KNE Jahrbuch für naturverträgliche Energiewende 2021

Cover
Editorial
Inhalt
Inhalt
Zusammen sind wir Helden
Und was machen Sie beruflich?
Der Sonne nach
Oben ist auch nur unten, aber halt von oben
Fledermausland
Der Anfang einer Zukunft
Unwiederbringlich
Was man von hier aus sehen kann
Weit weg und ganz nah
Im Anfang war der Wasserstoff
Einen Blick werfen
Literaturverzeichnis
Impressum

Liebe Lesende des vierten KNE-Jahrbuchs, die Zeiten wandeln sich, unsere Sprache verändert sich. Gewissheiten geraten ins Wanken, scheinbar Selbstver- ständliches wird hinterfragt und gelegentlich vom Sockel gestoßen. Eines aber ist unerschütterliche Wahrheit: Das KNE wurde am 1. Juli 2016 gegründet und feiert somit in diesem Jahr sein fünfjähriges Bestehen. Geschäftsfüh- rung und Team des KNE danken auch an dieser Stelle allen Freundinnen und Freunden des KNE für Unterstüt- zung, Rat, Zuspruch und natürlich – Inanspruchnahme. 2020/2021 hielt für uns alle Herausforderungen parat, von denen wir in den Jahren zuvor nicht zu träumen gewagt haben. Obwohl das Entstehen einer solchen Pandemie uns nicht wirklich überrascht haben kann. Das KNE konnte seine Arbeit für die naturverträgliche Energiewende trotzdem vollumfänglich fortsetzen, davon zeugt auch wieder unser Jahrbuch K 21. Die Spuren des Klimawandels werden immer deutlicher lesbar. Die Energie- wende braucht einen enormen Schub. Die Schnittstellen von Klimakrise und Bio- diversitätskrise müssen bearbeitet werden. Es braucht Lösungen, die beide Krisen überwinden. Daher der Anspruch des KNE: Naturschutz und erneuerbare Energien voranbringen! – der auch dieser Jahrbuchausgabe den Titel geliehen hat. In unserer diesjährigen Ausgabe finden Sie direkt aus dem KNE einen großartigen Überblick von Natalie Arnold über die naturschutzfachlichen Aspekte der verschie- denen Photovoltaik-Anwendungen, und unsere Juristin Dr. Silke Christiansen konfrontiert sich und uns mit dem Konflikt zwischen Klimaschutz und Artenschutz in Genehmigungsverfahren, eine Problematik, die uns noch lange begleiten wird. E d I t o r I a l | 3

T E I L E N S I E U N S I H R E A N R E G U N G E N M I T: P R E S S E @ N AT U R S C H U T Z - E N E RG I E W E N D E . D E Gleich zu Beginn des Jahrbuchs finden Sie einen kritischen Blick auf die euro päische Dimension der naturverträglichen Energiewende, die meines Erachtens mehr Beachtung finden muss. In der Rubrik „Fragen der Zeit“ gewährt die Brandenburger Umwelt-Staatssekre- tärin Silvia Bender einen Einblick in die politische Praxis Brandenburgs, Klimapolitik, Energiewende und Artenschutz zu verbinden. Unbedingt lesen sollten Sie den engagierten Beitrag von Markus Melber und Dr. Volker Runkel über den Fledermausschutz in der Energiewende, der von viel Liebe zum Fledertier zeugt, aber auch vom Wissen, dass die Energiewende gelingen kann und muss. Dr. Peter Sittig-Behm hat für uns das aktuelle und – wenn man das so sagen darf – immer noch aktueller werdende Thema Repowering aufgearbeitet. Es wird uns erhalten bleiben. Prof. Dr. Dr. Olaf Kühne und Dr. Corinna Jenal von der Univer- sität Tübingen machen uns mit dem dreifachen Landschaftswandel durch die Erzeugung regenerativer Energien bekannt. Das Thema Landschaft findet sich übri- gens auch in unserem Podcast-Angebot wieder. Besonders empfehlen aus dem Reigen empfehlenswerter Beiträge möchte ich den Artikel eines Autorenkollektivs vom Forschungszentrum Jülich – vier Autoren und eine Autorin –, die die Wasserstoffnutzung hinsichtlich ihrer regionalen, natio- nalen und globalen Wirkungen betrachten. Hier sollten wir in der Tat unseren Blick frühzeitig schärfen für die Ambivalenzen dieser Nutzungsart. Da uns der Blick über den Tellerrand der deutschen Energiewende hinaus wich- tig bleibt – trotz der Pandemiebeschränkungen –, gibt der KNE-Geschäftsführer Michael Krieger einige Einblicke in die Energiewende in Indien. Zuletzt: Das KNE ist, wie bereits erwähnt – und wie zahlreiche andere Akteure auch – unter die „Podcaster“ gegangen. Einer unserer ersten Gäste im „Naturschutz 4 | K 21

und Energiewende – Der KNE-Podcast“ war der Staatssekretär im Bundesumwelt- ministerium Jochen Flasbarth. Für die wenigen, die diese Podcast-Ausgabe noch nicht gehört haben bzw. für die, die sich noch einmal einen Eindruck von dem Gespräch verschaffen wollen, empfehle ich die liebevolle Zusammenstellung meiner Kollegin Anke Ortmann. Für das kommende Jahr, in dem unsere erste Beauftragung durch das Bundes- umweltministerium endet, wird es die fünfte Ausgabe unseres „Jahrbuchs für natur- verträgliche Energiewende“ geben. Wir werden ein Resümee unserer Arbeit ziehen, und können hoffentlich schon etwas einfangen von den energie und naturschutz- politischen Veränderungen, die von der Bundestagswahl im September 2021 aus- gehen werden. Ihr Dr. Torsten Raynal-Ehrke KNE-Direktor * Die Auflösung unserer ebenso seltenen wie schönen Überschriften von K 21 finden Sie in bewährter Weise im Anhang – auf Seite 142. E d I t o r I a l | 5

Inhalt D E B A T T E N B E I T R A G A U S D E M K N E F R A G E N D E R Z E I T 66 Fledermausland Warum das Spannungsfeld zwischen Fledermausschutz und Energiewende überwunden werden kann Markus Melber und Dr. Volker Runkel, Bundes verband für Fledermauskunde 76 Der Anfang einer Zukunft Welche Chancen Repowering für einen naturverträglichen Windenergieausbau bietet Dr. Peter Sittig-Behm und Julia Hilkenbach, prometheus Rechtsanwalts- gesellschaft 24 Und was machen Sie beruflich? Zum Podcast mit Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium Anke Ortmann, KNE 34 Der Sonne nach Wie sich die Photovoltaik auf Natur und Landschaft auswirkt Natalie Arnold, KNE 50 Oben ist auch nur unten, aber halt von oben Klima- und Artenschutz in der Planungs- und Genehmigungspraxis für Windenergieanlagen Dr. Silke Marie Christiansen, KNE 8 Zusammen sind wir Helden Warum wir eine konkrete EU-Strategie für die natur- verträgliche Energie- wende brauchen Verena Bax und Dr. Raphael Weyland, NABU 6 | K 21

90 Unwiederbringlich Warum Brandenburg den naturschutzgerechten Ausbau der erneuerbaren Energien ambitioniert fortsetzen wird Silvia Bender, Staatssekretärin im Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz Brandenburg 102 Was man von hier aus sehen kann Der dreifache Landschafts- wandel und die Erzeugung regenerativer Energien Prof. Dr. Dr. Olaf Kühne und Dr. Corinna Jenal, Eberhard Karls Universität Tübingen I N T E R N A T I O N A L E S A U S D E R K 2 1 - R E D A K T I O N 112 Weit weg und ganz nah Impressionen zur Energiewende in Indien Michael Krieger, KNE 142 Einen Blick werfen Die Geheimnisse der Überschriften aus dem diesjährigen Jahrbuch B L I C K I N D I E Z U K U N F T A N H A N G 150 Literaturverzeichnis Kontakt zu den Autorinnen und Autoren Bildnachweise Impressum 126 Im Anfang war der Wasserstoff Eine globale, nationale und regionale Betrachtung zur Wasserstoffnutzung Dr.-Ing. Martin Robinius, Dr.-Ing. Heidi Heinrichs, Dr.-Ing. Jochen Linßen, Dr.-Ing. Peter Markewitz, Prof. Dr.-Ing. Detlef Stolten, Forschungszentrum Jülich GmbH I N h a lt | 7

Trotz kleiner Erfolge liegen große Anstrengungen zur Transformation der Energiesysteme in Europa noch vor uns. Daten und Studien aus ganz Europa weisen darauf hin, dass Naturschutzbelange in der Europäischen Union (EU) nicht ausreichend berücksichtigt werden. Negative Belastungen entstehen besonders durch die Nutzung von Wäldern für Biomasse, durch Wasserkraftanlagen, Windenergie und die Übertragung von Strom. Den Grundstein für eine naturverträgliche Energiewende legen Rechtsakte mit Fokus auf den Naturschutz und auf die Energiewende. Den EU-Akteuren wird dringend empfohlen, eine konkrete Strategie zur naturverträglichen Energiewende zu entwickeln und umzusetzen. Die Corona-Pandemie hat (temporär) einen niedrigeren Gesamt- energiebedarf, niedrigere CO2-Emissionen, fallende Ölpreise und in vielen Mitgliedsstaaten einen steigenden Anteil von erneuerbaren Energien im Strommix zur Folge (Mofijur et al. 2020). Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine gesteuerte Transformation der europäischen Energiesys- teme notwendig ist, um effektiv und langfristig Treibhausgase zu mindern. Ob es eine strategische naturverträgliche Energie- wende in der Europäischen Union gibt, soll in diesem Artikel untersucht werden. Die Integration von 100 Prozent erneuerbaren Energien ist unabdingbar Lange Zeit hatte die EU im Vergleich zu anderen Regionen eine Vorreiterrolle auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien inne (Europäische Kommission 2020c). In einigen Mitgliedsstaaten wie Dänemark gab es eine hohe Dynamik des Ausbaus. Däne- mark nahm 1991 beispielsweise den ersten OffshoreWindpark der Welt in Betrieb und deckte im Jahr 2012 bereits 30 Prozent seines Strombedarfs aus Windenergie. Bei der Ausbaudynamik in der EU wurde versäumt, frühzeitige und adäquate Instru- 10 | K 21

mente bereitzustellen, die zu einer Minderung und Vermeidung negativer Wirkungen auf die Natur führen. Um die Biodiversitäts- und Klimakrise gemeinsam zu bekämpfen, muss die Energie- wende zwingend naturverträglich ausgestaltet sein. Bei der europaweiten Energiewende dürfen kleine Erfolge gefeiert werden. Laut dem Statistischen Amt der EU hat sich der Anteil an erneuerbaren Energien am Bruttoendenergiever- brauch der EU zwischen 2004 bis 2018 auf 18,9 Prozent nahezu verdoppelt (Eurostat 2020c). Die fünf EU-Länder mit dem höchs- ten Anteil erneuerbarer Energien sind im Jahr 2018 Schweden, Finnland, Lettland, Däne- mark und Österreich. In der Stromerzeugung der EU sind erneuerbare Energien derzeit die meistgenutzte Energiequelle, wobei nicht- naturverträgliche Wasserkraft mit 370 Terra- wattstunden den Löwenanteil ausmacht (Europäische Kommission 2020d). Im Jahr 2019 überstieg der Anteil von Wind- und Solarenergie erstmals den Anteil von Kohle, und machte 18 Prozent der EU-Stromerzeu- gung aus (Agora Energiewende, Sandbag 2020). Die notwendige Transformation und die Integration von naturverträglichen erneuerbaren Energien ist hingegen besonders im Transportsektor ungenügend – erneuerbare Energien machen im Jahr 2018 bloß einen Anteil von acht Prozent in diesem Sektor aus (Eurostat 2020b), und zudem sind dies zumeist nichtnachhaltige Biokraftstoffe. In der Stromerzeugung der EU sind erneuerbare Energien derzeit die meistgenutzte Energiequelle. Für die bessere Integration von erneuerbaren Energien in den EU-Energie- und Strommix müssen kluge Entscheidungen für mehr Elektrifizierung, Flexibilität und Dezentralisierung getroffen werden. Stromnetze müssen naturverträglich ausge- baut werden, um wetterabhängige Energieträger wie Wind und Sonne besser zu integrieren. Speichertechnologien müssen besser erforscht werden und Anwendung finden. Haushalte und Industrie können durch aktive Steuerung ihres Stromverbrauchs Z u S a m m E N S I N d w I r h E l d E N | 11

dazu beitragen, die Stromnetze zu stabilisieren. Je näher der Strom beim Verbraucher erzeugt wird (z. B. Solarstrom vom eigenen Dach), desto weniger Strom muss transportiert werden. Der Druck zum Ausbau von Stromleitungen kann damit sinken. Der große Brocken der Energiewende liegt noch vor uns Die EU hat sich verbindliche Ausbauziele sowohl für erneuer- bare Energien als auch für Klimaschutz gesetzt: In ihrem „Bericht zur Lage der Energieunion 2020“ im Oktober 2020 sieht sich die EU insgesamt auf einem guten Weg, ihre Treibhausgas- emissionen zu senken. Die anvisierten 20 Prozent erneuerbarer Energien am Endverbrauch werden im Jahr 2020 leicht übertrof- fen mit zwischen 22,8 und 23,1 Prozent (Europäische Kommis- sion 2020e). Auf der Ebene der Mitgliedstaaten ist die Entwick- lung allerdings sehr ungleichmäßig. Frankreich, die Niederlande, Portugal, Irland und Polen riskieren, ihre Ziele für erneuerbare Energien zu verfehlen. Um effektiv und schnell Emissionen zu senken, ist es zwin- gend notwendig, auch durch Verhaltensänderungen auf der Ver- braucherseite (Suffizienz) strategisch voranzutreiben. Langfristig muss es zudem darum gehen, eine hundertprozentige Integration von erneuerbaren Energien in das Energiesystem zu erreichen. tatsächliche Energieeinsparungen Trotz kleiner Erfolge liegen die größten Anstrengungen zur Transformation der Energiesysteme noch vor uns. Die Energie- erzeugung in der EU wird im Jahr 2018 nur zu 34,3 Prozent aus erneuerbaren Energien bestritten (siehe Abbildung 1), Kohle, Erdgas und Atomenergie spielen eine zu große Rolle. Eine erfolgreiche Energiewende in Europa bedeutet nicht weniger als den vollständigen Kohle-, Erdgas-, Erdöl- und Atomausstieg. Fossile Energieträger machen weiterhin den Großteil der Treib- hausgasemissionen in der Europäischen Union aus (EEA 2020a). Öl, fossiles Gas und Kohle werden weiterhin in Massen impor- 12 | K 21

tiert und übersteigen bei weitem die heimische Energiegewin- nung der EU. Zwar planen bereits eine Reihe von Mitgliedstaa- ten ihren nationalen Kohleausstieg, doch kommen diese – wenn überhaupt – meist viel zu spät, um die Emissionen auf ein Niveau zu drücken, das mit dem Pariser Klimaabkommen kom- patibel wäre. Außerdem muss sichergestellt werden, dass fossi- les Gas nicht als sogenannte Brückentechnologie genutzt wird, und Gasbedarfe nicht überschätzt werden; dies gilt auch für Wasserstoff, der auf fossilen Energieträgern basiert. Naturschutz und Naturschutzrecht in der Europäischen Union Die weltweite Biodiversitätskrise macht keinen Halt vor der Europäischen Union. Die Wissenschaft zeigt auch für die EU, dass die Biodiversitätskrise die gleichen existenziellen Auswir- kungen für uns Menschen haben kann wie die menschengemachte Klimakrise (IPBES 2019). Der jüngste Naturzustandsbericht der EU stellt unter anderem fest, dass sich der Zustand der Natur in Europa weiter ernsthaft verschlechtert. Als Haupttreiber werden die nicht-nachhaltige Land- und Forstwirtschaft, die Urbanisierung und die Umweltver- schmutzung genannt. Die meisten geschütz- ten Arten und Habitate befinden sich in einem schlechten Zustand, viele von ihnen mit weiterhin negativem Trend. So sind bei- spielsweise nur 15 Prozent der untersuchten Lebensräume in einem günstigen Erhaltungszustand, bei den Vogelarten hat der Anteil von Vögeln mit ungünstigem oder schlechtem Zustand um sieben Prozent auf insgesamt 39 Pro- zent zugenommen (EEA 2020b). Der Zustand der Natur in Europa hat sich weiter ernsthaft verschlechtert. Schon früh hatte die Politik erkannt, dass Naturschutz grenz- überschreitende Lösungen verlangt. Die EU-Vogelschutzrichtlinie 14 | K 21

soll – unter anderem durch die Regulierung der Jagd – dafür sor- gen, dass alle wild lebenden Vogelarten der EU einen günstigen Erhaltungszustand erreichen (Eur-Lex 2010). Die sogenannte Fauna-Flora-Habitat- (FFH-) Richtlinie soll die natürlichen Lebens- räume erhalten und die wild lebenden Tiere und Pflanzen schüt- zen (Eur-Lex 1992). Hierzu stützt man sich vor allem auf zwei große Säulen: Zum einen wird ein System des strengen Arten- schutzes errichtet, welches das Töten oder Stören von besonders geschützten Arten verbietet; zum anderen wird unter dem Begriff „Natura 2000“ ein kohärentes europäisches Schutzgebietsnetz geschaffen. In diesen Schutzgebieten haben die EUMitgliedstaa- ten sicherzustellen, dass sich der Zustand der geschützten Lebensräume und Arten nicht verschlechtert, sondern durch aktive Erhaltungsmaßnahmen verbessert; für Pläne und Projekte wird deswegen eine Verträglichkeitsprüfung eingeführt. Diese beiden Richtlinien bilden das Rückgrat des EU-Natur- schutzrechts. Leider sind sie auch Jahrzehnte nach Inkrafttreten noch nicht hinreichend umgesetzt. Zwar wurden die Vorgaben textlich überwiegend übernommen, zum Beispiel in das Bundes- naturschutzgesetz. Auch in Deutschland mangelt es aber vor allem an Managementplänen für Natura-2000-Gebiete, und erst recht an der Umsetzung von Schutzmaßnahmen auf Landes- und Gemeindeebene. Deswegen laufen auch verschiedene Ver- tragsverletzungsverfahren gegen Deutschland.1 Die EU-Kom- mission hat für die Umsetzung verschiedene Leitfäden veröf- fentlicht, wie etwa den allgemeinen Leitfaden zum Management von Natura 2000 (Europäische Kommission 2018) oder den Leit- faden zum Artenschutzrecht der FFH-Richtlinie (Europäische Kommission 2007). Darüber hinaus gibt es verschiedene Leitfä- den zur Anwendung der FFH-Richtlinie, die einen konkreten 1 Am 12.02.2020 übermittelte die EU-Kommission beispielsweise im Verfahren 2014/2262 eine begründete Stellungnahme an Deutschland, in der sie das unzureichende FFH- Gebietsmanagement scharf kritisierte. Außerdem laufen für einzelne Lebensraumtypen gesonderte Verfahren, vgl. etwa die begründete Stellungnahme zum Verlust von Grünland, Pressemitteilung der EU-Kommission vom 30.10.2020: https://ec.europa.eu/commission/ presscorner/detail/de/inf_20_1687. Z u S a m m E N S I N d w I r h E l d E N | 15

Bezug zu erneuerbaren Energien haben, etwa zum Bau von Energieleitungen, zur Wasserkraft, oder den im Jahr 2020 über- arbeiteten Leitfaden zur Windenergie, und den EU-Naturschutz- richtlinien (Europäische Kommission 2020f). Neben den EU-Naturschutzrichtlinien sind für den Ausbau erneuerbarer Energien in der EU zwei horizontale Richtlinien bedeutsam, welche die Strategische Umweltverträglichkeitsprü- fung und die Umweltverträglichkeitsprüfung regeln. Daneben gibt es verschiedene andere Rechtsakte und Stra- tegien der EU, um Einzelaspekte der Biodiversitätskrise oder die Krise als Ganzes anzugehen. Im Mai 2020 veröffentlichte die EU-Kommission beispielsweise eine neue EU-Biodiversitätsstra- tegie, die von 2021 bis 2030 laufen soll (Europäische Kommis- sion 2020a). Diese enthält erneut ein ganzes Bündel an Maßnah- men und Verpflichtungen für die EUMitgliedstaaten, von denen einige in der Folge auch legislativ weiter vorangetrieben werden sollen, zum Beispiel die neue EU-Gesetzgebung zur Wiederher- stellung der Natur. Der Naturschutzbund Deutschlands (NABU) hält die Vorschläge der EU-Kommission für gut und ambitioniert, der Erfolg wird aber wie schon in der Vergangenheit von der Umsetzung durch die Mitgliedstaaten abhängen (NABU 2020). Dies zeigt, dass sich das Naturschutzrecht der EU seit länge- rem langsam fortentwickelt. Ein besonderer Fokus auf die naturverträgliche Energiewende ist hier noch nicht zu erkennen. Gleichwohl hat natürlich dieser Rechtsrahmen enorme Auswir- kungen auf Planung und Realisierung der Energiewende auch in Deutschland. Naturverträglichen Ausbau der erneuer- baren Energien in der EU vorantreiben Jüngste Daten und Studien aus ganz Europa weisen darauf hin, dass Naturschutzbelange bei der Umsetzung der Energiewende in der EU nicht ausreichend berücksichtigt werden. Die zuneh- mende Nutzung von Wäldern für nicht-nachhaltige Biomasse ist 16 | K 21

beispielsweise problematisch. Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass diese Praktiken nicht nur zu einer Verringerung der Waldfläche führen, sondern möglicherweise auch zu einer Ver- ringerung ihrer Fähigkeit zur Kohlenstoffbindung um mehr als 20 Prozent (Searchinger et al. 2018). Neben Biomasse haben Wasserkraftanlagen von allen ener- giebezogenen Belastungen (siehe Abbildung 2, S. 19) mit 46,1 Pro- zent die größten Auswirkungen auf mehr als 2.000 Arten und Lebensräume in der EU (EEA 2020b). Eine kürzlich durchge- führte Studie über die Auswirkungen von Dämmen im Mittel- meerraum unterstreicht, dass Wasserkraft der wichtigste Treiber für das potenzielle Aussterben von Fischarten ist (Freyhof 2020). Von mehr als 19.000 Wasserkraftanlagen in der EU sind 91 Prozent kleine Anlagen, mit einer Kapazität bis zu 10 Megawatt (Eurona- tur et al. 2020; BirdLife 2020). erhebliche Auswirkungen Windenergie, Wellenenergie und Gezei- tenkraft stellen 25,9 Prozent der energiebe- zogenen Belastungen in den EU-Mitglieds- staaten dar (EEA 2020b). Verschiedene Stu- dien zeigen, dass Windenergie je nach Stand- ortwahl für Fledermäuse und für Vögel aufweisen kann. Negative Effekte sind besonders auf das Kollisionsrisiko mit Turbinen und das Barotrauma-Risiko zurückzuführen. Weitere negative Auswir- kungen sind Barriereeffekte, ein Verlust oder die Verscheuchung aus Lebensräumen usw. (Arnett et al. 2008; Peschko et al. 2020). OffshoreWindenergieanlagen und andere erneuerbare Ener- gien auf See können zudem erhebliche negative Effekte auf marine Säugetiere wie den Schweinswal und die Kegelrobbe haben. Ob die EU- Biodiversitäts- strategie erfolgreich ist, hängt von der Umsetzung durch die Mitglieds- staaten ab. Die Übertragung von Strom stellt einen Teil der 20 Prozent der energiebezogenen Belastungen in europäischen Mitglieds- staaten dar. Mehr als 95 Prozent der europäischen Übertra- Z u S a m m E N S I N d w I r h E l d E N | 17

gungsleitungen sind Freileitungen (ICF Consulting 2003), an denen Vögel ein hohes Kollisionsrisiko eingehen. Bei Freileitun- gen kann es außerdem zu starken Lebensraumbeeinträchtigun- gen, Schneisen im Wald, Vegetationsreduktion, mikroklimati- schen Veränderungen oder zum Verlust von Brut- und Nah- rungsflächen für Vögel führen. Statt Freileitungen sollten Erdka- bel in Betracht gezogen werden, Routen für Stromnetze sollten außerdem biodiversitäts- reiche Gebiete meiden. Zudem muss die Pla- nung der Stromnetze auf Effizienz ausgerich- tet sein und verbindliche Alternativen zur Reduzierung des Bedarfs für neue Stromlei- tungen auf Höchstspannungsebene bereit- stellen. Die Planung der Stromnetze muss Alternativen zur Reduzierung des Bedarfs für neue Stromleitungen bereitstellen. Die Datenlage und aktuelle Studien lassen nicht verwundern, dass erneuerbare Ener- gien und der dazu erforderliche Stromnetz- ausbau in der EU immer wieder zu Konflikten mit dem Naturschutz führen. Gegenwärtig ist die Wirksamkeit der EU-Naturschutzgesetze durch das Fehlen einer strategischen und räumlich expliziten EU-weiten Fachplanung für die naturverträgliche Energiewende in weiten Teilen der EU begrenzt (IEEP 2015). Naturschutzfach- liche Belange sollten hier schon früh auf der Planungsagenda stehen. Akteure der naturverträglichen Energiewende auf EU-Ebene Ein gewisser beschränkender Faktor einer gesamteuropäischen naturverträglichen Energiewende stellt auch die diesbezügliche Gesetzgebungskompetenz des Europäischen Parlaments und eine fehlende gemeinsame Politik des Europäischen Rates hierzu dar. Weder der Bereich Energie noch transeuropäische Netze oder Umwelt fallen in den Bereich der ausschließlichen 18 | K 21

VERTEILUNG DER BELASTUNGEN FÜR LEBENSR ÄUME UND ARTEN DURCH DIE ENERGIEERZEUGUNG 46,1 % 25,9 % 19,7 % 2,2 % 1,7 % Wasser- kraft Windenergie, Wellenenergie und Gezeitenkraft Energie- erzeugung und Über- tragungs- aktivitäten Übertragung Energie- von Elek- trizität und Kommuni- kation erzeugung und -übertragung durch Aktivitäten wie Licht, Wärme oder andere Formen der Verschmutzung 1,5 % Solar- strom 1,0 % 0,6 % Entnahme von Grundwasser und Ober flächenwasser für die Energie erzeugung Energie- erzeugung und Über- tragungs- aktivitäten Lebens- räume (76) Nicht- Vogelarten (506) Vogelarten (374) Belastung für Lebensräume und Arten in Prozent 0 20 40 60 Abbildung 2: Verteilung der Belastungen für Lebensräume und Arten durch die Energieerzeugung in Prozent (nach „State of the Nature Report 2020“, S. 83 ). Z u S a m m E N S I N d w I r h E l d E N | 19

Gesetzgebung der EU, sondern in die mit den Mitgliedstaaten geteilte Zuständigkeit. Das heißt zunächst, dass es des gemein- samen Willens der EU-Mitgliedstaaten bedarf, um weiterge- hende Schritte einer EU-Energiewende zu vereinbaren. Für die Energiepolitik gibt der EU-Vertrag zwar ein breites Bündel an Zielvorstellungen vor. Diese sind teils historisch begründet, legen aber keinen ausschließlichen Fokus auf die Energiewende: Als erstes Ziel wird die Sicherstellung eines funktionierenden Energiemarktes benannt, sodann die Energieversorgungssicher- heit, schließlich aber auch die Förderung der Energieeffizienz und Einsparung. Erneuerbare Energiequellen werden konkret nur in der Entwicklung gefördert, genauso wie die grenzüber- schreitende Verknüpfung der Energienetze. Beitrag der EU-Kommission Am 11. Dezember 2019 stellte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen den europäischen Green Deal vor. Kernstück ist das Ziel, bis 2050 erster klimaneutraler Konti- nent zu werden. Zu den ersten Schlüsselmaßnahmen des europäischen Green Deals im Energiebereich zählen das Ziel, die Treibhausgasemissionen der EU bis 2030 gegen- über 1990 um 55 Prozent zu reduzieren, die Wasserstoff- strategie, die Europäische Industriestrategie, die Erhöhung der Energieeffizienz von Gebäuden, der Mechanismus für einen gerechten Übergang, das erste europäische Klimage- setz sowie die Biodiversitätsstrategie für 2030. 20 | K 21

Beitrag des EU-Parlaments Das Europäische Parlament hat kein eigenes Initiativrecht für neue EU-Gesetze. Insofern besteht der Beitrag des Par- laments – neben unverbindlichen Initiativberichten an die EU-Kommission – vor allem darin, im Gesetzesverfahren auf die Vorschläge der EU-Kommission zu reagieren. Es werden vom jeweils bestimmten Berichterstatter und den Schattenberichterstattern im federführenden Ausschuss Änderungsvorschläge erarbeitet, die im Plenum des Parla- ments abgestimmt werden. Beitrag des Europäischen Rates und Rates der Europäischen Union Der Europäische Rat ist die Zusammenkunft der Staats- und Regierungschefs der EU-Mitgliedstaaten. Diese geben die großen Linien der EU-Politik vor. Die Detailarbeit erfolgt im Rat der EU, also den Treffen der jeweiligen Fachminister und Fachministerinnen. Tendenziell spiegelt die Ratsposi- tion die nationalen Eigeninteressen der Mitgliedstaaten wider. Damit ist der Rat in Klima- und Energiefragen meis- tens weniger europäisch-progressiv als das Europäische Parlament oder auch als die Europäische Kommission mit ihren Initiativen für einen europäischen Green Deal. Z u S a m m E N S I N d w I r h E l d E N | 21

Beitrag von Stakeholdern Neben institutionellen Akteuren haben auf EU-Ebene auch diverse Interessensvertreter („Stakeholder“) ihren Einfluss auf die Energiewende. Wichtige Stakeholder im Energiebe- reich sind: Der Verband der europäischen Übertragungsnetzbe- treiber (ENTSO-E): Der Verband repräsentiert 42 Übertra- gungsnetzbetreiber aus 35 Mitgliedsländern der EU. Er ist zusammen mit dem Verband der europäischen Fernlei- tungsnetzbetreiber für Gas (ENTSO-G) für die Erstellung der Zehn-Jahres-Netzentwicklungspläne zuständig. Der Verband europäischer Fernleitungsnetzbetreiber für Gas (ENTSO-G): Der Verband repräsentiert 44 Betreiber von Fernleitungsnetzen für Erdgas in der EU. Bei der Erstel- lung des Zehn-Jahres-Netzentwicklungsplans ist ENTSO-G für den Gasnetzbedarf verantwortlich. Die Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulie- rungsbehörden (ACER) hat die Aufgabe, die europäischen Energiemärkte im Sinne von Transparenz und Stabilität zu überwachen. Sie berät außerdem die EU-Organe in Energie- fragen. Fazit Um den Schutz der biologischen Vielfalt zu gewährleisten, muss eine strategische Energiewende zwingend naturverträglich aus- gestaltet sein. Denn der Ausbau erneuerbarer Energien führt zu einem steigenden Druck auf Flächen und Arten. Erneuerbare- Energien-Anlagen und Netzinfrastrukturen bedingen grundsätz- lich Eingriffe in den Naturraum. Während der Ausbau der Was- serkraft Naturschutzzielen klar widerspricht, kommt es bei der Windenergie und der Photovoltaik auf die Standortwahl an. Bis- 2 2 | K 21

her fehlt aber auf EU-Ebene eine explizite strategisch-räumliche Fachplanung für die Energiewende. Wenige EU-Initiativen haben einen konkreten Fokus auf die naturverträgliche Energiewende, Leitfäden sind rechtlich nicht bindend. Die vorliegenden EU-Rechtsakte haben entweder einen Fokus auf den Natur- schutz oder auf die Energiewende. Damit ist zumindest der Grundstein gelegt für eine naturverträgliche Energiewende. Zukünftige EU-Strategien und Rechtsakte, die den Ausbau von erneuerbaren Energien und der Netze vorantreiben, müssen nun beide Aspekte besser verbinden und die europäischen Naturschutzziele stärker mitdenken. Insgesamt wird den EU-Akteuren zukünftig eine konkrete Strategie zur naturverträg- lichen Energiewende empfohlen. D E R E U RO PÄ I S C H E G RÜ N E D E A L Ü B E R D I E AU T O R I N U N D D E N AU T O R Verena Bax setzt sich als Referentin für EU-Energiepolitik und Klimaschutz für die naturverträgliche Energiewende in Europa ein. Vor ihrer Tätigkeit für den NABU in Brüssel war sie seit 2018 im Bereich Kreislaufwirtschaft und Ressourcen- schonung in der NABU-Bundesgeschäftsstelle tätig und arbeitete zuvor zu Rohstoffabbau bei der Christlichen Initiative Romero. Sie absolvierte ihr geistes- wissenschaftliches Masterstudium in Bielefeld und Guadalajara, Mexiko. Raphael Weyland ist Rechtsanwalt mit Spezialisierung auf Umweltrecht. Er leitet das Brüsseler Büro des NABU, wo er seit 2015 vor allem zum Thema EU-Natur- schutz arbeitet. Zuvor war er für eine auf Infrastrukturgroßvorhaben speziali- sierte Kanzlei in Hamburg tätig. Nach seinem Studium in Freiburg, Sevilla und Bremen promovierte er bei Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt zum Thema Umweltgesetzbuch. Z u S a m m E N S I N d w I r h E l d E N | 2 3

