grundlastfähig. Sie ist immer verfügbar, auch wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Nur wenn der Fluss zufriert, oder trockenfällt (Stichwort: Klima wandel), haben wir ein Problem, wobei zumin- dest die Eisbildung bei manchen Ansätzen bereits mitbedacht wird. In einem Land wie Deutschland, das von Energieimporten weitgehend unabhängig werden will, ist Wasser- kraft in einer geeigneten Art und Weise wünschenswert. Die Rahmenbedingun- gen für die Betreiber müssen daher stimmen. 8 8 | K 2 2

nen. So wird unter anderem an Wasser kraft geforscht, die selbst aus langsam fließenden Gewässern eine gute Menge Strom gewinnt oder mit Paddeln statt Turbinen arbeitet, die aus der Luft in das Wasser greifend von diesem angeschoben werden und dadurch den Fluss des Wassers nicht stören, ähnlich dem Laufwasserrad einer alten Mühle. Hier wird auch kein Fisch geschreddert, höchstens mal ein Klaps mitgegeben, wenn er ungünstig nah ans Paddel kommt. Kopfschmer- zen bekommt er vielleicht, getötet wird er eher nicht. Auch Jungfische müssen so nicht aufwändig davon abgehalten werden, in die Anlagen zu geraten. Leider ist die Leistungsfähigkeit der Technologie begrenzt und kommt wohl für einen weiteren Ausbau der Wasser- kraft kaum in Betracht. Ein anderer Ansatz setzt auf komplett anders gestaltete Turbinen. Sogenannte Schnecken nutzen den Wasserdruck des fließenden Wassers und werden so in Gang gebracht. Der Fisch wird durch die Turbine hindurch- geleitet, ein wenig wie auf einer wilden Wasserrutsche. Zu spaßig darf man es sich aber auch nicht vorstellen. Die Schachtwasserkraft Die Technologien Mit teils großem Aufwand wird an verschiedenen neuen technologischen Ansätzen gearbeitet, um auch die Wasserkraft als regenerative Energie- quelle für die Stromerzeugung zu nutzen und dabei kostenintensive Zusatzmaßnahmen zu vermeiden. Die neuen technologischen Ansätze wollen den Problemen konkret begeg- Einer der spannenden neuen Ansätze sind Schachtwasserkraftwerke. Man h o W M U c h I S t h E F I S h ? | 8 9

kann sich diese etwa so vorstellen, dass die Anlage vom Ufer weg unter den Fluss verfrachtet wird. Wie die Untergrund-Bahn einer Metropole. Schachtwasserkraftwerke sind Laufwasserkraftwerke, stauen also nicht mehr Wasser auf, als durch ein vorhandenes Querbauwerk bereits gestaut ist. Wasser wird über einen senkrechten Schacht im Flussbett abgeleitet und einer Turbine zugeführt. Dort wird die Wasserkraft konventio- nell in Strom gewandelt und das Wasser dann dem Fluss wieder zuge- führt. Fische können also über den Schacht hinwegschwimmen und sich ihres weiteren Lebens erfreuen, egal ob vor oder hinter der Staumauer geboren. Treibholz, Geröll und ange- schwemmte Steine stellen kein Prob- lem dar, sie werden vom Fluss mitge- führt, wenn der Rechen gekehrt wird. Die Ausmaße einer Schachtwasser- kraftanlage sind dabei nicht zu klein dimensioniert. Ein Großteil des Was- sers wird in die Turbine geleitet und nur ein kleiner Teil verbleibt im Fluss selbst und strömt über das Wehr hinweg. Die Schachtöffnung ist am Flussboden und ein feiner Rechen verhindert – so der Ansatz, – dass Fische vom Sog mitgerissen werden. Aktuelle Anlagen haben Schachttiefen zwischen einem und zweieinhalb Meter. Durch die zusätzliche breite Öffnung des Schachtes sollen kleine Fische problemlos wieder entkommen können. Da die gesamte Anlage unter Wasser liegt, wird zudem kein Schall emittiert. Nur ein einsames Transfor- matorhäuschen am Ufer verweist baulich sichtbar auf die Gewinnung von Strom. Das Landschaftsbild würde nur geringfügig beeinträchtigt. – Soweit die Betreibersichtweise. Die Loisach Die Loisach entspringt im österreichi- schen Tirol und fließt dann hundert- dreizehn Kilometer nach Nordosten, um bei Wolfratshausen in die Isar zu münden. Der indogermanische Ursprung des Wortes Loisach bedeutet „lieb“. Final mündet das Loisachwasser über Isar und Donau in das Schwarze Meer. Als einziger See wird der Kochel- see durchflossen. Der See gehört dem Freistaat Bayern. Das über die Region hinaus bekannte Kochel am See ist ein Luftkurort. Neben dem Schachtwas- serkraftwerk in Großweil gibt es drei weitere Wasserkraftwerke, die die Loisach nutzen. 2011 wurde bei Garmisch-Patenkirchen ein Wasser- kraftwerk wiederbelebt, dass 1920 durch ein Hochwasser stark beschädigt wurde. Die Loisach hat rund fünfzig Zuflüsse aus Bächen und Kanälen. Der Höhenunterschied von der Quelle 9 0 | K 2 2

Das Schachtwasserkraftwerk in Großweil wurde von einem Team der TU München entwickelt. Es soll die Natur deutlich stärker schonen. Für diesen Kraftwerkstyp muss der Flusslauf nicht umgeleitet werden. Stattdessen wird vor einem Wehr ein Schacht ins Flussbett gebaut, in dem Turbine und Generator untergebracht werden. Das Wasser fließt in den Schacht, treibt die Turbine an und wird unter dem Wehr in den Fluss zurückgeleitet. Ein kleinerer Teil des Wassers fließt über den Schacht und das Wehr hinweg. zur Mündung beträgt knapp 500 Meter, das Sohlgefälle rund 4,4 Promille. Die Loisach ist streckenweise für Wildwasserfahrten geeignet, bevor sie zur Mündung hin immer langsamer wird, insbesondere durch den Kochel- see verliert sie den größten Teil ihrer Fließgeschwindigkeit. Der Fischschutz An der schönen Loisach im bayrischen Großweil ist bereits 2014 eine Schacht- wasser-Pilotanlage genehmigt und installiert worden. 2021 ging sie in den konventionellen Betrieb. Es handelt sich um eine Zweischacht- anlage, die Fallhöhe des Schachts beträgt stolze zweieinhalb Meter. Pro Sekunde werden 22 Kubikmeter Wasser durch diesen hindurchgeleitet. Die Leistung beträgt 420 Kilowatt und kann den Strombedarf von Großweil mit rund 1.500 Einwohnenden kom- plett decken. Der Wirkungsgrad soll bei 86 Prozent liegen, konventionelle Wasserkraftanlagen kommen auf 70 bis 80 Prozent. An der Anlage in Großweil wird das Einströmen von Fischen durch verti- kale Rechen verhindert. Der Abstand zwischen zwei Stäben des Rechens 9 2 | K 2 2

SO FUNKTIONIERT EIN SCHACHTWASSERKRAFTWERK. beträgt zwei Zentimeter. Fische einer Länge bis gut zwanzig Zentimeter passen dort aber immer noch durch. Die Technische Universität München führt deshalb an der Anlage ein Monitoring durch, ob und wenn ja, wie viele kleinere Fische und besonders Jungfische dennoch in die Anlage geraten und den Weg durch die Turbine nehmen müssen oder von eben dieser getötet werden. Neben dem Weg durch die Turbine gibt es mehrere Überwindungsmöglichkeiten für die Fische. Über das Wehr sollen zu jedem Zeitpunkt drei Prozent des Gesamtwassers fließen. Dadurch wird auch hydrophysikalisch verhindert, dass sich ein Sog über dem Rechen bildet und die Fische ansaugt – freies Schwimmen wird so möglich, auch um wieder aus dem Rechen herauszukom- men. Die Steuerung ist jedoch schwie- rig, da der Fluss nicht immer die gleiche Menge Wasser führt und der Klimawandel auch zu starken Niedrig- und Hochwassern führt, worauf dann die Anlage reagieren muss, indem das Wehr abgesenkt oder angehoben wird. Außerdem gibt es einen Fischsprung, also eine größere Öffnung durch die größere Fische gelangen können. Wandernde Fische können zwei h o W M U c h I S t h E F I S h ? | 9 3

Fischtreppen nutzen. Eine ist für größere Arten wie den Huchen gedacht. Die anderen für kleinere Arten wie die Koppe. Beide Fischtrep- pen haben aber keine gerade Führung, sondern besitzen jeweils einen Knick. Das wird von vielen kritisch gesehen. Die Wirksamkeit aller Maßnahmen zusammen muss zeigen, ob die Schachtwasserkraftanlage in Großweil fischfreundlich ist. Nach ersten Ergeb- nissen kann hierzu nur eine bedingte Aussage getroffen werden. Festhalten kann man aber, dass die Schachtwas- serkraft einen neuen Ansatz darstellt, der jedoch noch weiterentwickelt und erforscht werden muss. Die Mühlkoppe Der Standort des Schachtwasserkraft- werks ist ökologisch sehr interessant, da dort die seltene Mühlkoppe vor- kommt. Die Art wird auch Kaulkopf, Rotzkopf, Westgroppe, Dickkopf oder Dolm genannt. Wegen einer zurückge- bildeten Schwimmblase ist die Mühl- koppe ein Grundfisch und kann nicht einmal niedrige Hindernisse über- schwimmen, jede Art von Bebauung im Fluss kann sie nur schwer umgehen, Fischtreppen nur bedingt nutzen. Sie ist nachtaktiv, hat keine Schuppen und wird zehn bis fünfzehn Zentimeter groß. Sie stellt recht hohe Ansprüche an die Wasserqualität und die Sauer- stoffkonzentration und braucht auch im Sommer niedrige Wassertempera- turen, um sich wohlzufühlen, weswe- gen sie nur in Forellenregionen verbrei- tet ist. In der Laichzeit von Februar bis Mai gräbt das Männchen eine Mulde in den steinigen Boden, in die das Weib- chen seine Eier legt. Das Männchen bewacht das Gelege bis die Jungen nach vier bis sechs Wochen schlüpfen. Der Fisch ernährt sich von Insektenlar- ven, Bachflohkrebsen, Fischlaich und Fischbrut. Die Mühlkoppe ist gefährdet und daher in den Anhang II der Fauna- Flora-Habitat-Richtlinie aufgenommen worden. Beobachtungen am Standort in Großweil deuten darauf hin, dass die Koppe die Fischtreppen wahrnimmt. Es sollen sich sogar einige Fische in den einzelnen Bassins aufhalten, um dort geschützt vor Räubern zu leben. Der Huchen jedoch, ein Raubfisch, wittert die kleineren Fische in den Bassins und geht auf Jagd. Gewässer- beobachter vor Ort berichten, dass der Huchen zu groß sei, um die Fisch- treppe zu nehmen, in denen die Koppe unterwegs wäre. Das heißt, er steckt fest. Einzelne verendete Exemplare seien schon gefunden worden. In der Fischtreppe für die größeren Fische sei wiederum das Wasser zu gewaltig und durch den Knick fänden die Fische 9 4 | K 2 2