Im Juli 2016 wurde das KNE gegründet. In diesem Jahr feiert es fünfjähriges Bestehen. Anlass genug, mit Jochen Flasbarth, langjähriger Staatssekretär im Bundesumweltministerium, mit dem uns seit der Gründungsphase des KNE eine ebenso herzliche wie fordernde Zusammenarbeit verbindet, einen Podcast zu vereinbaren. Wir wollen einen Podcast machen Wir wollen einen Podcast machen, mit Staatssekretär Jochen Flasbarth zum Thema Naturschutz und Energie- wende. Das klingt nach einer über- sichtlichen Angelegenheit: freundlich anfragen, nachhaken, Termin verein- baren, Inhalte abstimmen, treffen, Aufnahmeknopf drücken, Schnitt – und fertig. Die Terminfindung verlief – trotz einiger Abstimmungsrunden, es waren immerhin drei Beteiligte mit gefühlt 100 Terminen pro Woche zu koordi- nieren – recht zügig. Der Plan, dass sich die Gesprächspartner zum Podcast im KNE oder im Bundes- umweltministerium treffen, musste aber angesichts der uns nur zu gut bekannten Pandemie zum allgemei- nen Bedauern verworfen werden. Egal, schließlich haben wir uns inzwischen alle zur Semi- oder sogar Vollfachkraft der digitalen Kommu- nikation entwickelt. Tagein, tagaus klicken wir uns durch Meetings, Chats und Videokonferenzen. Über ab-ghckte-Sätz-ud-Wrt, einge- frorene Gesichter, exzentrische Hintergrundbilder oder den plötz- lichen Verlust von Konferenzteilneh- menden gehen wir mit der Gleichmut des Profis hinweg. Die technische Umsetzung ist also keine Hürde. Hält der Podcast wenigstens noch eine Herausforderung bereit? Ach ja, die Themenauswahl! Die Geschäftsführung legt Wert auf Inhalte, Spannungsbögen und Abwechslung. Ah ja. Wenn eines das alles bietet, dann ja wohl die natur- verträgliche Energiewende in Deutsch- land. Tausend Aspekte und Fragen kommen in Betracht, und Jochen Flasbarth, der als Experte zum Thema schon in den unterschiedlichsten Zusammenhängen gearbeitet hat, sollte hier ein dankbarer Gesprächs- 2 6 | K 21

partner sein. Aber wie kommen wir von 1.000 auf höchstens 15 Fragen? Schließlich wollen wir keine abend- füllende Hörbuch-Trilogie erstellen, die selbst die hartgesottensten Interessierten an ihre Grenzen bringt. Also: Fokussieren. Abschichten. Priorisieren. Das fällt schon nicht mehr ganz so leicht, aber schließlich können wir auch hier ein Häkchen setzen. Wir machen einen Podcast. Dann ist der große Tag da Der Gast wird zugeschaltet. Es kann losgehen, und es geht los. Alle Fragen und Antworten aufzuzählen würde uns und Sie ermüden. Wir skizzieren daher lieber – in Auszügen – das Gespräch. Neben der Sicht auf das soge- nannte „Große Ganze“ ging es auch um konkrete und aktuelle Probleme und Herausforderungen, sowohl auf Bundesebene als auch bei den Akteuren vor Ort. Wie hat sich der Ausbau der Erneuerbaren in den letzten Jahren entwickelt? Was sind dabei die aktuellen Herausforderun- gen, insbesondere auf politischer Ebene? Wie sieht die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern aus, insbesondere beim Ausbau der Onshore-Windenergie? Wäre es für das BMU vorstellbar, im Rahmen einer bereits ins Auge gefassten Aktualisie- rung der Erneuerbaren-Energie- Novelle (EEG-Novelle) 2021 das Repowering zu vereinfachen? Sorgen Sie sich um die Instrumentalisierung des Natur- und Artenschutzes zur Verhinderung des Ausbaus der erneuerbaren Energien? Sind Natura 2000-Gebiete für die Energiewende ein absolutes No-Go-Gebiet oder sollte hier in Hinblick auf die Errei- chung unserer ambitionierten Klima- schutzziele flexibler agiert werden? Gibt es Möglichkeiten, dem Popula- tionsschutz von Arten in den Geneh- migungsverfahren einen größeren Stellenwert zu geben und über Artenhilfsprogramme mehr für die biologische Vielfalt zu erreichen als es der strikte Individuenschutz vielleicht je könnte? Von Wellen, Wind und vorhandenen Standorten Staatssekretär Flasbarth beschrieb die Entwicklung des Verhältnisses von Energiewende und Natur- und Artenschutz in seiner persönlichen Wahrnehmung als Wellenbewegung: Probleme schlagen Wellen, werden u N d w a S m a c h E N S I E b E r u f l I c h ? | 2 7

gelöst und flachen ab, dann erscheine das nächste Problem. Schon zu Beginn der Energiewende seien die Auseinandersetzungen zwischen Energiewirtschaft und Naturschutz nicht weniger hart gewesen, als sie es auch heute zum Teil wieder seien. Jedoch würden sich die Akteure heute stärker um Gespräche und gemein- same Lösungen bemühen. Auch hinsichtlich einer engeren Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern erleben wir im Podcast einen fordernden, aber positiven Gesprächs- partner. In Bezug auf den Ausbau der Windenergie sei, was die Solidarität angeht, in den Ländern noch etwas Überzeugungsarbeit zu leisten. Hilfreich wäre es, wenn im EEG ver- einbart werden könnte, dass die Länder einen bestimmten Prozent- satz ihrer Landesfläche für Onshore Windenergie bereitstellen müssen. Was alle Akteure in Bund und Ländern eine, sei der Konsens darü- ber, dass auf bereits erschlossenen und genutzten Flächen, wenn immer es möglich ist, repowerte Anlagen errichtet werden sollten. Das sei das eigentlich Vernünftige, weil man dann einen gegebenen Standort für eine höhere Leistung nutze. Es sollte keine Anreize geben, eine Windenergie- anlage, die repowert werden kann, K N E - P O D C A S T Dialoge – Debatten – Denkanstöße: Der KNE-Podcast beschäftigt sich mit aktuellen Fragen rund um die naturverträgliche Energiewende. Wie können Vogelkollisionen an Windenergieanlagen vermieden werden, wie lassen sich Konflikte beim Ausbau erneuerbarer Energien vor Ort klären, und was alles muss berücksichtigt werden, damit eine Erneuerbaren-Anlage genehmigt werden kann? Diesen und vielen weiteren Fragen gehen die Moderatoren Dr. Torsten Raynal-Ehrke, Direktor des KNE, und Geschäftsführer Michael Krieger mit ihren Gästen nach. Den KNE-Podcast „Naturschutz und Energiewende“ finden Sie auf unserer Internetseite www.naturschutz-energiewende.de und auf den gängigen Plattformen wie Spotify, Deezer, Google Podcasts, Podcast.de, Apple Podcasts, per RSS-feed oder Amazon Music/Audible. Naturschutz und Energiewende u N d w a S m a c h E N S I E b E r u f l I c h ? | 2 9

„künstlich lang“ am Netz zu halten. Der beste Weg sei immer das Repowe- ring auf bereits in Nutzung befind lichen Standorten. Über die politische Last eines kleinen Käfers Als es darum geht, dass mit Zunahme der Windausbaugebiete auch eine Zunahme von Artenschutz-Engagier- ten zu beobachten sei, die sich tatkräftig für den Schwarzstorch, den Rotmilan oder sogar Insekten einsetz- ten, und um die Frage, wie Jochen Flasbarth den vermehrten Einsatz dieser Menschen einordne (geht da dem Naturschützer das Herz auf oder empfindet er diesen als Instrumenta lisierungen, die dem Naturschutz eher abträglich seien), merkt man sehr schnell, dass er auf langjährige Erfahrungen im Naturschutz zurück- greifen kann und nach wie vor hier sehr leidenschaftlich ist. Die ange- messene Berücksichtigung des Naturschutzes sei unabdingbar und notwendig, aber man müsse immer genau hingucken, wo die Probleme und Anliegen wirklich zu suchen seien. Beispielhaft erinnert er sich aus seiner Zeit als NABU-Präsident an den Ausbau der A20: „Das war ja ein Produkt der Vereinigung. […] Und da gab es diesen endemischen Käfer. Das war für uns jetzt der ‚Anpacker‘, um gegen die Autobahn zu Felde zu ziehen. Und ich war immer der Meinung, auch damals als NABU- Präsident schon: Das ist zu viel politische Last für so einen armen Käfer. Die kann der ja gar nicht tragen.“ Man sei doch nicht wegen des Käfers gegen die Autobahn gewesen, sondern weil man sie verkehrspoli- tisch für falsch gehalten habe. „Und man muss meines Erachtens in einer redlichen gesellschaftlichen Debatte die Gründe benennen, warum man gegen etwas ist. Und das ist in den wenigeren Fällen bei der Windkraft- anlage eine Fledermausart oder der Rotmilan. Das mag ich einfach nicht glauben, dass das so ist. Sondern in der Regel sind es entweder die Geräuschbelastungen, aber häufig eben auch die optischen Belastungen. Mal ganz simpel ausgedrückt, dass es den Leuten nicht gefällt. Und da kann man die Nase drüber rümpfen, aber: Ich war ja ziemlich lange beim NABU und wir waren immer stolz darauf, dass wir die Menschen dafür gewon- nen haben, dass sie für ihre Land- schaft brennen, für ihre Heimat. Dass sie sagen: So lieben wir sie. Und dann 3 0 | K 21

jetzt zu sagen: Nein, das dürft ihr jetzt aber so nicht mehr lieben, sondern ihr müsst es so lieben, wie wir es wollen, das finde ich ein Stück zu überheblich. Aber man muss am Ende zu gesell- schaftlichen Einigungen kommen!“ – Ein klares Statement für Ehrlichkeit in der Diskussion und das Ernstnehmen von Standpunkten, ohne das gesell- schaftliche Ziel aus den Augen zu verlieren, mit dem Ausbau der erneu- erbaren Energien voranzukommen – mit den Menschen vor Ort. Was geht bei Natura 2000 und beim Populations- schutz? Bei der Frage, ob Natura-2000- Gebiete grundsätzlich als mögliche Gebiete für die Energiewende ausge- schlossen werden sollten, oder hier im Hinblick auf Flächenverfügbarkeit und das Erreichen unserer ambitionierten Klimaschutzziele angepasste Maßnah- men denkbar sein sollten, betonte Jochen Flasbarth, dass das europäi- sche Naturschutzrecht für die Fauna- Flora-Habitat-Gebiete kein generelles Nutzungsverbot vorsehe. Aber, die Grundvermutung sollte sein und bleiben, dass diese Gebiete die „Juwelen“ des Naturschutzes sind und daher nicht in Betracht kommen sollten. Sofern dennoch ein Erneuer- baren-Projekt in einem Schutzgebiet geplant sei, müsse eine Verträglich- keitsprüfung durchgeführt werden. Je nachdem, wie diese Prüfung ausfiele, könne ein Projekt realisiert werden – ggf. auch durch Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen, oder aber müsse ad acta gelegt werden. Auch ein sehr spannendes und bei allen Akteuren viel diskutiertes Thema: Populationsschutz versus Individuen- schutz? Worauf heute setzen? Der Individuenschutz sei richtig und herausfordernd, und er stehe einer sachlichen Ausgestaltung von Planun- gen nicht entgegen, so Flasbarth. Dem Populationsschutz komme man am besten entgegen, indem auf einer höheren Ebene geplant würde. Also Ausschlussgebiete und Eignungs- gebiete bestimmt würden, bei deren Festlegung die Populationen in den Blick genommen werden sollten. Soweit unser kleiner Einblick in das Gespräch. Wer differenzierte Aussagen und umfassende Standpunkte und Einschätzungen möchte, der sollte sich den Podcast anhören. Und versprochen, der Podcast ist nicht nur informativ und spannend, er ist auch kurzweilig. 3 2 | K 21

Entspannte Atmosphäre und private Einblicke Die Gesprächspartner verbindet eine lange Bekanntschaft und Zusammen- arbeit, das hört man den Teilnehmen- den an, und das macht Spaß. Darüber hinaus erfahren wir auch ein paar Details über den Menschen Jochen Flasbarth. Wir erfahren etwas über seinen Werdegang im Naturschutz, über seine ornithologischen Fähigkeiten, darüber, was ihn mit Scharhörn und mit Alaska verbindet, und etwas über seine Leidenschaft für das, was er tut. Wenn Sie das auch interessiert – einfach mal reinhören und auch die Zwischentöne und kleinen Geschich- ten und Details mitnehmen. An dieser Stelle bedanken wir uns nochmals herzlich bei Jochen Flasbarth für den Podcast und für die Möglichkeit, diesen auch über die BMU-Internetseite zur Verfügung zu stellen. Wir haben einen unkomplizier- ten Gesprächspartner erlebt, der für seine Aufgaben brennt, der hohe Fachlichkeit mit Leidenschaft paart, Durchsetzungswillen mit der Fähigkeit zuzuhören und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Eigenschaften, die ihm nicht nur im KNE und in Deutschland, sondern auch international großen Respekt und viel Anerkennung eingebracht haben. Lieber Jochen Flasbarth, wir wünschen in politisch bewegten Zeiten alles Gute: Wir sprechen uns gerne wieder. A LLE E P I S O D E N Ü B E R D I E AU T O R I N Nach mehrjährigen Aufenthalten in Indonesien – wo sie über eine handwerkliche Fischereimethode an der Westküste Sumatras ihre Diplomarbeit schrieb – Ägypten und Venezuela, ist Dipl.-Biol. Anke Ortmann in Berlin seit rund zwanzig Jahren im Natur- und Umweltschutz engagiert. Bei der GRÜNEN LIGA Berlin und German Water Partnership langjährig in der Pressearbeit arbeitend, ist sie seit 2017 beim KNE als Referentin der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit tätig. u N d w a S m a c h E N S I E b E r u f l I c h ? | 3 3

I n Deutschland ist ein rasanter Ausbau der Solarenergie zu verzeichnen, auch in der Freifläche. Die Möglichkeiten der Anwendungsbereiche und Leistungsfähigkeiten der unterschiedlichen Techniken sind jedoch weitaus vielseitiger. Dabei sind die Eingriffe in die Natur und Landschaft und weitere Auswirkungen sehr unterschiedlich. Die Autorin stellt die verschiedenen Bereiche unter Berücksichtigung von Natur- und Landschaftsschutzaspekten vor. Die Photovoltaik hat sich inzwischen dank technischer Weiter- entwicklungen sowie ihres vermehrten Einsatzes zur günstigs- ten Stromquelle entwickelt (ISE 2018, S. 2; von Seht 2020, S. 257 f.). Dieser Artikel gibt einen Überblick über die aktuellen und zukünftigen Anwendungsbereiche der Photovoltaik und deren Auswirkungen auf Natur und Landschaft. Gebäudeintegrierte Photovoltaik Bei der gebäudeintegrierten Photovoltaik ist zwischen auf Dächern, Fassaden, Fenstern, Carports oder Garagen ange- brachten Modulen einerseits und in Dächer oder Fassaden inte- grierten Modulen andererseits zu unterscheiden. Die gebäude- integrierte Photovoltaik ist aus Naturschutzsicht grundsätzlich positiv zu beurteilen, da sie keine zusätzliche Fläche verbraucht, sondern bestehende Strukturen nutzt. Allerdings nisten und brüten auch auf Dächern oder an Fassaden Vögel, Fledermäuse und Insekten, deren Nistgelegenheiten durch die Anlage selbst sowie im Zuge der Baumaßnahmen versperrt oder entfernt wer- den können (Demuth et al. 2019, S. 6). Zur Verminderung der negativen Auswirkungen können Ersatzquartiere geschaffen und die Baumaßnahmen außerhalb der Brutzeit durchgeführt werden (ebd., S. 7). Stadtklimatisch wichtige Dach- oder Fassa- denbegrünungen lassen sich integrieren, und die Begrünung kann die Produktivität der Photovoltaik-Anlage dank des kühlen- den Effekts sogar steigern (ebd., S. 8). 3 6 | K 21

Verkehrsflächen- und siedlungsflächen- integrierte Photovoltaik Die verkehrsflächen und siedlungsflächenintegrierte Photovol- taik kommt ebenfalls ohne eine Inanspruchnahme von unbelas- teten Flächen aus. Hier geht es vielmehr um die Überstellung von Verkehrsflächen wie Straßen oder Schienen oder von Sied- lungsflächen wie Park oder Sportplätzen. Auch Lärmschutz- wände oder Zäune können mit Modulen belegt werden. Natur- schutzfachliche Bedenken bestehen in der Regel nicht. Das Landschaftsbild hingegen kann beeinträchtigt werden, da sich in einigen Fällen die Fernwirkung erhöht oder es zu Blendeffekten und Spiegelungen kommt. Eine neue Anwendung, die sich bisher noch im PilotvorhabenStadium befindet, ist die Integration von Photovoltaik-Modulen direkt in Straßen (Enkhardt 2020)1. 1 https://www.pv-magazine.de/2020/06/15/smarte-solarstrasse-schmueckt-ehemaliges- steinkohle-zechengelaende/ Verkehrsflächen- und siedlungsflächen- integrierte Photovoltaik + + + – Es wird keine zusätz- liche Fläche verbraucht. Verwendung von Verkehrs-, Park- oder Sportplätzen. Integration direkt in Straßen wird bereits getestet. Es kann zu Blendeffek- ten und Spiegelungen kommen. 3 8 | K 21

Freiflächen- Photovoltaikanlagen In der Freifläche gibt es viele verschiedene Anwendungsmög- lichkeiten für die Photovoltaik. Durch das Erneuerbare-Ener- gienGesetz (EEG) werden Freiflächenanlagen auf versiegelten Flächen, auf Konversionsflächen aus wirtschaftlicher, verkehr licher, wohnungsbaulicher oder militärischer Nutzung, entlang von Verkehrswegen, auf Flächen im Eigentum des Bundes oder des Bundesamtes für Immobilien und teilweise in benachteilig- ten landwirtschaftlichen Gebieten gefördert. Außerhalb des EEG sind theoretisch zunächst alle Flächen beplanbar. Die Gemeinde kann über die Errichtung der Anlage entscheiden und mithilfe eines Flächennutzungsplans und eines Bebauungsplans die Wahl des Standortes und ihre Ausgestaltung steuern. Das grundsätzliche Problem der Freiflächenanlagen ist die Flächeninanspruchnahme, die je nach Vornutzung und Aus- gangszustand der Fläche sowie nach der Aufstellungsweise der Module unterschiedlich zu bewerten ist (Demuth et al. 2019, S. 6). Die Überstellung kann unter anderem die Boden-, Wasser- haushalt- und Habitatfunktionen einschränken. Für den Boden besteht die Gefahr der Verdichtung und Ver- änderung des natürlichen Aufbaus im Zuge der Baufeldfreima- chung, der Aufstellung der Module sowie der Verlegung der Kabel (Herden et al. 2009, S.19). Der Einfluss der Versiegelung ist mit maximal 5 Prozent meist sehr gering (ebd.). Die Überstellung durch die Module kann sich insofern negativ auf den Boden aus- wirken, als dass manche Stellen an der Oberfläche vertrocknen und andere durch Erosion gefährdet sind, da beispielsweise an den Modulkanten punktuell viel Wasser abfließt (ebd., S. 20). Die Module sollten so aufgestellt werden, dass Licht und Nieder- schlag den Boden besser erreichen und sich das Wasser besser verteilt (ebd.). Die Auswirkungen der Überstellung mit Modulen auf den Wasserhaushalt (vgl. ebd.) und das Mikroklima (IE Leip- zig et al. 2011, S. 249 ff.) sind meist marginal. d E r S o N N E N a c h | 3 9

Die stärkste Beeinträchtigung betreffen die Flora. Durch das Freimachen der Fläche und die Baustelleneinrichtung werden in der Regel Habitate zerstört (Herden et al. 2009, S. 18), Licht- und Wasserverhältnisse ändern sich. Vegetationslose Bodenflächen sind aber eher die Ausnahme (ebd., S. 20). Aus Naturschutzsicht ist die Aussaat von heimischem Saatgut sowie eine extensive Pflege zur Förderung von Offenlandarten vorteilhaft (LfU 2014, S. 21). Die Modulreihenabstände sollten mindestens drei Meter und die Modultischunterkanten mindestens 80 Zentimeter betragen (ebd.). Durch Baumaßnahmen können Tiere beunruhigt oder ver- trieben werden (Herden et al. 2009, S. 18). Auch danach können sie das Gebiet meiden (ARGE Monitoring PV-Anlagen 2007, S. 27). Allerdings können sie sich auch schnell anpassen und die neuen Strukturen nutzen (Demuth et al. 2019, S. 6). So können Greifvögel die Modulkanten als Ansitzwarten nutzen (Peschel et al. 2019, S. 28). Es können neue Nistmöglichkeiten für Vögel, Fledermäuse oder Insekten geschaffen werden und die Flächen unter den Modulen als Schutz vor zu starker Sonneneinstrah- lung oder als schneefreie Flächen im Winter dienen. Für die Ansiedlung von Vögeln, Reptilien und Insekten hat es sich als vorteilhaft erwiesen, wenn die Modulreihen in einem großen Abstand (mindestens drei Meter) zueinander stehen (Peschel et al. 2019, S. 23, 27, 29). Des Weiteren erhöhen Wasserstellen, Totholzhaufen, Steinhaufen sowie eine abwechslungsreiche, hei- mische Flora die Biodiversität (LfU 2014, S. 22). Negativ wirken sich zumeist Abzäunungen aus, da dadurch die Fläche für Mittel- und Großsäuger versperrt wird, was einen direkten Lebens- raumentzug darstellen oder Wanderkorridore verstellen kann (Herden et al. 2009, S. 21). Alternativen zum Zaun könnten eine Baumreihe, eine Hecke oder ein Graben sein. Sie würden auch einen Mehrwert für den Biotop- und Artenschutz darstellen. Kann – aus Versicherungsgründen – nicht auf einen Zaun ver- zichtet werden, kann durch eine Zaununterkante von 20 Zenti- meter ein Durchgang für Klein- und Mittelsäuger ermöglicht 4 0 | K 21

werden (Janke et al. 2018, S. 4). Für größere Tiere sollten Korri- dore in der Anlage geschaffen werden (ebd.). Noch unzurei- chend erforscht ist die Attraktionswirkung der Anlagen für Wasserinsekten (Horváth et al. 2010) . Aufgrund der technischen Überprägung der Landschaft bedeuten Freiflächenanlagen oft eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes (Herden et al. 2009, S. 23 ff.). Auch die poten- zielle Abzäunung und Ausleuchtung der Anlage sowie die mög- lichen Spiegelungen und Reflexionen an den Anlageelementen tragen zu einer visuellen Beeinträchtigung bei (ebd.). Um diese Beeinträchtigungen zu minimieren, ist die Standortwahl sowie die Ausgestaltung der Anlage entscheidend (Demuth et al. 2019, S. 7). Es sollten Gebiete mit visueller Vorbelastung sowie einer geringen Einsehbarkeit gewählt werden (Herden et al. 2009, S. 39 ff.). Größe und Stellung der Anlagen sollten an das Relief angepasst werden. Des Weiteren können Baumreihen oder Hecken die Sicht auf die Anlage verstellen (ebd.). Während der Bauphase ist auf eine schonende Bodenbearbeitung, die Freihaltung wertvoller Bereiche sowie eine Anpassung der Arbeiten an die Phänologie der Flora und Fauna zu achten, um die Umweltauswirkungen so gering wie möglich zu halten. d E r S o N N E N a c h | 41

Auswirkungen für die einzelnen Freiflächen anlagen-Typen Im Folgenden werden die Auswirkungen für die einzelnen Frei- flächenanlagenTypen differenziert.2 Freiflächenanlagen auf versiegelten Freiflächen Auf versiegelten Flächen wird die Beeinträchtigung für den Naturhaushalt minimal sein. Vielmehr könnte sich durch eine Entsiegelung ein hohes Aufwertungspotenzial ergeben. Eine Beeinträchtigung für das Landschaftsbild könnte sich ergeben, wenn die Module hoch aufragen und aus größerer Entfernung deutlich sichtbarer sind, als die ebene Fläche zuvor es war. Freiflächenanlagen auf Konversionsflächen Wenn auf Konversionsflächen viele bauliche Anlagen stehen und das Gebiet verwahrlost und ungepflegt aussieht, könnte sich das Landschaftsbild zum Besseren verändern. Wenn das Gebiet allerdings bereits eine natürliche Entwicklung durchlaufen hat, kann sich der Landschaftsbildwert verringern. Die Bauarbeiten können dazu führen, dass das Gelände von Altlasten befreit, eine Sukzession aufgehalten und eine wertvolle Offenlandschaft geschaffen wird. Andererseits können sich auf Konversions flächen auch bereits wertvolle Biotope entwickelt haben, die durch die Baumaßnahmen zerstört werden. Freiflächenanlagen entlang von Verkehrswegen Die Beeinträchtigung für das Landschaftsbild wird hier gering ausfallen, da dieses durch den Verkehrsweg vorbelastet ist. Die Lebensraumzerschneidung verliert ebenso an Bedeutung, da die meisten Verkehrswege bereits eine Barriere darstellen. 2 Die Flächen im Eigentum des Bundes oder des Bundesamtes für Immobilien werden nicht betrachtet, da sie keiner einheitlichen Flächenkulisse entsprechen. 4 2 | K 21

Freiflächenanlagen in benachteiligten landwirtschaft lichen Gebieten Benachteiligte landwirtschaftliche Gebiete erzielen unterdurch- schnittliche landwirtschaftliche Erträge (BMWi 2020)3. Mit der sogenannten Länderöffnungsklausel ist es den Bundesländern erlaubt, Grünland oder Ackerland in benachteiligten landwirt- schaftlichen Gebieten für PhotovoltaikFreiflächenanlagen frei- zugeben (ebd.). Die Auswirkungen auf den Naturhaushalt und das Landschaftsbild sind hier sehr heterogen. Wenn es sich um einen wertvollen Offenlandstandort oder einen Magerrasen handelt, kann die Errichtung der Photovoltaik- Freiflächenanlage einen Verlust des Lebensraumes für verschie- dene Pflanzen und Tierarten darstellen (Demuth et al. 2019, S. 6 f.). Andererseits können überdüngte, intensiv genutzte Standorte durch ihre Umwandlung in einen Solarpark und eine angepasste Pflege ökologisch aufgewertet werden. Laut Demuth et al. (2019, S. 10) können sogar FaunaOffenlandarten die Fläche besiedeln, wenn entsprechende Brutmöglichkeiten geschaffen werden. Bei vorher intensiv genutzten Äckern ist im Rahmen der Auf- stellung der PhotovoltaikFreiflächenanlage eine positive Ent- wicklung erwartbar (LfU 2014, S. 17). Durch die Aushagerung der Fläche und die Förderung von Strukturreichtum können sich die biologische Vielfalt und die Biotopvernetzung der Fläche erhö- hen (ebd.). Bei extensiver Pflege entstehen so neue Lebens- räume für Vögel (zum Beispiel Feldlerche oder Rebhuhn) und Wirbellose (zum Beispiel Käfer, Schmetterlinge oder Heu- schrecken) (Demuth et al. 2019, S. 12). Extensiv bewirtschaftete Äcker hingegen bieten oft bereits vielen Tieren und Pflanzen einen Lebensraum. Eine Inanspruchnahme dieser Fläche würde das Biotop und damit die Artenzusammensetzung voraussicht- lich stark verändern. 3 https://www.bmwi-energiewende.de/EWD/Redaktion/Newsletter/2017/11/Meldung/ direkterklaert.html#:~:text=Benachteiligte%20Gebiete%20haben%20es%20%E2%80%93%20 wie,oder%20die%20Bodenqualit%C3%A4t%20schlechter%20ist. d E r S o N N E N a c h | 4 3

AgrarPhotovoltaik zur Doppelnutzung von Grünland und Ackerland Um die Beanspruchung von Grünland und Ackerland zu verrin- gern, kann die ursprüngliche Bewirtschaftung auch in der Frei- flächenanlage aufrechterhalten werden (ISE 2020, S. 9). Diese sogenannte Agri-Photovoltaik ist auf Grünlandstandorten (bei- spielsweise Weide- oder Mahdwirtschaft) sowie auf Ackerstand- orten (beispielsweise Futterbau, Marktfruchtbau oder Anbau von Sonderkulturen) möglich (ebd.). Auch der Anbau von Ener- giepflanzen ist denkbar.4 Die Photovoltaikmodule müssen dafür sehr hoch aufgeständert sein, so dass die landwirtschaftlichen Maschinen unter ihnen durchfahren können (fünf Meter), oder senkrecht landwirtschaftlichen Maschinen in den Reihen zwischen den Modulen fahren können. Die naturschutzfachlichen Auswirkungen sollten in der Regel gering ausfallen. Eventuelle Beeinträchtigungen der Flora und Fauna während der Bauphase oder durch die Modulaufstellung können durch eine ökologische Aufwertung, beispielweise durch Blühstreifen unterhalb der Aufständerung der Module, ausgegli- chen werden. Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sind schwerer zu vermeiden. installiert sein, so dass die Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich sagen, dass aus Naturschutzsicht die Inanspruchnahme vorbelasteter Flächen unproblematischer ist als die Inanspruchnahme von Flächen mit einer „hohen Bedeutung für die Erhaltungs- und Entwicklungsziele des Natur- schutzes und der Landschaftspflege“ beziehungsweise von Flächen, die sehr exponiert liegen (Demuth et al. 2019, S. 8 f.). Mit entsprechendem Pflegemanagement lassen sich in vorbe- lasteten Gebieten ökologische Aufwertungen erzielen (LfU 2014, S. 16). 4 Die folgenden Ausführungen beruhen auf Gesprächen mit Forschungs- und Praxisakteuren. 4 6 | K 21

Freiflächenanlagen auf Gewässern5 Die Installation von Photovoltaik-Anlagen auf Gewässern (Schwimmende oder Floating Photovoltaik) erlebt international einen Aufwind. In Deutschland gibt es einige wenige Pilotpro- jekte. Vor allem künstliche Gewässer wie Kiesseen, Tagebauseen oder Stauseen werden in den Blick genommen. Die naturschutz- fachlichen Auswirkungen der Anlagen sind noch nicht erforscht. Denkbar wäre die negative Beeinflussung der aquatischen Fauna und Flora durch die Veränderung der Licht- und Windver- hältnisse. So könnte eine Reduzierung des Windes dazu führen, dass die Durchmischung im See sich verlangsamt (Landtags- Drucksache Baden-Württemberg 2020, S. 3 f.). Allerdings gibt es auch Projektierer, die sehr lichtdurchlässige Module verwenden und die Module bewusst etwas erhöht bauen, so dass die Luft aufsteigen und das Wasser darunter zirkulieren kann. Wichtig ist es, die Ufer freizuhalten. Das Landschaftsbild wird durch die Ins- tallation der Anlage zwar verändert, aber da die Gewässer meist nicht an exponierten Standorten, sondern eher tiefer als die Umgebung liegen, sollte der Wirkraum gering sein. Möglicher- weise wirken sich die Photovoltaik-Anlagen auch positiv auf Gewässer aus, da sie Verdunstung und Überhitzung vorbeugen und das „Umkippen“ eines Sees hinauszögern. Freiflächenanlagen in der Kombination mit anderen erneuerbaren Energien Zur Reduzierung der Inanspruchnahme von nicht vorbelasteten Flächen trägt auch die Kombination von Photovoltaik-Frei- flächenanlagen mit anderen erneuerbaren Energien bei. Denk- bar sind Module auf den Wasserflächen von Wasserkraftwerken oder an beziehungsweise unter Windenergieanlagen. 5 Aufgrund der Neuartigkeit der Technologie liegen keine hierzu wissenschaftlichen Studien vor und die Ausführungen beruhen auf den Erfahrungen einzelner Praxisakteure. 4 8 | K 21

Fazit Die Errichtung von Photovoltaik-Anlagen auf baulichen Anlagen und versiegelten Flächen ist im Allgemeinen naturverträglicher als die in der Freifläche (Demuth et al. 2019, S. 8). Im Einzelfall besteht aber auch hier Konfliktpotenzial, das aber kleiner und leichter vermeidbar ist. Die Errichtung von Freiflächenanlagen widerspricht dem Naturschutzgrundsatz, unbebaute Flächen frei zu halten. Die Versiegelung ist zwar marginal, aber es findet eine technische Überprägung und Veränderung der räumlichen Gegebenheiten statt. Einige positive Beispiele zeigen jedoch, dass sich die Fläche insgesamt aus Naturschutzsicht auch vorteilhaft entwi- ckeln lässt, wenngleich es nicht auf allen Standorten möglich ist. Es sollten Anreize für eine ökologische Gestaltung von Frei- flächenanlagen geschaffen werden. Etwa ein Biodiversitäts Zertifikat, für das die Stromabnehmenden zahlen, oder das Einbrin- gen aufgewerteter Fläche als Ausgleichsfläche in einen Flächen pool. Auch erste Selbstverpflichtungen für eine naturverträg liche Gestaltung von Solarparks gehen in die richtige Richtung. K N E - P U B L I K AT I O N K N E - P O D C A S T Ü B E R D I E AU T O R I N Natalie Arnold, studierte Landschaftsökologin und Umwelt- planerin, ist seit Mai 2020 beim KNE als Referentin für naturverträgliche Solarenergie tätig. Schwerpunkt ihrer Arbeit ist unter anderem die Ausschöpfung des naturschutz- fachlichen Potenzials von Solarparks, um Naturschutz und Energiewende gleichermaßen voranzubringen. d E r S o N N E N a c h | 4 9