nicht hindurch. – Ist die Schacht- wasserkraft damit doch keine fisch- freundliche Technologie? Die Bewertung Die Naturverträglichkeit von Wasser- kraft kann nicht pauschal nur anhand der Technologie entschieden werden. Selbst konventionelle Buchtanlagen sind nicht per se „Fischtötungsmaschi- nen“. Es ist entscheidend, welche konkreten Bedingungen am Standort vorherrschen und was an Fischschutz garantiert werden kann. Daher ist eine pauschale Beurteilung nicht möglich bzw. mit vielen Unsicherheiten behaf- tet. Es kommt auf den Einzelfall an. Weder können Behörden angewiesen werden, Schachtwasserkraftanlagen immer zu genehmigen, noch können die Fischschutzmaßnahmen im Vorhin- ein festgelegt werden. Letztlich ist es auch eine finanzielle Frage, ob sich der Bau, der Neubau oder die Reaktivie- rung einer Wasserkraftanlage – egal welcher Technologie – lohnt, wenn aufwändige Vermeidungs-, Verminde- rungs- und Kompensationsmaßnah- men umzusetzen sind und es einfach Zeit braucht, diese Fragen zu klären. Wasserkraft spielt im Konzert des Erneuerbaren-Mix eine Nebenrolle, Wind und Sonne dominieren. Dennoch: Der Schluss, man könne gänzlich auf die Wasserkraft verzichten, mag vorschnell sein. Immerhin steht sie zur Verfügung, wenn der Wind nicht stark genug weht und die Sonne nicht hinter den Wolken hervorkommen mag. Daher wird es auch darum gehen, die Technologie zu verbessern, mehr zum Fischschutz zu forschen und so eine immer fischfreundlichere Wasserkraft zu entwickeln. Die Schachtwasserkraft ist nicht der Endpunkt einer Entwick- lung, sondern ein weiterer Zwischen- schritt. Ü B E R D E N AU T O R Michael Krieger ist GründungsGeschäftsführer des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende und dort auch für Internationales zuständig. 2021 schloss er an der SteinbeisSchool of Management and Innovation seinen Master of Business Administration – General Management mit der Arbeit „Wahrnehmbarkeit und Wirksamkeit als philosophisch basierte Parameter von Unternehmensführung“ ab. h o W M U c h I S t h E F I S h ? | 9 5

Die Energiewende ist nicht Fortgeschrittensein, sondern stetes Fortschreiten, alle angeschlossenen Kategorien und alle – auch die nachkommenden – Generationen mitbewegend. Bildung von der Kita bis zur Sekundarstufe II legt das Fundament für das Verständnis von technischer Produktion, effizienter Nutzung und nachhaltigem Verbrauch, von gesellschaftlicher Bedeutung und individueller Verantwortlichkeit. Unsere Autorin umreißt eine der bedeutendsten Querschnittsaufgaben unseres Bildungssystems. Die siebenjährige Kim schaut aus dem Zugfenster und entdeckt am Horizont Windräder. „Wieso drehen sich die Flü- gel?“ fragt sie ihre Mutter. „Macht das der Wind?“ Die Mutter nickt mit dem Kopf, ohne aufzublicken. „Und wieso entsteht daraus Strom?“ fragt Kims neunjähriger Bruder Ole weiter. Nun schaut die Mutter erstaunt auf ihre Kinder. „Ich dachte, darüber sprecht ihr in der Schule!“ Bildung für nachhaltige Entwicklung Seit den 1970er Jahren spielen Fragen der Umwelterziehung, Ökopädagogik und Naturpädagogik in der schu- lischen und universitären Bildung eine wichtige Rolle. Dabei wurden nicht nur Theorien und Unterrichtskonzepte entwickelt, sondern auch bildungspoli- tische Initiativen angestoßen, als deren Ergebnis mit der Umweltbil- dungsforschung eine neue erzie- hungswissenschaftliche Fachrichtung etabliert wurde, welche die umweltbe- zogene Bildungspraxis in den Blick nehmen soll (vgl. Michelsen 2006). Das Thema „erneuerbare Energien“ bildete jedoch Ende des 20. Jahrhunderts noch keinen Schwerpunkt innerhalb der Umweltpädagogik. Lediglich der amerikanische Schriftsteller und Phi- losoph Ernest Callenbach (1929–2021) veröffentlichte 1975 seinen utopi- schen Roman „Ecotopia“, in dem der Journalist William Weston das 1980 von den Vereinigten Staaten abgespal- tene Territorium Kalifornien, Oregon und Washington besuchen darf und in Form von Tagebuchnotizen über den neuen ökologischen Staat berichtet. Dort wird nur noch mit regenerativen Energien gearbeitet, der Flugverkehr wurde eingestellt und die Kinder 9 8 | K 2 2

beschäftigen sich schon in der Schule mit erneuerbaren Energien. Weston erfährt, dass die Kernkraft als Auslauf- modell noch genutzt wird, aber die Geothermie als dezentrales Mittel der Energiegewinnung einen besonderen Vorzug genießt, neben Solar-, Wind- und Wasserkraftwerken; Gas, Öl und Kohle spielen keine Rolle mehr. (vgl. Callenbach 1996, S. 216–229). In den USA wollte das Buch anfangs niemand verlegen, so dass der Autor die Publikation im Selbstverlag reali- sieren musste. Ihm gelang damit ein Bestseller, von dem es bis heute in Deutschland keine vollständige Über- setzung gibt; die englischsprachige Reclam-Ausgabe mit Vokabelhilfen kann jedoch in der Sekundarstufe II im Englischunterricht eingesetzt werden bzw. auch in einem fächerübergreifen- den Projekt zu den erneuerbaren Energien (vgl. Kap. Fächerübergrei- fende Projekte in der Sekundarstufe). Nach der Konferenz der Vereinten Nationen zu Umwelt und Entwicklung Ida und Mieke, Klasse 8a N U r N o c h K U r z d I E W E lt r E t t E N | 9 9

100

beginnen, wenn in einem Dorf plötz- lich Windräder aufgestellt werden sollen. Erneuerbare Energien in Kita und Grundschule Bereits in Kita und Grundschule existie- ren Programme zur nachhaltigen Bil- dung, die vor allem das eigene Verhal- ten der Kinder in den Blick nehmen: gesunde Ernährung, Konsumverhalten, Umgang mit Müll und Energiesparen. Insbesondere entwickelt die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ seit 2016 Programme für nachhaltige frühkindliche Bildung. Dort spielen auch Themen wie Rohstoffe eine wichtige Rolle. Innerhalb dieser Programme sollten Kinder künf- tig auch technische Entwicklungen erneuerbarer Energien kennenlernen, wie die Funktionsweise von Windrädern oder Biogasanlagen. Ein Fortbildungs- angebot für die Grundschule gibt es bei den „kleinen Forschern“ bereits. Es bezieht sich auf das Entdecken und Forschen im Sachunterricht am Beispiel der Energiebildung. Dazu wurde auch eine sogenannte Wimmel-App „Energie ist überall“ entwickelt. Darin finden jün- gere Kinder konkrete Denkanstöße, digitale Lernspiele, Filme oder andere Impulse, die zum Forschen und Nach- denken anregen (vgl. Haus der kleinen Forscher 2022). 1992 in Rio änderte sich der Fokus der Umwelterziehung in Richtung Bildung für nachhaltige Entwicklung, bei der unter anderem Fragen der globalen Gerechtigkeit im Mittelpunkt standen. Die UN-Vollversammlung erklärte bei- spielsweise die Jahre 2005 bis 2014 zur weltweiten Dekade der Bildung für nachhaltige Entwicklung (vgl. UNESCO 2013) und rief 2015 einen Weltaktions- plan ins Leben. Einer seiner Schwer- punkte besteht bis heute darin, nach- haltige Entwicklung nicht nur als ein Unterrichtsthema aufzufassen, son- dern als „umfassenden Auftrag für die Gestaltung und Wirkung von Bildungs- einrichtungen“ (Michelsen und Fischer 2016, S. 333). Dieser Auftrag schließt seit der UN- Klima-Konferenz vom November 2021 in Glasgow die regenerativen Energien als Schwerpunkt der nachhaltigen Umweltbildung im gesamten deut- schen Bildungssystem mit ein. Denn die in Glasgow beschlossene beschleu- nigte globale Energiewende mit dem international vereinbarten Kohleaus- stieg ist nun erstmals weltweites Ziel zur Reduzierung der Treibhausgase und der Erderwärmung. Ihre Realisie- rung gesellschaft liche Akzeptanz, auch für die regenerativen Energien und ihre technischen Umset- zungen. Diese gesamtgesellschaftliche Aufgabe sollte jedoch nicht erst dann erfordert 10 0 | K 2 2

101

Julian und Leonard, Klasse 8a In vielen Curricula der einzelnen Bundesländer werden im Sach- und Ethikunterricht die Urelemente Was- ser, Feuer, Luft und Erde behandelt, die der griechische Philosoph Empe- dokles (za. 495–435 v. u. Z.) als die „vier Grundwurzeln“ Seins bezeichnete (vgl. Capelle 1968, S. 197). Sie bilden die Grundlage von Wasser- kraft, Sonnenenergie, Erdwärme und Windenergie und für deren techni- schen Entwicklungen. Im neusten allen Lehrplan zum Sachunterricht von 2021 für Nordrhein-Westfalen (NRW) sollen sich die Schülerinnen und Schü- ler unter dem Oberthema „Mensch und Natur“ mit dem Energieverbrauch im Alltag beschäftigen. Hier wäre es durchaus möglich, die erneuerbaren Energien in den Unterricht zu integrie- ren (vgl. Lehrplan Sachunterricht NRW 2021). So könnte Ole auf seine Frage, wie aus Windrädern Strom entsteht, die folgende vorläufige Antwort erhal- N U r N o c h K U r z d I E W E lt r E t t E N | 10 1

102

ten: „Du kannst die Funktionsweise eines Windrades mit der Stromer- zeugung bei der Beleuchtung deines Fahrrads vergleichen. Das Windrad dreht sich genauso wie das Vorder- rad bei einem Fahrrad. Aus der Drehbewegung des Rads wird mit dem Dynamo Strom erzeugt. Bei einem Windrad nennt man das nicht Dynamo, sondern Generator. Im Physikunterricht wirst du später den genauen Sachverhalt kennenlernen“. Fächerübergreifende Projekte in der Sekundarstufe In der Sekundarstufe ist die Beschäftigung mit den erneuerbaren Energien eine Querschnittsaufgabe, als fächerverbindender Unterricht oder innerhalb einer Projektwoche. Dabei sollten nicht nur die physikalischen Grundlagen der Energiegewinnung und die Besonderheiten technischer Anlagen wie Windräder oder Photovol- taik im Fach Physik problematisiert werden, sondern auch Probleme des Klimas und des Klimawandels durch fossile Energieträger im Geografie- Unterricht. Zusätzlich zu den natür- lichen Grundlagen erneuerbarer Ener- gien müssen auch ethische Fragen 10 2 | K 2 2 Niusha, Klasse 11 diskutiert werden, die vor allem mit dem Begriff der umweltethischen Ver- antwortung verbunden sind: Wer übernimmt die Verantwortung, dass der Naturschutz beim Bau der techni- schen Anlagen eingehalten wird, dass Biodiversität und Lebensräume von Tieren erhalten bleiben und biologi- sche Korridore eingerichtet und alle Risiken im Voraus bedacht werden? Neben dieser prospektiven Verant- wortung gibt es auch eine retrospek- tive: Wer übernimmt im Nachhinein