K limaschutz dient auch dem Natur- und Artenschutz. In Genehmigungs verfahren von Windenergieanlagen an Land kann es aber dazu kommen, dass sich beide Anliegen diametral gegenüberstehen. Um diese Konstellation zu vermeiden, sollten weitere konkrete Vorgaben für die Ebenen der Planung und Genehmigung entwickelt werden, die helfen, den Konflikt rechtssicher aufzulösen. Eine rechtliche Aufwertung dieser Vorgaben würde für zusätzliche Rechtssicherheit sorgen. Die zunehmend hervortretenden klimabedingten Umweltveränderun- gen führen zu teils dramatischen Veränderungen der Lebensräume von Tieren und Pflanzen. Laut dem aktuel- len Bericht der Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiver- sity and Ecosystem Services (IPBES)1 sind etwa eine Millionen Tier- und Pflanzenarten aufgrund menschlichen Verhaltens vom Aussterben bedroht, sollten die Treiber dieses Biodiversi- tätsverlusts nicht abgeschwächt werden.2 Der Klimawandel steht bereits an dritter Stelle der Treiber des Artenrückgangs. Entsprechend prognostiziert auch der Intergovern- mental Panel on Climate Change (IPCC), dass eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf „nur“ 1,5 Grad Celsius, die Folgen für Öko- systeme an Land, im Süßwasser und an Küsten verringern und mehr von deren Leistungen für den Menschen aufrechterhalten würde.3 Fast die Hälfte (47 Prozent) der bedrohten Landsäugetiere (ausge- nommen sind Fledermäuse) und ein Viertel (23 Prozent) der bedrohten Vogelarten könnten laut IPBES4, zumindest in Teilen ihrer Verbreitungs- gebiete, bereits heute negativ vom Klimawandel betroffen sein. Insbeson- dere bei Vogelarten in Nordamerika und Europa weisen die Populations- trends seit den 1980er Jahren darauf hin.5 Es ist also evident, dass Klima- schutz ein objektives Interesse des Artenschutzes ist. Doch was auf 1 2 3 4 5 IPES (2019). IPBES (2019), S. 11, 12 (Übersetzung durch Verfasserin). Dieser Prognose wird ein „hohes Vertrauen“ zugeschrieben, IPCC (2018), S. 2, B3. Im englischsprachigen Original heißt es zu der Wahrscheinlichkeit „established but incomplete“. IBES (2019), S. 29 (Übersetzung durch Verfasserin). 5 2 | K 21

internationaler und auch auf euro- päischer Ebene6 selbstverständlich erscheint, nämlich Klimaschutz auch als Biodiversitätsschutz zu verstehen, stellt sich auf der Ebene konkreter Vorhabensumsetzung oft als Gegen- satz dar. Insbesondere Windenergie- vorhaben stoßen im besonderen Artenschutzrecht auf einen starken, auf jedes einzelne Individuum bezoge- nen Schutzansatz. Der Klimaschutz wird derzeit vorrangig durch die Energiewende betrieben. Um Erneuerbare-Energien- Projekte, wie Windenergievorhaben, umsetzen zu können, so dass mit ihrem Beitrag zur Minderung der Treibhausgasemission verlässlich gerechnet werden kann, braucht es auf Planungsebene und im Genehmi- gungsverfahren Regelungen, die eine Vorhersehbarkeit der behördlichen Entscheidung, einen Ausbau der Projekte ermöglichen und gleichzeitig den Schutz der Arten gewährleisten. Nachfolgend werden das Dilemma von Arten- und Klimaschutz und Ansätze seiner Auflösung diskutiert. Umsetzungsdilemma − wie stellt es sich konkret dar? Für den Energieträger Wind geht es darum, dass Genehmigungsbehörden über Anträge auf Errichtung und Betrieb von – klimapolitisch zumindest in ihrer Summe7 – bedeutsamen Windenergieanlagen zu entscheiden haben. Hier kann es aber zu arten- schutzrechtlichen Konflikten kommen. So könnte beispielsweise ein im Vorhabengebiet ansässiges Exemplar einer besonders geschützten Vogel- art, mit der geplanten Windenergie- anlage kollidieren und dabei getötet werden. Die Genehmigungsbehörde muss dieses Kollisionsrisiko abschätzen und beurteilen, ob in der konkreten Situation ein Verstoß gegen das Artenschutzrecht vorliegt oder nicht. Allerdings steht ihr im Hinblick auf das besondere Artenschutzrecht, und speziell bezüglich des arten- schutzrechtlichen Tötungsverbotes, momentan kein rechtssicherer Geneh- migungsrahmen zur Verfügung. 6 So auch die Europäische Kommission (2020), S. 12: „Eine nachhaltigere Nutzung erneuerbarer Energien wird für die Bekämpfung des Klimawandels und des Verlusts an biologischer Vielfalt wesentlich sein.“ 7 Hofmann (2020), S. 26 f. o b E N I S t a u c h N u r u N t E N , a b E r h a lt v o N o b E N | 5 3

Aktuell strebt die Konferenz der Umweltminister des Bundes und der Länder (UMK) an, gemeinsam eine möglichst einheitliche Grundlage zur Beurteilung des artenschutzrechtli- chen Tötungsverbotes zu schaffen.8 Hierbei pressiert der Klimaschutz, aber auch ein Beschluss des Bundesver- fassungsgerichts9, der eine Entschei- dungsgrundlage für Behörden einfor- dert, die dem Eingriff in die Grund- rechte der Antragsteller gerecht wird. Es ist fraglich, ob die derzeitigen Konkretisierungsbeschlüsse, die bisher ohne Priorisierung für den Konfliktfall (Klimaschutz oder Artenschutz) und ohne rechtliche Verbindlichkeit ergehen10, der „Jahrhundertaufgabe Klimawandel“11 gerecht werden. Das Dilemma spiegelt sich in den unterschiedlichen Protokollerklärun- gen12 der Länder zur Sonder-UMK vom 11. Dezember 2020 wider, in der ein Rahmen zur Untersetzung des Tötungsverbotes beschlossen wurde und gleichzeitig notwendige Arbeits- schritte benannt wurden. Die Erklä- rungen bezeichnen eine Uneinigkeit von grundsätzlicher Natur. Bereits die Frage, ob ein Konflikt zwischen den Schutzgütern Biodiversität einerseits und Klima andererseits besteht, ist strittig. So betonen einige Bundes- länder13 die große Bedeutung des Klimaschutzes für den Planeten und gehen davon aus, dass eine Neujustie- rung des Verhältnisses unterschied- lichster Schutzgüter notwendig werde, um dem Klimaschutz und der bio- logischen Vielfalt gerecht zu werden. Andere14 wiederum betrachten die Schutzgüter Klima und biologische Vielfalt als untrennbar miteinander verwoben. Es müsse, nach ihrer Auffassung, eine naturverträgliche Ausgestaltung der Energiewende im Einklang mit Natur- und Artenschutz erzielt werden. 8 9 Umweltministerkonferenz Mai 2020 (Top4/6) https://www.umweltministerkonferenz.de/Presse.html. BVerfG, Beschluss vom 23. Oktober 2018 - 1 BvR 2523/13. https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/ Entscheidungen/DE/2018/10/rs20181023_1bvr252313.html. 10 Die Beschlüsse der Umweltministerkonferenz in Sachfragen entfalten keine unmittelbare Rechtswirkung. Startseite – Umweltministerkonferenz (UMK) 11 Mittlerweile ein durch Parteien und Verbände vielfach genutzter Ausdruck. Beispielsweise genutzt durch die Bundesregierung bereits im Jahr 2015 https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/europa/klimaschutz-ist-eine- jahrhundertaufgabe-454742. 12 UMK (2020a) S. 4. 13 Protokollerklärung der Länder Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Rheinland- Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein. 14 Protokollerklärung der Länder Bayern und Nordrhein-Westfalen. 5 4 | K 21

Welche Lösungs- vorschläge werden diskutiert? Ein Lösungsansatz besteht darin, das unterschiedliche Verständnis vom „Verhältnis Arten- und Klimaschutz“ auf ebenso unterschiedlichen Ebenen zu verwirklichen. Wird im Bereich des Artenschutzrechts stärker auf die dem Genehmigungsverfahren übergeord- nete Planungsebene gesetzt, können Konflikte antizipiert und möglichst vermieden werden, so dass Klima- und Artenschutz gemeinsam verwirk- licht werden können. Entsprechende Konzepte auf planerischer Ebene bieten Handlungsperspektiven. Stiftung Klimaneutralität und KmentGutachten Die Stiftung Klimaneutralität regt – unter Bezugnahme auf ein Rechtsgut- achten15 – an, einen „Windenergie-Bei- tragswert“ auszuweisen:16 Nur diejeni- gen Kommunen, die für die Windener- gienutzung mindestens Flächen in Höhe eines bestimmten Windenergie- Beitragswertes ausgewiesen haben, sollen den verbleibenden, sogenann- ten raumplanerischen Außenbereich von weiteren Windenergieanlagen freihalten können. Wollen die Gemein- den den Ausbau der Windenenergie weiterhin steuern, müssen sie also eine Planung leisten, die dem ihnen vorgegebenen Windenergie-Beitrags- wert entspricht. Werden diese Flächen für die Windenergie verbindlich aus - gewiesen, lassen sich die übrigen Flächen von der Windenergie freihalten. Im Rahmen dieser Ausweisung sollten dann artenschutzfachliche Vorschläge realisiert werden, wie beispielsweise die planerische Freihal- tung von Dichtezentren17 spezifischer Arten. Dadurch würde vermieden, dass Windenergieanlagen in Berei- chen gebaut werden, die für die Erhaltung einer Art ein besonderes Gewicht haben. Der Schutz der Population, als grundsätzliches Anliegen des Artenschutzrechts18, würde auf diese Weise berücksichtigt. 15 Kment (2020a). 16 Stiftung Klimaneutralität (2021), S. 2 f. 17 Hierzu grundsätzlich: KNE (2021); Lau (2021); Wegner (2021). 18 Auch der Individuenschutz zielt letztlich auf den Schutz der Population der Arten. Entsprechend dient die Vogelschutzrichtlinie in ihrer Gesamtausrichtung der „Erhaltung der wildlebenden Vogelarten“. o b E N I S t a u c h N u r u N t E N , a b E r h a lt v o N o b E N | 5 7

nicht überwunden werden. Erst wenn es um die Frage geht, ob eine Aus- nahme von den artenschutzrecht- lichen Verboten erteilt werden kann, können Aspekte des Klimaschutzes eine ausschlaggebende Rolle spielen. Das ist sowohl für eine verlässliche Planung langfristiger Treibhausgas- einsparungen als auch für eine private Investitionsentscheidung ein später und rechtlich unsicherer Moment, da die Behörde hier eine Einzelfall- entscheidung trifft, je nach vorliegen- der Konstellation. Da es aber der bislang einzige Anknüpfungspunkt für eine Neujustierung von Arten- und Klimaschutz dahingehend ist, dass im Genehmigungsverfahren die Popula- tion der betroffenen Art in die Prüfung einbezogen werden kann, sollte es im Bereich der Ausnahme weitere Konkretisierungsbemühungen geben. Aktuell stehen verschiedene Ansätze im Raum, die Ausnahme weiter zu konturieren. Durch die damit ange- strebte höhere Verlässlichkeit der behördlichen Genehmigungsent- scheidungen würden sich auch die Chancen erhöhen, die Klimaschutz- ziele zu erreichen. Wenn im konkreten Genehmi- gungsfall, trotz aller planerischer Bemühungen und Vermeidungsan- strengungen, artenschutzrechtliche Konflikte nicht ausgeschlossen werden können, werden Klima- und Artenschutz auf eine besondere Probe gestellt. Hier dürfte eine Neujustierung von Klima- und Arten- schutz, wie von einigen Ländern der Umweltministerkonferenz gefordert, notwendig werden. Es wird auch in Zukunft Konstellationen geben, in denen entweder dem Klima- schutz oder aber dem individuen- bezogenen Artenschutz Priorität einzuräumen ist.19 Jedoch bietet das besondere Artenschutzrecht wenig Raum, widerstreitende Interessen abzuwä- gen. Im derzeitigen Rechtsrahmen des besonderen Artenschutzes findet das Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien als Klima- schutz erst dann Beachtung, wenn eine Regelgenehmigung nicht erlangt werden kann, weil die artenschutz- rechtlichen Verbote entgegenstehen. Diese Verbote sind abwägungsfest, sie können aus Klimaschutzgründen 19 Vgl. Hofmann (2020), S. 8. 5 8 | K 21

Ausnahme und Populationsschutz Die Denkfabrik Agora Energiewende schlägt für die Genehmigungsebene vor, kurzfristig die Ausnahmeregelun- gen zu konkretisieren20 und zu erwei- tern. Generalisierte Ausnahmen von artenschutzrechtlichen Verboten in Form von Ausnahmeverordnungen sollen längerfristig den Ausbau großer Projekte ermöglichen. Parallel hierzu soll ein „Artenschutzfonds Windener- gie“ eingerichtet werden.21 In ähnliche Richtung22 tendieren der NABU-Bundesverband und die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen: Sie fordern, dass Ausnah- men möglich sein sollen, wenn gleichzeitig ein verlässlicher Schutz der Populationen durch Dichtezentren gewährleistet werde.23 Der Zustand der Population dürfe sich durch die Ausnahme nicht verschlechtern, dies sei zu monitoren.24 Die Dichtezentren können – im Rahmen der Ausnahmeprüfung – die Tatbestandsmerkmale des Ausnahme- grundes, der Alternativenprüfung und der Nichtverschlechterung des Erhaltungszustandes erleichtern und damit zu einer, in begrenztem Rahmen, erleichterten Ausnahmeprüfung insgesamt führen. Insoweit könnten Dichtezentren sich zumindest indirekt positiv auf die Ausnahmegenehmi- gung auswirken.25 Agora Energiewende regt an, den Populationsschutz (anstelle des Individuenschutzes) durch Ausnahme- verordnungen voranzutreiben.26 Diese sollen für alle Arten gelten und durch ein Artenschutzprogramm flankiert werden, um durch dieses Vorgehen auch aufwendige Kartierungen zu vermeiden.27 Es ist aber fraglich, ob diese dadurch tatsächlich vermieden werden können. In die Prüfung, ob eine Ausnahme vom Tötungsverbot 20 Agora (2020), S. 6; Zur besseren Handhabe dieser Regelung hat die Umweltministerkonferenz im Frühjahr 2020 ein entsprechendes Bundespapier beschlossen. UMK (2020). 21 Agora (2020), S. 41 f. 22 Ohne eine Lösung über eine Ausnahmeverordnung. 23 Krüger, Habeck, Krischer (2021), Vorschlag Nr. 5. 24 S. hierzu die KNE (2020). 25 Vgl. Lau (2021), S. 5 ff. 26 Agora (2020), S. 41, so auch Agatz (2020), S. 592. 27 Rückausnahmen für sehr seltene Arten und hochrangige Schutzgebiete sollen möglich sein. Agora (2020), S. 41. o b E N I S t a u c h N u r u N t E N , a b E r h a lt v o N o b E N | 61

erteilt werden kann, wird erst einge- stiegen, wenn feststeht, dass keine Regelgenehmigung erteilt werden kann. Um dies aber beurteilen zu können, sind artenschutzfachliche Prüfungen zum Kollisionsrisiko durchzuführen. Nach der Rechtspre- chung des Bundesverwaltungsge- richts28 gehören hierzu: die Prüfung artspezifischer Verhaltensweisen, der Häufigkeit der Frequentierung des durchschnittenen Raumes und der Wirksamkeit vorgesehener Schutz- maßnahmen. Hiernach müsste im Rahmen des Genehmigungsverfah- rens festgestellt werden, ob wind- energieempfindliche Vogelarten im Vorhabensgebiet vorkommen und sie durch die Vorhabensrealisierung, unter Berücksichtigung von Vermei- dungsmaßnahmen, einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko ausgesetzt wären. Erst wenn diese Frage bejaht wird, steht der Weg in die Ausnahmeprüfung offen. Ob bei einer „offensichtlichen“ Ausnahme lage der direkte Weg in die Ausnahme möglich wäre, müsste diskutiert werden. Eine Ausnahmeverordnung könnte die Ausnahmeerteilung für die Behörde vorbereiten und erleichtern, indem hier die gesetzlichen Vorgaben konkretisiert werden. Das bedeutet nicht, dass die Verordnung die Voraus- setzungen der Ausnahme umgehen kann.29 Ausnahmegrund, Alternativen- prüfung und die Nichtverschlechte- rung des Erhaltungszustandes müssen vorliegen beziehungsweise eingehalten werden. Um die Nichtver- schlechterung des Erhaltungszustan- des zu gewährleisten, müssten entsprechende Kenntnisse über die Datenlage30 bestehen, weshalb ein begleitendes Monitoring notwendig würde. Klärungsbedarf besteht auch dahingehend, inwieweit (staatliche) Artenhilfsprogramme zur Erreichung eines günstigen Erhaltungszustandes der betroffenen Arten, eine solche Ausnahmeverordnung flankieren können. Hier sind insbesondere Fragen der Finanzierung (Bund, Land oder Vorhabenträger) vertieft zu erörtern. Entsprechende populations- stützende Maßnahmen müssten ergriffen werden, um den kumulativen 28 vgl. BVerwG, Urteil vom 14.07.2011 – 9 A 12/10, Rn. 99. 29 Agatz (2020), S. 592. 30 Vgl. im Hinblick auf die FFHRL: EuGH, Urteil vom 10. Oktober 2019 − Rs. C674/17, Rn. 56. 6 2 | K 21

Wirkungen31 der Ausnahmeverord- nung zu begegnen. Beim Konzept der Ausnahmeverordnung ist jedoch zu bedenken, dass pauschalere Regelun- gen im Hinblick auf europäische Vogelarten leichter mit den euro- päischen Vorgaben in Konflikt geraten können.32 Diese Gefahr ist bei Einzelfallentscheidungen regel- mäßig geringer. Die Ausnahmeregelung bietet durchaus weitere Handlungsmöglich- keiten. Diese sind weder ausgeschöpft, noch sind sie bisher rechtlich ausdiffe- renziert worden. Speziell der in der Ausnahme vorgesehene Populations- ansatz sollte stärker dahingehend diskutiert werden, ob er geeignet sein könnte, Genehmigungen zu ermög- lichen und gleichzeitig den Arten- schutz, unter Berücksichtigung der klimawandelbedingten Veränderun- gen, voranzubringen. Um auch die Gerichte auf die bereits bestehenden und die zu entwickelnden Konkretisierungen zu verpflichten, wäre eine stärkere rechtliche Verbindlichkeit dieser Vorgaben sinnvoll. Die bisherigen UMK-Beschlüsse besitzen derzeit keine rechtliche Verbindlichkeit.33 Um ihnen zu mehr Durchsetzungs- kraft zu verhelfen und Genehmigungs- entscheidungen damit für das verwal- tungsgerichtliche Verfahren abzusi- chern, könnte ihre Rechtsnatur gestärkt werden. Entsprechend wird teils angeregt, die Vorgaben als normkonkretisierende Verwaltungs- vorschrift oder Rechtsverordnung auszugestalten.34 Nächste Schritte Grundsätzlicher Konkretisierungsbe- darf besteht weiterhin sowohl im Hinblick auf planungs- als auch auf genehmigungsrechtliche Vorschriften. Für den Kollisionsfall würde, speziell im Bereich der Ausnahmeregelung, eine Priorisierung des Klimaschutzes für zu bestimmende Fallkonstella- tionen zu mehr Rechtssicherheit führen. Wird allerdings in Kauf genom- men, dass einzelne Exemplare einer bestimmten Art zu Tode kommen, ist 31 Vgl. im Hinblick auf die FFHRL: EuGH, Urteil vom 10. Oktober 2019 − Rs. C674/17, Rn. 62. 32 33 S. o. Fn. 10. Im Hinblick auf die Ausnahme der FFHRL s. EuGH, Urteil vom 10. Oktober 2019 − Rs. C674/17, Rn. 41. 34 Hierzu u. a. Kment (2020), S. 326 f.; Fellenberg (2019), S. 185; Schulte/Wohlan (2020), S. 28 m. w. N. o b E N I S t a u c h N u r u N t E N , a b E r h a lt v o N o b E N | 6 3

zwingend für einen entsprechenden Ausgleich zu sorgen, indem die Popu- lation gestärkt und dessen Entwick- lung systematisch beobachtet wird. Es würde zudem für mehr Rechts- sicherheit sorgen, wenn den Konkreti- sierungen der gesetzlichen Normen mehr rechtliche Durchschlagskraft zukäme, indem sie eine Aufwertung im Sinne von normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften oder Rechts- verordnungen erlangten. Dies würde auch einer momentan sehr hetero- genen Rechtsprechung35 in diesem Bereich vorbeugen, die Genehmigun- gen rechtssicherer machen und die Entscheidungsträger auf ihre origi- nären Aufgaben verpflichten. Es sollte nicht in den Verantwortungsbereich von Planungsgemeinschaften, Geneh- migungsbehörden und letztlich Gerichten verlagert werden, die „Jahrhundertgabe Klimaschutz“ zu lösen. 35 Im selben Jahr entschied das VG Gießen abschlägig zu einer Ausnahme, während das VG Wiesbaden die Ausnahme in einem Fall, der ebenfalls die Windenergie betraf als rechtmäßig einschätzte. VG Wiesbaden, Urteil vom 24. Juli 2020, 4 K 2962/16 WI; a. A. VG Gießen, Urteil vom 22. Januar 2020. K N E - KO N G R E S S K N E - V I D E O K N E - P U B L I K AT I O N Ü B E R D I E AU T O R I N Die Volljuristin Dr. Silke Marie Christiansen, LL.M. hat an der Humboldt Universität zu Berlin studiert und ebenfalls in Berlin ihr Rechtsreferendariat absolviert. Sie hat einen Masterabschluss in Umweltrecht der Leuphana Universität Lüneburg, wo sie auch promoviert wurde. Seit März 2018 ist sie im Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende tätig und leitet dort das Rechtsreferat. 6 4 | K 21

E nergiewende und Fledermäuse – das ist ein emotionsgeladenes, streitbares Themenfeld. Der Ausbau der erneuerbaren Energiequellen muss jedoch nicht zu Lasten dieser äußerst erfolgreichen und weltweit verbreiteten Tiergruppe gehen. Bereits jetzt sind Verfahren zur Abmilderung der Effekte wie des Schlags von Fledermäusen oder des Lebensstättenverlustes bekannt. Viele Fragestellungen bedürfen aber noch einer vertieften Beschäftigung. Dennoch können unter Einbezug von aktuellem Wissen und dessen Ausbaus konsensfähige Lösungen gefunden werden, um den oft als Grün-Grün-Dilemma qualifizierten Konflikt zu entschärfen. Wenige Themen werden aktuell so kontrovers und emotional diskutiert, wie das Ermöglichen der – zwingend erforderlichen – Energiewende und deren Auswirkungen auf die Natur. In diesem Spannungsfeld von Stakehol- dern, Artenschutz und Forschung ist es allzu oft schwer, das konkrete Ziel nicht aus den Augen zu verlieren und leider werden häufig Stellvertreterdis- kussionen geführt. Eine gute, offene und vor allem faktenbasierte Kommu- nikation ist hierbei generell der Schlüssel zu einem gemeinsamen Weiter kommen. Betrachtet man die Mechanismen der Kommunikation dieses Komplexes, so zeigen sich die Fledertiere als für ebendiese. ideale Modelle Je versteckter Tiere leben, umso mehr spricht man über sie mit Meta- phern und Vergleichen. Gerade die Gruppe der Fledertiere ist hiervon besonders betroffen. Auch wenn Fle- dertiere schon seit Urzeiten zusam- men mit uns Menschen leben und man wohl auch sagen könnte, dass zuerst wir Menschen als Untermieter bei den Fledertieren eingezogen sind, als wir in Urzeiten Höhlen als Lebens- raum entdeckten, sind diese nacht- aktiven Bewohner unserer Städte und Wälder über lange Phasen dämonisiert und ausgegrenzt worden. Die erfolgreichste Säuge- tiergruppe im Einfluss des Menschen Unzählige Mythen und Sagen ranken sich um diese Tiere, die mit dem Teu- fel paktieren sollen und sich im besten Fall angeblich nur in unseren Haaren verheddern. Auch wenn wir heute einen deutlich tieferen Einblick in die Lebensweise und Ökologie dieser fas- 6 8 | K 21

zinierenden Tiere haben, hängt ihnen immer noch eine gewisse Schaurigkeit an. Dabei handelt es sich bei der Tier- ordnung der Fledertiere (Chiroptera) um eine der erfolgreichsten Ordnun- gen auf unserem Planeten. Zusammen mit den Flughunden (Megachiroptera) bilden die bei uns verbreiteten Fleder- mäuse (Microchiroptera) eine hoch- diverse, weltweit verbreitete Tierord- nung mit über 1.400 beschriebenen Arten, die gemessen an der Gesamt- zahl von nahezu 6.500 weltweit bekannten Säugetierarten (Burgin et al. 2018) höchst erfolgreich ist, und das seit Jahrmillionen. Nicht nur, dass diese nachtaktiven Tiere die einzigen zum aktiven Flug befähigten Säuge- tiere sind, übernehmen sie vor allem wichtige Ökosystemfunk tionen in nahezu allen bekannten Ökosystemen in ihrem Verbreitungsgebiet. Neben der Bestäubung von Pflanzen und der Verbreitung derer Samen, sind Fleder- mäuse systemrelevante Akteure der biologischen Kontrolle verschiedener Insektenarten mit höchstem Einfluss auf die Vitalität von Wäldern und sogar von Agrarkulturen und dienen somit indirekt auch dem Klimaschutz. Ihre Stellung im Gesamtsystem als Binde- glied zwischen den unterschiedlichs- ten Faktoren für die Funktion und Agi- lität von Ökosystemen ist hierbei von zentraler Bedeutung und macht sie im Zusammenwirken aller beteiligten Tier- und Pflanzenarten zu wichtigen Zei- gern für den Zustand dieser Systeme. In der Mitte des vergangenen Jahr- hunderts wurden die europäischen Fledermausarten vor allem durch die Industrialisierung der Landwirtschaft und durch den massiven und unbe- grenzten Einsatz von Pestiziden nahezu ausgerottet. Fledermäuse sind in Europa bis heute aber nicht nur durch agrarökonomische Prozesse gefährdet. Die über Jahrzehnte andau- ernde Ausbeutung mitteleuropäischer Wälder hat einen massiven Quartier- verlust mit sich gebracht, der sich nicht nur auf Insektensozietäten, son- dern auch auf die, bei ihrer Quartier- suche auf den Standort Wald angewie- senen Tiergruppe bemerkbar macht. Immer mehr Wälder sind zudem durch Infrastrukturmaßnahmen zerschnit- sodass auch Barriereeffekte ten, (Kerth und Melber 2009) eine immer größere Rolle spielen. Die im Rahmen der Einsparung von Energie notwen- dige Thermo-Sanierung von Gebäu- den führt in Städten und Gemeinden zu immer stärkeren Quartiersverlus- ten und zuletzt erleben wir aktuell wieder eine vorschnelle „Hexenjagd“ auf Fledermäuse bei der Diskussion über die Ursprünge der Covid-19-Pan- demie [Voigt 2020]. Für viele dieser Effekte kennen wir heute Vermei- f l E d E r m a u S l a N d | 6 9

VOM BALTIKUM BIS AN DIE ALGARVE Eine der kleinsten europäischen Fledermausarten ist zugleich die Art mit dem ungebrochenen Streckenrekord bei der Distanz zwischen Sommerlebensraum und Winterverbreitungsgebiet. Die zu den Zwergfledermäusen gehörende Rauhautfledermaus ist europaweit verbreitet, hat ihren Verbreitungsschwerpunkt im Sommer jedoch im Baltikum. Von dort zieht die Art mit der Größe einer Streichholzschachtel jeden Herbst bis an die Atlantikküste Portugals, in einem breitbandigen Zuggeschehen quer über Europa hinweg und vice versa im Frühjahr. Damit ist sie Rekord halter bei der Fernstreckenmigration. Durch ihren mittelhohen Flug im freien Flugraum zählt die Art zu den häufigsten Schlagopfern von Fledermäusen an Windenergieanlagen. Gerade auf der Reise vom Baltikum in den Südwesten verunglücken im Herbst sehr viele der Tiere an Windenergieanlagen im Küstenbereich, aber auch im Binnenland. dungsstrategien oder Mitigationsmaß- nahmen. Wir können getrennte Struk- turen mit bautechnischen Elementen entschneiden und so die Migration und damit den Genfluss und die Erschließbarkeit von Lebensräumen wieder ermöglichen. An Gebäuden können wir Ersatzquartiere schaffen, sodass eine Koexistenz von Menschen und Fledermäusen weiterhin möglich ist. Es entstehen waldbauliche Kon- zepte, die die essenzielle Funktion von stehendem Totholz und von stark strukturierten Beständen wieder in den Fokus forstlicher Aktivitäten stel- len. Der Fledermausschutz der ver- gangenen Jahrzehnte kann in vielen Bereichen – mit aller gebotenen Vor- sicht – als Erfolgsgeschichte beschrie- ben werden. Es gibt jedoch auch Bereiche, in denen wir auch heute noch „auf Sicht“ navigieren. Hierzu gehört aktuell der Umgang mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien. 70 | K 21

Windenergie und Fledermausschutz Fledermausschutz war schon früh ein zentrales Thema, neben dem Schutz der Avifauna, bei Errichtung und Betrieb von Windenergieanlagen (WEA) (Dürr und Bach 2004). Langjährige bun- desweite Untersuchungsvorhaben, wie RENEBAT (u. a. Behr et al. 2011), liefer- ten wichtige Hinweise für einen Betrieb der WEA unter Einbezug artenschutz- rechtlicher Erfordernisse. Die Ergeb- nisse dieser Untersuchungen haben Werkzeuge für die Genehmigungspro- zesse von Windenergieanlagen entste- hen lassen, die sogenannte „fleder- mausfreundliche“ Betriebszustände von WEA berechnen. Die Fragestellung des Einflusses der Nutzung der Wind- energie im Wald konnte dank umfas- sender Untersuchungen (Hurst et al. 2016) in Grundzügen abgeschätzt wer- den und zeigt eine hohe Artspezifität, auf Grund derer Langzeiteffekte noch untersucht werden. Weitere Anlagen- typen zur Erzeugung von erneuerbarer Primärenergie, wie Photovoltaik-Anla- gen, Biogas-Reaktoren oder Wasser- kraftwerke, haben nach aktuellem Stand des Wissens keine direkten betriebswirksamen Einflüsse auf Fle- dermäuse, wohl aber wiederkehrend durch die mit ihrer Errichtung einherge- henden Flächen- und Strukturverluste. Aktuelle Studien untersuchen die Raumnutzung von Fledermäusen in der Nähe von Windenergieanlagen und versuchen somit die Risiken, die Fledertieren an ihnen drohen, zu iden- tifizieren und damit zu minimieren. Die Risiken sind dabei von so vielfälti- ger Natur, dass direkte Zusammen- hänge bei der Entwicklung von Fleder- mauspopulationen nicht immer ein- fach erkennbar sind. Es gibt heute eine Vielzahl technischer Möglichkei- ten, um die Aktivität von Fledermäu- sen im Gefährdungsbereich vermittels biokaustischer Verfahren, Thermogra- fie oder Lasersystemen zu erfassen. Regelmäßig lassen diese Untersuchun- gen jedoch keine Rückschlüsse auf die realen Anzahlen aktiver Individuen zu. Zusätzlich können wir die tatsächliche Anzahl von Schlagopfern an WEA häu- fig nur schätzen. Um diesen Konflikten während des planerischen Verfahrens zu entgehen, haben sich in der Praxis Abschaltungen von WEA zugunsten von Fledermäusen durchgesetzt (Lin- demann et al. 2018). Hierbei ist aber immer zwischen lokalen Populationen, die sich wiederkehrend und regelmäßig während des Sommerhalbjahres im Bereich von WEA aufhalten, und soge- nannten ziehenden Arten, welche periodisch vor allem im Frühjahr und im Herbst an lokalen WEA auftreten, zu unterscheiden. Vor allem diese f l E d E r m a u S l a N d | 71

auch die Erneuerung der Erzeugerstruktur von Primärenergie mit einbeziehen müssen. Für den Zubau von neuen Trägern der Primärenergie sind aber neben den naturschutzrechtlichen Überlegungen technische Aspekte und vor allem die Akzeptanz in der Bevölkerung von immenser Wichtigkeit für den Erfolg dieser gesellschaftspolitischen Aufgabenstel- lung. In diesem Spannungsfeld agie- ren Behörden, Stakeholder und nicht zuletzt die Naturschutzverbände. Aktuelle Untersuchungen (Hübner et al. 2020) betonen die hohe Relevanz, die die Akzeptanz innerhalb der Bevöl- kerung für die Umsetzung der ener- giepolitischen Vorhaben hat. So umfassend die Aufgabenbereiche die- ser Anstrengung sind, sollte die Maxime immer auf der Beteiligung aller Interessensgruppen liegen. Wie kann man diesem Grün-Grün- Dilemma also erfolgreich entgegentre- ten? Vereinfacht gesagt durch die Schaffung von Evidenzen und eine Versachlichung der Diskussion. Die Belange des Artenschutzes sind – nicht zuletzt unter dem Gesichtspunkt des aktuellen Artenschwundes – eine ebenso zentrale gesellschaftliche Auf- gabe wie die Energiewende. Diese bei- den Herausforderungen dürfen aber nicht gegeneinander ausgespielt wer- den. Ein „wichtig“ oder „weniger wich- ziehenden Arten, wie die Rauhaut- fledermaus oder der Große Abend- segler, gehören in Deutschland zu den häufigsten an WEA tot aufgefundenen Fledermausarten (Dürr 2020). Deutlich weniger Arbeiten beschäf- tigen sich mit dem Einfluss von WEA auf die Lebensstätten der Fleder- mäuse. Untersuchungen zur Nutzung der Windenergie im Wald (Hurst et al. 2016) verdeutlichen jedoch die durch diese entstehenden Effekte des Raumverlustes in Gebieten, in denen Fledermauskolonien leben. Das Grün-Grün-Dilemma, das keines sein muss Es ist ein unbestrittener gesellschafts- politischer Konsens, dass wir eine weltweite Energiewende benötigen. Dass diese mit entsprechenden Ein- flüssen auf Ökosysteme und auch auf die von uns schon stark überprägte Umwelt einhergeht, ist bekannt. Wir befinden uns aber auch in einer Phase des extremen weltweiten Artenverlus- tes, der sich noch weiter beschleunigt (Ceballos et al. 2015). Diese Biodiversi- tätskrise betrifft immer mehr multi- funktionale Ökosysteme und die Mit- glieder dieser Biozönosen. Auch Fleder mäuse sind hiervon nicht aus- genommen (Thompson et al. 2017), sodass wir sie in die Betrachtungen für 7 2 | K 21