103

Paula und Rabea, Klasse 8a die Verantwortung für Spätfolgen von Handlungen, wenn es ein umweltethi- sches (System-)Versagen gibt? Hier sollten sich die Schüler und Schülerin- nen mit Begründungen, Kriterien und Normen umweltethischen Handelns in Bezug auf erneuerbare Energien aus- einandersetzen. Vor allem aber geht es auch um die gesellschaftliche Akzeptanz erneuer- barer Energien: Neben meinem Haus darf keine Biogasanlage gebaut wer- den, und in unserem Dorf sollen auch keine Windräder stehen. Was können Regierung und Kommunen tun, um die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger zu erlangen und zu behalten? Zu diesen Problemen kann beispiels- weise das Fach Wirtschaft und Politik durch Planspiele und die Entwicklung von Dialogkompetenz einen wichtigen Beitrag leisten. So hat Daniel Nachtsheim vom Gymnasium Heidberg in Hamburg in den Fächern Politik-Gesellschaft-Wirt- schaft und Philosophie in einer achten N U r N o c h K U r z d I E W E lt r E t t E N | 10 3

105

Klasse über Naturethik und eine Welt mit erneuerbaren Energien nachge- dacht; die Schülerinnen und Schüler haben ihre Zukunftsideen und die Kri- tik am Anthropozentrismus, der den Menschen als Maß aller Dinge und die Natur als zweitrangig betrachtet, auch in Bildern umgesetzt – eine Auswahl illustriert diesen Artikel. Für den Unterricht: Das Themenheft „Erneuerbare Energien im Diskurs“ Die Organisation gemeinsamer Pro- jekte im Fächerverbund oder als Pro- jektwochen erfordert von Lehrerinnen und Lehrern einen hohen Zeitauf- wand. Deshalb ist es wichtig, dass sie bestimmte Grundmaterialien zur Ver- fügung haben, in denen die Problem- bereiche der einzelnen Fächer skiz- ziert werden. Diese können natürlich im Laufe des Projektes je nach den Interessen der Lerngruppen durch andere Materialien ergänzt werden. Das Themenheft „Erneuerbare Energien im Diskurs – mit Projektideen für eine klimaneutrale Schule“ des Cornelsen Verlages, das in Zusam- menarbeit mit dem KNE entstanden ist, stellt eine solche Basis für die Fächer Physik, Ethik, Philosophie, Reli- gion und Politik dar. Der Aufbau beginnt mit den vier Urelementen aus der griechischen Philosophie: Wasser, Luft, Feuer und Erde. Dadurch erfah- ren die Schülerinnen und Schüler, dass diese Elemente als Bausteine der Welt schon immer eine Bedeutung für das Leben der Menschen hatten, d. h. die erneuerbaren Energien weisen eine lange Tradition auf, die nicht erst in der Moderne beginnt. Für den Bereich der physikalisch- technischen Anwendungen werden zunächst verschiedene Arten von Energie vorgestellt sowie Energiequel- len und Energieumwandlungen, bevor dann thematisiert wird, wie aus den erneuerbaren Energien Wärmeenergie entsteht – das gesellschaftliche Pro- jekt der Zukunft, zum Beispiel durch Photovoltaik oder Biomasse. Anschlie- ßend Jugendlichen die Funktionsweise verschiedener techni- scher Anlagen der erneuerbaren Ener- gien kennen, wie zum Beispiel Solarko- cher, Windräder oder Geothermiean- lagen. Letztere kennen die Schüler ihrem und Schülerinnen auch aus praktischen Umfeld, da sie immer häufiger im Wohnungsbau eingesetzt werden. lernen die Die Errichtung dieser technischen Anlagen bringt auch immer Eingriffe in die Natur mit sich. So können beispiels- weise bei der technischen Installation N U r N o c h K U r z d I E W E lt r E t t E N | 10 5

106

lichen im Mittelpunkt: Wo können wir in unserem unmittelbaren Umfeld Energie einsparen bzw. gesund leben? Themenfelder wie Mobilität und gesundes Essen bilden dabei den Fokus, aber auch häufig verwendete Begriffe wie CO2-Fußabdruck oder der Treibhauseffekt, deren Bedeutungen erklärt werden. Sie bilden die Grund- lage für die weitere Beschäftigung mit dem Thema. Zum Projekt „Klimaneut- rale Schule“ gibt es bereits viele Veröf- fentlichungen, die als Basis für die wei- tere energetische (Aus-)Gestaltung der eigenen Schule genutzt werden können. Das Themenheft soll Lehrkräften „Appetit machen“, die erneuerbaren Energien als Querschnittsthema auf- zugreifen, auch wenn sie noch nicht in den Curricula der einzelnen Fächer verankert worden sind. Es entspricht dem UNESCO Global Action Pro- gramme zur nachhaltigen Bildung und präsentiert im Sinne des Pro- gramms einen ganzheitlichen Ansatz. Die erneuerbaren Energien sollen zum einen im Fächerverbund behan- delt werden, und zum anderen wird die praktische Gestaltungskraft der Schülerinnen und Schüler in Bezug auf die klimaneutrale Schule geför- dert. Das Themenheft fokussiert geradezu den von der UNECCO ange- strebten Auftrag Nachhaltigkeit in von Windrädern Lebensräume der Flora und Fauna beeinträchtigt werden, während der Anbau von Energiepflan- zen in der Landwirtschaft wiederum die Gefahr der Entwicklung von Mono- kulturen bewirken kann. Aus diesem Grund beschäftigen sich die Schüler- innen und Schüler in dem Themenheft auch mit ethischen Problemen erneu- erbarer Energien und lernen den Begriff der Naturverträglichkeit ken- nen. Sie werden durch differenzierte Arbeitsaufgaben selbst Lösungsvorschläge für den Erhalt der biologischen Vielfalt zu entwickeln. angeregt, Die Reflexions- und Dialogfähigkei- ten der Jugendlichen werden auch durch das Planspiel „Akzeptanz vor Ort“ geschärft. Es spiegelt die gesell- schaftliche Debatte wieder, die in vie- len Gemeinden entsteht, wenn dort plötzlich Windräder aufgestellt wer- den: „Erneuerbare Energien gern – aber nicht bei uns!“ In solchen Kon- fliktfällen müssen alle Beteiligten eine Lösung finden und dazu benötigen sie Mediation, die zu den Aufgaben des KNE gehört. Die Schülerinnen und Schüler erhalten durch das Planspiel einen Einblick in die Probleme der Mediation und die Tätigkeit des KNE, sollen aber zunächst ihre eigenen Lösungsvorschläge unterbreiten. Zum Abschluss des Themenheftes steht das eigene Verhalten der Jugend- 10 6 | K 2 2

107

Bildungseinrichtungen zu etablieren und setzt mit den erneuerbaren Energien einen besonderen Schwer- punkt. Ausblick: Fortbildung für Lehrerinnen und Lehrer Das Weltaktionsprogramm der UNESCO zielt auch auf verschiedene Aktivitäten im Bereich der Aus- und Fortbildung in Bezug auf nachhaltige Bildung (vgl. Michelsen und Fischer 2016, S. 334). Deshalb sollten die Leh- rerfortbildungsinstitute der einzelnen Bundesländer gezielte Angebote zu den erneuerbaren Energien in ihre Programme aufnehmen, und zwar fächerübergreifend im Kontext natur- wissenschaf tlich-technischer und ethisch-politischer Problemstellungen, um die Lehrerinnen und Lehrer für die Herausforderungen der Energiewende der nächsten Jahre fit zu machen. Hier kann auch das KNE mit seiner fachli- chen Expertise behilflich sein. Denn ein Sprichwort besagt: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr. In diesem Sinne sollten die Schulen das Thema „anpacken“, damit die regene- rativen Energien zu einer Selbstver- ständlichkeit unseres Lebens werden, wo Jeder und Jede mitreden und mit- gestalten kann. Ü B E R D I E AU T O R I N Prof. Barbara Brüning studierte Philosophie, Slawistik und Erziehungswissen schaft an der Universität Hamburg, wo sie auch in der Didaktik der Philosophie promoviert wurde, sich habilitierte und als Professorin arbeitete. Sie ist seit mehr als 30 Jahren für den Cornelsen Verlag als Herausgeberin und Autorin für Lehrwerke im Bereich Ethik und Philosophie tätig. „Erneuerbare Energien im Diskurs“ ist das erste gemeinsame Themenheft mit dem KNE. N U r N o c h K U r z d I E W E lt r E t t E N | 10 7

110

Nebelschwaden, tiefschwarzes Wasser, fremdartige Wesen und beunruhigende Geräusche. Der weiche sumpfige Boden schwankt, ein falscher Schritt, und man sinkt auf Nimmerwiedersehen ein. Moore – einst waren sie Orte geheimnisvoller und schauerlicher Geschichten. Heute interessieren uns Moore vorrangig als Orte einzigartiger Lebens räume für Pflanzen und Tiere und als Möglichkeit, dem Klimaschutz zu dienen. Unser Autor empfiehlt daher unbedingt einen ausführlichen Blick in das beeindruckende Werk „Deutschlands Moore. Ihr Schicksal in unserer Kulturlandschaft“ zu werfen. Nachdem sie jahrzehntelang kaum öffentliche, geschweige denn politische Beachtung gefunden hatten, erfahren Moore unter der neuen Bundesregierung im Rahmen der Klima- und Natur- schutzpolitik politische Bedeutung und vor allem wohl auch praktische Relevanz. More Moor Während noch vor Kurzem nur Eingeweihte und ausgespro- chene Liebhaber der Fauna und Flora unserer Moore beson- dere und leidenschaftliche Aufmerksamkeit schenkten, gelten sie heute – fast schon einen Tick zu überschwänglich – national und international nachgerade als die Lösung des Konflikts zwischen Klimaschutz und Artenschutz. Moore, so heißt es, seien für das Weltklima wichtiger als alle Wälder der Erde. Der Status der deutschen Moore ist bestürzend: Heute besitzen nur noch zwei Prozent intakte Ökosysteme. Alle anderen sind durch-melioriert und damit ein steter Quell des Verdrusses für den Klimaschutz. Denn knapp sieben Prozent des Ausstoßes deutscher Klimagase gehen (Stand: 2019) auf die Trockenlegung von Mooren zurück. Nun wollen Bund und 110 | K 2 2