DER WALD ALS RÜCKZUGSORT Die Bechsteinfledermaus wird regelmäßig als die heimische Waldfledermausart bezeichnet. Diese an vor allem alte strukturreiche Wälder angepasste Fledermausart lebt in mittelgroßen Kolonien in einer Vielzahl von unterjährig genutzten Tagesquartieren. Die Quartierkomplexe der Bechsteinfledermaus in unseren Wäldern sind hierbei stark heterogen. Bioakustisch ist die Art nur schwer nachweisbar, sodass sie bei Erfassungen im Bereich von Windenergieanlagen häufig sicher unterrepräsentiert wird. Als eng strukturgebundene Art, die sich an Vegetationsrändern entlang bewegt, stellen Windenergieanlagen für sie deutlich seltener ein direktes Kollisionsrisiko dar. Umso mehr ist die Bechstein- fledermaus durch Habitatverlust und Fragmentierung, wie sie beim Bau von Windenergieanlagen in Wäldern unvermeidbar entstehen, betroffen. Sie ist somit eine „stille“ Vertreterin der beim Bau von Windenergieanlagen im Wald häufig zu wenig beachteten Arten. tig“ können wir uns nicht leisten und eine solche Kategorisierung wäre auch nicht zielführend. Auch für den Fokus auf einzelne Gefährdungen ist es zu spät, wir müssen auf Dauer zum Schutz der Fledermäuse alle Gefähr- dungsursachen lösen. Gemeinsame moderierte Dialoge, die offene Kom- munikation und die klare Benennung der jeweiligen Ziele sind wichtige Schritte zum gemeinschaftlichen Errei- chen beider Zielsetzungen. Zur Kom- munikation dieser Anliegen ist ein abgestimmtes, ebenbürtig verwende- tes Vokabular essenziell. Denn gerade die unterschiedliche Verwendung der- selben Begriffe sorgt immer wieder für Dissens. Grundsätzlich ist die Energie- wende 2050 nach aktuellen Modellen erreichbar (von Haaren 2018), bedarf aber vieler Akteure und einer breit- f l E d E r m a u S l a N d | 7 3

bandigen Denkweise. Es wird deutlich gezeigt, dass die Energiewende einen Energiemix braucht, der nicht nur aus einer Quelle erneuerbarer Energien gespeist wird. Hierbei spielt vor allem die Photovoltaik eine erheblich stär- kere Rolle als heute. Der Ausbau der Windenergie wird nicht zuletzt auf Grund räumlicher Widerstände auf der einen und auf Grund arten- schutzfachlicher Bedürfnisse auf der anderen Seite als deutlich komplexer angesehen. Es steht also die Frage im Raum, ob das Grün-Grün-Dilemma gerade bei Fledermäusen und Wind- energie zu einem gordischen Knoten mutieren muss, den man nicht final lösen kann. Auch wenn noch vertie- fende Forschung zur Schaffung von Evidenzen hinsichtlich der Koexistenz von WEA und Fledermäusen notwen- dig ist, ist bereits ein umfassender Satz an grundlegenden Stellschrau- ben vorhanden, die es erlauben, bedarfsgerecht für die zentralen Akteure im Spannungsfeld zu agieren. Nicht zielführend kann es jedoch sein, wenn wir die vorhandenen Stell- glieder mit ihrem nachvollziehbaren Wechselspiel um weitere – bisher nicht ausreichend untersuchte – ergänzen wollten. Die Vergrämung von Fledermäusen im Bereich von WEA kann zum Beispiel nicht als adäquates Mittel zur Mitigation ange- ist sehen werden. Neben den arten- schutzrechtlichen Ausschlusskriterien für solche Maßnahmen stehen auch ethische Überlegungen deren Einsatz gegenüber. Es fraglich, ob es als adäquates Element angesehen werden kann, den Schutz von Tier- arten durch die Entwertung ihres Lebensraumes anzustreben, wenn man durch gezieltere Anpassung der Betriebsparameter von WEA einen größeren Erfolg erzielen kann. Gene- rell sollte der Schutz der Lebens- räume der Fledermäuse wieder ein stärkeres Gewicht erhalten und Aus- baupläne für die Nutzung der Wind- energie sich daran entsprechend orientieren. vergleichend Letztlich bleibt die Aufgabe, kom- promissbereit aufeinander zuzugehen. Dies kann durch die Formulierung zentraler Erfordernisse geschehen. Für den Betrieb von WEA kann durch die Benennung von Mindestrenditen den Artenschutzbelangen nach deren Monetarisierung zur Seite gestellt werden. Es müssen also gemeinsame Termini etabliert werden, um Entscheidungen auf vergleichba- rem Skalenniveau treffen zu können. Dieses beinhaltet die Umsetzung der Effektabschätzung auf Populations- ebene, die entsprechend greifbar werden muss. Vorhandene Daten müssen der Forschung zur Verfügung 74 | K 21

stehen und mit aktuellen Möglichkei- ten ausgewertet und bewertet werden können. Dies kann durch weitere Monitorings ergänzt werden und uns in der Diskussion um die Wirkung des Betriebs von Windenergieanlagen auf Fledermäuse deutlich voranbringen. Trends und Effekte können entspre- chend abgeleitet und einbezogen wer- den. Schwellenwerte, als Basis für die Herleitung von Cut-Ins, müssen unter Einbezug aller gewonnenen Daten wiederkehrend neu bewertet und unter Einbezug juristischer Expertise fest gelegt werden. regenerativer Fledermäuse sind nicht nur für ökologische Fragestellungen ein wich- tiger Gradmesser, sondern auch für den notwendigen weiteren Ausbau der Nutzung Energien, deren erfolgreiche Weiterentwicklung ein essenzieller Schritt für eine lebenswerte Zukunft darstellt, ebenso wie der Erhalt der Biodiversität. Beide Ziele sind nur in gemeinsamer An stre- ngung erreichbar, die aber im Rahmen der bestehenden Möglichkeiten und des Willens zur regelmäßigen Über- prüfung von Paradigmen umsetzbar ist. W I S S E N S W E R T E S Ü B E R F L E D E R M ÄU S E Ü B E R D I E AU T O R E N Dipl.-Biol. Markus Melber, Vorsitzender des BVF, forscht seit langem zur Ökologie von Fledermäusen, mit einem Schwerpunkt im Bereich der Auswirkung von Fragmentierung auf das Raumnutzungsverhalten der Fledermäuse. Im BVF ist er zudem als einer der Sprecher des Arbeitskreises Windenergie tätig. Neben der Artikulation der Verbandsziele ist er regelmäßig beratend unter anderem für das Bundesamt für Naturschutz und das Adivsory Commitee von EUROBATS tätig. Dr. Volker Runkel (Dipl.-Biol.) beschäftigt sich seit Mitte der 1990er Jahre mit Fledermäusen, deren Ökologie und speziell ihrer Echoortung. Im Rahmen seiner Promotion hat er wegweisende Erfindungen zur automatischen akustischen Erfassung und Bestimmung von Fledertieren auf den Weg gebracht. Durch diese war die Erforschung von Fledermäusen an Windenergieanlagen überhaupt erst in aktueller Form möglich. Als Experte berät er den BVF. f l E d E r m a u S l a N d | 7 5

E in Repowering von Altanlagen durch leistungsstärkere Windenergieanlagen ist zur Erreichung der Klimaschutzziele unabdingbar. Dabei sehen sich heute viele alte Standorte strengeren Anforderungen bezüglich des Natur- und Artenschutzes bei den Genehmigungsverfahren gegenüber. Gleichwohl muss dabei berücksichtigt werden, dass sich die Ökosysteme entsprechend angepasst haben. Der Autor und die Autorin geben einen Einblick in die Herausforderungen und Problematik. Das Repowering von Windenergieanlagen ist in den letzten Jahren nicht nur durch die Schaffung des § 249 Abs. 2 Baugesetzbuch (BauGB) in den Fokus gerückt. Viel- mehr werden viele Projektierer bereits seit einiger Zeit aufgrund des Ablaufs der Entwurfslebensdauer ihrer vor 20 bis 25 Jahren erbauten Windenergieanlagen mit Fragen zur möglichen Weiternutzung der Standorte konfrontiert. Eine Option wäre der Weiterbetrieb der bestehenden Anlage, sofern dieser möglich und wirtschaft- lich sinnvoll ist. Der häufigere Wunsch, auch vor Ablauf der Entwurfslebensdauer, geht hingegen zu einem Repowering. Aber viele Standorte, die in der Vergangenheit realisiert wurden, sehen sich heute verschärften Anforderungen unter anderem des Arten- und Naturschutzrechts gegenüber, denen sich Repoweringprojekte im Rahmen eines (Neu-)Genehmigungsverfahrens stellen müssen. Dabei kann das Repowering von Altanlagen bei genauerer Betrachtung durchaus eine Chance zur Verbesserung des Miteinanders von Windenergie und Naturschutz bieten. Status quo – Keine Privilegierung für Repowering-Vorhaben Die Erleichterung des Repowerings wurde zuletzt offensiv von den Fachverbänden gefordert1 und auch durch die Politik regelmäßig zum Ziel erklärt, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu fördern.2 So rief erst im Dezember letzten Jahres die Umweltministerkonferenz die Amtschefs der Umweltressorts von Bund und Län- dern dazu auf: „Zum Repowering sollen Lösungsvorschläge auch insbesondere im Hinblick auf Verfahrenserleichterungen einschließlich der Schaffung verbesserter 1 2 So beispielsweise: BDEW: „Windenergiestandorte erhalten – Repowering ermöglichen“, Positionspapier vom 24. November 2020. Besprechung der Bundesregierung mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 17.Juni 2020, Top 4.1: Umsetzung Energiewende: Ausbau Erneuerbarer Energien bis 2030, abgerufen unter: https://www.bundesregierung.de/ resource/blob/997532/1761550/f83f0a3b5aba7ecfe3a4b41e06fa5a2c/2020-06-17-energiewende-data.pdf?download=1. 7 8 | K 21

allgemeiner Rahmenbedingungen entwickelt werden.“3 Allerdings bringt dieser Auf- ruf auch zum Ausdruck, dass es derzeit noch an den dringend erforderlichen und im Ergebnis privilegierenden Regelungen für das Repowering fehlt. Neuer Vorstoß der Bundesregierung zum Repowering Die Bundesregierung hat jedoch einen ersten Vorstoß durch einen neuen Gesetzes- entwurf gewagt. Der Entwurf sieht vor, einen § 16b in das BundesImmissions schutz gesetz (BImSchG) aufzunehmen.4 Der neue § 16b Abs. 1 BImSchG soll hier- nach lauten: „Wird eine Anlage zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Ener- gien modernisiert (Repowering), müssen im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nur Anforderungen geprüft werden, wenn durch das Repowering nachteilige Aus- wirkungen hervorgerufen werden können und diese für die Prüfung nach § 6 erheblich sein können. Auf einen Erörterungstermin soll verzichtet werden.“5 Der vorgesehene § 16b Abs. 1 BImSchG enthält zum einen eine Legaldefinition des Begriffs „Repowering“ für alle ErneuerbareEnergienAnlagen – und geht damit in seiner Relevanz sogar über die Belange der Windenergie hinaus! Zum anderen stellt der Gesetzgeber klar, dass die Prüfung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens auf die nachteiligen Umweltauswirkungen begrenzt wird, die durch das spezifische Repo- weringvorhaben hervorgerufen werden. Damit würde der Prüfungsmaßstab des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens im Rahmen eines Repowe- rings unter Umständen erheblich begrenzt. Welche Auswirkungen für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 BImSchG erheblich sind, lässt der Gesetz- geber aber nach wie vor offen. Würde man sich insoweit am Anwendungsbereich der „wesentlichen Änderung“ des § 16 BImSchG orientieren, der ebenfalls von erhebli- chen nachteiligen Auswirkungen spricht, wäre unter Umständen nicht viel gewonnen, da die Vergangenheit gezeigt hat, dass die Frage der Wesentlichkeit durchaus unter- schiedlich beantwortet wurde. Zudem würde sich die Frage stellen, welchen Gewinn die Aufnahme des § 16b BImSchG dann überhaupt bringen soll. Der Gesetzgeber ist also dazu aufgerufen, an dieser Stelle noch einmal nachzuschärfen. 3 4 Beschluss zur Sonder-Umweltministerkonferenz am 11. Dezember 2020: „Windenergie und Artenschutz: Erarbeitung eines Signifikanzrahmens“, Ziff. 7 Anstrich 1, S. 2. Gesetzesentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung von Vorgaben der Richtlinie (EU) 2018/2001 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen […]“, Kabinettentwurf 03.12.2020, Art. 1 Ziff. 3 „Änderung des BundesImmissionsschutzgesetzes“, abgerufen unter: https://www.bmu.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/ Glaeserne_Gesetze/19._Lp/whg_aenderung/Entwurf/whg_gesetzentwurf_zweite_aenderung_bf.pdf. 5 Gesetzesentwurf der Bundesregierung v. 03.12.2020. d E r a N f a N g E I N E r Z u k u N f t | 81

Was bedeutet das für den Artenschutz? Klar ist somit, dass das letzte Wort über diesen Gesetzesentwurf noch nicht gesprochen ist – indes ist die Tendenz durchaus zu begrüßen. Doch was genau bedeutet die geforderte Privilegierung für den Naturschutz? Und welche Möglich- keiten und Ansätze bieten sich bereits jetzt, um einen guten Ausgleich zwischen Repoweringvorhaben und Naturschutzbelangen zu erreichen? Grundsätzlich gilt für Repoweringvorhaben, dass diese als Neuanlage genehmigt werden müssen (§ 4 BImSchG). Damit wird das gesamte Prüfprogramm des § 6 BImSchG eröffnet. Zu einer umfassenden Prüfung der Genehmigungsvorausset- zungen nach § 6 BImSchG gehört damit auch, dass das Vorhaben gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG mit öffentlichrechtlichen Vorschriften vereinbar sein muss. Und damit nicht nur mit Denkmalschutz-, Bauplanungs- oder Landschaftsschutzrecht, sondern auch und vor allem mit artenschutzrechtlichen Vorschriften. Prüfung des Tötungsverbots bei Repoweringvorhaben § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, wonach es verboten ist, wild lebende Tiere der beson- ders geschützten Art zu töten, gilt damit auch bei der Prüfung der Zulässigkeit von Repoweringvorhaben an Standorten, an denen sich in den letzten 25 Jahren bereits Rotoren drehten. Die höchstrichterliche Rechtsprechung knüpft bei der Frage, ob gegen das Tötungsverbot durch den Betrieb einer Windenergieanlage verstoßen wird, an den Umstand an, ob das Tötungsrisiko für die besonders geschützte Art durch den Betrieb der Anlage signifikant erhöht wird.6 Sie trägt mit dieser werten- den Betrachtung dem Umstand Rechnung, dass auch für Tiere der besonders geschützten Art ein natürliches Tötungsrisiko besteht und ein solches somit auch dann als hinnehmbar einzustufen ist, wenn es durch den Menschen verursacht wird und einzelne Individuen betrifft.7 Die Signifikanzschwelle ist nach der Recht- sprechung des Bundesverwaltungsgerichts folglich dann nicht überschritten, wenn das Tötungsverbot in dem Risikobereich verbleibt, der mit dem konkreten Vorha- ben im Naturraum immer verbunden ist.8 6 7 8 BVerwG, Urteil v. 14.07.2011 (9 A 12.10). BVerwG, Urteil v. 06.04.2017 (4 A 16/16); Urteil v. 10.11.2016 (9 A 18/15). BVerwG, Urteil v. 10.11.2016 (9 A 18/15). 8 2 | K 21

Die Frage, welcher Vergleichsrahmen nun bei der Genehmigung eines Repowe- ringvorhabens herangezogen werden muss, böte schon heute die Möglichkeit, die Besonderheiten eines Repowerings und die damit möglicherweise einhergehenden Verbesserungen für das vorhandene Ökosystem im Sinne einer saldierenden Betrachtung zu berücksichtigen. Denn wenn es maßgeblich auf die naturräumli- chen Besonderheiten vor Ort ankommt, so kann im Genehmigungsverfahren nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich das Ökosystem in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten um die Bestandanlagen herum gebildet und entsprechend angepasst hat. Klärungsbedürftig ist damit, welcher Vergleichsmaßstab beim Repowering her- anzuziehen ist, und ob die Bestandsanlagen dabei ebenso als Teil des geschlosse- nen Ökosystems verstanden werden müssen, welches an den Anlagenstandorten besteht. Hierfür spricht vor allem, dass bei der Bewertung des Naturraums nicht auf einen Zustand abgestellt werden kann, der vor gut 25 Jahren existierte, als die Bestandanlagen noch nicht gebaut waren. Fachgutachten werden sich zudem schwer damit tun, die Bestandanlagen bei Erfassung und Bewertung des Natur- raums außen vor zu lassen, gerade wenn es sich um einen Bestandswindpark mit vielen Anlagen handelt, und diese die Entwicklung des Naturraums in den letzten Jahren maßgeblich mitgeprägt haben. So können Bestandsanlagen adäquat in der Bewertung des Tötungsrisikos am Standort von Repoweringanlagen berücksichtigt werden. Allerdings darf dabei auch in offenkundigen Konfliktfällen nicht unterstellt werden, dass das Risiko im Lebensraum von vornherein hoch (und deshalb gleich- sam nicht mehr schutzwürdig) und aus diesem Grund eine weitere Erhöhung des Risikos hinzunehmen sei.9 Diskutiert wird nun, ob das Repoweringvorhaben bereits zuzulassen ist, wenn die artenschutzrechtliche Situation nach dem Repowering zwar weiterhin proble- matisch sein könnte, jedoch zumindest (aufgrund von Standortverschiebung oder Veränderung der Anlagenhöhe) eine Verbesserung gegenüber der Bestandssitua- tion mit sich bringen würde. Im Klartext: Es stellt sich die alles entscheidende Frage, ob eine Verbesserung des bestehenden Zustands ausreicht, um die Zulässigkeit des Repowerings zu bejahen. Das Verwaltungsgericht (VG) Leipzig hat dies bereits angenommen. Es sah als entscheidend an, dass sich mit dem Repowering der Abstand zwischen einem Rot- 9 So vor allem: BVerwG, Urteil v. 10.11.2016 (9 A 18/15), wonach auf ein allgemeines Risiko und nicht auf ein bereits anderweitig gesteigertes Risiko bei der Frage abzustellen ist, ob das Tötungsrisiko signifikant erhöht werde. Allerdings hat das BVerwG den speziellen Fall des Repowerings in diesem Zusammenhang so noch nicht entschieden. d E r a N f a N g E I N E r Z u k u N f t | 8 3

milanhorst und der Windenergieanlage vergrößert habe und es damit zu einer Absenkung des Tötungsrisikos kommen würde.10 Damit sah das VG auch den Umstand, dass die repowerte Anlage höher als die Bestandanlage sein werde, als unschädlich an.11 Das Verwaltungsgericht zog demnach einen Vergleich zwischen der Abstandssituation zwischen Horst und Windenergieanlage einerseits vor und ande- rerseits nach dem Repowering und blendete in der Bewertung die Bestandsanlagen nicht aus, sondern berücksichtigte diese als maßgeblichen Naturraum vor Errich- tung des konkreten Vorhabens. Auch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Bautzen hat die der Entscheidung zugrundeliegenden Erwägungen des VG Leipzig bestätigt.12 Es hat es für die artenschutzrechtliche Zulässigkeit eines Repoweringvorhabens als ausreichend erachtet, wenn sich das Repowering im Vergleich zur Bestandssituation günstiger bzw. positiv auf die betreffenden Arten auswirken würde.13 Anders entschieden hat hingegen das OVG Greifswald, welches das Repowering- vorhaben als Neuanlage bewertet wissen will, ohne dabei die Bestandssituation in den Blick zu nehmen, und damit sogenannte „Differenzbetrachtungen“ ausschließt.14 Das OVG stellte klar, dass es eine solche Betrachtung und damit die Annahme eines faktischen „Belastungsbestandschutzes“ in Hinblick auf die bereits bestehenden Anlagen nicht mit der nach § 6 BImSchG erforderlichen umfassenden Prüfung bei Repoweringvorhaben vereinbar sei.15 Eine einheitliche oberverwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zu der arten- schutzrechtlichen Bewertung von Repoweringvorhaben ist somit derzeit nicht absehbar. Obwohl eine Saldierung nach den aktuellen Vorgaben schon heute mach- bar ist und im Einzelfall gerichtlich unbeanstandet bleibt, zeigt sich an der Haltung etwa des OVG Greifswald der Bedarf einer einheitlichen Anwendung des Rechts und hieraus folgend das Erfordernis einer klaren gesetzlichen Regelung. Diesen Anforderungen dürfte der aktuelle Gesetzesentwurf zur Aufnahme des § 16b BImSchG erkennbar nicht gerecht werden. 10 VG Leipzig, Beschluss v. 26.04.2017 (1 L 1117/16); auch das VG Minden hielt diese saldierende Vorgehensweise für vertretbar: VG Minden, Urt. v. 19.02.2020 (11 K 1015/19). 11 VG Leipzig, Beschluss v. 26.04.2017 (1 L 1117/16); Vgl. zur Naturverträglichkeit von höheren Anlagen die Telemetriestudie zum Rotmilan (VV Hessen). 12 OVG Bautzen, Beschl. v. 27.03.2018 (4 B 185/17). 13 OVG Bautzen, Beschl. v. 27.03.2018 (4 B 185/17). 14 OVG Greifswald, Beschl. v. 08.05.2018 (3 M 22/16), juris, Rn. 83. 15 OVG Greifswald, Beschl. v. 08.05.2018 (3 M 22/16), juris, Rn. 83, 85. 8 4 | K 21

Welche Hilfestellung bieten die Artenschutzleitfäden der Länder? Die aktuellen Erlasse weisen demgegenüber jüngst eine sehr deutliche Tendenz für die Vereinfachung des Repowerings auf. So sieht die 2021 in Kraft getretene Verwal- tungsvorschrift in Hessen zur Bewertung von Artenschutz an Windenergieanlagen bereits bestimmte Privilegierungstatbestände für Repoweringvorhaben vor. Hier- nach wird bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen auch bei Repoweringvorha- ben vermutet, dass kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko für besonders geschützte Arten gegeben ist.16 Die Verwaltungsvorschrift knüpft dies bei der Bewertung des Tötungsrisikos für den Rotmilan an den Umstand, dass die neuen Anlagen einen freien Luftraum von mindestens 80 Metern bis zur Rotorspitze auf- weisen.17 Sie stützt sich hierbei auf jüngste Forschungsergebnisse: Eine vom Land Hessen in Auftrag gegebene Rotmilan-Studie kam nach dreijähriger Untersuchung zu dem Ergebnis, dass 72 Prozent der Flüge eine Flughöhe von weniger als 75 Metern aufwiesen.18 Schließlich würdigt die Verwaltungsvorschrift den Umstand, dass bei einem Repowering häufig weniger Anlagen im Windpark errichtet werden und es damit zu einer Minimierung des Konfliktrisikos im gesamten Windpark kommt.19 Dies gilt unter der Voraussetzung, dass hohe Anlagen errichtet werden und hierdurch sowohl der Abstand von Rotor zu Boden als auch der Abstand der jeweiligen Anlagen zueinander vergrößert wird.20 Auch Rheinland-Pfalz sieht in seinem Artenschutzleitfaden besondere Bestim- mungen zur Verfahrenserleichterung von Repoweringvorhaben vor. So bestimmt der aktualisierte Erlass, dass bei Vorhaben zum Ersatz von bereits bestehenden 16 Vgl. Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen et al.: Verwaltungsvorschrift „Naturschutz/ Windenergie“ vom 17. Dezember 2020, in Kraft getreten am: 1. Januar 2021, bekanntgemacht in: Staatsanzeiger für das Land Hessen v. 4. Januar 2021, S. 13 ff., S. 910 (im Folgenden: VV Hessen). 17 VV Hessen, S. 10. 18 VV Hessen S. 12-13 unter Verweis auf: HEUCK et al. 2019, „Untersuchung des Flugverhaltens von Rotmilanen in Abhängigkeit von Wetter und Landnutzung unter besonderer Berücksichtigung vorhandener Windenergieanlagen im Vogelschutzgebiet Vogelsberg“. 19 VV Hessen, S. 12; Vgl. hierzu die jüngste Rechtsprechung des VGH Kassel, wonach die Verwaltungsvorschrift lediglich norminterpretierend sei und gegenüber Gerichten keine Bindungswirkung entfalte (VGH Kassel, Beschluss v. 14.01.2021 (9 B 2223/20). Dies könnte in Zukunft nicht nur in Hinblick auf die Verfahrenserleichterung für das Repowering zu Problemen in der Genehmigungspraxis führen. Allerdings hat der VGH Kassel die Verwaltungsvorschrift nur in Hinblick auf die Mindestabstände zu Fortpflanzungsstätten des Rotmilans als nicht ausreichend begründet angesehen. Zudem handelt es sich nur um einen Eilbeschluss. Es wird daher abzuwarten sein, wie in Zukunft mit dem in der VV enthaltenen Saldierungsgedanken umgegangen wird. 20 VV Hessen, S. 12. d E r a N f a N g E I N E r Z u k u N f t | 8 7

Anlagen „die bereits vorhandenen Anlagen den Ausgangspunkt und die Ist-Situation der Signifikanzprüfung“ darstellen.21 Weiter heißt es, dass nur dann ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko bei Repoweringvorhaben anzunehmen sei, wenn es zu einer signifikanten Erhöhung gegenüber dem Weiterbetrieb der bereits vorhandenen Anlagen komme würde.22 Schließlich wird ebenfalls darauf verwiesen, dass es beim Repowering durch die Errichtung höherer Anlagen und der Verringerung der gesamten Anlagenanzahl zu einer Senkung des Kollisionsrisikos kommen könne.23 Auch stellt der neue Erlass auf eine Gesamtbetrachtung mehrerer WEA ab, wonach das Neu-Vorhaben auch dann zulässig sein kann, wenn das artenschutzrechtliche Konfliktpotenzial in der Summe geringer ist als bei den Altanlagen. Dies gilt selbst dann, wenn einzelne Neuanlagen die Signifikanzschwelle überschreiten würden.24 Im Artenschutzleitfaden Rheinland-Pfalz wird damit ebenfalls der Gedanke einer Dif- ferenzbetrachtung zwischen Altanlagen und Neuvorhaben in Hinblick auf die Signi- fikanzbewertung aufgegriffen. Angesichts des bereits erwähnten Prüfauftrags der Umweltministerkonferenz an die Länder, Vereinfachungsmöglichkeiten auf Länderebene zu prüfen, ist davon auszugehen, dass auch andere Bundesländer dem Beispiel folgen und ihre Arten- schutzleitfäden entsprechend anpassen werden. Artenschutz und Repowering – Unser Appell Wir haben gezeigt: Repoweringvorhaben können eine Verbesserung der arten- schutzrechtlichen Situation im Vergleich zur Bestandssituation mit sich bringen. Möglich ist dies beispielsweise durch die Errichtung höherer Anlagen, durch die Vergrößerung von Abständen zu Horststandorten oder auch durch die Ausstat- tung von Repoweringanlagen mit Abschalteinrichtungen wie Radar- oder Kamera- systemen. Tatsache ist, dass die Erreichung der Klimaziele bis 2030 und nicht zuletzt des in § 1 Abs. 3 ErneuerbareEnergienGesetz 2021 gesetzten Ziels, dass noch vor 2050 der gesamte Strom, der in der Bundesrepublik produziert und ver- 21 Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten, Rheinland-Pfalz: Erlass zum Natur- und Artenschutz bei der Genehmigung von Windenergieanlagen im immissionsschutzrechtlichen Verfahren, Stand 12. August 2020, S. 2 (im Folgenden: Artenschutzleitfaden RP). 22 Artenschutzleitfaden RP, S. 2. 23 Artenschutzleitfaden RP, S. 2. 24 Artenschutzleitfaden RP, S. 3. BEITR AG IM KNE - JAHRBUCH K19 8 8 | K 21

braucht wird, klimaneutral erzeugt werden soll, nicht möglich sein wird, wenn nicht alle bestehenden und möglichen Windenergiestandorte in Deutschland genutzt werden. Dies schließt auch jene Standorte ein, für die sich in den nächs- ten Jahren die Frage eines Repowerings von Bestandsanlagen und damit die Umstellung auf leistungsstärkere Anlagen stellt. Aufgezeigt haben wir auch, dass es einer klaren Regelung durch den Gesetzge- ber bedarf, wie mit der artenschutzrechtlichen Bewertung von Repoweringstandor- ten umzugehen ist. Unser dringlicher Appell ist es, bei der Bewertung der natur- räumlichen Gegebenheiten die Bestandsanlagen zu berücksichtigen, und eine Ver- besserung der Bestandssituation einer Art gegenüber dem Status quo als für die artenschutzrechtliche Zulässigkeit ausreichend anzuerkennen. Einerseits würden so viele Anlagenbetreiber dazu ermutigt, ein Repowering auch auf natur- schutzfachlich problematischen Anlagenstandorten anzugehen. Andererseits würde gerade ein Repowering an solchen Standorten die artenschutzrechtliche Situation verbessern. Im Interesse des naturverträglichen Ausbaus der Windenergie sollten die Bundes- regierung und vor allem die Landesregierungen den dringenden Handlungsbedarf nicht nur erkennen, sondern auch zügig und zielgerichtet handeln. Der Wille dazu scheint jedenfalls auf Ebene der Umweltministerkonferenz vorhanden zu sein. Ü B E R D E N AU T O R U N D D I E AU T O R I N Dr. Peter Sittig-Behm ist Rechtsanwalt bei der prometheus Rechtsanwaltsgesell- schaft mbH in Leipzig. Er berät und vertritt Betreiber und Projektierer aus der Erneuerbaren-Branche. Seine Schwerpunkte liegen dabei im öffentlichen Bau- und Immissionsschutzrecht sowie im Natur- und Artenschutzrecht. Seit mehr als 10 Jahren beschäftigt er sich zudem intensiv mit Rechtsfragen des allgemeinen und besonderen Verwaltungsrechts. Julia Hilkenbach studierte Rechtswissenschaften und Kulturwissenschaften an der Universität Leipzig. Sie promoviert derzeit zu einem völkerrechtlichen Thema. In der prometheus Rechtsanwaltsgesellschaft mbH ist sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin tätig und befasst sich dort vor allem mit bauplanungsrechtlichen und immissionsschutzrechtlichen Themen sowie naturschutzrechtlichen Frage- stellungen im Kontext der erneuerbaren Energien. d E r a N f a N g E I N E r Z u k u N f t | 8 9

Die Energiewende ist in Brandenburg auf einem guten Weg, im bundesweiten Vergleich weist das Land die höchste installierte Leistung aus Erneuerbaren pro Einwohnerin und Einwohner aus. Um Berlin und Brandenburg zu 100 Prozent aus Erneuerbaren zu versorgen und die Pariser Klimaziele zu erreichen, will die sogenannte Kenia-Koalition diesen Weg konsequent fortsetzen. Wichtige Eckpfeiler für einen naturschutz gerechten und gesellschaftlich akzeptierten Ausbau skizziert für K 21 die Brandenburger Staatssekretärin Silvia Bender. „Die Koalition wird den Klimaschutz zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit machen. Wir bekennen uns zu den Zielen und zur Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens. Wir erken- nen die Notwendigkeit einer intensi- ven Klimaschutz- und Anpassungspoli- tik an und sehen darin eine große Chance für die Landesentwicklung.“ Mit dieser Festlegung im Koalitions- vertrag haben SPD, Union und Grüne den Grundstein für eine ambitionierte Klimapolitik in Brandenburg gelegt. Einig sind sich die Koalitionspartner auch, dass diese Anstrengungen res- sortübergreifend erfolgen müssen. Dazu will die Landesregierung unter Federführung des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klima- schutz einen gemeinsamen Klimaplan mit einer verbindlichen Strategie unter anderem für die Bereiche Energie, Bauen und Verkehr erstellen und mit einem entsprechenden Maßnahmen- paket unterlegen. Als wichtige Bausteine für die gemeinsame Klimapolitik hat die Koali- tion Umsetzung und Weiterentwick- lung der Brandenburger Energiestra- tegie 2030 identifiziert. Schon heute kann Brandenburg mit rund 3.700 Windenergieanlagen, 35.000 Photo- voltaikanlagen sowie 500 Biomassean- lagen im bundesweiten Vergleich die höchste installierte elektrische Leis- tung aus Erneuerbaren pro Kopf der Bevölkerung aufweisen. Rechnerisch werden Zweidrittel des Stromver- brauchs gedeckt. Zielsetzung ist und bleibt aber die vollständige Versorgung von Berlin und Brandenburg aus erneuerbaren Energien. Zunächst sollen die geplan- ten Ausbauziele von 10,5 Gigawatt bei 9 2 | K 21

Windenergie und von neun Gigawatt bei Solarenergie erreicht werden. Dazu gehört auch, gute Bedingungen für das Repowering von Anlagen zu schaffen. Perspektivisch müssen ins- besondere die Potenziale für den Pho- tovoltaik-Bereich weiter erhöht wer- den, wenn die Dekarbonisierung von Industrie, Wärme und Verkehr gelin- gen soll. Dabei soll die angestrebte Energie- wende nicht nur helfen, die Pariser Kli- maziele zu erreichen, sondern Bran- denburg auch als Standort für ener- gieintensive Unternehmen interessant machen. Dass dies gelingen kann, hat Tesla bewiesen. Brandenburgs Vorrei- terrolle bei den Erneuerbaren war ein Argument für die Ansiedlung der Giga- factory in Grünheide. Klimakrise wirkt sich jetzt schon verheerend auf die Artenvielfalt aus Auch aus Sicht des Naturschutzes schreckt es nicht, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien für den Klimaschutz in den nächsten Jahren weiter forciert werden soll. Denn nach „die koalition wird den KLIMASCHUTZ zu einem SCHWERPUNKT ihrer arbeit machen. wir bekennen uns zu den Zielen und zur umsetzung des Pariser klimaschutzabkommens. wir erkennen die Notwendigkeit einer intensiven klimaschutz- und anpassungs politik an und sehen darin eine große chance für die landesentwicklung.“ Festlegung im Koalitionsvertrag von SPD, Union und Bündnis 90/Die Grünen KOA L I T I O N S V E R T R AG 9 3

um KONFLIKTE zwischen der windenergie - nutzung und den lebensraumansprüchen bedrohter arten zu VERMEIDEN, arbeitet das land mit den „tierökologischen abstandskriterien für die Errichtung von windenergieanlagen“. dem Schutz von Natur- und Artenviel- falt eine hohe Bedeutung beimisst, und „beim Natur- und Umweltschutz […] an die Erfolge in der Gründungs- phase unseres Landes anknüpfen“ will, dann sind ein ambitionierter Klima- plan und eine beschleunigte Energie- wende essenzielle Bausteine, um dies zu erreichen. Doch selbstredend darf diese unauflösbare Verknüpfung zwischen Klimaschutz, Erhalt der Biodiversität und einer erfolgreichen Energiewende aus Energieeinsparung, Effizienzstei- gerung und Ausbau erneuerbarer Energien nicht dazu führen, dass der Artenschutz im konkreten Genehmi- gungsverfahren für eine Energiean- lage vernachlässigt wird. Hier liegt die besondere Verantwortung des Minis- teriums für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz und seinen nachge- ordneten Behörden. drei Jahren extremer Trockenheit in Brandenburg wird an vielen Orten sichtbar, welche verheerenden Aus- wirkungen die Klimakrise auf die bio- logische Vielfalt hat. Insbesondere Feuchtbiotope und Moorstandorte sind in Mitleidenschaft gezogen, aber auch in Wäldern treten deutliche Trockenschäden auf. Durch das Aus- trocknen von Söllen finden Amphibien wie die Rotbauchunke keine Laich- gewässer, Moore beginnen aufgrund des niedrigen Wasserstandes zu verbuschen. Seit zwei Jahren wurde wegen der Niedrigwassersituation in der gesamten Spreewaldregion kein Brutpaar Aussterben bedrohten Schwarzstorches mehr nachgewiesen, obwohl dieser Charak- terart des Biosphärenreservats ist. vom des Wenn sich die Brandenburger Lan- desregierung also in ihrem Koalitions- vertrag darauf verständigt, dass sie 9 4 | K 21

Windenergieausbau auf Abstand zu wichtigen Lebensräumen bedrohter Arten Um Konflikte zwischen der Windener- gienutzung und den Lebensraum- ansprüchen von Vogel- und Fleder- mausarten innerhalb der für die Wind- energienutzung definierten Eignungs- gebieten möglichst zu vermeiden und einen landesweit einheitlichen Bewer- tungsmaßstab sicherzustellen, arbei- tet Brandenburg seit 2011 sehr erfolg- reich mit den „Tierökologischen Abstandskriterien für die Errichtung von Windenergieanlagen“ (TAK)1. artenschutzfachlich Sie definieren 1 https://mluk.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/Windkrafterlass_Anlage1.pdf u N w I E d E r b r I N g l I c h | 9 5

im Landesamt begründete Abstände beispielsweise zu den Fortpflanzungs und Ruhestät- ten bedrohter und störungssensibler Vogelarten oder zu bedeutenden Rast- und Überwinterungsgewässern von Zugvögeln. Erstellt wurden die TAK unter Einbeziehung von Stakeholdern aus dem Bereich Naturschutz aber ständige auch Windenergie, eine Arbeitsgruppe für Umwelt (LfU) passt diese an aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse an. Für 2021 ist eine weitere Überarbei- tung geplant. Im Dezember 2020 hat die Umweltministerkonferenz zudem eine gemeinsame bundesweite Grundlage zur Bemessung von Sig- nifikanzschwellen für ein erhöhtes Tötungsrisiko von windenergiesen- siblen Brutvögeln beschlossen, in die auch die Expertise aus Brandenburg Eingang gefunden hat. Ein weiteres wichtiges Anliegen des Ministeriums ist es, dass die Ersatz- zahlung mit denen Beeinträchtigun- gen des Landschaftsbildes durch Windenergieanlagen kompensiert werden, vorzugsweise in den betroffe- nen Regionen für naturschutzfachlich ambitionierte Projekte eingesetzt wer- den. Die landeseigene Stiftung Natur- schutzfonds, die die Mittel verwaltet und investiert, unterstützt die Kom- munen, wenn sie Projekte entwickeln und beantragen wollen (lesen Sie zu dem Thema auch den interessanten Beitrag in K 20 von der Stiftung Natur- schutzfonds und der Flächenagentur Brandenburg2). Allerdings sind der Verwendung von Ersatzzahlungen klare gesetzliche Vorgaben gesetzt. Hier bedarf es einer weiteren Sensibi- lisierung der Akteure vor Ort, dass Projekte wie die Erneuerung des Dorf- platzes nicht förderfähig sind. Mit den Geldern werden aber beispielsweise sichere Brutplätze für Vögel oder Quartiere für Fledermäuse und Insek- ten geschaffen, Bäume gepflanzt oder Sölle und andere Kleingewässer rena- turiert. Das ist nicht nur förderlich für die biologische Vielfalt, sondern stärkt auch die Akzeptanz vor Ort. Photovoltaik–Zubau: Neue Wege gefragt Ohne Zweifel stellt auch die Photovol- taik (PV) einen wichtigen Baustein zum Gelingen der Energiewende dar. Die Brandenburger Koalitionspartner wol- len daher „die Photovoltaikkapazitä- ten in Brandenburg signifikant erhö- hen und führen eine Potenzialanalyse 2 https://www.naturschutz-energiewende.de/wp-content/uploads/K20_Artikel_Die-fabelhafte-Welt-der-Ausgleichs-und- Ersatzmassnahmen.pdf 9 6 | K 21

durch. Dafür wollen wir den Zubau von Solaranlangen auf geeigneten Landesdächern und gewerblichen Lie- genschaften steigern und innovative Konzepte stärker in Betracht ziehen.“ Unsere Priorität beim weiteren Ausbau der Photovoltaik liegt auf Sied- lungs und Verkehrsflächen, also an und auf Neubauten und vorhandenen Bauwerken sowie Dächern, dem Über- bau von versiegelten Flächen wie Parkplätzen oder auf Belägen von Straßen und Radwegen. Die größten aktuellen Zubaupotenziale finden sich im Bereich Einfamilienhäuser, Gewer- begebiete und Tierhaltung. in den Allerdings finden sich heute von den rund vier Gigawatt installierter PV-Leistung nur gut ein Drittel auf Gebäuden. Bei den restlichen zwei Dritteln handelt es sich um Frei- flächenanlagen. Und der Run auf diese hat letzten Monaten massiv zugenommen, obwohl Bran- denburg die bestehenden Möglichkei- ten im Erneuerbare-Energien-Gesetz, PVAnlagen auf Agrarflächen in soge- nannten benachteiligten Gebieten zu fördern, nicht nutzt. Denn inzwischen finanzieren sich diese durch den Stromverkauf an den Großhandels- plätzen weitgehend selbst und sind damit auch ohne Einspeisevergütung wirtschaftlich. Anders als Windener- gieanlagen fällt die Photovoltaik nicht für Solaranlagen auf unter die baurechtliche Privilegierung. Die Entscheidung, ob die Bauleitpla- nung angepasst wird, obliegt den Gemeinden und damit den Menschen vor Ort. Doch angesichts der explodie- renden Zahl von Genehmigungsanträ- gen landwirt- schaftlichen Nutzflächen sind Kreis- verwaltungen, Gemeindevertretungen sowie Anwohnerinnen und Anwohner unsicher, wie man zu einer umweltver- und träglichen, gemeinschaftlich Ent- scheidung kommen kann. zukunftsfähigen getragenen Landwirtschaft Die Zielkonflikte, die mit dem Aus- bau von PVFreiflächenanlagen einher- gehen, treten in der Diskussion in einem für Klimaschutz, Naturschutz und zuständigen Ministerium deutlich zu Tage. Pacht- und Kaufpreise für landwirtschaftliche Flächen werden weiter zunehmen und damit insbesondere nachhaltig wirt- schaftende Betriebe unter Druck set- zen. Für Flächenbesitzende kann es lukrativer sein, Flächen nicht mehr an Landwirtinnen und Landwirte, son- dern für PV-Anlagen zu verpachten. Andererseits kann eine Freiflächenan- lage in landwirtschaftlicher Hand auf ertragsarmen Standorten einen wich- tigen Beitrag zum Einkommensmix des Betriebes leisten. Innovative Kon- zepte wie AgroPhotovoltaikflächen, das heißt landwirtschaftlich nutzbare u N w I E d E r b r I N g l I c h | 9 7

PV-Freiflächenanlagen können in der richtigen ausgestaltung zur VERBESSERUNG der Biodiversität beitragen und gezielt Lebensräume für bestimmte Arten schaffen. tragen – in der richtigen Ausgestaltung – auch zur Verbesserung der Biodiver- sität bei und können gezielt Lebens- räume für bestimmte Arten schaffen. Ein ungebremster Ausbau von PV-Frei- flächenanlagen kann jedoch auch die gesellschaftliche Akzeptanz für die Energiewende belasten, wenn sich Anwohnerinnen und Anwohner plötz- lich von PV-Modulen umzingelt fühlen oder den Zugang zu Flächen verlieren, ohne dass die Standortgemeinde von der neuen Energieerzeugung profi- tiert. Um die Kommunen zeitnah bei der Entscheidungsfindung zu unterstüt- zen, haben wir als Ministerium Leitli- nien für die Planung und Gestaltung von PVFreiflächenanlagen entwickelt und stimmen diese aktuell innerhalb der Landesregierung und mit Stake- holdern ab. Gemeinsame Zielsetzung ist es, auf der gleichen Fläche Klima- schutzziele zu erreichen und zur Ver- besserung der Biodiversität beizutra- gen, um die Akzeptanz für die Energie- wende zu erhalten. Vor diesem Hinter- grund ist es für uns eine logische Konsequenz, dass PVFreiflächenanla- gen in Gebieten mit besonderen Schutzinteressen wie Naturschutzge- bieten, Natura-2000-Gebieten, Land- schaftsschutzgebieten und Verbin- dungsräumen des landesweiten Bio- topverbunds nicht errichtet werden dürfen. Auf Acker- und Grünland soll- ten herkömmliche Freiflächenanlagen nur dann genehmigt werden, wenn es sich um ertragsarme Standorte han- delt. Die Anlagen sollten die abioti- schen Bedingungen des Standorts möglichst wenig beeinflussen. Sein Artenpotenzial kann durch eine exten- sive Bewirtschaftung und die Schaf- fung Strukturele- mente gefördert werden. Wir regen daher an, für jede Anlage ein ökologi- sches Gesamtkonzept zu erstellen. entsprechender u N w I E d E r b r I N g l I c h | 9 9

100

Transparenz, Beratung, Dialog und Beteiligung für mehr Akzeptanz vor Ort ist ungebrochen. Die gesellschaftliche Akzeptanz für die Energiewende In einer Umfrage des Meinungsfor- schungsinstituts YouGov befürworten rund neun von zehn Befragten (89 %) eine stärkere Nutzung und den Aus- bau erneuerbarer Energien.3 64 Pro- zent fänden es zudem gut oder sehr gut, wenn Erneuerbare-Energie-Anla- gen in ihrer Nachbarschaft stünden.4 Aber es gibt auch Standorte, an denen der Bau neuer Anlagen auf deutlichen Widerstand der Menschen vor Ort trifft. Um den Ausbau der Erneuerbaren erfolgreich zu gestalten, setzt das Land Brandenburg darauf, die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig und transparent in Planungen einzubeziehen und Mög- lichkeiten der Beteiligung zu schaffen. Vor diesem Hintergrund überarbeitet die Landesregierung derzeit ihr Regio- nalplanungskonzept. Bislang waren in den Regionalplänen für die Windener- gie Eignungsgebiete mit Ausschlusswir- kung verankert. Ob dieser Ansatz auch zukünftig verfolgt wird oder auf Vor- ranggebiete mit Ausschlusswirkung gesetzt wird, und ob auch Gebietskate- gorien für eine zentralere Steuerung von PVFreiflächenanlagen festgelegt werden, wird zwischen den zuständi- gen Ressorts diskutiert. Anfang 2019 richtete das Land zudem eine Beratungsstelle Erneuer- bare Energien ein. Sie unterstützt Kommunen und Landkreise bei Fra- gen der Planung und Wirtschaftlich- keit von Anlagen sowie bei der Durch- führung von Beteiligungsprozessen. Insbesondere in Konfliktfällen koope- riert die Beratungsstelle eng mit dem Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (KNE) und greift auf dessen Angebote von Moderation und Mediation zurück. Ziel für die laufende Legislaturperiode ist es, die Bera- tungsstelle stärker Richtung Dialog- und Servicestelle auszubauen. Aus Sicht unseres für Klima- und Natur- schutz zuständigen Ressorts streben wir insbesondere eine bessere perso- nelle Ausstattung an, damit die indivi- duelle Beratung und ein proaktives Zugehen auf die Kommunen und Landkreise möglich werden. So sollen die Akteure vor Ort in die Lage ver- setzt werden, mit den Projektierern im besten eigenen Interesse zu verhan- deln sowie Ausgleich- und Ersatzmaß- 3 4 Umfrage des Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag der Agentur für Erneuerbaren Energien, n=1003, Stand 9/19 Ebenda. 10 0 | K 21

101

nahmen zu planen, die vor Ort einen wirklichen naturschutzfachlichen Mehr- wert schaffen. Stärker als bislang soll- ten die Erfahrungen vor Ort auch rückgespiegelt werden an die politi- schen Entscheidungsträger, um die Rahmenbedingungen im Sinne von Ausbauzielen, Akzeptanzsicherung und ökologischer Verträglichkeit weiterzu- entwickeln. Zudem braucht es Kapazi- täten, um die Zusammenarbeit mit weiteren Akteuren wie dem KNE aber auch den regionalen Planungsgemein- schaften zu vertiefen. Des Weiteren bleibt es eine wichtige Aufgabe, die Angebote der Beratungsstelle im Land noch bekannter zu machen. Akzeptanz für Erneuerbare-Ener- gien-Anlagen hängt auch davon ab, ob die Standortgemeinden von der Ener- gieerzeugung profitieren. Als erstes Bundesland hat Brandenburg ab Anfang dieses Jahres den „Windkraft- Euro“ eingeführt. Für jede neu errich- tete Windenergieanlage sollen jährlich 10.000 Euro an die Kommunen in einem Umkreis von drei Kilometern rund um den Anlagenstandort fließen. Auch im Rahmen der anstehenden Novelle des Erneuerbaren-Energien- Gesetzes ist nun eine freiwillige Rege- lung zur finanziellen Beteiligung von Kommunen an neuen Windparks vor- gesehen. Der Bundesrat fordert, die- ses Beteiligungsmodell so zu überar- beiten, dass die Abgabe an jedem neuen Projektstandort und in glei- chem Maße gezahlt wird. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Energiewende in Branden- burg aus Sicht des Klima- und Natur- schutzes auf einem guten Weg ist, aber auch noch einiges zu tun bleibt. Um den naturschutzgerechten und gesellschaftlich akzeptierten Ausbau der Erneuerbaren ambitioniert fortzu- setzen, wird die Landesregierung die notwendigen Nachjustierungen bei Beratung, Genehmigung und Teilhabe vornehmen. Ü B E R D I E AU T O R I N Silvia Bender ist seit dem 21. November 2019 Staatssekretärin im Branden- burger Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz. Davor arbeitete die Diplom-Agraringenieurin in verschiedenen Positionen zu Agrar- und Umweltpolitik, unter anderem bei Bioland e. V., in der Bundes- tagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, im Umweltministerium Rheinland- Pfalz und beim BUND e. V. u N w I E d E r b r I N g l I c h | 101

104

M it den physischen Manifestationen der Energiewende rückt das Thema ‚Landschaft‘ verstärkt in den Fokus von Öffentlichkeit, Politik und Wissenschaft. Um sie entspinnen sich zahlreiche Konflikte, die häufig asynchron und wenig strukturiert, häufig aber hochgradig moralisch aufgeladen ablaufen. Ein Schlüssel zum Verständnis dieser Konflikte sind die unterschiedlichen Modi der sozialen und individuellen Konstruktion von Landschaft und deren Projektion in physische Räume. Das Thema ‚Landschaft‘ erfreut sich aktuell einer großen öffentlichen, poli- tischen und wissenschaftlichen Popu- larität. Geschuldet ist diese Populari- tät nicht zuletzt Veränderungsprozes- sen physischer Räume, die mit der Transformation, der Gewinnung und Verteilung regenerativer Energien ver- bunden sind. Solche Veränderungen fordern gesellschaftliche und individu- elle Deutungs- und Bewertungsmuster heraus. Dieser Beitrag befasst sich mit den drei Ebenen von Landschaft, ihren Verbindungen und mit den unterschiedlichen Wandlungsprozes- sen auf den unterschiedlichen Ebenen und den Relationen dazwischen, mit dem speziellen Fokus auf das Thema Energiewende. Zunächst wird aber der ‚dreifache Landschaftswandel‘ knapp dargestellt. Der dreifache Landschaftswandel Der Ansatz des „dreifachen Land- schaftswandels“ (ausführlich: Kühne 2020; Kühne und Jenal 2020b; Kühne 2019) geht – in Operationalisierung der Drei-Welten-Theorie Karl Poppers (Popper 1979; Popper und Eccles 1977; Popper 2018 [1984]) – von der Gliederung in drei Welten aus: J der materialen Welt 1, J der Welt des individuellen Bewusstseins als Welt 2 und J der Welt der kulturellen Gehalte als Welt 3. In Bezug auf Landschaft bedeutet dies: Zu Landschaft 1 werden jene physischen Objekte der Welt 1, die 10 4 | K 21

106

bestände‘ zu Landschaft. Diese wer- den in fachlichen Diskursen entwickelt und in Hochschulstudiengängen ver- mittelt. Die hiermit verbundenen Deu- tungs und Bewertungsmuster diffe- rieren jedoch stark: Was einem Agrar- ökonomen als erstrebenswerte Land- schaft 1 gilt, wird von einer Land schafts- planerin vermutlich wenig geteilt. und Bereits in den Ausführungen zu den expertenhaften Sonderwissens- beständen zu Landschaft wurde deut- lich, welche Bedeutung Wandel in Bezug auf Landschaft hat: Wissen- schaft bedeutet konstitutiv die Pro- duktion neuen Wissens, also auch alternativer Deutungen von Welt, in diesem Falle von Landschaft. Dieses neue Wissen wiederum kann etwa über veränderte Inhalte von Lehr- amtsstudiengängen Schulbü- chern in das Common-sense-Wissen über Landschaft einfließen. Auf der Seite, der als Landschaften 1 gedeute- ten Welt 1, finden ebenfalls Verände- rungen statt, da sich gesellschaftliche Vorstellungen zu Nutzen (aber auch Nutzungsverzicht) in physische Räume einschreiben (durch das Individuum, denn nur dieses, nicht die Gesell- schaft, verfügt über einen Körper, als Teil der Welt 1; Abbildung 2). Darüber hinaus unterscheiden sich die gesell- schaftlichen Deutungen und Bewer- tungen (als Teile der Landschaft 3) hin- dieser durch das Individuum in Welt 2 als Landschaft zusammengeschaut wer- den. Die individuellen Deutungs- und Bewertungsmuster Land- schaft 2 entspringen im Wesentlichen den gesellschaftlichen Konventionen von Landschaft 3 (siehe Abbildung 1, S. 105). Neben der Aktualisierung gesellschaftlicher Konventionen bildet das Individuum allerdings in der ers- ten Phase der räumlichen Sozialisa- tion auch eine ‚heimatliche Normal- landschaft‘ aus, die geprägt ist von der Wohnumgebung. Diese wird in der Regel emotional positiv besetzt. Ent- sprechend gilt für die materielle Grundlage von Landschaft 1 aus die- ser Perspektive die Norm der Stabili- tät. Die Sozialisation von Inhalten von Landschaft 3 in Landschaft 2 ist deut- lich allgemeiner: Durch Schule, Inter- net, Fernsehen, Bücher usw. werden insbesondere ästhetische wie auch ökologische Common-sense-Vorstel- lungen von Landschaft internalisiert. Die sich daraus ableitende Norm an Landschaft 1 als physischer Raum ist die der Entsprechung zu ästhetischen und ökologischen Idealvorstellungen (siehe unter vielen: Stotten 2013; Kühne 2008; Jenal 2019). Neben den ‚heimatlich-normallandschaf tlichen‘ und den ‚Common-sense‘-Verständ- nissen von Landschaft finden sich noch ‚expertenhafte Sonderwissens- 10 6 | K 21

107

Land- schaften 3 Land- schaften 2 BEEINFLUSSUNGEN BEEINFLUSSUNGEN Land- schaften 1 Physischer Raum Abbildung 2: Die Wandlungen der Landschaften 1, 2 und 3 im Lauf der Zeit (nach: Kühne und Jenal 2020a). kultureller, sozioökonomi- sichtlich scher und auch Wohnortvariablen (Bewohner und Bewohnerinnen urba- ner, suburbaner und ruraler Räume deuten und bewerten Landschaft durchaus unterschiedlich; unter vie- len: Bruns 2016; Bruns und Münder- lein 2019; Kühne 2018b; Al-Khanbashi 2020). Diese knappen Ausführungen zei- gen, dass neben den als Landschaf- ten 1 gedeuteten physischen Räumen auch gesellschaftliche Vorstellungen von Landschaft unterschiedlich sind und sich verändern. Ebenso unter- schiedlich sind die heimatlich-normal- landschaftlichen Zugänge zu Land- schaft. Eine wesentliche Konsequenz aus Differenziertheit von landschaft lichen Konstruktionen besteht darin, dass ‚die Landschaft‘ als einheitlich gedachter Bezugsrahmen nicht nur nicht existiert, sondern dieses Ver- ständnis vielmehr auch als Grundlage zur Regelung von Landschaftskonflik- ten zu nutzen ist. w a S m a N v o N h I E r a u S S E h E N k a N N | 107

108

gerung des anthropogenen Klimawan- dels hervorgehoben, andererseits werden etwa Auswirkungen auf die Avifauna und nicht zuletzt auf das ‚Landschaftsbild‘ (als eine ästhetische Kategorie) vielen: Dorda 2018; Weber und Jenal 2016; Schmidt et al. 2018). kritisiert (unter Diese Ausgangslage verdeutlicht die Konflikthaftigkeit der Vorhaben zur Errichtung von Anlagen der Erzeugung und Verteilung regenerativer Energien. Insbesondere bei konkreten Vorhaben bilden sich rasch sich dichotomisie- rende Konfliktparteien, die dann die eigene Position öffentlich darstellen (allgemein zur Entwicklung von Kon- flikten: Dahrendorf 1972, 1992). Die entstandenen Landschaftskonflikte sind dabei dazu geeignet, einerseits Identität bei den Konfliktparteien zu stiften, andererseits eine ‚Offizialisie- rungsstrategie‘ (Bourdieu 1979 [frz. Original 1972]) zu verfolgen, nämlich individuelle Beweggründe in allge- meine Handlungsmaxime (‚Schutz des Klimas‘ vs. ‚Schutz der Heimat‘) zu wandeln. Damit verbunden ist häufig der Übergang von einem konkreten und sachbezogenen Konflikt (etwa der Eignung eines Standorts für einen Windpark) zu einem allgemeinen und moralisch aufgeladenen Konflikt (etwa über die Ignoranz des ‚Energiewende- kapitalismus‘). Moralische Kommuni- Zum Verhältnis des dreifachen Landschafts- wandels zur Nutzung erneuerbarer Energien Die Errichtung von Anlagen zur Erzeu- gung und Verteilung regenerativer Energien sind mit Veränderungen von Landschaft 1 oberhalb der Wahrneh- mungsschwelle verbunden. Unter dem Wahrnehmungsmodus der ‚hei- matlichen Normallandschaft‘ werden diese Veränderungen kritisch gesehen, weil sie nicht der Norm der Stabilität von Landschaft 1 entsprechen. Auch gelten die Anlagen zur Erzeugung und Verteilung von regenerativer Energie einem verbreiteten ästhetischen Com- mon-Sense-Verständnis nicht als der Norm ‚schön‘ entsprechend. Diese ästhetische Norm wiederum geht zurück auf ein seit der Renaissance entwickeltes Verständnis ästhetischer landschaftlicher Norm als ländlich, mit wenig intensiven anthropogenen Ein- flüssen versehener physischer Raum (unter vielen: Berr und Kühne 2020; Kirchhoff 2017; Trepl 2012). Aus der Perspektive eines ökologischen ‚Com- mon Sense‘, aber auch in fachlich-öko- logischen Diskursen ist die Deutung und Bewertung von Anlagen der Erzeugung und Verteilung regenerati- ver Energie durchaus divergierend: Einerseits wird der Beitrag zur Verrin- 10 8 | K 21

109

kation wiederum birgt erhebliche Gefahren: Sie zielt auf persönliche Dis- kreditierung, die nicht wieder zurück- nehmbar ist. Durch die eigene mora- lische Überhöhung erzwingt sie eine moralische der Gegenseite und in letzter Konsequenz eine weitere Eskalation (Luhmann 1993; Kühne 2018a; Grau 2017). Kommunikation von Zwar lassen sich gewisse allge- meine Konfliktabläufe Land- schaftskonflikten nachvollziehen, doch wird eine einheitliche Befassung hier- mit durch unterschiedliche Faktoren erschwert (Kühne 2020; Kamlage et al. 2020): 1. Die Asynchronität der Ereignisse: Dies bedeutet, dass energiewende- bezogene Landschaftskonflikte nicht allgemein, sondern primär in Bezug auf lokale Projekte auftreten. An einem Standort ist der Konflikt in einer frühen Phase, an einem anderen in einer späten. 2. Divergierende lokale Verhältnisse: Lokale Akteure bestimmen die Kon- flikte vor Ort, indem sie eskalierend oder deeskalierend wirken können. 3. Die politischen und admini- strativen Rahmenbedingungen: Sie unterliegen räumlichen (etwa in Bezug auf das Planungsrecht der Länder) und zeitlichen Schwankungen (etwa in Bezug auf Anpassungen des EEGs). 4. Inkonstanz politischer Positionie- rung: Etwa bei lautstarkem Wider- stand gegen Projekte, denen im Vor- feld zugestimmt wurde. 5. Divergierende landschaftsbezo- gene Präferenzen: Entsprechend den oben diskutierten unterschiedlichen Modi der Landschaftskonstruktion. Fazit Diese Variabilitäten und Inkonsisten- zen erschweren eine rationale Kon- fliktregelung (im Sinne Dahrendorfs), die darin fußt, dass Konflikte (hier in Bezug auf Landschaft) als gesellschaft- liche Normalität, nicht etwa als dys- funktionale Entwicklungen, anerkannt werden, der Konfliktgegenstand kon- kret umrissen ist, die Konfliktparteien intern eine klare Organisationsstruk- tur mit legitimierten Sprechern haben, die Position der anderen Konfliktpar- tei als legitim anerkannt wird, und ein Konfliktrahmen existiert, der, erstens, stabil, zweitens, von Konfliktpartien anerkannt ist, und drittens, eine dritte Partei vorhanden ist, die bei Rege- lungsunwillig- oder -unfähigkeit der Konfliktparteien in der Lage ist, den Konfliktgegenstand auch gegen den Willen der Konfliktparteien zu regeln. Die Funktion dieser dritten Partei kommt üblicherweise dem Staat zu. Dieser ist allerdings in (landschafts- w a S m a N v o N h I E r a u S S E h E N k a N N | 10 9

110

bezogenen) Energiewendekonflikten selbst Konfliktpartei. Im Verein mit dem hohen Moralisierungsgrad von energiewendebezogenen Landschafts- konflikten führt dies häufig – bei der unterlegenen Konfliktpartei – zu einer allgemeinen Systemkritik (Kühne und Weber 2019; Eichenauer et al. 2018). Doch nicht allein die Diskurskoaliti- onen und Abläufe von Landschafts- konflikten im Kontext der Energie- wende unterliegen Asynchronitäten und Veränderungen, auch die diesen Konflikten zugrunde liegenden indivi- duellen und sozialen Deutungs- und Bewertungsmuster. So ist etwa auch der Modus der heimatlichen Normal- landschaft veränderlich, allerdings im intergenerationellen Maßstab: Was bereits heute insbesondere Älteren als ‚Landschaftsverschandelung‘ gilt, gilt bereits in der Gegenwart Jüngeren als ‚normal‘ und wird bereits als – im Kontext der Wandelung des Common- Sense-Verständnisses als Ausdruck einer positiv besetzten Energiewende verstanden. In diesem Kontext lässt auch an einen ästhetischen Zugang anschließen, der weniger auf Schön- heit, denn Erhabenheit rekurriert. B F N - P RO J E K T „ L A N D S C H A F T S B I L D U N D E N E RG I E W E N D E “ Ü B E R D E N AU T O R U N D D I E AU T O R I N Prof. Dr. Dr. Olaf Kühne ist am Lehrstuhl für Stadt- und Regionalentwicklung an der Eberhard Karls Universität Tübingen im Forschungsbereich Geographie tätig. Seine Forschungsschwerpunkte umfassen Landschaftstheorie, soziale Akzeptanz von Landschaftsveränderungen, Stadtlandhybride, Nachhaltige Entwicklung, Transformationsprozesse in Südkalifornien sowie den Südstaaten der USA, Regionalentwicklung sowie Stadt- und Landschaftsökologie. Dr. Corinna Jenal ist als Akademische Rätin im Forschungsbereich Geographie am Lehrstuhl für Stadt- und Regionalentwicklung an der Eberhard Karls Universität Tübingen tätig. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen der Landschaftsforschung, Energiewende, Stadtlandhybride, Altindustrie sowie sozialen Konstruktions- und Aushandlungsprozessen von Natur und Wald als ihrem assoziierten Teil. 110 | K 21