111

Länder bis 2030 die Emissionen entwässerter Moore um fünf Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxid-Äquivalente senken. Eine Moorschutzstrategie soll es richten. Insgesamt gibt es in Deutschland etwa 1,2 Millionen Hektar entwässerter Flächen, gelegentlich fällt hier das Wort „Moorruinen“, von denen bis 2030 ein Zehntel wieder vernässt werden soll. Bisher völlig unbekannte Institutionen wie die Deutsche Gesellschaft für Moor- und Torfkunde (DGMT), die International Mire Conservation Group (IMCG) und das Greifswald Moor Centrum (GMC) werden ihre Bekanntheit und Bedeutung in den kommenden Jahren zweifelsfrei steigern. Das Moor – faszinierende und geheimnisvolle Landschaft. Ort böser Geister, verwunschen und zuweilen bedrohlich für jeden, der sich darin verirrt. Und doch lebens- notwendig für uns. B E S S E r g E h t ' S N I c h t | 111

112

Der alte Mann und das Moor Einer, der Zeit seines Lebens um Schönheit aber auch Nützlich- keit der Moore wusste, ist der heute über achtzigjährige Michael Succow, emeritierter Professor an der Universität Greifswald und Gründer der nach ihm benannten und mit dem Preisgeld des Alternativen Nobelpreises ausgestatteten Stiftung. Eine der beeindruckendsten Persönlich- keiten der deutschen Naturschutz- szene, dessen Vorträge – wenn man sie erleben durfte – jedem und jeder unvergesslich bleiben. Im Film von Simone Unger „Michael Succow – Der alte Mann und das Moor“ kann man sich über den ‚Moorexperten von Weltrang‘ (hätte die Berufsbezeichnung nicht etwas an Glanz eingebüßt, würde ich vom ‚Moor-Papst‘ sprechen) ein Bewegt-Bild machen. Succows Einsatz galt immer der Rettung bedrohter Natur und damit – der Welt. Allein die Leis- Lebrecht Jeschke (links) und Michael Succow (rechts) haben alle 115 Moore in Deutschland, die in diesem Buch vorgestellt werden, alle selbst aufgesucht. Viele von ihnen im Laufe der Jahrzehnte mehrmals, so dass sie auch ihren Wandel beschreiben können. tung Succows und seiner Mitstreitenden bei der dramatischen Sicherung der ersten Nationalparke Ostdeutschlands1 verpflich- tet eine ganze Nation zu immerwährendem Dank. 2022 nun hat Succow mit seinem langjährigen Freund und Kollegen Lebrecht Jeschke noch einmal ein gewichtiges2 Werk auf den Buchmarkt geworfen: Den wundervollen, 540 Seiten umfassenden, überaus prächtigen Bildband „Deutschlands Moore“, der das von beiden vor mehr als 35 Jahren für Ost- 1 Am 12. September 1990 stellte der Ministerrat der DDR auf seiner letzten Arbeitssitzung, unter dem letzten Tagesordnungspunkt 14 Großgebiete unter Naturschutz (Nationalparkprogramm). 2 Das ist auch physisch gemeint: Es wiegt tatsächlich glatte drei Kilogramm. 112 | K 2 2

113

deutschland herausgegebene gemeinsame Buch „Moore in der Landschaft“ in gewisser Weise bilanziert, fortsetzt und nachge- rade enzyklopädisch erweitert. Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Berufsleben beschlossen Succow und Jeschke einen breiten Leserinnen- und Leserkreis an ihrer Faszination und Fürsorge teilhaben zu lassen, und in einem Buch die Schönheit, Lebensfülle und Einmaligkeit der Moore Deutschlands aufzuzeigen, aber auch ihre Verletzlichkeit und leider auch – ihre Zerstörtheit. Ein Sumpf zieht am Gebirge hin Das Buch befasst sich dabei nicht – wie man meinen könnte – nur ausführlich mit der Ökologie der Moore, sondern auch mit deren Soziologie. So erfährt die geneigte Leserschaft Interes- santes zu Mooren als mystischen Plätzen, Opferstätten, Hinrich- tungsstätten und Bestattungsorten. Aus dem Geschichtsunterricht war mir hängengeblieben, dass die alten Germanen ihre Todesurteile dadurch vollstreck- ten, dass sie den Verurteilten im Moor versenkten. Die gefunde- nen Leichen sind im Moor so gut erhalten geblieben, dass der Vorgang ihrer Hinrichtung heute recht exakt rekonstruiert werden kann. Eine meiner ersten eindringlichen Bilder von einem Moor lieferte eine Verfilmung des Conan-Doyle-Romans „Der Hund der Baskervilles“, in dem zum ‚guten‘ Schluss Übeltäter Stapel- ton im dampfenden Moore versank. – Ich merkte mir: Moore sind gefährlich! Auch der literarische Altmeister Johann Wolfgang von Goethe entließ uns mit einem eher pejorativen Blick auf das Moor: Ein Sumpf zieht am Gebirge hin, verpestet alles schon Errungene; den fahlen Pfuhl auch abzuziehn, das wär das Höchsterrungene. B E S S E r g E h t ' S N I c h t | 113

114

Erst die Romantik entdeckte Anfang des 19. Jahrhunderts die ‚mystischen‘ Moore wieder, Caspar David Friedrich ist zu nennen. Gegen Ende des 19. Jahrhundert, mit der zunehmen- den Industrialisierung Deutschlands ändert sich auch der künstlerische Blick aufs Moor. Die Künstler der Künstlerkolonie Worpswede etwa ‚sahen‘ nicht das wilde und unberührte Moor, sondern das durch menschliche Arbeit umgewandelte Moor- land, das als Kulturland der Wildnis entrissen wurde, um dem Menschen zu dienen. Heute befassen sich Künstler mit Mooren eher im Rahmen einer „minimal-invasiven Laser-Intervention“, mit der der nächtliche Lichtertanz über den Mooren zeitgenös- sisch interpretiert wird. Rohstoffquelle Moor Bedeutendste Rohstoffe der Moore waren das Raseneisenerz, der Wiesenkalk und der Torf. Torf wurde als Brennstoff und Heilmittel genutzt. Die Nutzung des Torfs als Brennstoff (erste Stufe der Inkohlung) ist dabei Wasserbüffel werden in Mooren als „Land schafts pfleger“ eingesetzt. Kein anderes Großvieh kann im Moor das leisten, was diese robusten und bescheidenen Büffel können: Büsche und Binsen fressen und dabei ständig in der Nässe stehen, ohne kranke Klauen zu bekommen. 114 | K 2 2

115

mindestens seit Beginn der Bronzezeit bekannt. Torf gewann dann an Bedeutung als Brennstoff als durch die Zunahme der Bevölkerung Holz verknappte. Große Bedeutung hatte das 1731 erschienene erste deutsche Torfbuch mit dem bezeich- nenden Titel: „Teutschlands neue entdeckte Goldgrube, das ist: Joh. Hartm. Degneri Phys. und chemische Erörterung vom Torf vorstellend einen Bericht von den brennenden Rasen so in denen mehresten Landschaften Europas in Sonderheit aber in Holland angetroffen, und anstatt des Holtzes gebraucht werden. Zum nützlich- und nöthigen Unterricht bey dem von Tag zu Tag sich mehr einfinden Holtz-Mangel in Teutschland, aus dem Lateinischen übersetzt von Domandros.“ Bereits 1795 erscheint die erste praktische Anleitung zum Torfabbau in Deutschland, der seinerzeit körperlich äußerst anstrengend und sehr einförmig war. 1842, mit Beginn der Industrialisierung, wurde dann die erste Torfstechmaschine erfunden, die sich rasch verbreitete. Mitte des 20. Jahrhunderts klingt der industrielle Torfabbau in Deutschland aus. B E S S E r g E h t ' S N I c h t | 115

116

Ein Kranich mit Jungvogel inmitten einer Wollgras- wiese. Nachweise zur Nutzung von Wiesenkalk gibt es schon aus der Römischen Kaiserzeit. Im frühen Mittelalter wurde es zur Herstellung von Mörtel benötigt, mit denen Klöster, Kirchen, Burgen, Stadtmauern und Häuser befestigt wurden. Die Landwirtschaft nutzte den Wiesen- kalk im 19. Jahrhundert als Mineraldünger. Bedeutsam war auch die Eisenherstellung aus Raseneisen- erz, beginnend etwa im 4. Jahrhundert und bis ins 19. Jahrhun- dert betrieben. Der zunehmende Eisenbedarf der Gesellschaft – Landwirtschaftsgeräte, aber auch Kriegsgerät – wurde über diese Zeit überwiegend aus den heimischen Raseneisenerz gedeckt, an manchen Orten jahrhundertelang. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts konnte der stetig wachsende Bedarf an Stahl und Eisen so nicht mehr gedeckt werden, es kam zum Nieder- gang dieser Industrie. Erst im 18. Jahrhundert wurden Moore – durch Entwässe- rung zu Grünlandstandorten umgeformt. Die agrarische Moornutzung verbesserte und intensivierte sich ständig. 116 | K 2 2

117

Ein naturnaher Bruchwald eines Versumpfungs- moores. Einzigartiger Lebensraum für Flora und Fauna. Die Zukunft der Moore ist nass Wir erfahren in einem großen Exkurs auch viel über die Moore als Orte wissenschaftlicher Erkenntnis. Anhand der historischen Leistungen von Wissenschaftlern und Praktikern (tatsächlich fast ausschließlich Männer), die Moore beobachtet und erforscht haben, vermitteln Succow und Jeschke die Bedeutung der Moore als herausgehobene Lebensräume im Ökosystem Erde. Dazu gehört auch eine Einführung in die Rolle der Moore im Naturhaushalt. Natürlich auch mit einem Blick auf die wichtigsten moorkundlichen Begriffe und die Vielfalt der Moorbildungen – alles mit großartigen Abbildungen unterlegt, auf denen der Blick B E S S E r g E h t ' S N I c h t | 117

118

lange verweilen will. Wundervolle Moment- aufnahmen einer nicht für möglich gehaltenen Vielfalt an Pflanzen und Tieren – in den Arm- Mooren, Sauer-Zwischenmooren, Basen-Zwi- schenmooren, Kalk-Zwischenmooren und Reichmooren. Grundwasser-Versumpfungsmoo- ren, Stauwasser-Versumpfungsmooren, Hang- mooren, Quellmooren, Auen-Überflutungsmoo- ren, Küsten-Überflutungsmooren, Verladungs- mooren, Durchströmungsmooren, Kesselmooren und Regenmooren – zu jedem Thema kann man sich festlesen. Eine Reise durch die ausgewählten Schicksale Michael Succow, Lebrecht Jeschke (2022): Deutschlands Moore. Ihr Schicksal in unserer Kulturlandschaft. Rangsdorf: Natur+Text 2022; 544 Seiten, ISBN 978-3-942062-41-1. deutscher Moorlandschaften führt über 320 Seiten vom niedersächsischen Ipweger Moor bis zu den Mooren des Alpenvorlandes und Alpen- randes, jedes einzeln beschrieben, eingeordnet und bebildert, mündet schließlich in eine Verlustbilanz und wagt den Blick in die Zukunft, macht Hoffnungen ausfindig, um dann mit dem eindringlichen Appell zu enden: „Damit die Zukunft der Moore nass ist!“ All dies ausführlich und immer ausgiebig mit Fotos hinterlegt nachzulesen. Überarbeitete Fassung dann 2050 Dieses Buch ist ein Juwel des Moor- und Naturschutzes. Es wird seinen Weg eher in die Bibliotheken als in die Wohnzimmer finden (Gewicht und Preis werden die Verbreitung begrenzen), wünschenswert wäre auf jeden Fall, dass es auch seinen Weg in die Herzen vieler Menschen jedweden Alters und jedweder gesellschaftlicher Verantwortung findet. Die nicht nur einen Blick hineinwerfen, sondern den hier versammelten Reichtum an Wissen, aber auch an Leidenschaft und Liebe zur Natur aufnehmen. 118 | K 2 2

119

Michael Succow und Leberecht Jeschke ist zutiefst zu dan- ken, dass sie ihr Lebenswerk damit krönen, ihr Wissen in diesem Buch (mit-) zu teilen und ihre Liebe und Leidenschaft zu den Mooren so eindringlich und berührend zu dokumentieren. Ein Dank gilt selbstverständlich auch dem Verlag Natur+Text Rangsdorf, der sich auf dieses großartige und hilfreiche Vorha- ben eingelassen und ein so wertvolles Werk verlegt hat, das hoffentlich auch noch den einen oder anderen hoch verdienten Preis erhält. Eine aktualisierte Ausgabe für das 2050 sollte unbe- dingt vorgemerkt werden. Die zum Schluss des Buches ausgedrückte Hoffnung von Michael Succow, es müsse dazu beitragen, aufzuklären, Lösun- gen aufzuzeigen und torferhaltende Landnutzungen vorzustel- len – möge sie sich vollumfänglich erfüllen. Wichtigstes aktuelles Anliegen der Autoren ist es, dass die noch erhalten gebliebenen Torfrestkörper generell wieder vernässt werden. Nachwuchs- Wissenschaftlerinnen wissen hierüber zu berichten. Auch darüber, dass heute mit speziell entwickelten Geräten ober- irdische Biomasse beerntet werden kann, ohne den wieder- vernässten Torfkörper zu beeinflussen. Es bleibt nicht mehr viel Zeit, um die Klimakatastrophe und den Verlust ganzer Ökosysteme zu verhindern. Nur so können aber die Rahmenbedingungen menschlicher Zivilisation gesi- chert werden, deren Bedrohung wir täglich immer persönlicher spüren. Ü B E R D E N AU T O R Der Wirtschaftswissenschaftler Dr. Torsten RaynalEhrke wurde 1987 an der Technischen Hochschule Leipzig promoviert und ist Gründungs direktor des KNE. Zuvor war er viele Jahre als Referent für Natur schutzpolitik in der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN tätig und engagierte sich ehrenamtlich in der Umweltbewegung. Er ist Mitglied des rbbRundfunkrates. B E S S E r g E h t ' S N I c h t | 119

122

Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist – sagt der Volksmund. Schön war es eigentlich immer, aber Schluss ist nun doch. In Ihren Händen halten Sie die fünfte und letzte Ausgabe des KNEJahrbuchs für naturverträgliche Energiewende. Als wir 2018 die erste Ausgabe in Angriff nahmen, wussten wir noch nicht, ob wir über eine Ausgabe hin- auskommen würden, und welche Fülle an Aufgaben auf uns wartete, das ahnten wir nur in Umrissen. Das KNE- Jahrbuch hat uns in der Regel durch das ganze Jahr begleitet. Nach dem Jahrbuch war vor dem Jahrbuch. Konzeptuelle Arbeit war gefragt: Was kommt ins Heft, was ist interes- sant, vielleicht sogar brisant? Welche Autorinnen und Autoren wollen wir anfragen, wie können wir sie überzeu- gen, für uns zu schreiben? Lagen die Zusagen alle vor, begann der Kampf um die pünktliche Abgabe der Manuskripte, jede Redaktion kennt diesen Nervenkrieg. Dann müssten die Texte redigiert und wie- der mit den Autorinnen und Autoren abgestimmt werden. Dann ging es ins Layout, wie sollte die gestalterische Grundlinie des Heftes aussehen? Was passt grafisch zu welchem Beitrag bzw. wie kann man dessen Botschaft noch unterstreichen? Dann Druck- legung und Korrekturlesen. Und den Verteiler für den Versand vorbereiten. Wenn die gedruckten Exemplare vorlagen, nahmen wir ein Exemplar in die Hand, erfreuten uns an der schö- nen Gestaltung (waren manchmal ver- wundert, dass einige Farben doch anders ausgefallen waren als sie am Computer aussahen) und taten den Teufel, irgendeinen Text noch einmal zu lesen, denn wir wollten keine über- sehenen Schreibefehler mehr finden. Etwas verschwommen schon, erinnern wir uns an die Suche für einen Titel der Buchreihe. Die stundenlangen Diskussionen mündeten in die salo- monische Kurzform „K“, der die zwei- stellige Jahreszahl – durch ein Leerzei- 12 2 | K 2 2

123

K 19 im Druck: Aus den von „unserem“ Grafiker Tino Herrmann wunderbar gestalteten Artikeln produziert Steffen Lang in der Druckerei Heenemann aus den einzelnen Beiträgen ein hochwertiges Buch. Für diese sehr gute Zusammenarbeit bedanken wir uns. chen getrennt, denn so viel Zeit muss sein – angefügt wird. Es war der kleine gemeinsame Nenner. K, so unsere passable Erklärung, könne für sehr verschiedene Begriffe und Anliegen stehen: Klima, Krise, Kompetenz(zent- rum), Klarheit, Konsequenz, Konflikte und natürlich Kollegialität. Das erste Schwerpunkt-Thema war schnell gefunden: Konflikte in der Energiewende. Wir wollten Debat- tenbeiträge und Beiträge aus dem KNE, mit dem sich die Kolleginnen und Kollegen mit ihrer Arbeit vorstel- len konnten. Ein Anliegen war es uns aber auch schon bei dieser ersten Ausgabe, den Blick über die deutsche Energiewende hinaus zu lenken und mit internationalen Beiträgen auf die weltweiten Bemühungen und Schwie- rigkeiten der Energiewende hinzuwei- sen. Für diese Beiträge sind wir besonders dankbar. Eine vierte Rubrik wurde der Blick in die Zukunft; hier wollten wir auf neue technologische Entwicklungen hinweisen. Als wir stolz ohne Ende die erste Druckfassung des K 18 in der Hand hielten, lagen unzählige Gespräche mit Autorinnen und Autoren, dem Grafiker und dem Drucker hinter uns, mehrere und Korrekturschleifen g E I l E z E I t | 12 3

124

KONFLIKTE ENERGIEWENDE IN DER NATURSCHUTZ IN dEr ENERGIEWENDE (feucht-) fröhliche Redaktionssitzun- gen. Klar, dass sich die ambitionierte Zeitplanung bald in Luft auflöste, und sich der Erscheinungstermin immer mal wieder verschob. Dankbar waren wir für jede ein- zelne Reaktion, die uns zu den einzel- nen Ausgaben erreichte. Es hat uns sehr gefreut, dass unsere Bemühun- gen um eine gute Einheit von quali- tätsvollem Inhalt und anspruchsvoller Gestaltung gewürdigt und anerkannt wurden. Das hat uns für manche Mühe und späten Feierabend ent- schädigt. Wenn wir diese erste Ausgabe K 18 heute in die Hand nehmen und die einzelnen Beiträge überfliegen, müs- sen wir uns ein klein wenig selbst auf die Schultern klopfen: Es ist eine wirk- lich gelungene Ausgabe geworden. Vom Zitat auf der 2. Umschlagseite bis zum Klappentext auf Umschlagseite 4 bemerkt man den Willen zur Präzision und die Liebe zum Detail. Pflichtlek- türe für alle neuen Kolleginnen und Kollegen des KNE bleibt der Beitrag des KNE-Direktors in dieser Ausgabe „Von der Idee zur Institution“, in dem er die Geschichte des KNE in 12 Weg- marken nachvollzieht. 12 4 | K 2 2

125

NATURSCHUTZ UND NATURSCHUTZ UND ENERGIEWENDE ENERGIEWENDE VORANBRINGEN VORANBRINGEN In der Ausgabe K 19, mit dem Schwerpunkt: Naturschutz in der Energiewende, freuten wir uns über einen gemeinsamen Beitrag der Präsi- denten von DNR, NABU und BUND. Er spiegelte unser Anliegen wider, Akteure zusammenzuführen und zu gemeinsamen Positionsfindungen zu ermutigen. Erstmals gab es auch den Abdruck eines fremdsprachigen Bei- trages aus Japan, natürlich mit beige- fügter Übersetzung. Der Titel des Bei- trages gefällt uns heute noch: Am Fuße des Leuchtturms ist es dunkel. NATURSCHUTZ NATURSCHUTZ UNDUND ENERGIEWENDE ENERGIEWENDE ININ BEWEGUNG BEWEGUNG K 20 – Energiewende vor Ort – wurde dann mit 274 Seiten unsere umfangreichste Ausgabe. In ihr verei- nigten wir großartige internationale Beiträge aus Schottland, China und Polen. Bei den Überschriften dieser Ausgabe ließen wir uns erstmals künstlerisch inspirieren und orientier- ten uns an (bekannten) Filmtiteln. Die Autorinnen und Autoren von unseren zu später Stunde unter Einnahme alkoholhaltiger Erfrischungsgetränke ersonnenen Titeln zu überzeugen, war kein leichtes Unterfangen und gelang nicht immer öfter. Ein Highlight der Ausgabe war die immer, aber g E I l E z E I t | 12 5