114

Indien – ein riesiges und faszinierendes Land der Extreme. Weltweit rangiert es auf Platz drei beim Energiebedarf und bei der Erzeugung von CO2 – wenn es um absolute Zahlen geht. Aller dings liegen der Pro-Kopf-Strom- ver brauch und auch der Pro-Kopf-Klima ausstoß weit hinter dem Niveau west- licher Länder wie etwa Deutschland oder der Vereinigten Staaten von Amerika. Autor Michael Krieger hat sich mit den Herausforderungen der Energiewende in Indien befasst. Sein aufschlussreicher Beitrag gibt einen Einblick in die komplexen sowie vielfältigen Anforderungen und die Lösungsmöglichkeiten. Im Spätsommer 2019 erreichte das Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende eine damals eher unge- wöhnliche Anfrage: Eine deutsche Ein- richtung der Entwicklungszusammen- arbeit, die in Indien aktiv ist, richtete eine Anfrage an uns, ob wir ihnen mehr Informationen zu schwimmen- der Photovoltaik übermitteln könnten, insbesondere was die Auswirkungen solcher Anlagen auf den Naturhaus- halt im Wasserkörper seien – also auf Pflanzen, Fische und Kleinlebewesen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten wir im KNE keine Berührungspunkte mit die- ser neuen Technologie und auch nicht mit der indischen Energiewende. Aller- dings machte es uns sehr neugierig, was es denn damit auf sich habe, und ob es schwimmende Solarenergie auch in Deutschland bereits gebe oder demnächst geben könnte. Der Wis- sensstand zu den Auswirkungen auf den Naturhaushalt ist nach wie vor sehr gering, aber das Thema ist inzwi- schen in der breiten Debatte ange- kommen. Welche Relevanz das Ganze für Indien hat und auch für die dorti- gen Gewässer, wurde uns erst peu à peu bekannt. Leider war es uns wegen der Corona-Pandemie nicht möglich, uns selbst vor Ort ein Bild von den dortigen spannenden Projekten und innovativen Ansätze zu machen, und daraus für die deutsche Energie- wende zu lernen. Wir wollen mit die- sem recherchierten Jahrbuchbeitrag Ihnen aber einen kleinen Einblick in die indische (naturverträgliche) Ener- giewende geben. Bharat Ganarajya die Bharat Ganarajya (Hindi), zu Deutsch: Republik Indien. Am 15. August 1947 wurde bevölkerungsreichste Demokratie der Erde vom britischen Empire unabhängig. Das Land, das den größten Teil des indischen Sub- kontinents einnimmt, ist von Extre- 114 | K 21

115

men geprägt. 36 Bundesstaaten und Unionsterritorien gliedern die Bun- desrepublik. Die Bundesstaaten verfü- gen, ähnlich den Ländern in Deutsch- land, über eine eigene Regierung und eigene Verwaltung, die acht Unions- territorien unterstehen unterdessen direkt der Bundesregierung. Während es im Norden Indiens moderate Tem- peraturen gibt und im Gebirge zudem Minusgrade herrschen, ist das übrige Land Klima geprägt. Es kann zu Temperaturen von über 40 bis hin zu 50 Grad kommen, subtropischen vom Jahresverlauf der (Juni bis September) geprägt. ist vom Monsun Der indische Subkontinent gilt als Biodiversitäts-Hotspot. Knapp fünf Prozent der Landesfläche sind Natur- schutzgebiete. Die Republik Indien kämpft aber auch mit gravierenden Umweltproblemen. Durch die gut 1,39 Milliarden Menschen gilt Wasser in Indien als Mangelware, aber auch durch die vom Menschen verursach- ten Emissionen an Klimagasen in die Atmosphäre sieht sich die Regierung in Neu-Delhi zum Handeln aufgefordert. Im Jahr 2012 schaltete ein Stromausfall 600 Millionen Menschen das Licht aus. Auch deswegen hat die indische Regierung ein hohes Interesse am Aufbau einer stabilen Stromversorgung. w E I t w E g u N d g a N Z N a h | 115

116

Die indische Energiewende Hinter China und den USA rangiert der indische Subkontinent auf Platz drei beim Energiebedarf und auch bei der Erzeugung von Kohlendioxid – wenn es um absolute Zahlen geht. Aller- dings liegen der Pro-Kopf-Stromver- brauch und auch der Pro-Kopf-Klima- ausstoß weit hinter dem Niveau west- licher Länder wie Deutschland, Groß- britannien oder der Vereinigten Staaten von Amerika. Jedoch sind wie- derum nur rund 80 Prozent der indi- schen Haushalte an das Stromnetz angeschlossen. Das Land ist seit jeher von Stromausfällen geplagt, vorhan- dene Netze und Leitungen sind in vie- len Regionen nicht zuverlässig. Im Jahr 2012 schaltete ein Stromausfall 600 Millionen Menschen – fast zehn Pro- zent der Weltbevölkerung – das Licht aus.1 Auch deswegen hat die Regie- rung ein hohes Interesse am Aufbau einer stabilen Stromversorgung, da nur so dauerhafte Wertschöpfung erreicht werden kann. Derzeit werden für Industrieanlagen oft Insellösungen gefunden; man ist autark mit einer eigenen Solarenergieanlage für eine stabilere Stromversorgung, um damit zum Beispiel Kühlungen zu betreiben. Obwohl in Indien die allermeiste Energie aus Kohle, Erdöl, Erdgas, Was- serkraft, Verbrennung von Viehdung, Feuerholz und anderen Materialien stammt, steht das Land auf Platz vier, was den weltweiten Ausbau der Wind- energie angeht. Im Zuge der 2015 in Paris stattfindenden Klimakonferenz erklärte das Land, dass man bis zum Jahr 2022 die installierte Leistung an Windenergie annähernd verdoppeln wolle; auf dann 60 Gigawatt. Zum Ver- gleich, in Deutschland sind aktuell etwa rund 54 Gigawatt Windenergie an Land installiert. Allerdings ist man von dem angestrebten Ziel noch weit entfernt, denn derzeit sind erst rund 36 Gigawatt2 installiert. Für ganz Indien hat das Ministerium für neue und erneuerbare Energien ein Poten- zial von 302 Gigawatt3 errechnet. Nichtsdestotrotz sieht man sich aber auch in Indien mit Fragen nach einem naturverträglichen Ausbau der Wind- energie konfrontiert. Insgesamt strebt das Land bis 2022 für alle installierte Leistung eine 1 2 3 https://www.kfwentwicklungsbank.de/InternationaleFinanzierung/KfWEntwicklungsbank/WeltweitePr%C3%A4senz/ Asien/Indien/ https://mnre.gov.in/wind/currentstatus/ (letzter Zugriff 12/2020). Ebd. 116 | K 21

117

Der Anteil der erneuerbaren Energie lag 2018 in Indien bei etwa 22 Prozent. Im Vergleich: China (26 Prozent), USA (21 Prozent). Erneuerbaren von 225 Gigawatt an.4 2018 betrug der Anteil der erneuerba- ren Energie immerhin schon 22 Pro- zent. Damit liegt Indien international gesehen etwa auf dem Niveau der Volksrepublik China (26 Prozent5) oder der Vereinigten Staaten von Amerika (21 Prozent6). In Deutschland liegt der Anteil an installierter Leistung durch erneuerbare Energien bei gut einem Drittel7. Wegen des Vorrangs von Strom aus Erneuerbaren und der 4 5 6 7 https://www.pv-magazine.com/2018/06/20/is-indias-227gw-renewables-target-achievable/ https://blog.energybrainpool.com/chinaimjahr2019wiegestaltetesichdasenergiesystem/#:~:text=So%20tragen%20 die%20erneuerbaren%20Energien,Prozent%20zur%20gesamten%20Stromerzeugung%20bei https://www.laenderdaten.info/Amerika/USA/energiehaushalt.php https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Dossier/erneuerbareenergien.html#:~:text=Im%20Jahr%202018%20betrug%20 die,Bruttostromverbrauch%20bei%2018%2C6%20Prozent. w E I t w E g u N d g a N Z N a h | 117

118

besonderen wirtschaftlichen Situation im Jahr 2020 kam Deutschland beim Stromverbrauch schon der Fünfzig- Prozent-Marke nahe, wenn es um grü- nen Strom geht. Die Kernenergie spielt in Indien mit weniger als vier Prozent an der elektrischen Stromversorgung eine untergeordnete Rolle. Da die Republik den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat und sich mit sei- nem Nachbarland Pakistan ein Wett- rüsten liefert, sind viele internationale Partner sehr zurückhaltend, wenn es um die Zusammenarbeit bei der Nut- zung der Atomkraft geht. Das Land besaß im Jahre 2014 etwa 600 Kilo- gramm an waffenfähigem Plutonium, das für 150 bis 200 Atomwaffen reicht.8 Seit 2003 sind in Indien die staat- lichen Stromregulierungskommissio- nen verpflichtet, einen gewissen Anteil des Netzstroms durch erneuerbare Quellen zu decken.9 Deswegen gibt es auch bereits seit siebzehn Jahren eine Einspeisevergütung für Erneuer- bare in Indien. Ähnlich wie in Deutsch- land kommt auch ein Ausschreibungs- zum Einsatz, um die verfahren Höhe der Einspeisevergütung fest- zulegen. Insellösungen Eine stabile Stromversorgung gilt gemeinhin als Garant für wirtschaft- liches Wachstum, damit wiederum für Arbeit und Wohlstand in der Bevölke- rung und führt schließlich dazu, dass eine Fluchtursache bekämpft wurde. 20 Prozent der indischen Haushalte sind bislang aber nicht an das öffentli- che Stromnetz angeschlossen. Außer- dem ist dieses oft von Stromausfällen betroffen, so dass auch Industrie und Gewerbe damit zu kämpfen haben. Deswegen werden oftmals Insellösun- gen gefunden. So werden oft Solaranlagen mit Batterien verknüpft, um den Strom während der Sonnenstunden zu sam- meln und damit dann vierundzwanzig Stunden und sieben Tage die Woche eine ausreichende Stromversorgung sicherzustellen, damit beispielsweise Computer in einem Bürogebäude betrieben werden können. Allerdings ist es dafür notwendig, neben dem öffentlichen Stromnetz ein zweites, eigenes Stromnetz aufzubauen. Damit werden an den Arbeitsplätzen zwei Steckdosen angeboten. Über das öffentliche Netz kann dann die Infra- struktur betrieben werden, die auch 8 9 https://www.atomwaffenaz.info/heute/atomwaffenstaaten/indien.html https://www.roedl.de/erneuerbare-energien/maerkte/laender/vermarktungsmodelle-erneuerbare-energien-indien 118 | K 21

119

ausfallen darf, und über das Solarnetz die Infrastruktur, die nicht ausfallen darf – beispielsweise das Internet. Auf diese Weise kann auch während eines Stromausfalls Wertschöpfung betrie- ben werden. Mit diesen Gewinnen werden im Übrigen oft die Investitio- nen in die Anlagen refinanziert. So die- nen diese Inselanlagen nicht dazu, den Grünstromanteil im öffentlichen Netz zu erhöhen, sondern schlicht dazu Ausfälle im öffentlichen Netz zu kompensieren und eine uneinge- schränkte Arbeit zu ermöglichen. Obwohl Indien in seinen meisten Regionen ein sehr warmes Land ist – zumal aus der europäischen Perspek- tive – spielen auch Solarkocher, die Kleine Solaranlagen sichern auch in entlegenen Gebieten und Dörfern die Versorgung mit Strom, zum Beispiel für Wasserpumpen oder Kocher. w E I t w E g u N d g a N Z N a h | 119

120

heißen Wasserdampf erzeugen, eine gewisse Rolle. So werden Küchen mit entsprechender Hitze für die Zuberei- tung von Speisen versorgt. Damit kann dann wiederum auf Elektro-Öfen verzichtet werden, die über die Anbin- dung an das öffentliche Netz von Stromausfällen wären. Gerade bei Einrichtungen mit vielen Menschen – wie etwa Kantinen oder Großküchen – werden in der Nähe Solarkocher aufgebaut, die für eine stetige Versorgung mit Wasserdampf genutzt werden. betroffen Es gibt in Indien einige abgelegene Regionen, die auch zukünftig nicht pri- oritär an das öffentliche Netz ange- schlossen werden, schlicht der Tatsa- che wegen, dass sie ungünstig liegen und ein Ausbau des Netzes dorthin teuer wäre. Aus den umliegenden Län- dern Zentralasiens sind ebenfalls sol- che abgelegenen Regionen bekannt. Dort werden häufig Dieselgeneratoren eingesetzt, um Strom zu erzeugen. Diese pusten dann wiederum Klima- gase in die Atmosphäre und außer- dem sind die Menschen vor Ort wie- derum von der Versorgung mit Diesel und anderen Kraftstoffen abhängig. Durch öffentliche Programme können die Menschen dort aber inzwischen vergünstige Solarpaneele beziehen und mithilfe einer Batterie den Strom umweltfreundlicher erzeugen. Durch diese Stromversorgung kann der Zugang zu Internet und damit letztlich zu Bildung im Wesentlichen gewähr- leistet werden. Grundsätzlich stellen Insellösun- gen, die ohne oder zusätzlich zum öffentlichen Netz bestehen, in man- chen Teilen Indiens eine wichtige Quelle für eine stete, stabile und öko- logische Energieerzeugung dar. Von der Weltbank wurde vor einigen Jah- ren ein mit einer Milliarde Dollar aus- gestattetes Programm zur Förderung der Batteriespeicher für Wind- und Solarstrom in Schwellen- und Entwick- lungsländern aufgelegt.10 Denn auch auf absehbare Zeit wird es Regionen in der Welt geben, die nicht an öffentli- che Netze angeschlossen sein werden. Deutsche Erneuerbare- Aktivitäten in Indien Indien ist einer der bedeutendsten Energiemärkte der Welt und dabei auch einer der größten. Allerdings ist der Markt auch nicht ganz einfach zu bedienen – schon allein der interkultu- rellen Brücken wegen, die geschlagen 10 https://www.sonnenseite.com/de/wirtschaft/weltbank-1-milliarde-dollar-fuer-batteriespeicher-fuer-den-ausbau-von-solar- und-windenergie/ 120 | K 21

121

Regierungen werden werden müssen. Von Seiten der indi- schen die Zugänge zum Energiemarkt allerdings nicht allzu schwierig gestaltet, anders als es etwa in China der Fall ist. Hinge- gen stehen der Umsetzung von Pro- jekten vor Ort so manche kommunale Widrigkeiten im operativen Geschäft entgegen. Mit der Kreditanstalt für Wieder- aufbau (KfW) oder auch der Gesell- schaft für internationale Zusammen- arbeit (GIZ) sind zwei sehr große, bekannte deutsche Institutionen auf dem indischen Markt unterwegs. Mit dem Indo-German Energy Forum (IGEF) setzen KfW und GIZ zusammen mit dem Indian Bureau of Energy Effi- ciency (BEE) die Initiative des deut- schen Bundesministeriums für Wirt- schaft und Energie und des indischen Ministry of Power für ein Netzwerk aus indischen und deutschen Part- nern um, das Fragen zum Ausbau der erneuerbaren Energien beantwortet und erste Informationen bereitstellt. Das IGEF führt regelmäßig Veranstal- tungen durch, auf denen Referentin- nen und Referenten aus aller Welt den erforderlichen Wissenstransfer orga- nisieren. Zuletzt konnte sich auch der Autor an einem solchen Workshop mit mehr als siebzig Teilnehmenden betei- ligen. Dort wurden digital verschie- dene Aspekte für den Ausbau der schwimmenden Photovoltaik („floating pv“ – siehe nächster Abschnitt) disku- tiert. Deutlich wurde dabei vor allem eines: dass die indische Debatte über schwimmende Solarenergie weiter fortgeschritten ist als die deutsche. In Deutschland befindet man sich in einem frühen Pilotstadium mit einigen wenigen in Betrieb bzw. in Planung befindlichen Anlagen, während in Indien bereits eine Skalierung der Technologie stattfindet. Für die KfW stellt Indien eines sei- ner Hauptengagements im Bereich der erneuerbaren Energien dar. Der Umweltschutz und die Sozialstan- dards sind dabei von Bedeutung und orientieren sich an den von der Welt- bank definierten Regularien. Die Richt- linien werden dabei stets überprüft und weiterentwickelt. Nichtsdesto- trotz ist die Umsetzung von Projekten vor Ort mit Herausforderungen ver- bunden. Allerdings engagiere man sich gerade deswegen, weil es eben nicht ist und hier auch mit Behörden vor Ort verhandelt werden muss. Aufgrund der gewachsenen China-Skepsis in der aktuellen indi- schen Bundesregierung spielen euro- päische Akteure auch wegen der eher geringen Entfernung im Gegen- satz zu amerikanischen Partnern eine durchaus nicht zu unterschät- zende Rolle. leicht w E I t w E g u N d g a N Z N a h | 121

122

Forschungsprojekte zu schwimmender Photovoltaik in Indien nehmen insbesondere die technischen Aspekte, wie etwa die Verankerung am Grund oder am Ufer und die Ausdehnung der Anlage auf der Wasser- oberfläche in den Fokus. Naturschutz- fragen spielen bisher eine untergeordnete Rolle. Spezialfall schwimmende Photovoltaik Indien ist ein sonnenreiches Land. Im Mittel scheint die Sonne an jedem Tag an jedem Ort mehr als sechs Stun- den.11 Während der Monsunzeit dafür gar nicht, weil Dauerregen und starke Wolkenbildung angesagt sind. Indien ist daher prädestiniert für die Nut- zung von Solarenergie und es gibt gerade einen absoluten Boom bei ihrem Ausbau. In Deutschland waren es 2019 übrigens 4,93 Stunden pro Tag im Schnitt – allerdings sprechen wir hier auch von einem sehr sonnen- reichen Jahr. Schwimmende Technologien stel- len für die Nutzung von Solarenergie eine Flächenkulisse in Aussicht, die 11 https://www.wetter.de/klima/asien/indien-c91.html 12 2 | K 21

123

ihren bisher nicht in den Blick genommen wurde. Dabei ist – im Gegensatz zu Deutschland – nicht nur die Rede von Baggerseen mit keiner oder nur gering entwickelter Gewässerökologie. Es kommen auch natürliche Seen, Was- serreservoirs oder sogar Flüsse und das Meer als potenzielle Flächen in Frage. Alle mit individuellen Ansprüchen und Herausforderungen an die Technik. Besonders auf Flüssen und auf dem Meer sind die Anlagen oft schutzlos Stürmen und Wellen aus- gesetzt, im Gegensatz zu stehenden Gewässern mit eher ruhigem Wasser- körper. Das stellt besondere Ansprü- che sowohl an die Gestaltung der schwimmenden Anlagen als auch an deren Befestigung.12 Von der IGEF wurde bereits eine Fallstudiensammlung13 veröffentlicht, die sich mit den Bedingungen der Floa- ting-PV in Indien beschäftigt. Dabei wurden einige Projekte vorgestellt, die verschiedene Fragestellungen in den Fokus nahmen. Technische Aspekte spielen derzeit eine vorherrschende Rolle, von der Verankerung am Grund oder am Ufer, den Wasserständen über das Jahr bis hin zur Frage, welcher Anteil der Oberfläche durch eine PV Anlage belegt werden darf – Festle- gungen gesetzlicher Art gibt es hierzu in Indien bisher (noch) nicht. Empfoh- len wird von Expertinnen und Exper- ten, bis zu fünf Prozent der Oberfläche natürlicher Gewässer zu belegen, bei künstlichen Wasserreservoirs für die Wasserversorgung von Haushalten und Landwirtschaft dagegen können es 50 bis 80 Prozent sein.14 der Fragen naturverträglichen Gestaltung kommen bisher kaum vor. Hierzu muss aber auch gesagt werden, dass der Kenntnisstand über die Aus- wirkungen der schwimmenden Anlage auf den Wasserkörper und die Natur in ihm bisher nicht ausreichend erforscht ist, und diese Fragen daher von der Publikation aufgeworfen wer- den. Allerdings hatte hierzu die Natio- nal Solar Energy Federation of India (NSEFI) – etwa zu vergleichen mit dem deutschen Bundesverband Solarwirt- schaft (BSW) – angekündigt, sich intensiver mit dem Thema zu beschäf- tigen und hierzu auch internationale Expertinnen und Experten hinzuzuzie- hen. Unabhängig von der NSEFI hat auch die KfW die Fragestellung 12 Da an anderer Stelle dieses Jahrbuchs vertiefter auf die Solarenergie eingegangen wird, soll es hier bei diesem kurzen Einstieg bleiben. 13 Floating Solar PV Project and Data Communications Infrastructure, 2019. 14 Online-Workshop der IGEF im November 2019. w E I t w E g u N d g a N Z N a h | 12 3

124

erkannt und ebenfalls weitere Aktivitä- ten angekündigt. Die Ergebnisse kön- nen dabei auch der deutschen Debatte um den naturverträglichen Ausbau der schwimmenden Solar- energie dienlich sein, da hierzulande bisher nur Pilotprojekte zum Einsatz kamen, allerdings auch die ersten Potenzialanalysen eine durchaus über eine Nische hinausreichende Dimen- sion beschreiben. Zusammenfassung und Ausblick Die indische Energiewende ist eine besondere Energiewende, da hier in einem Schwellen- und Entwicklungs- land die Energieversorgung nicht nur von fossil auf erneuerbar umgestellt, sondern insgesamt die öffentliche Energieversorgung sicherer werden soll. Die größte Demokratie der Erde ist zugleich einer der größten Energie- verbraucher und gehört zu den Top- Drei der Klimagas-Emittenten. Die indische Energiewende ist dar- auf angewiesen, Wissen und Können auch aus dem Ausland ins Land zu holen. Dabei spielen die Europäer eine nicht unbedeutende Rolle. Da der indi- sche Subkontinent Biodiversitäts-Hot- spot ist, kommt es darauf an, die Ener- giewende unbedingt naturverträglich umzusetzen. Auch wenn der Anspruch an Naturverträglichkeit und der recht- liche Rahmen der Energiewende sich stark von der europäischen Energie- wende unterscheiden: die internatio- nale Zusammenarbeit bleibt für beide Seiten bedeutsam. Zudem kann, was den Ausbau der schwimmenden Photo- voltaik betrifft, Deutschland von Indien lernen – und es sollte es auch. K N E - V I D E O : E R FA H RU N G S B E R I C H T AU S I N D I E N Ü B E R D E N AU T O R Michael Krieger ist Gründungs-Geschäftsführer des Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende und dort auch für Internationales zuständig. 2021 schloss er an der Steinbeis-School of Management and Innovation seinen Master of Business Administration – General Management mit der Arbeit „Wahrnehmbarkeit und Wirksamkeit als philosophisch basierte Parameter von Unternehmensführung“ ab. 124 | K 21

128

D er Beitrag beleuchtet die Rolle des Wasserstoffs sowohl auf globaler als auch auf nationaler und lokaler Ebene, denn er wird mehr und mehr als eine mögliche Lösung für die massiven Nachteile der globalen Energiewirtschaft diskutiert. Neben einem Überblick über die allgemeinen Versorgungstrukturen geben die Autoren und die Autorin unter anderem auch einen detaillierten Einblick in die Wasserstoff-Infrastruktur und deren notwendige Entwicklung in Deutschland. Wasserstoff wird zunehmend als eine mögliche Lösung für die schwerwiegenden und umweltzerstörenden Nachteile der heuti- gen globalen Energiewirtschaft favorisiert. Insbesondere die Herausforderung, den erwarteten Anstieg der globalen Energie- nachfrage zu befriedigen und gleichzeitig den Klimawandel abzuschwächen, erfordert einen erheblichen Ausbau der Strom- erzeugung auf Basis erneuerbarer Energiequellen (EE). Die erforderliche Flexibilität von Energiesystemen mit hohen Antei- len variabler Wind- und Solarenergie-Einspeisung kann mit grü- nem Wasserstoff erreicht werden. Darüber hinaus kann Wasser- stoff in großem Maßstab kostengünstig gespeichert und welt- weit transportiert werden. Neben seiner energetischen Verwen- dung dient Wasserstoff auch als industrielles Gebrauchsgut, zum Beispiel bei der Herstellung von Ammoniak und Methanol, sowie als Reduktionsmittel bei der Stahlproduktion. Daher hat die Nutzung von Wasserstoff ein großes Potenzial für Netto Null-Treibhausgasemissions-Lösungen in verschiedenen Wirt- schaftssektoren. Ziel dieses Beitrags ist es, die Rolle von Wasserstoff von der globalen auf die nationale und regionale Ebene in Deutschland zu beleuchten. Dazu werden aktuelle wissenschaftliche Ergeb- nisse aufbereitet, deren Grundlage modellbasierte Analysen sind. Die hierfür eingesetzten Modelle des Instituts für techno- ökonomische Systemanalyse (IEK-3) des Forschungszentrums Jülichs wurden im Laufe des letzten Jahrzehnts rund um das Thema Sektorkopplung und Wasserstoff entwickelt. 128 | K 21

129

Globale Wasserstoffversorgungsstrukturen Die Option Wasserstoff neben lokaler Produktion auch zu impor- tieren, wird derzeit unter verschiedenen Gesichtspunkten inten- siv diskutiert. Auch weil viele Regionen weltweit vor großen Her- ausforderungen hinsichtlich des Aus- baus erneuerbarer Energien stehen, etwa durch die begrenzte Verfügbar- keit von Land oder die vergleichsweise hohen Kosten der lokalen Stromerzeu- gung aus erneuerbaren Energien in Gegenden mit geringen erreichbaren Volllaststunden. In diesem Kontext kommt das IEK-3 in seinem aktuellen Treibhausgas- Reduk tionsszenario (95 % CO2-Minderung bis zum Jahr 2050) zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2050 etwa sieben Millionen Tonnen Wasserstoff nach Deutschland impor- tiert werden müssten. Der dabei zugrundeliegende Ansatz basiert dar- auf, dass Wasserstoff aus Regionen mit vorteilhaften erneuerbaren Energiepo- tenzialen weltweit via Schiffstransport handelbar gemacht wird. Hierbei gilt es insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern darauf zu achten, dass dieser importierte grüne Wasser- stoff die erforderlichen Standards erfüllt, um zu einer nachhaltigen Ener- gieversorgung beitragen zu können. Hierzu gehören zum Beispiel, dass das für die Elektrolyse ver- wendete Wasser nicht die lokale Wasserversorgung gefährdet, oder dass die Landnutzung für erneuerbare Energien nicht die Lebensmittelproduktion beeinträchtigt. In den Szenarien des Wasser aus Meer- wasser-Entsalzungs- anlagen und eine detaillierte Land- verfügbarkeits- analyse beschränken die generelle Option von Wasserstoff- Importen und ihrer Kosten nur unwesentlich. I m a N f a N g w a r d E r w a S S E r S t o f f | 129

130

IEK-3 wird beides explizit berücksichtigt. So wird für die Wasser- versorgung der Elektrolyseure Wasser aus Meerwasser-Entsal- zungsanlagen unterstellt und der Ermittlung des erneuerbaren Energiepotenzials eine detaillierte Landverfügbarkeits-Analyse vorangestellt. Beides beschränkt die generelle Option von Was- serstoffImporten und ihre Kosten jedoch nur unwesentlich. Die Ergebnisse zur Produktion von grünem Wasserstoff in ausgewählten Regionen weltweit ergeben, dass bei Weitem aus- reichend volatile erneuerbare Potenziale vorhanden sind, um mögliche zukünftige WasserstoffNachfragen bedienen zu kön- nen. Allein die weltweit 25 besten Wind- und Photovoltaik-Regi- onen weisen bei nur teilweiser Ausnutzung1 ein Potenzial an erneuerbaren Energien auf, mit dem 1,6 Milliarden Tonnen Was- serstoff pro Jahr produziert werden könnten. Dies entspricht grob 50 Prozent des weltweiten Endenergiebedarfs im Jahr 20152 und übertrifft die heutige jährliche WasserstoffProduk- tion um mehr als eine Größenordnung3. Insgesamt ist gut ein Drittel der windbasierten WasserstoffProduktion kostengünsti- ger als die photovoltaik-basierte Produktion in der zugrundelie- genden Länderauswahl. Darüber hinaus weist das windbasierte WasserstoffPotenzial in seiner Kostenversorgungskurve ein dediziertes Minimum auf, während in Regionen mit photovol- taikbasiertem Wasserstoff die Kosten des Wasserstoffs nahezu unabhängig vom Photovoltaik-Ausbau sind, was zu einer hohen Skalierbarkeit bei stabilen Kosten führen könnte. Das sich aus den Analysen ergebende Muster der globalen grünen WasserstoffVersorgungsstruktur zeigt eine intra und interkontinentale Versorgung in ähnlicher Größenordnung, wobei der Anteil der interkontinentalen Versorgung trotz des erheblichen Kostenaufschlags für den Schiffstransport mit der 1 2 Ausbau in Windregionen an Standorten mit mindestens 2.000 Volllaststunden und Ausbau in Photovoltaik-Regionen mit 5 bis 50 Prozent Ausnutzung des vorliegenden Potenzials. International Energy Agency, World Energy Outlook 2017. 2017, International Energy Agency (IEA): Paris. 3 Statista GmbH, Hydrogen production worldwide in 2018 and 2030. 2019: Hamburg. 13 0 | K 21

131

Die 25 besten Wind- und PV-Regionen könnten 1,6 Mrd. Tonnen Wasserstoff pro Jahr produzie- ren – das entspricht fast der Hälfte des weltwei- ten Endenergie bedarfs im Jahr 2015. Nachfrage steigt. Die erzielten durchschnittlichen Importkosten von 10,5 bis 11,7 Eurocent pro Kilowattstunde Wasserstoff für das Jahr 2050 übersteigen die derzeitigen Benzinkosten in Deutschland um mehr als den Faktor 2. Dieser Kostenvergleich mit Benzin berücksichtigt aber weder den Einfluss einer mögli- chen CO2-Bepreisung von Benzin noch, dass der Wirkungsgrad der Brennstoffzelle heute schon etwa doppelt so hoch ist wie beim Verbrennungsmotor und sich damit die kilometerspezifi- schen Kosten massiv annähern. Selbst wenn man große Exportländer ausklammert, steigen die durchschnittlichen Importkosten für Wasserstoff nur um bis zu etwa drei Prozent, was zeigt, dass die potenziellen Risiken für die Versorgungssicherheit, zum Beispiel aufgrund politischer Instabilität, begrenzt wären. In diesem Fall bietet sich eine stär- ker regionalisierte Versorgung an, wenn die interregionalen Transportkosten nicht weiter gesenkt werden können. Vergleicht man die derzeitigen globalen Energieversorgungsmuster mit einem globalen grünen WasserstoffVersorgungsschema, so zeigt sich eine potenzielle Verschiebung der regionalen Anteile an der globalen Energieversorgung mit potenziellen Vorteilen für Südamerika und Afrika. Die Fragen, die sich hinsichtlich gangbarer Wege zu einem solchen globalen grünen WasserstoffVersorgungssystem und I m a N f a N g w a r d E r w a S S E r S t o f f | 131

132

den damit verbundenen gesellschaftspolitischen Implikationen sowie der Marktgestaltung stellen, müssen in zukünftigen For- schungs- und Umsetzungsprojekten beantwortet werden. Inter- pretiert man die oben genannten WasserstoffImportkosten als Benchmark, zeigen die Untersuchungen der Jülicher Forscher und Forscher innen, dass die inländische WasserstoffErzeugung basierend auf Wind und Photovoltaik eine kosteneffiziente Alternative sein kann, wie im Nachfolgenden gezeigt wird. Kosten-optimaler Beitrag von Wasserstoff im deutschen Energiesystem Der gesamte Strom- verbrauch im Jahr 2050 wird um mehr als 80 Prozent über dem heutigen Verbrauch liegen. Der Aufbau einer treibhausgasarmen Energieversorgung bewirkt einen erheblichen Anstieg des Stromverbrauchs. Durch die not- wendige Substitution fossiler Energie- träger kommt es zu vermehrten Strom- anwendungen in allen Sektoren. Bei- spiele sind der zunehmende Einsatz von Wärmepumpen oder die Erzeu- gung von Prozesswärme. Darüber hin- aus wird eine erhebliche Strommenge zur inländischen WasserstoffProduk- tion benötigt. So errechnet das For- schungszentrum Jülich in seinem aktu- ellen Treibhausgas-Reduktionsszenario, dass der gesamte Stromverbrauch im Jahr 2050 um mehr als 80 Prozent über dem heutigen Verbrauch liegen wird. Angenommen wurde eine Treibhaus- gas-Reduktion von 95 Prozent bis zum Jahr 2050. Aufgrund seiner vielfältigen Einsatzmöglichkeiten spielt der Einsatz von Wasserstoff in den Sektoren Energie, Verkehr und Industrie sowie als Langzeitspeicher-Option eine große Rolle. Daher wer- den in dem 95-Prozent-CO2-Reduktionsszenario im Jahr 2050 132 | K 21

133

1493 Nordamerika 293 37 117 143 Europa 1040 Eurasien 696 Mittlerer Osten 916 3746 1899 127 Zentral- und Südamerika Afrika 936 Asien-Pazifik Wasserstoffflüsse in TWh /a 726 Abbildung 1: Globale Wasserstoffversorgung basierend auf Windenergie und Photovoltaik. (nach Quelle: Heuser, P.; Grube, T.; Heinrichs, H.; Robinius, M.; Stolten, D. Worldwide Hydrogen Provision Scheme Based on Renewable Energy. Preprints 2020, 2020020100) etwa 12 Millionen Tonnen Wasserstoff benötigt werden, wovon gut zwei Drittel auf die Industrie und den Verkehrssektor entfal- len. Etwa 45 Prozent der gesamten WasserstoffNachfrage kann im Inland erzeugt werden, während der restliche Anteil von 55 Prozent importiert werden muss (vgl. Abbildung 1). Für die inlän- dische WasserstoffProduktion werden zirka 260 Terrawattstun- den Strom benötigt, um eine Elektrolysekapazität von etwa 62 Gigawatt zu betreiben. Dies bedeutet, dass knapp 26 Prozent der gesamten zukünftigen Stromerzeugung für die inländische Was- serstoffProduktion benötigt werden. Um den zukünftigen signifikant höheren Stromverbrauch decken zu können, ist ein massiver Ausbau von erneuerbarer Stromerzeugung notwendig. Wind- und Photovoltaikanlagen bilden hierbei das Rückgrat der zukünftigen Stromerzeugung. Mit etwa 51 Prozent an der gesamten Stromerzeugungskapazi- tät nimmt die Windenergie eine Schlüsselstellung ein. Hierzu ist eine Kapazität von zirka 264 Gigawatt Windkraft erforder- lich, wovon zirka 231 Gigawatt Onshore und 33 Gigawatt Off- I m a N f a N g w a r d E r w a S S E r S t o f f | 13 3

134

shore-Anlagen sind. Dies bedeutet, dass gegenüber heute die installierte Onshore-Windenergieleistung um mehr als den Faktor 4 erhöht werden muss. Bei steigenden durchschnittli- chen Leistungen der Windenergieanlagen bedeutet dies aber eine nur um den Faktor 2 größere Anzahl an Windenergieanla- gen gegenüber heute. Hieraus errechnet sich eine durch- schnittliche jährliche Netto-Zubaurate von zirka 5,6 Gigawatt. Zum Vergleich: Die in der Erneuerbare-Energien-Gesetz- Novelle 2021 geplanten jährlichen Ausschreibungen für Ons- hore-Windenergie in einer Bandbreite von 2,9 bis 5,8 Gigawatt. liegen Für das Jahr 2030 geht die Bundesregierung in ihrer natio- nalen WasserstoffStrategie von einer WasserstoffNachfrage in Höhe von 90 bis 110 Terrawattstunden aus, was gegenüber heute einer Verdopplung entspricht. Gleichzeitig wird geplant, dass bis zum Jahr 2030 eine Elektrolysekapazität von etwa fünf Gigawatt errichtet werden soll, mit der eine Wasserstoff Menge von etwa 20 Terrawattstunden produziert werden soll. Zum Vergleich: Die hierfür erforderliche Strommenge beträgt zirka 27 Prozent der heutigen Onshore-Stromerzeugung (2019: za. 106 TWh). In der nationalen WasserstoffStrategie wird demzufolge davon ausgegangen, dass lediglich rund 20 Prozent der Nachfrage im Jahr 2030 mit inländischem grü- nem Wasserstoff gedeckt wird und die restliche Nachfrage über Importe erfolgen muss. Für den weiteren Hochlauf einer WasserstoffVersorgung sind bis zum Jahr 2035 bzw. 2040 der Zubau weiterer Elektrolyseure mit einer Kapazität von fünf Gigawatt geplant bei gleichzeitig steigender WasserstoffNach- frage. Die Zahlen verdeut lichen, dass bei dem in der nationa- len WasserstoffStrategie geplanten Hochlauf einer zukünfti- gen WasserstoffVersorgung zu einem erheblichen Anteil auf WasserstoffImporte und weniger auf inländische Erzeugung gesetzt wird. Inwieweit sich diese notwendigen Importe reali- sieren lassen, hängt nicht zuletzt vom Preis des importierten Wasserstoffs ab. 13 4 | K 21

135

Wasserstoff-Infrastruktur in Deutschland im Detail Wie bereits beschrieben, wird Wasserstoff als wichtige Spei- cheroption gesehen, um saisonale Schwankungen in der erneu- erbaren Stromerzeugung auszugleichen und die Stromversor- gung zu sichern. Zu diesem Zweck wird mit nicht bedarfsgerecht erzeug- tem Strom zum Beispiel zu Starkwind- zeiten per Elektrolyse Wasserstoff erzeugt, in geologischen Formationen zwischengespeichert, zu einem späte- ren Zeitpunkt wieder entnommen und thermisch in Kraftwerken oder elektrochemisch in Brennstoffzellen wieder in Strom umgewandelt. Für diese Art der saisonalen Speicherung werden derzeit sogenannte Salzkaver- nen favorisiert, da in Deutschland ein sehr hohes geschätztes Speicherpo- tenzial von deutlich über 30.000 Ter- rawattstunden – bezogen auf den Energieinhalt des Wasserstoffs – vor- handen ist. Weitere Gründe liegen in den niedrigen Investitionskosten pro Speicherkapazität, der mechanischen und chemischen Stabilität sowie der Dichtheit der Salzformationen. Typi- sche Kavernenvolumina in Salzstö- cken liegen zwischen 500.000 bis 750.000 Kubikmetern mit Tie- fen zwischen zirka 500 bis 1.500 Metern.4 Die Technik der Gas- speicherung wird über Dekaden bereits im Erdgas-Versor- Wasserstoff wird als wichtige Speicher- option gesehen, um saisonale Schwan- kungen in der erneu- erbaren Stromerzeu- gung auszugleichen und die Stromversor- gung zu sichern. 4 Caglayan, D. G., et al., Technical potential of salt caverns for hydrogen storage in Europe. International Journal of Hydrogen Energy, 2020. 45 (11): p. 6793-6805. I m a N f a N g w a r d E r w a S S E r S t o f f | 135

136

gungssystem in Deutschland kommerziell eingesetzt und ist auch für Wasserstoff an einigen Standorten erprobt. Bei einem Übergang zu einem WasserstoffSystem kann ein Teil der bereits existierenden Erdgas-Kavernen auf die Speicherung von Wasserstoff umgestellt werden. Dies ist im Sinne einer möglichst effizienten Nutzung von natür lichen Ressourcen zu bevorzu- gen. Die Rechnungen zeigen bei einem inländischen ambitionierten Ausbau der erneuerbaren einen Bedarf von knapp 70 Terrawattstunden Kavernen-Speicher zur Gewährleistung einer zukünftigen sicheren Strom- und WasserstoffVersorgung5. Das verfügbare geologische Speicherpotenzial wird dabei in nur geringem Maße ausgeschöpft. Stromerzeugung Der Wasser- stofftransport über Pipelines hat die geringsten Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Für die WasserstoffProduktion auf Basis von erneuerbarem Strom kommt die Wasserelektrolyse zum Einsatz. Der Trans- port und die Verteilung von Wasserstoff von der Produktion hin zum Verbrauch wird durch einen gasförmigen Transport in Pipe- lines oder in Druckbehältern mit Lastkraft- wagen, durch den Transport in flüssiger Phase mit Lastkraftwagen oder den Transport in chemisch gebundener Form mit Hilfe von flüssigen Kohlenwasserstoffen – sogenannten Liquid Organic Hydrogen Carriers – bewerkstelligt. Die unterschiedlichen Produktions- und Transportpfade müssen hierbei sorgfältig hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit und ihrer ökologischen Auswirkungen geprüft werden. In einer Studie des Forschungszentrums Jülich zu den Umweltauswirkungen ver- 5 Robinius, M. e. a., Wege für die Energiewende – Kosteneffiziente und klimagerechte Transformationsstrategien für das deutsche Energiesystem bis zum Jahr 2050. Energie & Umwelt. Vol. 499. 2020, Jülich: Forschungszentrum Jülich. 13 6 | K 21

137

Abbildung 2: Die ZEELINK-Pipeline zur Ferngasleitung im Bau. (Foto: Markewitz, P. 2020) schiedener WasserstoffBereitstellungspfade für den Verkehrs- bereich wurden die oben genannten verschiedenen Pfade mitei- nander verglichen.6 Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass der Pipeline-Trans- port die geringsten Auswirkungen auf Mensch und Umwelt in den meisten Wirkungskategorien hat. Nur für kurze Distanzen und geringe Transportmengen kann ein Lastkraftwagen-Trans- port von gasförmigem Wasserstoff vorteilhaft sein. Insbeson- dere die Skalierungseffekte bei hohen Durchsätzen in Pipeline Netzen machen diese Art des Transportes sowohl wirtschaftlich aus auch umweltseitig attraktiv. Pipelines zeichnen sich auch im Vergleich zu Stromtransport-Netzen durch eine geringere sicht- bare Beeinträchtigung aus und helfen somit die Akzeptanz zu steigern (vgl. Abbildung 2). 6 Wulf, C., et al., Life Cycle Assessment of hydrogen transport and distribution options. Journal of Cleaner Production, 2018. 199: p. 431-443. I m a N f a N g w a r d E r w a S S E r S t o f f | 137

138

Als weiterer wirtschaftlicher und umweltseitiger Vorteil kann die Möglichkeit zur Umstellung von Erdgas-Pipelines auf Was- serstoff gewertet werden. Eine Nutzung eines Teils der beste- henden ErdgasInfrastruktur für den WasserstoffTransport hat gegenüber einem Neubau von Pipelines – neben wirtschaft- lichen Aspekten – auch Vorteile bei Planungsverfahren und Schaffung von Akzeptanz. Für die Nutzung bestehender Erdgas Pipelines zum WasserstoffTransport stehen die Optionen Umstellung ohne Anpassung, Rohrbe- schichtung, Zusatz von Hemmstoffen oder Einsetzen von Rohren für den Wasserstoff in bestehende Erdgas Pipelines (Rohr-in-Rohr) zur Verfügung. Derzeit wird eine Umstellung ohne Anpassung der Erdgas-Pipelines favo- risiert. Hierbei ist jedoch ein erhöhter Prüf- und Wartungsaufwand bei den Pipelines zu beachten.7 Abbildung 3 zeigt eine kostenopti- male WasserstoffInfrastruktur für das oben skizzierte Nachfrage-Szenario mit 12 Millionen Tonnen Wasserstoff. Ersichtlich ist insbesondere, dass sich die zukünftigen WasserstoffPipelines aus den beschriebenen Umwidmungspotenzialen eng an das bereits bestehende Erdgas-Pipelinenetz anlehnen. Daneben zei- gen die dargestellten Durchmesser, dass der durch erneuerbare Energien (WindOnshore und WindOffshore) erzeugte Wasser- stoff vornehmlich vom Norden Deutschlands in Richtung der WasserstoffBedarfszentren wie NordrheinWestfalen transpor- tiert wird. Erdgas-Pipelines können für den Wasserstoff- Transport genutzt werden. 7 Cerniauskas, S., et al., Options of natural gas pipeline reassignment for hydrogen: Cost assessment for a Germany case study. International Journal of Hydrogen Energy, 2020. 45(21): p. 12095-12107. 13 8 | K 21

140

Zusammenfassung Ziel dieses Beitrags ist es, die Rolle von Wasserstoff von der glo- balen auf die nationale und regionale Ebene in Deutschland zu beleuchten. Dabei zeigen die globalen Ergebnisse, dass das allein in den weltweit 25 besten Regionen zur Verfügung ste- hende Potenzial von 1,6 Milliarden Tonnen Wasserstoff pro Jahr selbst unter Berücksichtigung von Wasserverfügbarkeit oder Landnutzungskonkurrenz mit Nahrungsmitteln bei Weitem den weltweiten WasserstoffBedarf selbst im hohen Nachfrage szenario mit 486,9 Millionen Tonnen Wasserstoff pro Jahr um mehr als den Faktor 3 übersteigt. Die nationalen Analysen zeigen, dass je ambitionierter die CO2-Reduktionsziele gesetzt werden, umso höher die Wasser- stoffNachfrage ist. Bei einer 95ProzentCO2-Reduktion liegt die WasserstoffNachfrage alleine energiebedingt bereits bei 12 Mil- lionen Tonnen und damit um mehr als einen Faktor 2 über dem WasserstoffBedarf im 80ProzentCO2-Reduktionspfad. Dabei wird rund die Hälfte aus globalen Quellen importiert und die andere Hälfte im Inland durch Elektrolyse hergestellt. Hierfür wird im Jahr 2050 eine Elektrolyseleistung von zirka 60 Gigawatt benötigt, die mit erneuerbarem Strom betrieben wird. Hervor- zuheben ist auch die Langzeitspeicherung von Wasserstoff in Salzkavernen, die zu einer hohen Versorgungssicherheit für ein zukünftiges Energieversorgungssystem beiträgt. Die regionalen Ergebnisse zeigen, dass zum Wasserstoff Transport insbesondere bei hohen WasserstoffNachfragemen- gen und hohen transportierten Distanzen die WasserstoffPipe- line sowohl techno-ökonomisch, aber auch aus Akzeptanz- und Nachhaltigkeitsgründen das Mittel der Wahl ist. Diese orientiert sich aufgrund der Möglichkeit der Erdgas-Pipeline-Umstellung stark am bestehenden Erdgas-Pipeline-System. DIE NATIONALE WA SSER- S TOFFS TR ATEGIE (2020) 14 0 | K 21

141

Ü B E R D I E AU T O R E N U N D D I E AU T O R I N Martin Robinius koordiniert am IEK-3 rund 40 Wissenschaftler, Doktoranden sowie Studenten, die technoökonomische Energiesysteme modellieren, analysieren und bewerten. Seine Doktorarbeit, für die er diverse Auszeichnungen erhalten hat, schrieb er am selben Institut. Während dieser Zeit war er zudem Gastwissenschaftler am National Renewable Energy Laboratory (USA). Dr.-Ing. Heidi Ursula Heinrichs leitet die Gruppe „Energiepotentiale und Versorgungspfade“ mit aktuellem Forschungsschwerpunkt im Bereich globaler Wasserstoffversorgung am Institut für Energie- und Klimaforschung – Techno-ökonomische Systemanalyse (IEK-3) am Forschungszentrum Jülich. Sie promovierte am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und studierte Maschinenbau an der RWTH Aachen. Dr.-Ing Jochen Linßen leitet die Gruppe „Infrastrukturen und Sektorkopplung“ mit dem Forschungsschwerpunkt Modellierung und Analyse von Strom- und Gasinfrastrukturen am Institut für Energie- und Klimaforschung - Techno- ökonomische Systemanalyse (IEK-3) am Forschungszentrum Jülich. Er promo- vierte an der Technischen Universität in Berlin und studierte Maschinenbau an der RWTH Aachen. Dr.-Ing. Peter Markewitz leitet die Gruppe „Integrierte Transformationspfade“ mit den Forschungsschwerpunkten Modellierung von nationalen Energie- systemen und Klimagasreduktionsszenarien am Institut für Energie- und Klimaforschung – Techno-ökonomische Systemanalyse (IEK-3) am Forschungs- zentrum Jülich. Er studierte Maschinenbau mit dem Schwerpunkt Energie- und Verfahrenstechnik an der Universität Essen und promovierte auch dort. Im Forschungszentrum Jülich leitet Prof. Dr.- Ing. Stolten das IEK-3 und hat den Lehrstuhl für Brenn stoffzellen an der Fakultät für Maschinenwesen der RWTH Aachen University inne. Seine Forschungsschwerpunkte liegen in der Elektro- chemie und der technisch-ökonomischen Systemanalyse zur Transformation des Energiesystems. Zudem blickt er auf eine zwölfjährige Industrieerfahrung bei Unternehmen wie Bosch und Daimler Benz/Dornier zurück. I m a N f a N g w a r d E r w a S S E r S t o f f | 141

143

VORUBERGANGE. VON AUFBRUCH, WANDEL UND STILLSTAND (Seite 2) Lara Sophie Grote, Jahrgang 1998, veröffentlichte 2020 bei BoD mit „Vorübergänge“ ihren ersten Lyrikband. Sie beschreibt darin die Zeitformen von Veränderungen: den Beginn, den Umbruch – und die Gefahr des Scheiterns, des Abbruchs und des Zum-Stehen-Kommens. Grotes Gedichte, so der Verlag, wollen „mit Liebe zum Detail eine bestimmte Realität illustrieren“. So auch unser Jahrbuch K 21 und unsere Autorenschaft. Es geht um den Aufbruch in eine neue Welt der Energie- gewinnung, um den Wandel der Energienutzung, und – letztlich – natürlich, um den Menschen selbst in diesem Umbruch, um Mentalitätswandel, um Hoffnungen und Befürchtungen – und immer wieder darum, dass wir einen Stillstand nicht zulassen können. ZUSAMMEN SIND WIR HELDEN (Seite 8) Jeff Zentner, Singer-Songwriter unbekannten Alters, aus Nashville in Tennessee, leiht mit seinem Jugend- roman („The Serpent King“) den Titel für unseren Artikel zur europäischen Energiewende. Laut Wer- bung des Carlsen Verlages (2020) gilt für den Roman: „Wer bei der Lektüre nicht irgendwann heult, der muss aus Stein sein“. Das nehmen Verena Bax und Dr. Raphael Weyland für ihren Beitrag so nicht in Anspruch. Aber wenn Protagonist Dill sich nach einem anderen Leben sehnt und seine Träume mit seinen besten Freunden teilen will, dann trifft das auf sie auch zu: Sie beschreiben die Erfordernisse und Mängel einer neuen europäischen Energiewende, und dass es darauf ankommt, dass unsere Freunde diese Träume teilen. E I N E N b l I c k w E r f E N | 14 3

144

UND WAS MACHEN SIE BERUFLICH? (Seite 24) Wie diesen Podcast-Bericht betiteln? Entschieden haben wir uns für einen ;)-Titel. Denn es ging uns schon um den Beruf des Staatssekretärs: das Amt, den Menschen im Amt und seine Möglichkeiten politischer Gestaltung. Den Titel haben wir uns bei dem Schweizer Schriftsteller und Unternehmer Rolf Dobelli (geb. 1966) und seinem 2004 bei Diogenes erschienenen Roman ausgeliehen, in dem es um einen ehemals erfolgs verwöhnten, aber nun scheiternden Manager geht, der unfähig ist, die Situation als Herausforderung anzunehmen. Also alles in allem das komplette Gegenteil unseres Gesprächspartners. Dobelli gründete 1999 getAbstract, einen Verlag für Buchzusammenfassungen (!) – wenn wir das früher gewusst hätten … DER SONNE NACH (Seite 34) Schriftsteller-Illustrator Gabriele Clima (Jahrgang 1967) ist einer der erfolgreichsten Kinder- und Jugendbuchautoren Italiens. Sein bekanntestes Buch ist „Il sole fra le dita“ („Der Sonne nach“), das auf der Shortlist des International Board on Books for Young People war, des Nobelpreises für Kinder- bücher. „Der Sonne nach“, 2019 bei Carl Hanser erschienen, ist „Ziemliche beste Freunde für Jugend- liche“. Es geht um Problemschüler Dario, der mit Mitschüler Andy, einem schwerbehinderten Rollstuhlfahrer, mit dem Zug ans Meer fährt, immer der Sonne nach – und darum, wie sie dabei ein starkes, emotionales Band knüpfen. Unsere Kollegin Natalie Arnold fährt mit den K 21-Lesenden durch die PV-Landschaften Deutschlands. 14 4 | K 21

145

OBEN IST AUCH NUR UNTEN, ABER HALT VON OBEN (Seite 50) Alexander Liegl, Jahrgang 1964, ist ein Kabarettist, dessen Roman 2014 bei Hey! Publishing erschienen ist. Das Buch schließt mit „Tut mir leid.“ Uns auch, von seinem Erwerb raten wir ab. Für unseren Beitrag fanden wir den Romantitel aber passend. Unten, der Artenschutz vor Ort, mit seinem gesetzlichen Anspruch, jedes einzelne Tier vor Verletzung und Tod durch Windenergieanlagen zu bewahren, trifft auf Oben, den Klimaschutz, der in globalen Zusammenhängen denken und handeln muss. Wie stehen sie zueinander, behindern sie sich, brauchen sie sich, sind sie im Wesen eines Geistes: Oben ist auch nur unten? Wenn wir unsere Kollegin richtig verstanden haben, lautet die Antwort: Ja, aber unten ist auch oben. FLEDERMAUS- LAND (Seite 66) „Fledermausland“ ist ein 2015 bei S. Fischer erschienener Roman von Oliver Dierssen (geb. 1980), der als Arzt in einer psychiatrischen Klinik tätig ist und in seiner Freizeit seine Bücher alphabetisch einordnet. Die Frage des Fischer Verlages an die geneigten Lesenden, ob sie schon einmal nackt einer Fledermaus begegnet sind, haben wir pietätvoller Weise unseren Autoren Markus Melber und Dr. Volker Runkel nicht gestellt. Aber begegnet sind sie Fledermäusen, und sie tun es gerne und regel- mäßig. Der Beitrag der beiden ist getragen von einer bemerkenswerten Liebe zum Fledertier, die aber nicht blind ist für die Erfordernisse der Energiewende. Im Gegenteil, sie suchen nach gemeinsam getragenen Lösungen. E I N E N b l I c k w E r f E N | 145

146

DER ANFANG EINER ZUKUNFT (Seite 76) Der zweite Roman (im Original: „The Mandela Plot“) des südafrikanisch-kanadischen Schriftstellers Kenneth Bonert (geb. 1972) erschien 2019 bei Diogenes. Er spielt in Südafrika (von wo er 17-jährig mit den Eltern nach Kanada emigrierte), in den 80er-Jahren, als die Apartheid herrschte. Martin, der jüdische Held, wird in die Auseinandersetzungen seiner Zeit hineingerissen, mit zum Teil dramatischen Wendungen: Martin muss sich entscheiden. Es freut uns, dass wir auf diesen uns unbekannten Autoren aufmerksam wurden. Eine Zukunft braucht das Repowering, wenn die Ausbauziele der Onshore-Windenergie erreicht werden sollen. Dr. Peter Sittig-Behm und Co-Autorin beschreiben engagiert, wie viel naturverträglich möglich ist. UNWIEDER- BRINGLICH (Seite 90) Dieser Roman Theodor Fontanes, der 1891 erschien, war uns völlig unbekannt. Der tragischen Trennung eines Ehepaares folgt nach scheinbarer Versöhnung eine zweite Hochzeitsfeier, der dann ein Selbstmord. Zugrunde liegt ein realer Fall, der Romantitel ent- stammt dem echten Abschiedsbrief. Die in „Unwiederbringlich“ mitschwingende Tragik, Chancen verpasst und inkonsequent gehandelt zu haben, brachte uns dazu, diesen Titel für den Beitrag der brandenburgischen Umweltstaatssekretärin Silvia Bender zu wählen, die die Herausforderungen, Konflikte und Lösungsansätze einer mit einem Strukturwandel verbundenen Energiewende skizziert – beides muss gelingen, weil ansonsten vieles unwieder- bringlich verloren geht. 14 6 | K 21

147

WAS MAN VON HIER AUS SEHEN KANN (Seite 102) 2017 veröffentlichte Mariana Leky (geb. 1973) bei DuMont „Was man von hier aus sehen kann“. 65 Wochen stand der Titel auf der Spiegel-Bestseller- liste, die Unabhängigen Buchhändler kürten es zum „Lieblingsbuch des Jahres“. Der Roman ist das Porträt eines Dorfes, in dem alles auf wundersame Weise zusammenhängt, und die Liebe immer die ungünstigsten Bedingungen wählt. Unsere Autoren, Prof. Dr. Dr. Olaf Kühne und Dr. Corinna Jenal, schauen „von hier aus“, auf die soziale und indivi- duelle Wahrnehmung und Bewertung der Veränderung physischer Räume (heimatlicher Normallandschaft) im Zusammenhang mit der Erzeugung regenerativer Energien, und rekurrieren darauf, ästhetisch weniger auf Schönheit zu setzen, sondern auf Erhabenheit. WEIT WEG UND GANZ NAH (Seite 112) „Weit weg und ganz nah“ („The One Plus One“) ist ein 2014 bei Rowohlt erschienener Roman der britischen Bestsellerautorin Jojo Moyes (geb. 1969). Er erzählt von „der großen Chance“ einer alleinstehenden Mutter, der das Geld fehlt, ihrer Tochter einen großen Traum zu erfüllen. Unverhofft bietet sich ihr die Möglichkeit schnell an Bares zu kommen, doch soll sie es wagen? Wir tun fast alles für dieses Jahrbuch, Moyes zu lesen, ging uns aber zu weit. Der Titel jedoch passt zu den Impressionen zur Energiewende in Indien, in einem Land, weit weg, von dem wir zumeist nur im Katastrophenfall hören, und doch so nah, weil auch hier Energiewende stattfindet, wenngleich unter kaum vergleichbaren Voraussetzungen. E I N E N b l I c k w E r f E N | 147

148

IM ANFANG WAR DER WASSERSTOFF (Seite 126) Wasserstoff ist eine große Verheißung der Energie- wende. Im Artikel geht es um die Voraussetzungen und Konsequenzen der Produktion und Nutzung von Wasserstoff. Der Titel (1972) stammt von Hoimar von Ditfurth, bei dem Wasserstoff allerdings nur als das erste nach dem Urknall entstandene chemische Element vorkommt. Im Titelrennen war auch „Die geheimnisvolle Insel“ von Jules Verne, dessen Roman von 1874 die wundervolle Vorhersage enthält: „Das Wasser ist die Kohle der Zukunft. Die Energie von morgen ist Wasser, das durch elektrischen Strom zerlegt worden ist. Die so zerlegten Elemente des Wassers, Wasserstoff und Sauerstoff, werden auf unabsehbare Zeit hinaus die Energie- versorgung der Erde sichern.“ EINEN BLICK WERFEN (Seite 142) Die letzte unserer Überschriften verdanken wir Joachim Zelter, Jahrgang 1962. Er hat mit „Einen Blick werfen“ 2013 bei Klöpfer & Meyer eine Literatur- novelle schmalen Umfangs veröffentlicht. Im Zentrum: die Mühsal erfolgreichen Schreibens, genauer: das Paradoxon, dass der Lebenslauf des Autors, der Autorin immer mehr der eigentliche Roman sei. War im 20. Jahrhundert der Text das Eigentliche, der Autor eine Randerscheinung, so sei er jetzt nicht mehr ein notwendiges Übel. Sein bzw. ihr „bloßes Dasein besticht, noch bevor eine einzige Zeile über- haupt geschrieben oder gelesen ist.“ Zelters Begleitwort zur Novelle gilt auch für das Jahrbuch: „Alles ist wahr, oder bewegt sich zumindest nahe an der Realität.“ 14 8 | K 21

149

E I N E N b l I c k w E r f E N | 149

150

Literaturverzeichnis Zusammen sind wir Helden » Agora Energiewende, Sandbag (2020): The European Power Sector in 2019. Up-to-Date Analysis on the Electricity Transition. Link zum Dokument https://static.agoraenergiewende.de/fileadmin2/Projekte/2019/ Jahresauswertung_EU_2019/172_A-EW_EU-Annual-Report-2019_Web.pdf (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Arnett, E. B. et al. (2008). Patterns of bat fatalities at wind energy facilities in North America. Journal of Wildlife Management 72:61–78. » BirdLife et al. (2020): No more hydropower in Europe: A Manifesto. Link zum Dokument https://www.birdlife.org/sites/default/files/stop_new_hydropower_in_ europe.pdf (letzter Zugriff: 13.11.2020). » EuroNatur, GEOTA, RiverWatch, WWF (2019): Hydropower pressure on European rivers: The story in numbers, 2019. Link zum Dokument https://wwfeu.awsassets.panda.org/downloads/hydropower_pressure_on_ european_rivers_the_story_in_numbers_web.pdf (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Europäische Kommission (2020a): EU-Biodiversitätsstrategie bis 2030. Link zum Dokument https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/communicationannexeu biodiversity-strategy-2030_de.pdf (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Europäische Kommission (2020b): Entscheidungen in Vertragsverletzungsverfahren. Vertragsverletzungsverfahren im Oktober: wichtigste Beschlüsse. Link zum Dokument https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/inf_20_1687 (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Europäische Kommission (2020c): Erneuerbare Energien in Europa. Link zum Dokument https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/energy_climate_change_ environment/events/documents/in_focus_renewable_energy_in_europe_de.pdf (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Europäische Kommission (2020d): EU energy statistical pocketbook and country datasheets EU energy in figures. Link zum Dokument https://ec.europa.eu/energy/data-analysis/energy-statistical-pocketbook_ en?redir=1#country-datasheets (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Europäische Kommission (2020e): Report on the State of the Energy Union pursuant to Regulation (EU) 2018/1999 on Governance of the Energy Union and Climate Action. Link zum Dokument https://eur-lex.europa.eu/legal-content/EN/TXT/?qid=1602743359876&uri= COM:2020:950:FIN (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Europäische Kommission (2020f): Management of Natura 200 sites. Link zum Dokument https://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/management/ guidance_en.htm (letzter Zugriff: 13.11.2020). 15 0 | K 21

151

» Europäische Kommission (2018): Vermerk der Kommission C(2018) 7621 final, Brüssel, den 21.11.2018 Natura 2000 – Gebietsmanagement – Die Vorgaben des Artikels 6 der Habitat-Richtlinie 92/43/EWG. Link zum Dokument https://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/management/docs/ art6/DE_art_6_guide_jun_2019.pdf (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Europäische Kommission (2007): Leitfaden zum strengen Schutzsystem für Tierarten von gemeinschaftlichem Interesse im Rahmen der FFH-Richtlinie 92/43/EWG. Link zum Dokument https://ec.europa.eu/environment/nature/conservation/species/guidance/ pdf/guidance_de.pdf (letzter Zugriff: 13.11.2020). » European Environmental Agency [EEA] (2020a). Link zum Dokument https://www.eea.europa.eu/publications/trends-and-drivers-of-eu-ghg Abruf: 13.11.2020). » European Environmental Agency [EEA] (2020b): State of the nature in the EU. Results from reporting under the nature directives 2013-2018. Link zum Dokument https://www.eea.europa.eu/publications/state-of-nature-in-the-eu-2020 (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Eurostat (2020a): Erneuerbare Energien in der EU im Jahr 2018. Link zum Dokument https://ec.europa.eu/eurostat/documents/2995521/10335442/8- 23012020-AP-DE.pdf/ab13eb1f-fe9d-9a57-44b3-98f0011e8697 (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Eurostat (2020b): Energy for transport. 8 % from renewable sources. Link zum Dokument https://ec.europa.eu/eurostat/web/products-eurostat-news/-/DDN- 20200123-2?inheritRedirect=true (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Eurostat (2020c): Statistik der erneuerbaren Energien. Link zum Dokument https://ec.europa.eu/eurostat/statistics-explained/index. php?title=Renewable_energy_statistics/de#Der_Anteil_an_erneuerbaren_Energien_hat_sich_ zwischen_2004_und_2018_nahezu_verdoppelt (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Eur-Lex (1992): FFH-Richtlinie 92/43/EWG vom 21.05.1992, ABl. EU L 00043 vom 01.07.2007. Link zum Dokument https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ. do?uri=CONSLEG:1992L0043:20070101:DE:PDF (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Eur-Lex (2010): RICHTLINIE 2009/147/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 30. November 2009 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten. Link zum Dokument https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2010:020:000 7:0025:DE:PDF (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Freyhof J., Bergner L., Ford M. (2020): Threatened Freshwater Fishes of the Mediterranean Basin Biodiversity Hotspot. Link zum Dokument https://www.researchgate.net/publication/342804186_Threatened_ Freshwater_Fishes_of_the_Mediterranean_Basin_Biodiversity_Hotspot_Distribution_extinction_ risk_and_the_impact_of_hydropower/link/5f06f1f24585155050983cf2/download (letzter Zugriff: 13.11.2020). a N h a N g | 151

152

» ICF Consulting (2003): Overview of the Potential for Underground in the Electricity Networks in Europe. Prepared for the DG TREN/European Commission. Link zum Dokument https://ec.europa.eu/energy/sites/ener/files/documents/2003_02_ underground_cables_icf.pdf (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Institute for European Environmental Policy [IEEP] (2015): Delivering Synergies between Renewable Energy and Nature Conservation: Messages for Policy Making up to 2030 and beyond. Link zum Dokument https://www.birdlife.org/sites/default/files/attachments/ieepreportnov.pdf (letzter Zugriff: 13.11.2020 » IPBES (2019): Global assessment report on biodiversity and ecosystem services of the Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services. E. S. Brondizio, J. Settele, S. Díaz, and H. T. Ngo. IPBES secretariat, Bonn, Germany. » Mofijur M., Fattah I.M.R., Alam M.A., Islam A.B.M.S., Ong H.C., Rahman S.M.A., Najafi G., Ahmed S.F., Uddin M.A., Mahlia T.M.I.: Impact of COVID-19 on the social, economic, environmental and energy domains: Lessons learnt from a global pandemic » NABU (2020): EU-Strategien ambitionierte Blaupausen für Schutz der Biodiversität. Link zum Dokument https://blogs.nabu.de/naturschaetze-retten/detailbewertung-bidi-f2f- strategie/ (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Peschko et al. (2020): Effects of offshore windfarms on seabird abundance: Strong effects in spring and in the breeding season. In: Marine Enrionmental Research, Nr. 162. Link zum Dokument https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0141113620304402 (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Searchinger, T.D., Wirsenius, S., Beringer, T. et al. (2018)_ Assessing the efficiency of changes in land use for mitigating climate change. Nature 564, 249–253. Link zum Dokument https://doi.org/10.1038/s41586-018-0757-z (letzter Zugriff: 13.11.2020). » Sustainable Production and Consumption, Volume 26, 2021. Link zum Dokument https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0306261920312290 (letzter Zugriff: 13.11.2020). Der Sonne nach » ARGE Monitoring PV-Anlagen (2007): Leitfaden zur Berücksichtigung von Umweltbelangen bei der Planung von PVFreiflächenanlagen. Leitfaden. BMUB – Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, Hannover. 116 S. Link zum Dokument http://www.bauberufe.eu/images/doks/pv_leitfaden.pdf (letzter Zugriff: 03.06.2020). » Bergner, J., Siegel, B., Quaschning, V. (2019): Hemmnisse und Hürden für die Photovoltaik. HTW – Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, Berlin. 80 S. Link zum Dokument https://pvspeicher.htw-berlin.de/wp-content/uploads/2020_01_HTW_Ber- lin_PV2City_Hemmnisse_und_Huerden_fuer_die_Photovoltaik.pdf (letzter Zugriff: 18.08.2020). 152 | K 21