126

hielten sich nicht die Waage in einer Zeit, in der wir vor so großen epocha- len Herausforderungen stehen. Die Herausgabe und Redaktion eines Jahrbuchs ist eine ernste Sache. Man bedarf der Übersicht und starker Nerven, und wenn alle Stricke reißen, musste eben doch Humor aushelfen. Zum Glück war alles gleichermaßen reichlich vorhanden. Wir danken der Leserschaft, allen Autorinnen und Autoren, allen Beteiligten für kollegiales und erfolgreiches Zusammenwirken. Wir verabschieden uns mit den Worten André Gides: „Man entdeckt keine neuen Erteile, ohne den Mut zu haben, alte Küsten aus den Augen zu verlieren.“ Auf Wiedersehen. Die gewesene Redaktion der K-Reihe – Anke Ortmann und Torsten Raynal-Ehrke PS: Wenn in späteren Jahrhunderten diese Jahrbuchreihe einmal in den Hand genommen wird, wird man hoffentlich Gleiches über sie sagen, wie es Madam de Staël über die Lobrede des Ariost auf seine Stute zu berichten wusste: „Sie vereinigt alle denkbaren Tugenden in sich, aber sie hat doch einen Fehler – sie ist tot.“ Geschichte „Labyrinth der Leiden- schaften“ über die Konfliktbearbeitung in einem fiktiven Dorf, die vom Illustra- tor Felix Scholz in wundervolle Bilder übersetzt wurde. In K 21 war Naturschutz und Energiewende voranbringen unser Thema. Die Überschriften der Bei- träge entliehen wir diesmal der Belle- tristik. Dankbar sind wir dafür, dass wir in dieser Ausgabe die Schrift- fassung des großartigen Podcasts mit Staatssekretär Jochen Flasbarth vom Bundesumweltministerium „Und was machen Sie beruflich?“ veröffentlichen konnten und die damalige branden- burgische Umweltstaatssekretärin Silvia Bender (heute Staatssekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium) über die Bemühungen der Landes- regierung zum naturschutzgerechten Ausbau der erneuerbaren Energien berichtete. Die darin zum Ausdruck kommende Wertschätzung des KNE hat uns gutgetan. K 22 ist nun der Schlusspunkt: Naturschutz und Energiewende in Bewegung. Wieder schrieb der KNE- Direktor einen Beitrag „All die ganzen Jahre“, diesmal, um auf das stete Ringen um Beständigkeit und Wandel einzugehen. Der Wandel erfasst nun auch dieses Jahrbuch, von dem wir uns schweren Herzens, aber klugen Kopfes trennen. Aufwand und Nutzen 12 6 | K 2 2

129

BIS HIER UND NOCH WEITER (Seite 129) Adel Tawil ist ein deutscher Pop-Musiker, Songwriter und Produzent, der in der Berliner Siemensstadt aufwuchs, als Sohn eines Ägypters und einer Tunesierin. Bekannt wurde er vor allem als Teil der Band „Ich + Ich“ mit Annette Humpe. In „Bis hier und noch weiter“ heißt es: „Weißt du, woher ich komm? Weißt du, wohin ich geh? ... Immer weiter, doch mein Akku ist fast leer, yeah“. Die Jahrbuchreihe „K“ geht nun nicht mehr weiter, aber nicht, weil die Akkus der Redaktion fast leer wären, sondern weil neue Projekte auf uns warten, denen Steine aus dem Weg gerollt werden müssen: „Die Straßen hier sind steinig, ich weiß, wovon ich red‘ / Doch solang die Sterne scheinen, ist es noch nicht Zeit zu geh’n“. WER WENN NICHT WIR (Seite 8) Wincent Weiss schaffte es 2013 ‚nur‘ unter die 30 besten Teilnehmenden einer Castingshow, ist heute aber einer der erfolgreichsten deutschen Singer-Songwriter. In „Wer wenn nicht wir“ beleuchtet er das Spannungsfeld einer Beziehung: „Nehm ich es schwer, nimmst du es leicht“ und fragt: „Fangen wir an, zu begreifen / Dass die kleinen Dinge reichen?“ Dass wir unsere westliche Wirtschafts- und Lebensweise ändern müssen, lernen wir schmerzhaft: Weniger ist mehr! Wir müssen den Umbau von Wirtschaft und Energieversorgung ins Visier nehmen, am Ende aber auch uns und unser Leben ändern. Umweltministerin Steffi Lemke muss diese Veränderung politisch gestalten. In unserem Interview erläutert sie ihre Ziele. a l l E S N U r g E K l a U t | 12 9

130

ALL DIE GANZEN JAHRE (Seite 20) An diesem Song der 1982 gegründeten Düsseldorfer Musikgruppe Die Toten Hosen gefiel uns der melan- cholische Titel. Obwohl die Band noch immer aktiv und erfolgreich ist, geht es um Erinnerung und Verlust. „Versuch dich zu erinnern, / Wir haben soviel erlebt“ fordert der Songtext, und: „Wo ist der Funke, / Der uns verbunden hat?“ KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke hat sich diese Auf- forderung resp. Frage zu Herzen genommen, und die ersten 6 Jahre des KNE, den ersten Beauftragungszeitraum, Revue passieren lassen. Was hat sich bewährt am KNE, wo hat es sich geändert und angepasst? Eine Frage von philosophischer Tiefe war zu beantworten: Wie bleibt man beständig in einer Welt des steten Wandels? ALLES GEHT (Seite 38) Dieser Song ist aus dem Soundtrack des Kinofilms „Bibi & Tina“ und stammt von Fabian Buch, einem deutschen Popsänger und Schauspieler aus Rhein- land-Pfalz, der im Film in der Rolle des Holger Martin zu sehen ist. Die Teilnahme an einem alternativen Castingformat brachte ihm 2010 den Sieg. Im Lied wird thematisiert, dass die Zeit abläuft und immer schneller vergeht: „Fehlstart Neustart aus Zukunft wird jetzt Gegenwart“. KNE-Rechtsexpertin Dr. Silke Christiansen bezieht ihren Beitrag auf die Dramatik des gegenwärtigen Krisen- geschehens (Klimawandel, Biodiversitätsverlust) und geht der Frage nach, inwieweit wir bewährte Instrumente des Artenschutzes auch hinterfragen und weiterentwickeln – müssen. 13 0 | K 2 2

131

STEIFE BRIESE AUF DER WIESE (Seite 54) Zum wundervollen Reisebericht zu einem Besuch des KNE in Nordfriesland passte nach Auffassung der Redaktion dieser Titel von Volumentals aus dem Album „Groteske Wespe“ wie die Faust aufs Auge. Sehr interessiert und gespannt lehnten wir uns in unseren Redaktionsstühlen zurück, um die Lyrics des Songs zu analysieren. Doch ach, es handelt sich um ein Instrumental. Nun gut, kann man mit dem Text schon mal nichts falsch machen. Vom Titel mochten wir uns nicht mehr trennen, denn KNE-Autorin Tina Bär beschreibt kurzweilig und prägnant, welche Steife Briese durch die Energie- erzeugung Nordfrieslands weht und wie so manche Gewissheit durch den Lauf der Geschichte erschüttert wird. Ihr Fazit: „Von selbst geht nichts.“ ODER NICHT ODER DOCH (Seite 70) Die Elektropop-Musikgruppe MiA wurde 1997 als Schülerband gegründet, wobei der Bandname – wie unser Jahrbuch-Name „K“ – frei interpretierbar ist. Der Song steigt politisch korrekt ein: „So geht’s nicht weiter, dabei ist es doch grade schön“ und endet mit der ebenfalls nicht zu beanstandenden Feststellung „Das Für und Wider endet nicht / Spring ins kalte Wasser, trau mich nicht, trau mich doch / Komm lass uns weiter“. KNE-Expertin Dr. Julia Wiehe hat sich getraut und ist ins kalte Wasser der Statistik gesprungen, und der Frage nachgegangen, welchen Flächenbedarf die Freiflächen- Photovoltaik hat, und inwiefern Flächenangebot und heutige Anlagenleistungen korrelieren. Ein noch unterbelichtetes Thema. a l l E S N U r g E K l a U t | 13 1

132

HOW MUCH IS THE FISH? (Seite 84) Der einzige englischsprachige Popsong-Titel des Jahrbuchs stammt von der deutschen Techno-Band Scooter. Sie ist seit 1993 international erfolgreich und das mit einfachem Erfolgsrezept. Auch „Übrigens, wie viel kostet der Fisch?“ erhebt keinen höheren Anspruch, als Spaß zu verbreiten und endet daher folgerichtig mit: „Come on ... / Na na na na na“. Inwiefern Fischen der Spaß erhalten bleibt, wenn wir bei der Nutzung der Wasserkraft auf die technologische Weiterentwicklung des Schachtwasserkraftwerkes setzen, dieser Frage geht KNE-Geschäftsführer Michael Krieger nach, nachdem das KNE eine solche Anlage erst kürzlich besucht hatte. Fazit der Redaktion: „It’s the first page of the second chapter.“ NUR NOCH KURZ DIE WELT RETTEN (Seite 96) Mit diesem Song schaffte der Singer-Songwriter Tim Bendzko seinen Durchbruch. Er spielte in seiner Jugend in der B-Jugend des 1. FC Union und begann später ein Studium der evangelischen Theologie. Kein typischer Künstler-Werdegang. Der Song ironi- siert Weltrettungsrhetorik, stellt aber zurecht fest: „Ich muss jetzt los, sonst gibt‘s die große Katastrophe / Merkst du nicht, dass wir in Not sind?“ Professorin Barbara Brüning ist Expertin für die Didaktik der Philosophie. Mit dem KNE hat sie das Themenheft „Erneuerbare Energien im Diskurs“ erarbeitet. Ihr Beitrag beschäftigt sich damit, wie es gelingen kann, erstes Grundwissen zu den erneuerbaren Energien bereits in Kita und Grundschule zu vermitteln. 13 2 | K 2 2

133

BESSER GEHT’S NICHT (Seite 108) Dieser Song ist von der aus Mannheim stammenden Band Bakkushan, die Musik aus den Stilrichtungen Indie und Alternative Rock mit deutschsprachigen Texten verbindet. Im Song heißt es: „Gedanken schmelzen auf Asphalt. / Wir werden weise oder alt. / Ich geb‘ dir alles was ich hab.“ Definitiv weise sind die Autoren des Buchs „Deutschlands Moore. Ihr Schicksal in unserer Kulturlandschaft“ und sie haben alles gegeben: Michael Succow und Lebrecht Jeschke. KNE-Direktor Dr. Torsten Raynal-Ehrke hat das Buch angeschaut und sich einige Notizen gemacht. Das reich bebilderte Buch erläutert die Geschichte der deutschen Moore und beschreibt umfangreich jedes einzelne. Die K 22-Redaktion sagt: Besser geht’s nicht. GEILE ZEIT (Seite 120) Die Band Juli ist eine deutsche Pop-Rock-Band, die 2001 gegründet wurde. Mit „Geile Zeit“ gewann sie 2005 für ihr Heimatland Hessen den ersten Platz des Bundesvision Song Contests. Im Text heißt es: „Uns war kein Weg zu weit – du fehlst hier / Ja ich weiß es war ne geile Zeit / Hey es tut mir leid – es ist vorbei.“ Für unseren Abgesang auf die gemeinsame Redaktions- arbeit hatten wir uns zunächst für den klasse Rosenstolz- Song „Die Schlampen sind müde“ entschieden, um auch etwas auf den kräftezehrenden Aspekt der Jahrbucharbeit aufmerksam zu machen. Unsere gerade nutzlos um uns herumstehenden Kollegen überzeugten uns aber, dass das zu resignativ klinge. Und ja, es stimmt auch: Es war ne geile Zeit. a l l E S N U r g E K l a U t | 13 3

134

ALLES NUR GEKLAUT (Seite 128) „Alles nur geklaut“ ist von der Leipziger Musikgruppe Die Prinzen, die zu den erfolgreichsten deutschen Bands gehört. Einige Bandmitglieder waren zuvor Mitglieder des Leipziger Thomanerchors – das muss einen Erfolg im Popgeschäft also nicht verhindern. Der Titel schien uns passend zu unseren Erläuterungen der „Geheimnisse der Überschriften“, bei denen wir ja reichlich ‚zugelangt‘ hatten. Der Überschriften-Klau war das kreative Highlight jeder Jahrbucherstellung, da sie aus einem bestimmten Genre kommen mussten. In K 22 waren es deutsche Pop-Songs. Den Kampf mit den Verfassern, unsere ungewöhnlichen Überschriften zu akzeptieren, haben wir nicht immer gewonnen, aber mit viel Freude geführt. 13 4 | K 2 2

136

Literaturverzeichnis Alles geht » Arneth, A., Eisenhauer, N., Fischer, M., Hickler, T., Jacob, U., Kiessling, W., Popp, A., Pörtner, H.-O., Settele, J. (2021): Biodiversität und Klimawandel. Expert:innen von Weltklimarat (IPCC) und Weltbiodiversitätsrat (IPBES) legen in diesem Workshop-Bericht erstmals eine gemeinsame Analyse vor. Kurzfassung der wissenschaftlichen Ergebnisse. Stand 10. Juni 2021. UFZ – Heimholtz-Zentrum für Umweltforschung (Hrsg.). 20 S. Link zum Dokument https://www.ufz.de/export/data/2/254782_Workshop-Bericht_FINAL_1.pdf (letzter Zugriff: 23.06.2022). » BMU – Bundesministerium für Umwelt Naturschutz und Reaktorsicherheit, BfN – Bundesamt für Naturschutz (2020): Die Lage der Natur in Deutschland. Ergebnisse von EU-Vogelschutz- und FFH-Bericht. 62 S. Link zum Dokument: https://kontakt.bfn.de/fileadmin/BfN/natura2000/Dokumente/bericht_ lage_natur_2020.pdf?msclkid=d455d522d07711ecb8bc941281afb6ff (letzter Zugriff: 23.06.2022). » BMWK – Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (2022): Gemeinsame Pressemitteilung vom 15.06.2022: Bundeskabinett beschleunigt naturverträglichen Windkraft-Ausbau. Link zum Dokument: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2022/06/ 20220615-bundeskabinett-beschleunigt-naturvertraglichen-windkraft-ausbau-deutlich.html (letzter Zugriff: 23.06.2022). » Brunzel, S., Hill, B. T. (2022): Klimawandel und Natura 2000: zur nötigen Flexibilisierung der FFH-Richtlinie. Natur und Landschaft 97 (5). S. 252–258. » Burns et al. (2021): Abundance decline in the avifauna of the European Union reveals cross-continental similarities in biodiversity change. Ecology and Evolution. S. 16647–16660. Link zum Dokument: https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1002/ece3.8282 (letzter Zugriff: 23.06.2022). » Der Spiegel (2020): Mit Kanonen auf Spatzen. Von Stephan Reich, veröffentlicht am 16.03.2020. Link zum Dokument: https://www.spiegel.de/geschichte/mao-zedongs-grosser-sprung-chinas- krieg-gegen-spatzen-a-0ca18353-27d1-4fdb-82ae-bd34feba66de (letzter Zugriff: 23.06.2022). » Deutscher Bundestag (2022): Entwurf eines Vierten Gesetzes zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes Drucksache 20/2354 vom 21.06.2022. Link zum Dokument: https://dserver.bundestag.de/btd/20/023/2002354.pdf (letzter Zugriff: 23.06.2022). » Europäische Kommission (2008): Der EU-Aktionsplan zur Biodiversität „Eindämmung des Verlustes der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 – und darüber hinaus“. 27 S. Link zum Dokument: https://ec.europa.eu/environment/nature/info/pubs/docs/brochures/ bio_brochure_de.pdf (letzter Zugriff: 23.06.2022). » Europäische Kommission (2010): Aktionsplan der EU zur Biodiversität: Bewertung 2010. 35 S. Link zum Dokument: https://ec.europa.eu/environment/nature/info/pubs/docs/2010_bap_ de.pdf (letzter Zugriff: 23.06.2022). 13 6 | K 2 2

137

» Europäische Kommission (2011): Die Biodiversitätsstrategie der EU bis 2020. 28 S. Link zum Dokument: https://ec.europa.eu/environment/nature/info/pubs/docs/ brochures/2020%20Biod%20brochure_de.pdf (letzter Zugriff: 23.06.2022). » IPBES – Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services, Deutsche Koordinierungsstelle (2020): Neue EU-Biodiversitätsstrategie für 2030. Link zum Dokument: https://www.de-ipbes.de/de/Neue-EU-Biodiversitatsstrategie- fur-2030-2036.html (letzter Zugriff: 23.06.2022). » IPBES – Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (2019): Summary for policymakers of the global assessment report on biodiversity and ecosystem services of the Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services – ADVANCE UNEDITED VERSION – 6 May 2019. 39 S. Link zum Dokument: https://ec.europa.eu/environment/nature/pdf/Summary%20for%20 Policymakers%20IPBES%20Global%20Assessment.pdf (letzter Zugriff: 23.06.2022). » Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina (2021): Klimawandel: Ursachen, Folgen und Handlungsmöglichkeiten. Halle (Saale). 31 S. Link zum Dokument: https://www.leopoldina.org/uploads/tx_leopublication/2021_Factsheet_ Klimawandel_web_01.pdf (letzter Zugriff: 23.06.2022). » National Geographic (2021): Roboter-Bienen: Kann Technik die Arbeit von Insekten ersetzen? von Julia Kainz, veröffentlicht am 31. August 202. Link zum Dokument: https://www.nationalgeographic.de/wissenschaft/2021/08/roboter- bienen-kann-technik-die-arbeit-von-insekten-ersetzen (letzter Zugriff: 23.06.2022). » Phoenix (2022): Bundespressekonferenz: Habeck, Lemke und Geywitz zu Gesetzentwürfen Windkraft und Naturschutz. Live übertragen am 15.06.2022. Link zum Video: https://www.youtube.com/watch?v=f6NSIZ30REo (letzter Zugriff: 23.06.2022). » Reuters (2022): Global biodiversity deal to halt nature loss stalls in Nairobi. Von Duncan Miriri and gloria Dickie, veröffentlicht am 26.06.2022. Link zum Dokument: https://www.reuters.com/business/environment/global-biodiversity-deal- halt-nature-loss-stalls-nairobi-2022-06-26/ (letzter Zugriff: 23.06.2022). » SCBD – Secretariat of the Convention on Biological Diversity, (2007): Global Biodiversity Outlook 1. 282 S. Link zum Dokument: https://www.cbd.int/gbo1/gbo-pdf.shtml (letzter Zugriff: 23.06.2022). » SCBD – Secretariat of the Convention on Biological Diversity, (2022): Notification, Venue and Date for Part Two of the Fifteenth meeting of the Conference of the Parties, the Tenth meeting of the Parties to the Cartagena Protocol and the Fourth meeting of the Parties to the Nagoya Protocol. Link zum Dokument: https://www.cbd.int/doc/notifications/2022/ntf-2022-041-cop15-en.pdf (letzter Zugriff: 23.06.2022). » UFZ – Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (2022): Pressemitteilung vom 26.04.2022: Arten schützen fürs Weltklima: Wie das Klima vom Erhalt der biologischen Vielfalt profitieren kann. Link zum Dokument: https://idw-online.de/de/news792364 (letzter Zugriff: 23.06.2022). a N h a N g | 13 7

138

» UNEP – United Nations Environment Programme (2022): UN Biodiversity Conference (COP 15). Link zum Dokument: https://www.unep.org/un-biodiversity-conference-cop-15. (letzter Zugriff: 23.06.2022). Oder nicht oder doch » Agora Energiewende (2021): Photovoltaik- und Windflächenrechner. Link zum Dokument https://www.agora-energiewende.de/service/pv-und-windflaechenrechner » Badelt, O., Niepelt, R., Wiehe, J., Matthies, S., Gewohn, T., Stratmann, M., Brendel, R., Haaren, C. Von (2020): Integration von Solarenergie in die niedersächsische Energielandschaft (INSIDE). Niedersächsisches Ministerium für Umwelt, Energie, Bauen und Klimaschutz, Hannover. 129 S. Link zum Dokument https://www.umwelt.niedersachsen.de/startseite/aktuelles/publikationen/ klimaschutz_amp_energie/publikationen-klimaschutz-und-energie-8854.html (letzter Zugriff: 21.04.2021). » BMEL – Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2022): Ökologischer Landbau. Link zum Dokument https://www.bmel.de/DE/themen/landwirtschaft/oekologischer-landbau/ oekologischer-landbau_node.html » BMUV – Bundesministerium für Umwelt Naturschutz nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (2022): Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK). Eckpunktepapier. 8 S. Link zum Dokument https://www.bmuv.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/ aktionsprogramm_natuerlicher_klimaschutz_bf.pdf (letzter Zugriff: 05.05.2022). » BMWK – Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, BMUV – Bundesministerium für Umwelt Naturschutz nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, BMEL – Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2022): Eckpunktepapier – Ausbau der Photovoltaik auf Freiflächen im Einklang mit landwirtschaftlicher Nutzung und Naturschutz. 10. Februar 2022. 2 S. Link zum Dokument https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/E/eckpunktepapier- ausbau-photovoltaik-freiflaechenanlagen.pdf?__blob=publicationFile&v=12 (letzter Zugriff: 16.05.2022). » Bundesnetzagentur (2019): EEG in Zahlen 2019. S. 1–83. Link zum Dokument https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/ Sachgebiete/Energie/Unternehmen_Institutionen/ErneuerbareEnergien/ ZahlenDatenInformationen/EEGinZahlen_2019_BF.pdf?__blob=publicationFile&v=3 » Deutscher Bundestag (2022): Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Stephan Protschka, Uwe Schulz, Peter Felser, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD – Drucksache 20/1120 –. Drucksache 20/1463. » Energieagentur Brandenburg (2022): Solaratlas Brandenburg. Link zum Dokument solaratlas-brandenburg.de 13 8 | K 2 2