153

» BMWi – Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2020): Was sind eigentlich „benach- teiligte Gebiete“? Link zum Dokument https://www.bmwi-energiewende.de/EWD/Redaktion/Newsletter/2017/11/ Meldung/direkt-erklaert.html#:~:text=Benachteiligte Gebiete haben es – wie,oder die Boden- qualität schlechter ist (letzter Zugriff: 13.10.2020). » Demuth, B., Maack, A., Schumacher, J. (2019): Klima- und Naturschutz: Hand in Hand. Ein Handbuch für Kommunen, Regionen, Klimaschutzbeauftragte, Energie-, Stadt- und Land- schaftsplanungsbüros. Heft 6. Heiland, S. (Hrsg.). BfN – Bundesamt für Naturschutz, Bonn. 28 S. Link zum Dokument https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/planung/landschaftsplanung/Doku- mente/EKon_Heft6.pdf (letzter Zugriff: 03.06.2020). » Enkhardt, S. (2020): Smarte Solarstraße schmückt ehemaliges Steinkohle-Zechnengelände. Link zum Dokument https://www.pv-magazine.de/2020/06/15/smarte-solarstrasse-schmueckt- ehemaliges-steinkohle-zechengelaende/ (letzter Zugriff: 12.10.2020). » Herden, C., Gharadjedaghi, B., Rassmus, J. (2009): Naturschutzfachliche Bewertungsmethoden von Freilandphotovoltaikanlagen. Endbericht. BfN-Skripten 247. Bonn. 195 S. » Horváth, G., Blahó, M., Egri, A., Krisika, G., Seres, I., Robertson, B. (2010): Reducing the mal- adaptive attractiveness of solar panels to polarotactic insects. Conservation Biology: the Journal of the Society for Conservation Biology 24 (6). S. 1644–1653. Link zum Dokument https://conbio.onlinelibrary.wiley.com/doi/abs/10.1111/j.1523- 1739.2010.01518.x (letzter Zugriff: 24.06.2020). » IE Leipzig – Leipziger Institut für Energie GmbH, ZSW – Zentrum für Sonnenenergie- und WasserstoffForschung BadenWürttemberg, FrauenhoferInstitut für Windenergie und Energiesystemtechnik, Bosch & Partner GmbH, SOKO-Institut für Sozialforschung und Kommu- nikation (2011): Vorbereitung und Begleitung der Erstellung des Erfahrungsberichts 2014 gemäß § 65 EEG – Endbericht des Vorhabens IIc Solare Strahlungsenergie. 398 S. Link zum Dokument https://www.erneuerbare-energien.de/EE/Redaktion/DE/Gesetze-Verord- nungen/eeg_eb_2011_solare_strahlung_bf.pdf?__blob=publicationFile&v=5 (letzter Zugriff: 16.06.2020). » ISE – Fraunhofer-Institut für Solar Energiesysteme (2018): Stromgestehungskosten Erneuerbare Energien. 44 S. Link zum Dokument https://www.ise.fraunhofer.de/content/dam/ise/de/documents/publicati- ons/studies/DE2018_ISE_Studie_Stromgestehungskosten_Erneuerbare_Energien.pdf (letzter Zugriff: 15.10.2020). » ISE – Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (2020): Agri-Photovoltaik: Chance für Landwirtschaft und Energiewende. Freiburg. 52 S. Link zum Dokument https://www.ise.fraunhofer.de/content/dam/ise/de/documents/publicati- ons/studies/APV-Leitfaden.pdf (letzter Zugriff: 26.10.2020). » Janke, F., Maaß, K. (2018): Solarenergie und Naturschutz. Naturverträgliche Freiflächen Photovoltaikanlagen. Dialogforum Erneuerbare Energien und Naturschutz, Stuttgart. 6 S. Link zum Dokument https://baden-wuerttemberg.nabu.de/imperia/md/nabu/images/regional/ bw/projekte/dialogforumenergien/webversion_nabu_bund_folder_pv_ffa_infografik_1805_ein- zelseiten.pdf (letzter Zugriff: 03.06.2020). a N h a N g | 153

154

» Landtags-Drucksache Baden-Württemberg, Drucksache 16/7654 vom 30.01.2020 Antrag Abg. Thomas Marwein u.a. GRÜNE und Stellungnahme des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft. » LfU – Bayerisches Landesamt für Umwelt (2014): Praxis-Leitfaden für die ökologische Gestaltung von PhotovoltaikFreiflächenanlagen. Oberkotzau. 67 S. Link zum Dokument https://www.bestellen.bayern.de/application/applstarter?APPL=es- hop&DIR=eshop&ACTIONxSETVAL(artdtl.htm,APGxNODENR:34,AARTxNR:lfu_nat_00209,AART- xNODENR:326826,USERxBODYURL:artdtl.htm,KATALOG:StMUG,AKATxNAME:StMUG,ALLE:x)=X (letzter Zugriff: 06.08.2020). » Peschel, R., Peschel, T., Marchand, M., Hauke, J. (2019): Solarparks – Gewinne für die Biodiversität. Bundesverband Neue Energiewirtschaft (bne) e.V. (Hrsg.), Berlin. 68 S. Link zum Dokument https://www.bneonline.de/fileadmin/bne/Dokumente/20191119_bne_Stu- die_Solarparks_Gewinne_fuer_die_Biodiversitaet_online.pdf (letzter Zugriff: 03.06.2020). » von Seht, H. (2020): PhotovoltaikFreiflächenanlagen: Ein Hoffnungsträger für die Energiewende – Auswirkungen, gesetzlicher Änderungsbedarf und planerische Handlungs- erfordernisse. UPR – Umwelt- und Planungsrecht 40 (7). S. 257–263. Oben ist auch nur unten, aber halt von oben » Agatz, M. (2020). Ein Rechtsrahmen für den Windenergieausbau. ZUR – Zeitschrift für Umweltrecht, 31(11), 584–598. » Agora Energiewende (2020): Sofortprogramm Windenergie an Land − Was jetzt zu tun ist, um die Blockaden zu überwinden Link zum Dokument https://static.agoraenergiewende.de/fileadmin2/Projekte/2020/202001_ DE-RE-Boost-2030/A-EW_198_OnshoreSofort_WEB.pdf (43 S.). » Europäische Kommission (2020): EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 Mehr Raum für die Natur in unserem Leben resource.html (europa.eu) (27 S.) Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) (2019): Summary for policymakers of the global assessment report on biodiversity and eco-system services of the Intergovernmental Science- Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services. S. Díaz, J. Settele, E. S. Brondízio E.S., H. T. Ngo, M. Guèze, J. Agard, A. Arneth, P. Balvanera, K. A. Brauman, S. H. M. Butchart, K. M. A. Chan, L. A. Garibaldi, K. Ichii, J. Liu, S. M. Subramanian, G. F. Midgley, P. Miloslavich, Z. Molnár, D. Obura, A. Pfaff, S. Polasky, A. Purvis, J. Razzaque, B. Reyers, R. Roy Chowdhury, Y. J. Shin, I. J. Visseren-Hamakers, K. J. Willis, and C. N. Zayas (eds.). IPBES secretariat, Bonn, Germany. 56 pages. ipbes_global_assessment_report_summary_for_policymakers.pdf Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) (2018): IPCC-Sonderbericht über 1,5 °C globale Erwärmung – Deutsche Übersetzung Link zum Dokument https://www.de-ipcc.de/media/content/Hauptaussagen_IPCC_SR15.pdf (4 S.). 15 4 | K 21

155

» Fellenberg, F. (2019): Kumulation, Kontrolldichte und Kohärenzsicherung – aktuelle Streitfragen im Habitatschutzrecht. NVwZ – Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht, Heft 4, 177–185. » Hofmann, E. (2020). Artenschutz und Europarecht im Kontext der Windenergie. Der Klimaschutz und die Auslegung der Ausnahmeregelungen der Vogelschutzrichtlinie. KNE – Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende. Link zum Dokument https://www.naturschutz-energiewende.de/wp-content/uploads/KNE_ Rechts-Gutachten_Artenschutz-und-Europarecht-im-Kontext-der-Windenergie_2020.pdf (41 S.) » Kment, M. (2020): Faktische Grenzen judikativer Kontrolle und eingeforderte Maßstabsbildung in der (Nicht) Wissensgesellschaft. EurUP − Zeitschrift Für Europäisches Umwelt und Planungsrecht, 18 (3), 317–328. » Kment, M. (2020a): Sachdienliche Änderungen des Baugesetzbuchs zur Förderung von Flächenausweisungen für Windenergieanlagen − Rechtswissenschaftliches Gutachten im Auftrag der Stiftung Klimaneutralität. Link zum Dokument https://www.stiftung-klima.de/app/uploads/2021/01/2021-01-15- Gutachten-Prof-Kment-Flaechenausweisung-Windenergie-Stiftung-Klimaneutralitaet.pdf (119 S.) » Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende (2020): Dokumentation zum Fachgespräch „Artenhilfsprogramme und Ausnahmeerteilung nach § 45 Absatz 7 BNatSchG“ am 24.01.2020 in Berlin Dokumentation_KNE-FG_Artenhilfsprogramme_Ausnahme_2020-02-24.pdf (naturschutz- energiewende.de) Link zum Dokument https://www.naturschutz-energiewende.de/wp-content/uploads/ Dokumentation_KNE-FG_Artenhilfsprogramme_Ausnahme_2020-02-24.pdf (12 S.). » KNE (2021): Dokumentation Fachgespräch Dichtezentren − Die rechtliche Einordnung eines Ansatzes für mehr Artenschutz und Windenergie. Link zum Dokument https://www.naturschutz-energiewende.de/wp-content/uploads/KNE- Dokumentation_Fachgespraech-Dichtezentren-rechtlich_2021.pdf (17 S.) » Krüger, J.-A., Habeck, R., Krischer, O. (2021): Maßnahmenvorschläge zur Beschleunigung des naturverträglichen Ausbaus der Windenergie an Land Link zum Dokument https://www.nabu.de/imperia/md/content/nabude/energie/wind/ arbeitspapier_windenergie_und_artenschutz_gr__ne_nabu_201205.pdf (4 S.). » Lau, M. (2021): Rechtliche Einordnung von Dichtezentren im Genehmigungsverfahren. Hrsg. KNE gGmbH. Link zum Dokument https://www.naturschutz-energiewende.de/wp-content/uploads/KNE- Kurzgutachten_Lau_Rechtliche-Einordnung-Dichtezentren-Genehmigung_2021.pdf (12 S.). » Schulte, M., & Wohlan, M. (2020): Das Spannungsverhältnis der umweltrechtlichen Aspekte Klimaschutz und Artenschutz bei der Errichtung von Windenergieanlagen. Zeitschrift für Immissionsschutzrecht und Emissionshandel (I + E), 10 (Heft 1), 19–30. » Stiftung Klimaneutralität (2021): Wie kann die Verfügbarkeit von Flächen für die Windenergie an Land schnell und rechtssicher erhöht werden? − Ein Regelungsvorschlag Link zum Dokument https://www.stiftung-klima.de/app/uploads/2021/01/2021-01-27-Flaechen- fuer-Wind-Vorschlag-Stiftung-Klimaneutralitaet.pdf (6 S.). a N h a N g | 155

156

» Umweltministerkonferenz – UMK. (2020): Hinweise zu den rechtlichen und fachlichen Ausnahme Voraussetzungen nach § 45 Abs. 7 BNatSchG bei der Zulassung von Windenergievorhaben. Link zum Dokument https://www.umweltministerkonferenz.de/documents/anlage-zu-top-4,- ziff4_1591168257.pdf (23 S.). » Umweltministerkonferenz – UMK. (2020a): Windenergie und Artenschutz: Erarbeitung eines Signifikanzrahmens. Beschluss. SonderUmweltministerkonferenz per Videokonferenz am 11. Dezember 2020. Link zum Dokument https://www.umweltministerkonferenz.de/documents/beschluss_soko_ umk_signifikanzrahmen_final_1608198103.pdf (4 S.). » Wegner, N. (2021): Rechtliche Einordnung von Dichtezentren im Planungsverfahren. Hrsg. KNE gGmbH. Link zum Dokument https://www.naturschutz-energiewende.de/wp-content/uploads/KNE- Kurzgutachten_Wegner_Rechtliche-Einordnung-Dichtezentren-Planung_2021.pdf (18 S.). Fledermausland » Behr, O., Brinkmann, R., Niermann, I., Korner-Nievergelt, F. (2011): Fledermausfreundliche Betriebsalgorithmen für Windenergieanlagen. In: Brinkmann, R., O. Behr, I. Niermann, M. Reich (Hrsg.): Entwicklung von Methoden zur Untersuchung und Reduktion des Kollisionsrisikos von Fledermäusen an Onshore-Windenergieanlagen. Cuvillier Verlag, Göttingen. S. 354–383. » Burgin, C. J. et al. (2018): How many species of mammals are there? Journal of Mammalogy, Volume 99, Issue 1, 1 February 2018, Pages 1–14 » Ceballos, G., Ehrlich, P. R., Barnosky, A. D., García, A., Pringle, R. M., & Palmer, T. M. (2015). Accelerated modern human-induced species losses: Entering the sixth mass extinction. Science advances, 1(5), e1400253. Link zum Dokument https://doi.org/10.1126/sciadv.1400253 » Dürr, T. und Bach, L. (2004). Bat deaths and wind turbines-a review of current knowledge, and of the information available in the database for Germany. Bremer Beiträge für Naturkunde und Naturschutz. 7. » Dürr, T. (2020) Fledermausverluste an Windenergieanlagen in Deutschland. Link zum Dokument https://bit.ly/3lEIpLG (letzter Zugriff: 30.11.2020). » Von Haaren, C., Walter, A., Wiehe, J., Schlömer, G., Hashemifarzad, A., Wenzel, T., Albert, I., Hofmann, L., zum Zingst, J. (2018): Naturverträgliche Energieversorgung aus 100 % erneuerbaren Energien 2050. BfN Skripten 501 Hrsg. vom BfN – Bundesamt für Naturschutz. » Hübner, G., Pohl, J., Warode, J., Gotchev, B., Ohlhorst, D., Krug, M., Salecki, S., Peters, W. (2020): Akzeptanzfördernde Faktorenerneuerbarer Energien BfN Skripten 551Hrsg. vom BfN – Bundesamt für Naturschutz. 15 6 | K 21

157

» Hurst, J., Biedermann, M., Dietz, C., Dietz, M., Karst, I., Krannich, E., Petermann, R., Schorcht, W., Brinkmann, R. (2016): Fledermäuse und Windkraft im Wald. Naturschutz und Biologische Vielfalt 153. Hrsg. vom BfN – Bundesamt für Naturschutz. Landwirtschaftsverlag, Münster. 400 S. » Kerth, G. und Melber, M. (2009). Speciesspecific barrier effects of a motorway on the habitat use of two threatened forest-living bat species. Biological Conservation. 142. 270–279. 10.1016/j. biocon.2008.10.022. » Lindemann, C., Runkel, V., Kiefer, A., Lukas, A., und Veith, M. (2018). Abschaltalgorithmen für Fledermäuse an Windenergieanlagen. Naturschutz und Landschaftsplanung. 50. 418–425. » Thompson, M., Beston, J. A., Etterson, M., Diffendorfer, J. E., & Loss, S. R. (2017). Factors associated with bat mortality at wind energy facilities in the United States. Biological conservation, 215, 241–245. » Voigt, C. C. (2020): Das ist eine regelrechte Hexenjagd. Interview. Link zum Dokument https://www.spektrum.de/news/das-ist-eine-regelrechte- hexenjagd/1736178 (letzter Zugriff: 20.10.2020). Was man von hier aus sehen kann » Al-Khanbashi, Mohammed (2020): The Social Construction and Use of Landscape and Public Space in the Age of Migration: Arab Immigrants in Berlin. Wiesbaden: Springer VS. » Berr, Karsten; Kühne, Olaf (2020): „Und das ungeheure Bild der Landschaft …“. The Genesis of Landscape Understanding in the German-speaking Regions. Wiesbaden: Springer VS. » Bourdieu, Pierre (1979 [frz. Original 1972]): Entwurf einer Theorie der Praxis auf der ethnologischen Grundlage der kabylischen Gesellschaft. Frankfurt (Main): Suhrkamp. » Bruns, Diedrich (2016): Kulturell diverse Raumaneignung. In: Florian Weber und Olaf Kühne (Hg.): Fraktale Metropolen. Stadtentwicklung zwischen Devianz, Polarisierung und Hybridi- sierung. Wiesbaden: Springer VS, S. 231–240. » Bruns, Diedrich; Münderlein, Daniel (2019): Interkulturelle Konstruktion. In: Olaf Kühne, Florian Weber, Karsten Berr und Corinna Jenal (Hg.): Handbuch Landschaft. Wiesbaden: Springer VS, S. 313–319. » Dahrendorf, Ralf (1972): Konflikt und Freiheit. Auf dem Weg zur Dienstklassengesellschaft. München: Piper. » Dahrendorf, Ralf (1992): Der moderne soziale Konflikt. Essay zur Politik der Freiheit. Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt. » Dorda, Dieter (2018): Windkraft und Naturschutz. In: Olaf Kühne und Florian Weber (Hg.): Bausteine der Energiewende. Wiesbaden: Springer VS, S. 749–772. » Eichenauer, Eva; Reusswig, Fritz; Meyer-Ohlendorf, Lutz; Lass, Wiebke (2018): Bürgerinitiativen gegen Windkraftanlagen und der Aufschwung rechtspopulistischer Bewegungen. In: Olaf Kühne und Florian Weber (Hg.): Bausteine der Energiewende. Wiesbaden: Springer VS, S. 633–651. a N h a N g | 157

158

» Grau, Alexander (2017): Hypermoral. Die neue Lust an der Empörung. 2. Auflage. München: Claudius. » Jenal, Corinna (2019): „Das ist kein Wald, Ihr Pappnasen!“ – Zur sozialen Konstruktion von Wald. Perspektiven von Landschaftstheorie und Landschaftspraxis. Wiesbaden: Springer VS. » Kamlage, Jan-Hendrik; Drewing, Emily; Reinermann, Julia Lena; Vries, Nicole de; Flores, Marissa (2020): Fighting fruitfully? Participation and conflict in the context of electricity grid extension in Germany. In: Utilities Policy 64, S. 101022. » Kirchhoff, Thomas (2017): Landschaft. In: Thomas Kirchhoff, Nicole Christine Karafyllis, Dirk Evers, Brigitte Falkenburg, Myriam Gerhard, Gerald Hartung et al. (Hg.): Naturphilosophie. Ein Lehr- und Studienbuch. Tübingen, Stuttgart: Mohr Siebeck; UTB GmbH, S. 152–158. » Kühne, Olaf (2008): Die Sozialisation von Landschaft – sozialkonstruktivistische Überlegungen, empirische Befunde und Konsequenzen für den Umgang mit dem Thema Landschaft in Geographie und räumlicher Planung. In: Geographische Zeitschrift 96 (4), S. 189–206. » Kühne, Olaf (2018a): Die Moralisierung von Landschaft – Überlegungen zu einer problemati- schen Kommunikation aus Sicht der Luhmannschen Systemtheorie. In: Stefanie Hennecke, Harald Kegler, Kirsten Klaczynski und Daniel Münderlein (Hg.): Diedrich Bruns wird gelehrt haben. Eine Festschrift. Kassel: Kassel University Press, S. 115–121. » Kühne, Olaf (2018b): Landschaft und Wandel. Zur Veränderlichkeit von Wahrnehmungen. Wiesbaden: Springer VS. » Kühne, Olaf (2019): Der dreifache Landschaftswandel. In: Forum Raumentwicklung (1), S. 18–19. » Kühne, Olaf (2020): Landscape Conflicts. A Theoretical Approach Based on the Three Worlds Theory of Karl Popper and the Conflict Theory of Ralf Dahrendorf, Illustrated by the Example of the Energy System Transformation in Germany. In: Sustainability 12 (17), S. 1–20. » Kühne, Olaf; Jenal, Corinna (2020a): Baton Rouge – the Multivillage Metropolis. A Neopragmatic Landscape Biographical Approach on Spatial Pastiches, Hybridization, and Differentiation. Wiesbaden: Springer VS. » Kühne, Olaf; Jenal, Corinna (2020b): The threefold landscape change – basic considerations, conflicts and potentials of virtual landscape research. In: Dennis Edler, Corinna Jenal und Olaf Kühne (Hg.): Modern Approaches to the Visualization of Landscapes. » Kühne, Olaf; Weber, Florian (2019): Landschaft und Heimat – argumentative Verknüpfungen durch Bürgerinitiativen im Kontext des Stromnetz- und des Windkraftausbaus. In: Martina Hülz, Olaf Kühne und Florian Weber (Hg.): Heimat. Ein vielfältiges Konstrukt. Wiesbaden: Springer VS, S. 389-402. » Luhmann, Niklas (1993): Die Moral des Risikos und das Risiko der Moral. In: Gotthard Bechmann (Hg.): Risiko und Gesellschaft. Grundlagen und Ergebnisse interdisziplinärer Risikoforschung. Opladen: Westdeutscher Verlag, S. 327–338. » 15 8 | K 21

159

» Popper, Karl R. (1979): Three Worlds. Tanner Lecture, Michigan, April 7, 1978. In: Michigan Quarterly Review (1), S. 141–167. Online verfügbar unter https://tannerlectures.utah.edu/_documents/a-to-z/p/popper80.pdf, zuletzt geprüft am 12.05.2020. » Popper, Karl R. (2018 [1984]): Alle Menschen sind Philosophen. Herausgegeben von Heidi Bohnet und Klaus Stadler. München: Piper. » Popper, Karl R.; Eccles, John C. (1977): Das Ich und sein Gehirn. München: Piper. » Schmidt, Catrin; Hage, Gottfried; Hoppenstedt, Adrian; Bruns, Diedrich; Kühne, Olaf; Schuster, Lena et al. (2018): Landschaftsbild & Energiewende. Band 1: Grundlagen. Bonn-Bad Godesberg: Bundesamt für Naturschutz. Online verfügbar unter https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/erneuerbareenergien/Dokumente/ LandschaftsbildundEnergiewende_Band1.pdf, zuletzt geprüft am 06.08.2018. » Stotten, Rike (2013): Kulturlandschaft gemeinsam verstehen – Praktische Beispiele der Land- schaftssozialisation aus dem Schweizer Alpenraum. In: Geographica Helvetica 68 (2), S. 117–127. » Trepl, Ludwig (2012): Die Idee der Landschaft. Eine Kulturgeschichte von der Aufklärung bis zur Ökologiebewegung. Bielefeld: transcript Verlag. » Weber, Florian; Jenal, Corinna (2016): Windkraft in Naturparken. Konflikte am Beispiel der Naturparke Soonwald-Nahe und Rhein-Westerwald. In: Naturschutz und Landschaftsplanung 48 (12), S. 377–382. a N h a N g | 159

160

Kontakte zu den Autorinnen und Autoren Verena Bax » Referentin für EU-Energie und Klimapolitik NABU – Naturschutzbund Deutschland e. V. Büro Brüssel, c/o BirdLife Europe Avenue de la Toison d‘Or 67 1060 Brüssel, Belgien » Verena.Bax@NABU.de Dipl.Biol. Markus Melber » Vorsitzender des BVF Bundesverband für Fledermauskunde Deutschland e. V. (BVF) Schmidtstetter Str. 30a 99084 Erfurt » markus.melber@bvfledermaus.de Dr. Raphael Weyland » Leiter des „Brüsseler Büros“ des NABU Dipl.Biol. Volker Runkel » Bundesverband für Fledermauskunde NABU – Naturschutzbund Deutschland e. V. Büro Brüssel, c/o BirdLife Europe Avenue de la Toison d‘Or 67 1060 Brüssel, Belgien » Raphael.Weyland@NABU.de Deutschland e. V. (BVF) Schmidtstetter Str. 30a 99084 Erfurt » runkel@volkerrunkel.de Anke Ortmann » Referentin Presse und Öffenlichkeitsarbeit Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende KNE gGmbH KNE, c/o Scaling Spaces, Cuvrystr. 53, Haus F, 10997 Berlin » anke.ortmann@ naturschutz-energiewende.de Dr. Peter SittigBehm » Rechtsanwalt prometheus Rechtsanwalts- gesellschaft mbH Salomonstraße 19 04103 Leipzig » sittig-behm@prometheus-recht.de Natalie Arnold » Referentin naturverträgliche Solarenergie Julia Hilkenbach » Wissenschaftliche Mitarbeiterin Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende KNE gGmbH KNE, c/o Scaling Spaces, Cuvrystr. 53, Haus F, 10997 Berlin » natalie.arnold@ naturschutz-energiewende.de Dr. Silke Christiansen » Leiterin Rechtsreferat Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende KNE gGmbH KNE, c/o Scaling Spaces, Cuvrystr. 53, Haus F, 10997 Berlin » silke.christiansen@ naturschutz-energiewende.de prometheus Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Salomonstraße 19 04103 Leipzig » hilkenbach@prometheus-recht.de Silvia Bender » Staatssekretärin Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz Brandenburg Henning-von-Treschkow-Str. 2–13 14467 Potsdam » silvia.bender@mluk.brandenburg.de 16 0 | K 21

161

Prof. Dr. Dr. Olaf Kühne » Lehrstuhlinhaber Stadt- und Regionalentwicklung, Fachbereich Geowissenschaften Eberhard Karls Universität Tübingen Rümelinstr. 19–23, 72070 Tübingen Dr.Ing Jochen Linßen » Gruppenleiter Forschungszentrum Jülich GmbH, Institut für Energie- und Klimaforschung IEK-3: Technoökonomische Systemanalyse Wilhelm-Johnen-Str., 52425 Jülich » olaf.kuehne@uni-tuebingen.de » j.linssen@fz-juelich.de Dr. Corinna Jenal » Akademische Rätin am Dr.Ing Peter Markewitz » Gruppenleiter Lehrstuhl Stadt- und Regionalentwicklung, Fachbereich Geowissenschaften Eberhard Karls Universität Tübingen Rümelinstr. 19–23, 72070 Tübingen Forschungszentrum Jülich GmbH, Institut für Energie- und Klimaforschung IEK-3: Technoökonomische Systemanalyse Wilhelm-Johnen-Str., 52425 Jülich » corinna.jenal@uni-tuebingen.de » p.markewitz@fz-juelich.de Michael Krieger » Geschäftsführer Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende KNE gGmbH KNE, c/o Scaling Spaces, Cuvrystr. 53, Haus F, 10997 Berlin » michael.krieger@ naturschutz-energiewende.de Dr.Ing. Matin Robinius » Stv. Instituts- und Abteilungsleiter Forschungszentrum Jülich GmbH (bis 02/2021) Institut für Energie- und Klimaforschung IEK-3: Technoökonomische Systemanalyse Wilhelm-Johnen-Str., 52425 Jülich » martin.robinius@umlaut.com Heidi Ursula Heinrichs » Gruppenleiterin Forschungszentrum Jülich GmbH, Institut für Energie- und Klimaforschung IEK-3: Technoökonomische Systemanalyse Wilhelm-Johnen-Str., 52425 Jülich » h.heinrichs@fz-juelich.de Prof. Dr.Ing. Detlef Stolten » Institutsleiter und Abteilungsleiter Forschungszentrum Jülich GmbH, Institut für Energie- und Klimaforschung IEK-3: Technoökonomische Systemanalyse Wilhelm-Johnen-Str., 52425 Jülich » d.stolten@fz-juelich.de Gelistet nach der Reihenfolge der Artikel in K 21 a N h a N g | 161

162

Bildnachweise Fotos stock.adobe.com: ~ Bitter ~ (Umschlag), Назарій (Umschlag), j-mel (Umschlag), petovarga (Umschlag), thruer (Umschlag), 3rus (S. 8–9, 11, 14, 17, 18), BestStock (S. 8), OneClic (S. 24–33), malp (S. 34–35), aryfahmed (S. 37), Joe Logan (S. 38), Comofoto (S. 41), KarachoBerlin (S. 44), Tupungato (S. 44), hykoe (S. 45), tl6781 (S. 45), jeson (S. 47), Surapol USanakul (S. 47), Manfred Stöber (S. 50–51), Rido (S. 55), Karin Jähne (S. 59), Sina Ettmer (S. 90–91), sp4764 (S. 95), hecht7 (S. 98), SimpLine (S. 102–103), Sreeraj (S. 112–113), Довидович Михаил (S. 115), aubi1309 (S. 117), Prabuddha (S. 119), surakit (S. 122), neirfy (S. 142), veekicl (S. 142–149), Zakharov Evgeniy (S. 149) Weitere Fotos: Roy Buri/pixabay (Umschlag), KNE gGmbh (S. 3, 33, 49, 64, 124), NABU/Michael Jedelhauser (S. 23), Dr. Raphael Weyland (S. 23), Bundesregierung/Sandra Steins (S. 28), Wesley Tingey/unsplash (S. 56), Karsten Würth/unsplash (S. 60), Dietmar Nill (S. 66–67, 70, 73), Markus Melber (S. 75), Volker Runkel (S. 75), BWE/Tim Riediger (S. 76–77, 79, 85, 86), Enercon GmbH (S. 80), Peter Sittig-Behm (S. 89), Julia Hilkenbach (S. 89), Stefan Glöde (S. 101), Prof. Dr. Dr. Olaf Kühne (S. 110), Dr. Corinna Jenal (S. 110), Forschungszentrum Jülich (S. 126–127), Dr.-Ing. Peter Markewitz (S. 137), Forschungszentrum Jülich (S. 141), Forschungszentrum Jülich/Sascha Kreklau (S. 141), Vecteezy.com (S. 32ff) Illustrationen Tino Herrmann (Umschlag, S. 13, 19, 24–25, 29, 92, 102–103, 105, 107, 133) 162 | K 21

163

Impressum Publikation Jahrbuch für naturverträgliche Energiewende, 2021 K 21 – Naturschutz und Energiewende voranbringen ISSN 2570-0723 Redaktionsschluss 30.04.2021. Herausgeber Kompetenzzentrum Naturschutz und Energiewende KNE gGmbH KNE, c/o Scaling Spaces, Cuvrystr. 53, Haus F, 10997 Berlin +49 30 7673738–0 info@naturschutz-energiewende.de www.naturschutz-energiewende.de Abonnieren Sie unseren Newsletter. Abonnieren Sie unseren YouTube-Kanal. Folgen Sie uns auf Twitter @KNE_tweet. V. i. S. d. P.: Dr. Torsten Raynal-Ehrke. Redaktion: Anke Ortmann, Dr. Torsten Raynal-Ehrke. Inhalt Für den Inhalt der einzelnen Artikel sind die jeweils benannten Autorinnen und Autoren verantwortlich. Die Inhalte der Artikel spiegeln nicht zwangsläufig die Meinung der Redaktion wider. Alle hier dargelegten Informationen dienen lediglich Informationszwecken sowie Zwecken der Meinungsbildung. Eine Rechtsberatung findet nicht statt. Die Redaktion übernimmt keine Gewähr für die Aktualität, Korrektheit, Vollständigkeit oder Qualität der bereitgestellten Informationen. Die Urheberrechte verbleiben bei den Autorinnen und Autoren. Links und Quellen Trotz einer sorgfältigen inhaltlichen Kontrolle übernehmen die Autorinnen und Autoren ebenso wie die KNE gGmbh keine Haftung für die Inhalte externer Links. Für den Inhalt der verlinkten Seiten sind ausschließlich deren Betreiber verantwortlich. Vorgehen bei Rechtsverstößen Wir bemühen uns, etwaige Beanstandungen ohne rechtliche Auseinandersetzung zu lösen. Wir bitten deshalb darum, im Fall von Konflikten und Missverständnissen zuerst die angebotenen Kontaktmöglichkeiten zu nutzen. Gestaltung www.corporate-new.de Druck 1. Auflage, Juni 2021 Buch und Offsetdruckerei H. Heenemann GmbH & Co. KG, Berlin a N h a N g | 16 3

Cover

Editorial

Inhalt

Inhalt

Zusammen sind wir Helden

Und was machen Sie beruflich?

Der Sonne nach

Oben ist auch nur unten, aber halt von oben

Fledermausland

Der Anfang einer Zukunft

Unwiederbringlich

Was man von hier aus sehen kann

Weit weg und ganz nah

Im Anfang war der Wasserstoff

Einen Blick werfen

Literaturverzeichnis

Impressum