139

» Fraunhofer ISE (2022): Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland. Fassung vom 01.05.2022. 49 (0). S. 1–51. Link zum Dokument https://www.ise.fraunhofer.de/de/veroeffentlichungen/ veroeffentlichungen-pdf-dateien/studien-und-konzeptpapiere/aktuelle-fakten-zur-photovoltaik- in-deutschland.pdf » Herden, C., Gharadjedaghi, B., Rassmus, J. (2009): Naturschutzfachliche Bewertungsmethoden von Freilandphotovoltaikanlagen. Endbericht. BfN-Skripten 247. BfN – Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.). Bonn. 195 S. Link zum Dokument https://gfn-umwelt.de/fileadmin/user_upload/publikationen/skript247.pdf (letzter Zugriff: 23.11.2021). » LfU Bayern − Bayerisches Landesamt für Umwelt (2014): Praxis-Leitfaden für die ökologische Gestaltung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen. München. 67 S. Link zum Dokument https://www.bestellen.bayern.de/application/eshop_ app000003?SID=1968292627&ACTIONxSESSxSHOWPIC(BILDxKEY:%27lfu_ nat_00209%27,BILDxCLASS:%27Artikel%27,BILDxTYPE:%27PDF%27) (letzter Zugriff: 03.06.2020). » LUBW − Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (2022): Energieatlas Baden Württemberg Potenzialanalyse. Potenzialanalyse Freiflächenanlagen. Link zum Dokument https://www.energieatlas-bw.de/sonne/freiflachen/potenzialanalyse » NABU – Naturschutzbund Deutschland (2022): Solarparks naturverträglich ausbauen. Anforderungen des NABU an naturverträgliche Phototovoltaik- Freiflächenanlagen. Position. Solarparks 2022. 14 S. » Neuendorf, F., Thiele, J., Albert, C., von Haaren, C. (2021): Uncertainties in land use data may have substantial effects on environmental planning recommendations: A plea for careful consideration. PLoS ONE 16 (11 November). S. 1–16. Link zum Dokument http://dx.doi.org/10.1371/journal.pone.0260302 » Prognos, Öko-Institut, Wuppertal-Institut (2021): Klimaneutrales Deutschland 2045 – Langfassung. Wie Deutschland seine Klimaziele schon vor 2050 erreichen kann. Link zum Dokument https://static.agora-energiewende.de/fileadmin/Projekte/2021/2021_04_ KNDE45/A-EW_231_KNDE2045_Langfassung_DE_WEB.pdf » UM BW − Ministerium für Umwelt Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg (2019): Freiflächensolaranlagen. Handlungsleitfaden. Stuttgart. 80 S. Link zum Dokument https://www.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-um/intern/ Dateien/Dokumente/2_Presse_und_Service/Publikationen/Energie/Handlungsleitfaden_ Freiflaechensolaranlagen.pdf (letzter Zugriff: 03.06.2020). » BMWSK (2022): Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung und Beschleunigung des Ausbaus von Windenergieanlagen an Land (Wind-an-Land-Gesetz – WaLG). Formulierungshilfe - Wind an Land Gesetz - Fassung der Länder- und Verbändeanhörung. Link zum Dokument https://www.bmwsb.bund.de/SharedDocs/gesetzgebungsverfahren/Webs/ BMWSB/DE/Downloads/kabinettsfassung/walg-verbaendeanhoerung.html (letzter Zugriff: 10.06.2022). a N h a N g | 13 9

140

» ML Niedersachsen – Niedersächsisches Ministerium für Ernährung Landwirtschaft und Verbraucherschutz (2022): Begründung der Verordnung zur Änderung der Verordnung über das Landes-Raumordnungsprogramm Niedersachsen (LROP-VO). Entwurf (Stand April 2022). Link zum Dokument https://www.ml.niedersachsen.de/download/183622/Begruendung_ Teile_A-J.pdf Nur noch kurz die Welt retten » Callenbach, E. (1996): Ecotopia. Stuttgart. » Capelle, W. (1968): Die Vorsokratiker. Stuttgart. » Michelsen, Gerd (2006): Bildung für eine nachhaltige Entwicklung. Meilensteine auf einem langen Weg. In: Tiemeyer, Ernst/ Wilbers, Karl (Hrsg.): Berufliche Bildung für nachhaltiges Wirtschaften. Konzepte, Curricula, Methoden, Beispiele. Bielefeld 2006, S. 17–32. » Michelsen, G., Fischer, D.: Bildung für nachhaltige Entwicklung. In: Ott, Konrad u. a. (Hrsg.) (2016): Handbuch Umweltethik. Stuttgart. » UNESCO (2013): Proposal for a Global Action Programme on Education for Sustainable Development. Paris. » Haus der kleinen Forscher 2022 (Information von Sigrid Stobbe, Referentin für Fortbildung): https://www.haus-der-kleinen-forscher.de/de/ueberuns/projekte/ bildung-fuer-nachhaltige-entwicklung » Wimmel-App: https://www.haus-der-kleinen-forscher.de/de/ueberuns/neuigkeiten/ energiebildung-digital-und-spielerisch » Lehrplan Sachunterricht für Nordrhein-Westfalen: https://www.schulentwicklung.nrw.de/lehrplaene/upload/klp_PS/ps_lp_sammel- band_2021_08_02.pdf Empfehlung der Autorin: » Brüning, B., Nachtsheim, D. (2021): Klima. Krise. Kinder. Philosophieren über Nachhaltigkeit und Fridays for Future. Weinheim: Beltz Verlag (mit einem Grußwort des KNE). » Brüning, B. (2021): Klima + Ethik. Ethische und religiöse Grundfragen kontrovers und schüler- zentriert. Berlin: Cornelsen Verlag. » Brüning, B., Brüning, B., Krieger, M. (2022) unter Mitarbeit des KNE: Erneuerbare Energien im Diskurs – mit Projektideen für eine klimaneutrale Schule. Berlin: Cornelsen Verlag (August 2022). 14 0 | K 2 2

141

Kontakte zu den Autorinnen und Autoren Dr. Johannes Merck Dr. Julia Wiehe » Vorstand Umweltstiftung Michael Otto Glockengießerwall 26, 20095 Hamburg » info@umweltstiftungmichaelotto.org » Referentin Solarenergie Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende Cuvry Campus, Cuvrystraße 53, Haus F, 10997 Berlin » julia.wiehe@ naturschutz-energiewende.de Dr. Torsten Raynal-Ehrke » Direktor Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende Cuvry Campus, Cuvrystraße 53, Haus F, 10997 Berlin Michael Krieger » Geschäftsführer Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende Cuvry Campus, Cuvrystraße 53, Haus F, 10997 Berlin » torsten.ehrke@ naturschutz-energiewende.de » michael.krieger@ naturschutz-energiewende.de Dr. Silke Christiansen » Leiterin Recht Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende Cuvry Campus, Cuvrystraße 53, Haus F, 10997 Berlin » silke.christiansen@ naturschutz-energiewende.de Tina Bär » Dialoggestalterin Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende Cuvry Campus, Cuvrystraße 53, Haus F, 10997 Berlin » tina.baer@ naturschutz-energiewende.de Prof. Dr. Barbara Brüning » Erziehungswissenschaftlerin Hamburg » barbara@Bruening-Hamburg.de Gelistet nach der Reihenfolge der Artikel in K 22 a N h a N g | 141

142

Bildnachweise Fotos stock.adobe.com: Vera Kuttelvaserova (Umschlag, S. 47), alstanova@gmail.com (S. 8, 11, 12, 15, 18), Olga Rai (S. 17), Corri Seizinger (S. 20, 30), blackdiamond67 (S. 38), irazzers (S. 41), Uryadnikov Sergey (S. 44), Dar1930 (S. 51), ii-graphics (S. 57), Kampan (S. 70), Michael v Aichberger (S. 72), fottoo (S. 89), Andy Ilmberger (S. 93), Radoman Durkovic (S. 128–135) Weitere Fotos: Umweltstiftung Michael Otto (S.3), KNE gGmbH (S. 22–24, 26–27, 29–30, 31 (Nr. 2–6, 8–9), 33, 34, 35, 36, 37, 53, 95, 119, 127), Daniel Pfeffer (S. 29), Tanja M. Marotzke (S. 30 (Nr. 1, 7)), Anke Ortmann (S. 54–55, 59, 60–61, 84–85, 92–93), Tina Bär (S. 62), Holger Ohlenburg (S. 65), Tino Herrmann (S. 77–78, 120–121), Julia Wiehe (S. 83), istockphoto.com (S. 96, 99, 101–104), Barbara Brüning (S. 107), Jürgen Reich (S. 108–109, 116–117), Michael Succow (S. 111), Hans-Dieter Knapp (S. 112), Nina Seifert/Michael Succow (S. 114–115), Verlag Natur und Text (S. 118), Rudolf Pohmann (S. 118), Steffen Lang (S. 123) 14 2 | K 2 2

143

Impressum Publikation Jahrbuch für naturverträgliche Energiewende, 2022 K 22 – Naturschutz und Energiewende in Bewegung ISSN 2570-0723 Redaktionsschluss 30.04.2022. Herausgeber Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende KNE gGmbH KNE, c/o Scaling Spaces, Cuvrystr. 53, Haus F, 10997 Berlin +49 30 7673738–0 info@naturschutz-energiewende.de www.naturschutz-energiewende.de Abonnieren Sie unseren Newsletter. Abonnieren Sie unseren YouTube-Kanal. Folgen Sie uns auf Twitter @KNE_tweet. Folgen Sie uns auf LinkedIn. V. i. S. d. P.: Dr. Torsten Raynal-Ehrke. Redaktion: Anke Ortmann, Dr. Torsten Raynal-Ehrke. Inhalt Für den Inhalt der einzelnen Artikel sind die jeweils benannten Autorinnen und Autoren verantwortlich. Die Inhalte der Artikel spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider. Alle hier dargelegten Informationen dienen lediglich Informationszwecken sowie Zwecken der Meinungsbildung. Eine Rechtsberatung findet nicht statt. Die Redaktion übernimmt keine Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Die Urheberrechte verbleiben bei den Autorinnen und Autoren. Links und Quellen Trotz einer sorgfältigen inhaltlichen Kontrolle übernehmen die Autorinnen und Autoren ebenso wie die KNE gGmbh keine Haftung für die Inhalte externer Links. Für den Inhalt der verlinkten Seiten sind ausschließlich deren Betreiber verantwortlich. Vorgehen bei Rechtsverstößen Wir bemühen uns, etwaige Beanstandungen ohne rechtliche Auseinandersetzung zu lösen. Wir bitten deshalb darum, im Fall von Konflikten und Missverständnissen zuerst die angebotenen Kontaktmöglichkeiten zu nutzen. Gestaltung www.corporate-new.de Druck 1. Auflage, August 2022 Buch- und Offsetdruckerei H. Heenemann GmbH & Co. KG, Berlin a N h a N g | 14 3

146

Für die Energieversorgung und die Energiesouveränität hat in Deutsch- land eine Zeitenwende begonnen. Der Druck, die erneuerbaren Energien massiv auszubauen, hat sich nochmals erhöht. Alle Akteure sind in neuer Weise herausgefordert. Die Naturverträglichkeit darf dabei nicht auf der Strecke bleiben. Die Welt ist in Bewegung, das KNE mit ihr. Dieses Buch berichtet aus der vielfältigen Arbeit des KNE und greift neue Themen und Ansätze der naturverträglichen Energiewende auf. Unser Horizont: Das Gelingen der sich vollziehenden gesellschaftlichen Transformation zur Lösung der Klima- und der Biodiversitätskrise. I S S N 2 5 7 0 - 0 7 2 3

Cover

Editorial

Inhalt

Inhalt

Wer wenn nicht wir

All die ganzen Jahre

Alles geht

Steife Briese auf der Wiese

Oder doch oder nicht

How much is the fish

Nur noch kurz die Welt retten

Besser geht's nicht

Geile Zeit

Alles nur geklaut

Anhang